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Die Frauenemanzipation

3. Kadınlar D ü nyası (1913–1921)

3.3. Die Frauenemanzipation

Frauen auf ihre Mutterrolle und Aufklärung der Mütterüber Kindererziehung durch Aziz Haydar wird in den Reden von Mitgliedern desNisvan Cemiyetiauf westliche Vorbilder referiert.402Das Plädoyer für eine bessere Mädchenbildung und für Zugang zur höheren Bildung entspricht den Modernisierungsdebatten der osmanischen Bildungselite, die die Bildung der Frauen als Lösung für den wirtschaftlichen Rückstand des Reiches sahen.403

Der Zugang der Frauen zu Bildung wird ebenso in den Artikelnüber euro-päische Frauen in Europa, die an den Universitäten arbeiteten, behandelt. So wird die Nachricht, dass Selma Lagerlöff404 in Schweden in die »Akademia«

gewählt worden sei, als Beweis gewertet, dass Frauen zu wissenschaftlichen Tätigkeiten fähig seien.405Auch Statistikenüber die Anzahl der Frauen, die an europäischen Universitäten studierten, werden publiziert.406

Nazife I˙cl.l beschreibt in einem ihrer Artikel die Stellung der Frauen in eu-ropäischen Ländern und führt diese auf Erfolge der Frauenbewegung zurück:

»Es ist bekannt, dass in zivilisierten Ländern Frauen einen respektvollen Status haben und ihre Rechte gegenüber Männern verteidigen. Heute haben alle Frauen in westli-chen Ländern bis auf wenige Ausnahmen Meinungs- und Handlungsfreiheit. Aber diesbezüglich sind nicht alle Länder gleich. In einigen Ländern sind Frauen freier als in anderen. Der Grund dafür sind die Frauen selbst, denn Frauen, die gänzlich Gewis-sensfreiheit und Meinungsfreiheit haben, sind die intellektuellsten Frauen. (…)

Wie kann eine Masse von Frauen, die auf diese Weise mit allen Waffen der Wis-senschaft und der Kompetenzen ausgerüstet sind, nicht fähig für irgendwelche Dinge sein? Welche Macht kann ihre Rechte wegnehmen? Hier die Schweiz. Heute können Frauen [in der Schweiz] ein so hohes Niveau erreichen, dass in Zukunft der Unterschied zwischen Mann und Frau (…) vollständig aufgehoben wird. Ich kann sogar behaupten, dass auch die Bezeichnung ›Frau‹ verschwinden wird, vielleicht wird der Mensch nur zwei Teile sein, ein Teil wird der männliche Mensch, der andere Teil der weibliche Mensch benannt und beide Teile werden in der Welt die gleichen Pflichten haben.«407

402 I˙ffet Nizamettin Hanım’ın Nutku (Die Rede von I˙ffet Nizamettin Hanım).In: Kadınlar Dünyası, No: 49, 22 Mayıs 1329 (4. Juni 1913), S. 1.

403 Vgl. S. 44f. in diesem Buch.

404 Selma Lagerlöff (1858–1940) war eine schwedische Frauenrechtlerin. Vgl. Wolandt, Holger.

Selma Lagerlöf. Värmland und die Welt. Eine Biografie.Stuttgart 2015.

405 Madam Selma Lagerlöff.In: Kadınlar Dünyası, No: 147, 13 Haziran 1330 (26 Juni 1914), S. 14.

406 Alman Darülfün0ndaki Talabat (Studentenschaft an der deutschen Universität). In:

Kadınlar Dünyası, No: 102, 27 Temmuz 1329 (9. August 1913), S. 13.

