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Die osmanisch-türkischen Frauenzeitschriften, die ich in meiner Dissertation untersuche, sind inKadın Eserleri Kütüphanesi Bilgi ve Merkez Vakfı(Women’s Library and Information Center Foundation – KEK) in gebundenen Kopien vorhanden. Zudem sind sie inHakkı Tarık Us Collectiondigitalisiert.79Bei der Auswahl von Artikeln aus diesen Zeitschriften nahm ich die Bibliographie von Frauenzeitschriften aus dem Jahr 1992 zu Hilfe, welche die Titel der Artikel auflistet.80Für dieGazetebenutzte ich zusätzlich den Anhang der Masterarbeit

78 Kramer, Heinz; Reinkowski, Maurus. Die Türkei und Europa. Eine wechselhafte Bezie-hungsgeschichte.Stuttgart 2008, S. 76f.

79 http://www.tufs.ac.jp/common/fs/asw/tur/htu/list1.html. In diesem Katalog istHanımlara Mahsus Gazete(Gazete) nahezu vollständig digitalisiert. FürKadınlar Dünyasıgibt es einige Nummern, die in dieser Bibliothek archiviert sind (Nummer 1–141). FürTürk Kadın Yolu sind einzelne Nummern (1–2, 4–7, 19, 22, 28) digital zugänglich. Zudem gibt es Tran-skriptionen dieser drei Zeitschriften, die die Lektüre einfacher machen. FürTürk Kadın Yolu trifft dies für alle Ausgaben zu: Ates¸, Nevin Yurtsever (Hrsg.).Kadın Yolu, Türk Kadın Yolu, 1925–1927. Yeni Harflerle.Istanbul 2009; fürKadınlar Dünyasıfür die ersten 100 Nummern:

Yılmaz, Fatma Büyükkarcı; Demirciog˘lu, Tülay GenÅtürk.Kadınlar Dünyası. Yeni Harflerle:

[1913–1921].2 Bde. Istanbul 2009. Für dieGazetegibt es drei Studien, die jeweils bestimmte selektierte Artikel transkribiert haben: C¸iÅekler, Mustafa; Andı, M. F.tih.Yeni Harflerle Hanımlara Mahsus Gazete, 1895–1908. SeÅki.Istanbul 2009; S¸eyda, Arzu.Hanımlara Mahs0s Gazete (101–200). (Tahlil%Fihrist/Inceleme/SeÅilmis¸ Metinler).Erzurum 2003; Arı, Aybala.

Hanımlara Mahsus Gazete (201–300). (Tahlili Fihrist/Inceleme/SeÅilmis¸ Metinler).Erzurum 2004. Diese Transkriptionen beinhalten ausgewählte Artikel der Nummern 1 bis 300. Für meine Untersuchung konnte ich die Transkription von C¸iÅekler und Andı verwenden, nämlich vier Artikel, die zur Mode geschrieben wurden. Die restlichen transkribierten Ar-tikel waren für meine Untersuchung nicht von Bedeutung, weil es dabei ausschließlich um Themen ging, die keinen Bezug zum Westen enthielten.

80 Toska, Zehra; C¸akır, Serpil.I˙stanbul Kütüphanelerindeki Eski harfli TürkÅe Kadın Dergileri

Quellenlage 31

von Ays¸e Zeren Enis, die die Lücken der Verzeichnisse vonGazete in der ge-nannten Bibliographie ergänzt hat.81

Die Kongressberichte der internationalen Frauenorganisationen sind nahezu sämtlich erhalten und im Online-ArchivWomen and Social Movements, Inter-national – 1840 to Present (WASI) zugänglich.82Für die einzelnen Publikati-onsorgane benutzte ich die Archivbestände derWomen’s Library in London (hier vor allem die englischen Editionen von Jus Suffragii), vonPax Interna-tional in derSwarthmore College Peace Collection sowie deren deutsche Edi-tionen im Sozialarchiv in Zürich und dasQuarterly Bulletinvom ICW in der Genfer Bibliothek, wo die französischen Ausgaben vorhanden sind. Die engli-schen Ausgaben vonQuarterly Bulletinsind nur lückenhaft in in derSwarthmore College Peace Collectionvorhanden, weshalb ich mich fast ausschließlich auf die französischen Ausgaben konzentriert habe. Berichterstattungen in diesen Zeitschriften benutzte ich vor allem, um Kontakte und Verbindungen mit tü r-kischen Frauen zu rekonstruieren.

