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1. Theoretischer Teil

1.2 Theoretischer Teil: Klopftechniken

1.2.2. Protokoll einer Sitzung

Die Behandlung mit einer Klopftechnik folgt in allen Techniken einem ähnlichen und relativ strikten Protokoll. Das hier vorgestellte Protokoll orientiert sich an den Techniken des Clinical EFT und PEP.

Denn das Clinical EFT und PEP sind beide für die klinische Anwendung gedacht gehen von neurowissenschaftlichen Wirkhypothesen aus.

In dem Abschnitt der Aktivierung benennt der Klient das Thema. Durch eine Liste möglicher Fragen wird versucht, die kognitiven, emotionalen und körperlichen Aspekte des Themas tatsächlich so zu aktivieren, wie es auch im Alltag geschieht. Mögliche Fragen sind dabei:

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• „Welches unangenehme oder belastende innere Bild gehört zu dem Thema? Was also erscheint vor meinem inneren Auge?

Wo in meinem Körper fühlt es sich besonders unangenehm an?

Um was für ein Gefühl handelt es sich dabei genau?

Wie denke ich über mich, da ich dieses Problem habe?

Was glaube ich, dass andere über mich denken, da ich dieses Problem habe?

Mache ich mir einen Vorwurf bezüglich des Themas?“ (Bohne, 2019, S.22)

In allen Techniken folgt nun die Einschätzung der Stärke der Emotion, die das belastende Thema hervorruft auf einer Skala von 0-10, dem SUD. Dabei geschieht die Einordnung in Bezug auf den Stress und das Unwohlsein, das der Klient in dem Moment über das Thema empfindet.

In einigen Techniken folgen nun die erste sensorische Stimulationen: Bei der Überkreuzübung werden der linke über den rechten Knöchel, der rechte über den linken Arm gelegt, die Hände werden dabei verschränkt, zum Körper herangezogen und zuletzt die in einer Rotation verschränkten Hände zum Kinn gebracht. Die Augen werden dabei geschlossen, die Zunge beim Einatmen gegen den Gaumen gelegt, beim Ausatmen wieder vom Gaumen wegbewegt. Man kann sich dabei auch eine ausbalancierte Pendelwage vor dem inneren Auge vorstellen. Diese Übung wird 30 Sekunden bis 2 Minuten durchgeführt. Eine zweite mögliche Übung ist die Fingerberührübung. Dabei liegen die Ellenbogen seitlich am Körper an, die Augen sind geöffnet oder geschlossen, die Fingerspitzen werden vor dem Brustkorb zusammengeführt. Die Atmung erfolgt wie in der Überkreuzübung, die Übungslänge ist ebenfalls 30 Sekunden bis 2 Minuten.

In der nun folgenden Selbstbestätigungsübung oder Selbstakzeptanzübung werden sowohl unangenehme Gefühle wie auch Gedanken in eine Affirmation eingebettet, die immer folgendes Schema hat: „Auch, wenn ich Problem X/Gefühl X/Gedanke X habe, liebe und akzeptiere ich mich so wie ich bin.“ Es ist eine Abwandlung der Worte möglich und sogar erwünscht, wenn einzelne Worte Widerwillen in dem Klienten auslösen. Mögliche Alternativen sind: “… achte und schätze ich mich so wie ich bin”, “...bin ich voll und ganz OK”. Auch humorvolle Alternativen wie: “...wäre es aus

wissenschaftlicher Sicht sinnvoll mich trotzdem anzunehmen”, sind möglich. Diese

Selbstbestätigungsaffirmation wird verbunden mit einer Körperstimulation: Meist wird hierfür ein Punkt unter dem linken Schlüsselbein, oberhalb des Herzens sanft mit nach außen kreisender Bewegung gerieben. Wenn dies unangenehm ist, kann jedoch auch der Handkantenpunkt geklopft oder gehalten werden. Die Worte werden zuerst, verbunden mit der Bewegung/Berührung, von dem