407 I˙cl.l, Nazife.Faaliyet-i Nisvan (Aktivitäten der Frauen).In: Kadınlar Dünyası, No: 61, 3 Haziran 1329 (16. Juni 1914), S. 2–3: »Mal0mdur ki memalik-i mütemeddinede kadınlar bir mevki-i ihtirama maliktirler ve kendi haklarını erkeklere kars¸ı daima müdafaa ederler ve ediyorlar. Bugün memalik-i garbiyede pek azı müstesnadır ki kadınlar tamamıyla hürriyet-i efk.r ve ef’ale sahhürriyet-ipthürriyet-irler. Fakat bu chürriyet-ihetle memleketlerhürriyet-in hepshürriyet-i müsavhürriyet-i deg˘hürriyet-ildhürriyet-ir. Bazı-larında kadınlar daha serbest ve bazıBazı-larında ise o kadar deg˘ildir. Buna sebep ise yine kadınlar, yine kendileridir. C¸ünkü tamamıyla hürriyet-i vicdan ve efk.ra malik olan

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In diesen Beschreibungen idealisiert I˙cl.l die Geschlechterverhältnisse in Eu-ropa und hebt die Bedeutung der Bildung der Frauen hervor. Sie sieht in den Tendenzen, die sie am Beispiel der Schweiz darzulegen versucht, die Aufhebung der Trennung der Menschheit nach Geschlechtern, das heißt die Durchsetzung einer Gleichstellung von Mann und Frau bezüglich der Rechten und Pflichten.

Diesen Ausführungen folgt der Aufruf an Frauen, für ihre Bildung zu kämpfen.

I˙cl.l kritisiert Vorstellungen, die von islamischen Gelehrten vertreten werden, wie zum Beispiel, dass eine Frau, die lesen und schreiben kann, »verflucht« sei.

Die Diskussionüber das Studium der muslimischen Frauen in Europa löste ein Bericht der Zeitung Tasvir-i Efk.r(Erleuchtung der Gedanken)über den türkischen Verein für Ausbildung in der Schweiz aus.408Es handelte sich um I˙sviÅre’de Tahsil Cemiyeti (Verein für Bildung in der Schweiz), der jungen Männern Stipendien für Studium und Aufenthalt an Schweizer Universitäten bot. Mükerrem Belkıs bezieht sich inKadınlar Dünyasıauf diese Nachricht und fragt, warum es diese Bildungsmöglichkeiten nicht auch für osmanische Frauen gebe. Sie fordert die Frauen dazu auf, für ihre Bildung selbst die Verantwortung zuübernehmen und nach Europa zu gehen. Die Redaktion greift diese Frage in derselben Ausgabe auf und fordert ebenfalls, dass osmanische Frauen für die universitäre Bildung nach Europa gehen sollen, denn dort hätten Frauen alle ihre Rechte:

»Heute hat ein Erwachen der Frauen, die geschieden sind, sogar in den entferntesten Ecken der Welt begonnen. Aber in Europa sind sie in einer ganz anderen Bewegung und haben gezeigt, dass sie fähig sind, alle ihre zivilen und sozialen Rechte auszuüben. In Schweden, England, Frankreich, in allen Ecken in Europa bilden Frauen, die unter der Flagge der Menschheit zusammenkommen, Armeen für die Verteidigung ihrer zivilen und menschlichen Rechte. Natürlich werden osmanische Frauen diesem Aufbruch der Frauen gegenüber nicht ignorant bleiben, ob sie wollen oder nicht, werden sie in dieser zivilisierten Bewegung teilnehmen. (…) Bildung und Wissenschaft, diese Waffen der Befreiung und Unabhängigkeit, wo sie auch immer sind, zu holen, sind wir durch Vernunft und Religion gezwungen und verpflichtet.«409

kadınlar en.lim kadınlardır. (…) Binaenaleyh s¸u suretle bütün ilim ve marifet sil.hlarıyla mücehhez bir kitle-i nisvan nelere k.dir olamaz? Onların hangi kuvvet haklarını gasbe-debilir? I˙s¸te I˙sviÅre. Bugün kadınlar bir mertebe-i kemale vasıl olacaklardır ki kadınlarla erkekler arasındaki fark (…) bütün bütün kalkacak ve kaldırılacaktır. Ve hatta diyebilirim ki kadınlık ismi bile kalkacak, belki insan yalnız iki kısım olacak ve birine insan-ı mü-zekker, dig˘erine insan-ı müennes denecek ve bunların dünyadaki vezaifi yedig˘erinin aynı olacaktır.«

408 Belkıs, Mükerrem.Avrupa’da Tahsil-i Nisvan (Bildung der Frauen in Europa).In: Kadınlar Dünyası, No: 67, 9 Haziran 1329b (22. Juni 1913), S. 1–2.