Anhand von osmanisch-türkischen Frauenzeitschriften untersuche ich, wie Autorinnen und Autoren dieser Zeitschriften die Frauenbewegungen in Europa und den USA wahrnahmen, inwiefern sie sich auf deren Konzepte und Forde-rungen bezogen und wie sie diese gegenüber ihrerÖffentlichkeit präsentierten.

Ich verwende sie als Quellen, um Beziehungen der Frauenrechtlerinnen und -rechtler in Istanbul zu Frauenvereinen in Europa und den USA zu rekonstru-ieren.

Bei der Analyse der osmanisch-türkischen Frauenzeitschriften lege ich auch Wert auf die Funktion der Zeitschriften für die jeweiligen Frauengruppen und ihre damit verbundenen Zielvorstellungen in derÖffentlichkeit. Die jeweiligen Frauengruppen veröffentlichten ihre Vereinsaktivitäten. Sie konnten damit eine breite Masse der Frauen über ihre eigenen Aktivitäten informieren und für Mitglieder werben. Zudem liefern die Artikel und die Debatten über Forde-rungen und Vorstellungen der eigenen und der euro-amerikanischen Feminis-tinnen auf implizite Weise Begründungen der jeweiligen Vereinsaktivitäten in derÖffentlichkeit. Die Veröffentlichung der Briefe und Korrespondenzen mit euro-amerikanischen Feministinnen und Organisationen stellt auf anschauliche Weise öffentlich dar, dass die jeweiligen Frauengruppen international (hier insbesondere mit dem Westen) verbunden waren, was zusätzlich der Rechtfer-tigung der Existenz der Zeitschriften und der Frauengruppen diente.

Bibliyografyası. (1869–1927) (Türkische Frauenzeitschriften geschrieben mit dem alten Al-phabet in Istanbuler Bibliotheken).I˙stanbul 1993, S. 54–216.

81 Zeren-Enis, Ays¸e.Everyday Lives of Ottoman Muslim Women. Hanımlara Mahs0s Gazete (Newspaper for Ladies) (1895–1908).Istanbul 2013, S. 513–778.

82 Women and Social Movements International – 1840 until Present.In: http://wasi.alexander street.com/.

Die Dokumente der internationalen Frauenorganisationen analysiere ich im Hinblick auf die Fragestellung, inwiefern sie in Beziehung mit Frauen und Frauengruppen im Gebiet der heutigen Türkei standen und auf deren ge-schlechtsspezifische Erfahrungen Bezug nahmen. Die Berichterstattungen der Vertreterinnen von Frauen aus dem Raum der heutigen Türkei in den jeweiligen Kongressberichten verwende ich, um zu untersuchen, welche Gruppen diese Vertreterinnen repräsentierten, inwiefern ihre Berichte die Vorstellungen der osmanisch-türkischen Frauenzeitschriften widerspiegelten, die ich in der vor-liegenden Dissertation untersuche, und inwiefern Erwartungen und Vorstel-lungen der westlichen Feministinnen auf dem Kongress für ihre Art und Weise der Berichterstattungen prägend waren.

Die internationalen Frauenorganisationen veröffentlichten Informationen, die auf die Beziehungsgeschichte mit Frauen im Osmanischen Reich und in der Türkei hindeuten, in den Kongressberichten und ihren Publikationsorganen.

Ich untersuche diese Veröffentlichungenähnlich wie die der osmanisch-tü rki-schen Frauenzeitschriften auf ihre Funktion. Durch diese Veröffentlichungen konnten die internationalen Frauenorganisationen ihrem Publikum mitteilen, dass sie eine internationale Bewegung waren und dass ihre Prinzipien, Ziele und Forderungen Frauen aus der ganzen Welt vertraten.

Eine hermeneutische Erschließung der Beziehungen zwischen Frauengrup-pen in Istanbul und den ausgewählten internationalen Frauenorganisationen ist angesichts der Quellenlage erschwert. Dies hat mehrere Gründe, die ich im Folgenden beschreibe.