16 Therapeuten ausgesprochen und dann, wenn stimmig, inklusive der Bewegung vom Klienten laut wiederholt.

Es folgt das eigentliche Klopfen. Hierbei klopft der Therapeut am eigenen Körper etwa 7-15 Mal in rhythmischem, angenehmem Tempo mit Zeigefinger und Mittelfinger in festgelegter Reihenfolge auf die 7-16 verschiedenen aus der Akupunktur verwendeten Körperpunkte, der Patient folgt seinem Beispiel. Es spielt dabei keine Rolle welche Körperhälfte verwendet wird. Während des Klopfens wird das Thema immer wieder aktiviert und emotionale Reaktionen provoziert. In EFT wird dafür die klassische „Reminderphrase“ verwendet, in der der belastende Teil des Themas in ein bis zwei Worte zusammengefasst wird, beispielsweise „meine Angst“. Die Interaktion während dem Klopfen wird sehr individuell gestaltet. Hat ein Patient Schwierigkeiten mit dem Thema in Kontakt zu bleiben, werden einzelne, zuvor als belastend beschriebene Aspekte, genannt. Bei starker emotionaler Erregung oder traumatischem Inhalt geht es darum, das Gefühl von Sicherheit aufrecht zu erhalten und den Klienten in der Gegenwart zu verankern. Ist der Klient beispielsweise durch eine

Traumaerinnerung sehr agitiert, kann sich die Aufmerksamkeit beim Klopfen auch auf ein langes Ausatmen oder ein „korrektes“ Klopfen der Punkte richten. Durch explizite Aufforderung Blickkontakt zu halten oder durch das Bestätigen des Erlebens wie durch ein „Super machen Sie das!“, „Ja, genauso ist es gut“, „Sie machen es prima!“ kann ferner ein Kontakt aufrechterhalten werden (Bohne, 2019a; Church, 2010).

Nach einer Klopfrunde folgt traditionell die 9 Gammutsequenz oder Zwischenentspannung:

• „die Augen schließen

die Augen öffnen

nach unten rechts schauen

nach unten links schauen

die Augen 360 Grad rechtsherum kreisen lassen

die Augen 360 linksherum kreisen lassen

ein paar Töne oder eine Melodie summen

von 7 an rückwärts zählen oder eine Rechenaufgabe rechen

und wieder summen“ (Bohne, 2019, S.38)

Nun wird erneut der SUD evaluiert, wie groß der aktuelle Stress also ist, wenn der Klient das Thema aktiviert. Bei starkem Stress ist es möglich, noch eine zweite Klopfrunde zu beginnen. Folgende Variationen sind dabei möglich: Um den Klienten stärker im Körper zu verankern, bietet es sich an zu

17 fragen, welche Punkte besonders angenehm oder unangenehm sind, bei welchen Punkten sich etwas zu „lösen“ scheint. Oft werden, anstatt gleich eine neue Klopfrunde zu starten, zunächst jedoch die verbleibenden Emotionen zu dem Thema (oder auch neue Aspekte) erneut mit einer

Selbstakzeptanzaffirmation gewürdigt. Mögliche Formulierungen sind „Auch, wenn ich immer noch Gefühl X verspüre, wenn ich an das Thema denke, liebe und akzeptiere ich mich so wie ich bin“. Am Ende der Sitzung werden die „alten“ Glaubenssätze durch neue, passende Affirmationen ersetzt, die der Klient dann als Hausaufgaben mit nach Hause bekommt.

Insgesamt setzt sich eine Sitzung somit aus Sequenzen kognitiver Umstrukturierung, sensorischer Stimulation bei gleichzeitiger Konfrontation und reiner sensorischer Stimulation zusammen. Bevor der Forschungsstand dargestellt folgt ein kurzer Text über die Methode des EMDR. EMDR zählt wie die Klopftechniken zu den bifokalen Stimulationstechniken, viele EMDR Anwender verwenden sogar ein bilaterales Klopfen als sensorische Stimulation. Auch ähnelt das Sitzungsprotokoll den

Klopftechniken im Aufbau. Um im Abschnitt des Forschungsstandes einen Vergleich zu EMDR Studien zu ermöglichen soll daher die Technik ebenfalls vorgestellt werden, sowie die Ergebnisse einiger exemplarischer Metaanalysen diskutiert werden.