409 Cesaret-i Medeniye (Zivilcourage).In: Kadınlar Dünyası, No: 67, 9 Haziran 1329 (22. Juni 1913), S. 1: »Bugün dünyanın enücra kös¸elerinde bile metruk bir hayat yas¸ayan kadınlıkta bir uyanıklık bas¸lamıs¸tır. Avrupa’da ise bambas¸ka bir cereyana girmis¸, bütün hukuk-ı medeniye ve insaniyesine sahip olmak istidadını göstermis¸tir. I˙sveÅ’te, I˙ngiltere’de,

Fran-In der 74. Ausgabe der Zeitschrift bringt Mükerrem Belkıs das Thema wieder zur Sprache und kritisiert die Regierung, dass sie für die Bildung der Frauen nichts unternehme.410Sie ruft Frauen auf, selbst etwas für ihre Bildung zu unternehmen und ihre diesbezüglichen Rechte zu fordern. Sie führt Beispiele von erfolgrei-chen Frauen in Europa auf, so etwa die Nobelpreisträgerin Marie Curie, die den Nobelpreis erhalten hatte. Auf diesen Artikel von Mükerrem Belkıs reagierte Safiye Büran in der Zeitschrift, indem sie die idealen Orte für Bildung der Frauen erwägt.411Lausanne sei ein idealer Ort, weil dort Französisch gesprochen werde, was viele muslimische Frauen beherrschten. In der Schweiz gebe es keine Ob-szönitäten (süfliyyet-i ahl.k), die man mit Frankreich assoziiere. Zudem gebe es hier den Verein Türk Yurdu (Türkisches Heim), dessen Mitglieder Frauen in ihrem Studium beraten und begleiten würden. England und Deutschland kämen aufgrund der Sprachkenntnisse weniger in Frage.

In derselben Ausgabe gab es eine weitere Reaktion auf Mükerrem Belkıs.

Fatma Zerrin sieht viele Hindernisse der Bildung der muslimischen Frauen in Europa.412Ein Hindernis sei, dass das Bildungssystem im Osmanischen Reich Frauen nicht genügend auf ein Studium in Europa vorbereite. Die Regierung müsse entsprechende Schulen eröffnen. Ein weiteres Hindernis seien die un-begrenzten Freiheiten in Europa. Junge Frauen würden zu unsittlichem Ver-halten verführt. Als letztes Hindernis sieht Fatma Zerrin die Ehe. Frauen, die in Europa studiert haben, würden wohl ihrem Bildungsniveau gemäß heiraten wollen, aber keinen entsprechenden Mann finden.

Die Diskussion über die Bildung der Frauen in Europa wurde in den fol-genden Nummern weitergeführt.413 Der Präsident des Tahsil Cemiyeti in der Schweiz reagierte auf die Diskussionen inKadınlar Dünyasıund schrieb einen Brief an die Zeitschrift, worin er den Verein und seine Arbeitsweise vorstellt und der Behauptung entgegentritt, dass muslimische Frauen in der Schweiz der Unsittlichkeit verfallen würden.414Die Diskussion gibt auch Mahmure Fuat den sa’da velhasıl Avrupa’nın her kös¸esinde kadınlık, in-saniyet bayrag˘ı altında ictima ederek hukuk-i medeniye ve tabiiyesini müdafaa edici ordular tes¸kil ediyor. Tabiidir ki bu cereyan-ı umumi-i nisviden Osmanlcereyan-ı kadcereyan-ınlcereyan-ıg˘cereyan-ı big.ne kalmayacak, ister istemez bu cereya-na-cereyan-ı temeddüne katılacaktır. (…) Ul0m ve fünun, bu sil.h-ı necat ve sel.meti her nerede ise gidip almaya aklen ve dinen mecbur ve medyunuz.«

410 Belkıs, Mükerrem.Avrupa’da Tahsil-i Nisvan (Bildung der Frauen in Europa).In: Kadınlar Dünyası, No: 74, 16 Haziran 1329 (29. Juni 1913), S. 1–2.