Führende türkische Feministinnen standen in engem Kontakt mit Frauen in Europa und den USA. Davon zeugen die einzelnen Memoiren und biographi-schen Untersuchungen. Ihr Briefwechsel ist allerdings nur punktuellüberliefert.

Von intensiven Beziehungen zeugen auch die Publikationen der internationalen Frauenorganisationen. Diese Korrespondenzen sind jedoch weder in den Do-kumenten der jeweiligen internationalen Frauenorganisationen noch in den Privatarchiven83 auffindbar. Es gibt einzelne Briefwechsel über die Zusam-menarbeit von TKB und IAW, wie beispielsweise die Forderung der IAW an den TKB nach Berichterstattungenüber die Versklavung der Frauen und Mädchen.

83 Es handelt sich um die Privatarchive von Charrie Chapman Catt und Margrey Corbett Ashby (beide Präsidentinnen der IAW) in derWomen’s Library in London, die digitalisierte Sammlung derAletta Jacobs PapersinAtria, Institut on Gender Equality and Women’s Historyin Amsterdam, die Privatarchive von Charrie Chapman Catt,Rosika Schwimmer Collection, May Wright Sewall PapersundRosa Manus Papersenthält: http://www.atria.nl.

Als weitere Privatarchive zu nennen sind Alice Salomon Archiv der ASH Berlin, dieJane Addams PapersinSwarthmore College Peace Collection(hier insbesondereCorrespondences 1870–1937 (Box 1–23 microfilmed, boxes 24–29teilweisemicrofilmed, für den Index http://

www.swarthmore.edu/Library/peace/DG001–025/DG001JAddams/series01.html) und die Necile Tevfik Papersin Kadın Eserleri Kütüphanesi.

Quellenlage 33

Die im Zentrum der Untersuchung stehenden Frauengruppen derOsmanlı Müdafaa-i Hukuk-ı Nisvan Cemiyeti (Nisvan Cemiyeti) und Türk Kadınlar Birlig˘iweisen von den Quellenbeständen her eine Problematik auf. Die jewei-ligen Protokolle und Korrespondenzen der Nisvan Cemiyeti sind nicht vor-handen, während vom TKB gewisse Korrespondenzen und einige Protokolle der 1930er Jahre im türkischen Staatsarchiv in Ankara archiviert sind. Als Quellen für die Untersuchung dieser Vereine dienen die jeweiligen Publikationsorgane, in denen die Vereinsaktivitäten und Mitgliedschaften sowie Briefe von euro-päischen und amerikanischen Frauen veröffentlicht sind.

Spezifisch für die Frauengeschichte im Osmanischen Reich existiert ein an-deres methodologisches Problem, was die Erschließung der Quellen erschwert.

Die meisten Schriftstellerinnen benutzten in ihren Publikationen Pseudonyme oder Männernamen, um sich vor Angriffen in derÖffentlichkeit und vor poli-tischer Verfolgung zu schützen.84Im Gegensatz zu Frauen verwendeten viele Männer in Frauenzeitschriften Frauennamen, um bestimmte Ziele bei den Le-serinnen zu erreichen. Diese Problematik erschwert die Erschließung der Schriften, die von einzelnen Frauen verfasst wurden. Die in dieser Dissertation präsentierten osmanischsprachigen Artikel aus den Frauenzeitschriften sind deshalb als Quellen zu betrachten, die sowohl von Männern als auch von Frauen geschrieben sein können. Viele Autorinnen und Autoren bleiben daher unbe-kannt.