411 Büran, Safiye.Avrupa’da Türk Kadını (Die türkische Frau in Europa).In: Kadınlar Dünyası, No: 79, 21 Haziran 1329 (4. Juli 1913), S. 1–2.

412 Zerrin, Fatma.Daha Gidemeyeceg˘iz (Wir können noch nicht [nach Europa] gehen).In:

Kadınlar Dünyası, No: 79, 21 Haziran 1329 (4. Juli 1913), S. 2–3.

413 Vgl. diesbezüglich die Nummern von Kadınlar Dünyası 82, 84, 89, 93, 95, 96, 100, 104 und 414 143.Avrupa’da Tahsil-i Nisvan (Bildung der Frauen in Europa).In: Kadınlar Dünyası, No: 89, 1

Temmuz 1329 (14. Juli 1913), S. 1–2.

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Anlass, die Verschleierungspflicht als Haupthindernis auf dem Weg nach Bil-dung in Europa zu sehen.415

»Ein Teil von uns sprichtüber die Ausbildung in Europa, ein Teilüber Lehre an der Universität, usw. Aberüber das eigentlich wichtige Thema, die Verschleierung, die die Ermöglichung all dieser Dinge verhindert und der man sich sehr intensiv annehmen muss, wird nicht diskutiert. Sich in Europa auszubilden, an die Universität zu gehen, eine Kunst oder einen Beruf auszuüben. All dies muss nach der Verschleierung ge-schehen. (…) Das Thema der Verschleierung muss man als unzweifelhaftes Fundament erörtern und im Rahmen der Möglichkeiten unserer Bedingungen und Gesetzgebun-gen in eine Form brinGesetzgebun-gen, die unsere BemühunGesetzgebun-gen für die Freiheit und unsere Frei-heitsbewegung stärkt, und dann muss man über die Konsequenzen sprechen. Ich denke, wenn dieses Thema erledigt ist, können wir nach Europa gehen, können uns an unserer Universität [Darülfünun] fortbilden, kurz, alle unsere Wünsche, die wir als Ziel unserer Arbeit akzeptiert haben, verwirklichen. (…) Wenn jedoch das Thema der Verschleierung erledigt ist, wird [auch] die falsche Gewohnheit des Brautwerbertums verschwinden. (…) Dieses glückliche Ziel [Aufhebung der Verschleierung] wird uns Freiheit und Menschlichkeit garantieren.«416

In diesem Artikel kommt nochmals die Ansicht mehrerer Autorinnen zur Sprache, wonach die Verschleierung das größte Hindernis für weitere Reformen sei. Diese Meinung war auch in den Briefen von Carroll, D’Angenesse und im Artikel von Bedirhan im französischen Supplement zu finden. Die Aufhebung der Schleier war ein wichtiges Ziel des Nisvan Cemiyeti.Auch in der Formu-lierung der Argumente für die Kleiderreform wird sehr oft auf den Westen verwiesen. Eine Autorin, Nebile K.muran, verbindet die Forderung für Kleid-erreform mit ihrer Kritik an der europäischen Mode.

»Welches Kleid auch immer in Europa erfunden wird, wird in Istanbul in gleicher Weise zu Mode. Wir passen unsere Kleidung schnell dieser Form an. Dann, damit dieses [Kleid]

unter der Verschleierung nicht erscheint, bringen wir auch unsere Verschleierung in die 415 Fuat, Mahmure.Nebile Akif ve Mükerrem Belkıs Hanımefendilere (An Nebile Akif und Mükerrem Belkıs Hanımefendi).In: Kadınlar Dünyası, No: 98, 10 Temmuz 1329 (23. Juli 1913), S. 3.

416 Ebd., S. 3. »Bir kısmımız Avrupa’da tahsilden, bir kısmımız darülfünunda tedristen ve-saireden bahsediyor. L.kin asıl bunların husulüne m.ni olan ve hepsinden evvel hızr-ı can edilmesi l.zım gelen mesele-i mühimmeden, tesettürden bahsedilmiyor. Avrupa’da tahsil etmek, darülfünunda okumak, bir sanat veya mesleg˘e intisap eylemek… Bunlar hep te-settürden muahhardır. (…) Yani tesettür meselesi bir esas-ı salime rabt edilmeli ve s¸erai-timizin, kanunlarımızın müsaade-i mümküneleri nisbetinde bu meseleyiürriyet-i mesai ve harek.tımızı temin edecek bir s¸ekle sokmalı, badehu füruattan bahseylemelidr. Zannede-rim bu mesele halledilirse Avrupa’ya da gidebiliriz, darülfünunumuza da devam edebiliriz, hul.sa gaye-i .mal ittihaz ettig˘imiz k.ffe-i tasavvuratımızı mevki-i fiil ve tatbike vaz’

edebiliriz. (…) Halbuki tesettür meselesi halledilirse görücülük .det-i sakimi ortadan kalkar. (…) Bu hedef-i mesuddur ki bize hürriyet ve insaniyet temin eyleyecektir.« Über-setzt in BiÅer-DeveciDer Kampf für die Frauenrechte im Osmanischen Reich2014, S. 48f.

gleiche Form, das heißt Jupe, Hosen, undähnliche Systeme, und machen uns auf diese Weise lächerlich. Was würde passieren, wenn wir, anstatt dieser [Anpassungen], unsere Schleier in eine schlichte Form bringen würden, um nicht Zielscheibe von Verspottung und Verfluchung zu werden? Heute sehen wir, wie englische Frauen mit ihrenäußerst schlichten, zum Laufen geeigneten und eleganten Röcken und luftdurchlässigen Jacken sehr ordentlich aussehen.

In welchem Zustand sehen wir wegen des Korsetts aus? Wenn wir uns jetzt mit Engländerinnen vergleichen würden, merken wir, dass Engländerinnen viel schlauer sind. Ausländerinnen und Ausländer kommen nicht umhin, bewundernde Blicke zu werfen, wenn sie eine mit einem schlichten Schleier bekleidete islamische Frau sehen, und applaudieren dieser als Nationalistin (milliyetperest). Aber sie missbilligen solche, die sie [ausländische Frauen] imitieren und unter Formen, die sie [Ausländerinnen und Ausländer] erfunden haben, zu laufen versuchen.

Dass wir jetzt Europa und europäische Frauen imitieren und uns schminken, in engen Röcken versuchen zu laufen, ist sehr seltsam! Ich möchte nur sagen, dass wir unsere Schleier verändern und in eine Form, die von allen akzeptiert wird, bringen sollen.«417

Ähnliche Kritik an der Mode und am Konsumverhalten osmanischer Frauen wurde auch in derHanımlara Mahsus Gazetegeübt. Sowohl im obenstehenden Zitat als auch in der Gazete wurde die Nachahmung europäischer Mode als übertrieben bezeichnet. Im Unterschied zur Gazete wird die Kritik mit der Forderung der Aufhebung der Verschleierungspflicht verbunden.