Die Lektüre der osmanischsprachigen Quellen in dieser Dissertation verlangt angesichts der nicht mehr im Alltag zugänglichen Sprache eine intensive Aus-einandersetzung mit den Texten, um diese korrekt zu transkribieren und den kontextspezifischen Anwendungen entsprechend zuübersetzen. Bei den jewei-ligen Quellenzitaten habe ich sinngemäßeÜbersetzungen ins Deutsche bevor-zugt, weil Wort-für-Wort-Übersetzungen oft unverständlich sind. Die Analyse der osmanischsprachigen Quellen für meine Untersuchung erforderte deshalb viel Zeit. Schwieriger wurde dieÜbersetzung von Texten, die ursprünglich in europäischen Sprachen geschrieben und in den Frauenzeitschriften ins Osma-nischeübersetzt worden waren. Die Interpretation dieser Texte war deshalb mit einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Sprachgebrauch und denÜ ber-setzungsprozessen verbunden. Diese Probleme kamen vor allem bei Begriff-lichkeiten vor, bei denen es um verschiedene Formen der Frauenemanzipation ging. Für »Emanzipation« wurde im Osmanischen der Begriffterakkiverwendet, was aber auch Fortschritt und Aufstieg bedeutete. In den osmanischsprachigen Quellen wurde dieser Begriff in den Beschreibungenüber die westlichen Frau-enbewegungen meistens für die Bestrebungen nach Garantie der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Frauen verwendet. Im osmanisch-84 Zihniog˘lu,Kadınsız I˙nkılap2003, S. 24.

türkischen Kontext konnte dieser Begriff jedoch auch »Fortschritt« und/oder

»Aufstieg« bedeuten und auf Vorstellungen der »idealen« Mutter und Ehefrau referieren.

Ein anderer Begriff, der sich bei der Übersetzung der Quellentexte ins Deutsche als problematisch erwies, war »kadınlık«, der wörtlich »Weiblichkeit«

heißt, aber im textuellen Kontext verschiedene Bedeutungen hatte. »Kadınlık«

war auch ein häufig verwendetes Wort in französischen, deutschen und engli-schen Texten, die ins Osmanischeübersetzt worden waren. Das Wort wurde in dieser Dissertation dem Kontext entsprechend auch als »Frauenbewegung« und als »Frauen« im Pluralübersetzt.

Als Quellenbegriffe verwende ich sehr oft die Begriffe »Westen«, um auf die europäischen und nordamerikanischen Länder sowie auf Australien und Neu-seeland zu referieren, und »Osten« für Länder des Nahen und Fernen Ostens.

Beide Begriffe werden sowohl in den osmanischsprachigen Quellen als auch in den Dokumenten der internationalen Frauenorganisationen verwendet, um ei-nerseits geographische Kulturräume zu bezeichnen und andererseits auf tem-porale Stadien in den angenommenen zivilisatorischen Entwicklungen zu ver-weisen. In den jeweiligen osmanisch-türkischen Frauenzeitschriften ist der

»Westen« ein als kulturell homogen wahrgenommener, fortschrittlicher Kul-turraum, während der »Osten« differenzierter und mit unterschiedlicher Kon-notation verwendet wird. In den Dokumenten der internationalen Frauenor-ganisationen deutet der »Osten« auf einen homogenen Kulturblock hin, der gegenüber dem »Westen« rückständig und statisch ist. Der »Osten« weist den-noch ambivalente Bedeutungen auf, die auf die Intention der jeweiligen Perso-nen hindeuten, die in ihren Dokumenten auf östliche Länder referieren. Die unterschiedlichen und ambivalenten Konnotationen in der Verwendung der Begriffe »Osten« und »Westen« sind ein Teil meiner Interpretation der Quel-lentexte.

In der vorliegenden Untersuchung bevorzuge ich außerdem die Verwendung des Wortes »osmanisch-türkisch«, um auf muslimische Türkinnen und Türken im Osmanischen Reich und in der Türkei zu verweisen. Diese Verwendung rührt von der Auswahl der osmanischsprachigen Frauenzeitschriften her, in denen mit wenigen Ausnahmen – wie inKadınlar Dünyası –muslimische und türkische Personen schrieben.

Die hier verwendeten ethnisch-kulturellen Zuschreibungen »westlich«, »eu-ropäisch«, »osmanisch«, »muslimisch« etc. basieren auf Narrativen im Unter-suchungsmaterial. Mit der Bezeichnung »osmanisch-türkisch« will ich in der vorliegenden Untersuchung vermeiden, Erfahrungen der türkischen Frauen auf Frauen aller ethnischen und religiösen Gruppen im Osmanischen Reich und in der Türkei zu verallgemeinern, was in der türkischen Historiographie häufig geschieht. Die Bezeichnung »türkisch« verwende ich vorwiegend im

Zusam-Quellenlage 35

menhang mit dem TKB, der sich explizit als »türkischer« Frauenverein be-zeichnete.