Die Möglichkeit der Frauen, mit Erwerbstätigkeit für den eigenen Lebens-unterhalt zu sorgen, wird in der Zeitschrift wieder mit Referenz auf den Westen eingefordert. Der Fortschritt in Europa wird meistens auf die Erwerbstätigkeit der Frauen zurückgeführt.418Auch wird betont, dass Frauen in Europa aus die-417 K.muran, Nebile.Kıyafetimiz (Unsere Kleidung).In: Kadınlar Dünyası, No: 20, 23 Nisan 1329 (6. Mayıs 1913), S. 3: »Avrupa’da ne türlüelbise icat olunsa, I˙stanbul’da da o biÅim moda oluyor. Elbiselerimizi hemen o s¸ekle sokuyoruz. Sonra bunun Åars¸afların altında görünmeyeceg˘ine zahip olarak Åars¸aflarımızı da o s¸ekillere, yani jüp külot ve sair sistemlere sokuyor, herkesin ag˘zında yıpranmaya mahk0m oluyoruz. Bunları yapmaktansa sade bir usulde Åars¸aflarımızı ıslah edip de istihzalara, tel’inlere hedef olmasak ne olur? Bugün I˙ngiliz kadınlarını görüyoruz: Gayet ciddi, yürümeye elveris¸li, zarif eteklikler, rahatÅa te-neffüs etmeye salih ceketlerle ne muntazam görünüyorlar. Korse ile ne hale giriyoruz?

S¸imdi bunları mukayese edecek olursak Ingiliz nisvanının daha akıllı Åıktıg˘ı görülüyor.

Ecnebiler bile sade bir Åars¸af giymis¸ bir Isl.m kadını gördüg˘üzaman bir nazar-ı takdirk.r atmaktan kendilerini menedemiyorlar, ihtimal bu milliyet-perest kadını ruhen alkıs¸lıyor-lar. Fakat kendilerinin icadgerdesi olan biÅimler altında kendilerini takliden yürümeye Åalıs¸anları da ayıplıyorlar. S¸imdi bizim Avrupa’yı, Avrupa kadınlarını takliden yüzümüzü boyamamız, dar eteklikler iÅinde yürümeye ug˘ras¸mamız ne büyük garabet! (…) Yalnız bizim millete mütenasip elbiseler icat ederek Åars¸aflarımızı ıslah ile herkesin nazar-ı tak-dirini celbedecek bir s¸ekle sokalım demek istiyorum.«

418 Vgl.C¸alıs¸mak Hakkımızdır (Arbeit ist unser Recht).In: Kadınlar Dünyası, No: 22, 22 Nisan 1329 (5. Mai 1913), S. 1;Fatımatüzzehra. Tes¸ebbüs-i S¸ahsi Ne Demektir? (Was heißt indi-viduelles Handeln?).In: Kadınlar Dünyası, No: 21, 24 Nisan 1329 (7. Mai 1913), S. 2–3;

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sem Grund von ihren Männern unabhängig seien. Eine Autorin, Pakize Nihat, orientiert sich hinsichtlich der weiblichen Erwerbstätigkeit ebenfalls an Europa:

»Warum sollen wir nicht wie Ausländerinnen arbeiten? Frauen in Europa wollen an der Erwerbsarbeit teilnehmen. Dafür arbeiten sie bewusst und genau. Waren Europäe-rinnen und Europäer eben früher so, wie sie uns heute so prachtvoll vorkommen? Aber sie haben gearbeitet, ohne Unterschied von Mann und Frau, weil sie schaffensfreudig sind, perfekte Fabriken, Handelshäuser und ordentliche Schulen gegründet, der Er-ziehung und Bildung ihrer Kinder größte Sorgfalt gewidmet. Um die Größe, die wir heute sehen, zu haben, haben sie viel gearbeitet und viele Revolutionen durchgemacht.

Zum Beispiel wurden in England, Frankreich und Deutschland für junge Frauen ver-schiedene Gewerbe- und Handelsschulen eröffnet. Die Regierungen geben jährlich Millionen Franken aus, um die Kosten dafür aufzubringen. (…) Aber in unserem Land sind weder Industrieschulen verbreitet noch Industriehäuser gegründet worden.

Deshalb können wir nicht ernsthaft eine Aktion beginnen. Arme Frauen, generell junge Frauen, werden zum Ziel von belästigenden und widerlichen Anpöbelungen der Klasse der arbeitslosen und faulen Vagabunden, die die saubere Luft unseres Landes ver-schmutzen.«419

Nihat kritisiert damit Vorstellungenüber die Rolle der Frau und die erniedri-gende Behandlung der Frauen in der Öffentlichkeit. Dies seien die Gründe, weshalb es so schwierig für Frauen sei, einer außerhäuslichen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Erst der Zugang zur Erwerbsarbeit und Bildung habe die Wirt-schaft der europäischen Länder angekurbelt. Aufgrund der Beschränkung des

S¸ükran, Atiye.Yirmi Sene Evvel (Vor Zwanzig Jahren).In: Kadınlar Dünyası, No: 35, 8 Mayıs 1329 (21. Mai 1913), S. 2; Cenan, Meliha.Kadının Hayat ve Mesai-i Umumiyeye I˙s¸tirakı L.zımdır (Es ist nötig, dass die Frau amöffentlichen Leben und an der Erwerbstätigkeit teilnimmt).In: Kadınlar Dünyası, No: 85, 27 Haziran 1329 (10. Juli 1913), S. 3; Akif, Nebile.

Bizler ve Tekemmül-i Cemiyet (Wir und der Fortschritt des Vereins).In: Kadınlar Dünyası, No: 87, 29 Haziran 1329 (12. Juli 1913), S. 3.

419 Nihat, Pakize.Sanayi-i Nisvan. Kardes¸im Belkıs Ferit Hanım’a (Frauen im Gewerbe. An meine Schwester Belkıs Ferit Hanım).In: Kadınlar Dünyası, No: 30, 3 Mayıs 1329 (16. Mai 1913), S. 3: »NiÅin biz de nisvan-ı ecnebiye gibi Åalıs¸mayalım? Avrupa’da kadınlar mesai-i umumiye-i bes¸eriyeye is¸tirak etmek istiyor. Bu vasıta-ı intias¸ olmak iÅin vakıf-.ne, mü-dekkik-.ne Åalıs¸ıyorlar. Mesel.bugün enzarımıza pek muhtes¸em görünen Avrupalılar vaktiyle böyle miydiler? Fakat mesai-perver olduklarından bil.-tefrik erkek ve kadın bir sa’y-ı mütemadi ile Åalıs¸tılar, mükemmel sanayi, ticarethaneler ve muntazam mektepler küs¸at, Åocuklarının tahsil ve terbiyesine son derece itina ettiler. S¸imdi gördüg˘ümüz bü-yüklüg˘e mazhar olmak iÅin pek Åok Åalıs¸tılar ve pek Åok da inkıl.plar geÅirdiler. Mesel.

I˙ngilitere, Fransa ve Almanya’da kızlar iÅin müteaddid sanayihaneler, ticaret mektepleri tesis edildi. Hük0met bunların masrafını tesviye iÅin senevi milyonlarca Frank tahsis ediyor. (…) Fakat bizim memleketimizde ne sanayi mektepleri tezyid ve tensik edilmis¸ ve ne de sanayihaneler küs¸at edilmis¸tir. Bunun iÅin kadınlar da ciddi bir tes¸ebbüse giris¸emiyorlar. Zavallı kadınlar, hususuyla genÅ kızlar memleketimizin temiz, saf havasını ifsad eden birtakım is¸siz.tıl gezen serseri güruhunun tecavüzk.rane, müstekreh l.kırdı-larına hedef oluyorlar.«

Handlungsspielraums der Frauen gebe es laut Nihat nicht den Willen nach Ar-beit und nach Fortschritt in der osmanischen Gesellschaft.

Die in diesem Kapitel vorgestellten Positionen sehen in der Bildung nicht nur die individuelle Emanzipation der Frauen, sondern auch den wirtschaftlichen Aufstieg des Reiches. Widersprüche zu dieser Position gibt es in der Zeitschrift nicht. Kritisiert wurde die Imitation der europäischen Kleidungsart, die auf-grund der Verschleierung lächerliche Formen angenommen habe. Damit wurde nochmals die Aufhebung der Verschleierungspflicht gerechtfertigt, die auch als Voraussetzung für ein Studium in Europa gesehen wurde.