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Das Projekt MEGAPHYS: Zielsetzung, Konzepte, Projektpartner und Arbeitspakete

Britta Weber1), Marianne Schust2), Felix Brandstädt2), Dirk Ditchen1), André Klußmann3), Hansjürgen Gebhardt3), Matthias Jäger4), Andrea Sinn-Behrendt5), Bernd Hartmann6), Falk Liebers2)

1) Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA), Alte Heerstraße 111, 53757 Sankt Augustin

2) Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Nöldnerstraße 40–42, 10317 Berlin

3) Institut für Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und Ergonomie e.V. (ASER), Corne-liusstraße 31, 42329 Wuppertal

4) Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo), Ardeystraße 67, 44139 Dortmund

5) Institut für Arbeitswissenschaft der Technischen Universität Darmstadt (IAD), Otto - Berndt - Straße 2, 64287 Darmstadt

6) ArbMedErgo, Hamburg, Steinbeker Grenzdamm 30d, 22115 Hamburg

Ziele des Projekts 1.3.1

Das übergeordnete Ziel des MEGAPHYS-Projekts bestand in der Entwicklung eines integrierten Methodeninventars zur Erfassung und Bewertung physischer Belastun-gen am Arbeitsplatz. Dabei sollten auf unterschiedlichen Ebenen von Detaillierung und Erhebungsaufwand vorhandene Methoden der Gefährdungsanalyse ergänzt, verbessert und evaluiert werden.

Unter der Prämisse eines abgestimmten Vorgehens bildeten folgende Teilziele die Grundlage für die Weiterentwicklung des Methodeninventars:

 die Erarbeitung gemeinsamer Maßstäbe der Expositionsbewertung (Band 1, Kap. 2),

 die Definition und Abgrenzung verschiedener Belastungsarten, die alle wesentli-chen Formen beruflicher physischer Aktivität abdecken (Band 1, Kap. 2),

 die Beurteilung der physischen Belastungen hinsichtlich ihrer Wirkung auf ver-schiedene Körperregionen (Band 1, Kap. 2),

 die Darstellung der Zusammenhänge zwischen den Beurteilungsergebnissen der verschiedenen Methodenebenen (Band 2) sowie

 die Ermittlung der Stärken und Limitationen der Bewertung auf den verschiede-nen Methodenebeverschiede-nen (jeweilige Kapitel in Band 1 und Band 2).

Die neu- oder weiterentwickelten Methoden sollten schließlich in Evaluierungsstudien auf verschiedene Gütekriterien hin geprüft werden.

Eine Beschreibung der Methodenebenen und ein Überblick dazu, welche Ziele hin-sichtlich der Weiterentwicklung auf den verschiedenen Ebenen sowie zur Kompatibi-lität der Methoden und ihren Schnittstellen definiert wurden, werden in den Kapiteln 1.3.2 und 1.3.3 gegeben.

Konzept der Methodenebenen 1.3.2

Das dem MEGAPHYS-Projekt zugrundeliegende Ebenen-Konzept ist in Abbildung 1.9 dargestellt. Die Abbildung zeigt die auf den verschiedenen Stufen prinzipiell zur Verfügung stehenden Verfahren zur Erfassung und Bewertung berufsbedingter phy-sischer Belastungen (Grob-Screening-Verfahren, Spezielle Screening-Verfahren,

Experten-Screening-Verfahren und Messtechnische Analysen in Form von betriebli-chen Messungen oder Labormessungen). Der Detaillierungsgrad der Erfassung von Risikofaktoren nimmt von oben nach unten zu. Zu den Stufen werden potenzielle Nutzergruppen und Methodenbeispiele genannt.

Abb. 1.9 Methodenebenen zur Erfassung und Bewertung physischer Belastun-gen am Arbeitsplatz mit potenziellen Nutzergruppen (links) und Metho-denbeispielen (rechts) (Ellegast, 2010)

Grob-Screening 1.3.2.1

Für die Bewertung der physischen Belastung am Arbeitsplatz kann es sinnvoll sein, zunächst ein Grob-Screening durchzuführen. Dieses liefert eine überschlägige Erfas-sung und Bewertung physischer Belastungsfaktoren mittels Checkliste. Ein weit ver-breitetes Beispiel ist die Checkliste aus der DGUV Information 250-453: Handlungs-anleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftli-chen Grundsatz G46 „Belastungen des Muskel- und Skelettsystems einschließlich Vibrationen" (2009). Sie enthält Anhaltspunkte für die Beurteilung physischer Belas-tungsarten, anhand derer Belastungsschwerpunkte identifiziert werden können. Die Checkliste liefert eine orientierende Klärung der Frage, ob Handlungsbedarf besteht.

Die Checkliste ist so aufgebaut, dass zu allen typischen Formen körperlicher Anfor-derungen eine Orientierungsfrage gestellt wird, um zu klären, ob überhaupt eine er-höhte Belastung durch die jeweilige Belastungsform vorliegt. Diese Frage kann der Unternehmer selbst, eine von ihm beauftragte Fachkraft für Arbeitssicherheit oder der Betriebsarzt bei detaillierter Kenntnis des Arbeitsplatzes beantworten. Soweit ag-gregierte Informationen dazu z. B. als Ergebnis der arbeitsmedizinischen Vorsorge oder aus anderen Quellen vorliegen, kann ergänzend zu jeder Belastungsform in die Bewertung einfließen, ob tätigkeitsspezifische Beschwerden an dem jeweiligen Ar-beitsplatz gehäuft aufgetreten sind.

Ergibt das Grob-Screening Anhaltspunkte dafür, dass eine erhöhte Belastung durch eine oder mehrere Belastungsarten nicht ausgeschlossen werden kann, sollte z. B.

mit dem Speziellen Screening tiefer analysiert werden, ob z. B. „wesentlich erhöhte“

Belastungen vorliegen, die nach ArbMedVV (2008) und AMR 13.2 (2014) das Ange-bot arbeitsmedizinischer Vorsorge auslösen würden.

Spezielles Screening 1.3.2.2

Sind mittels Grob-Screening Belastungsschwerpunkte durch z. B. das Heben und Tragen von Lasten erkannt worden, empfiehlt es sich, die für unterschiedliche Belas-tungsarten existierenden Speziellen Screening-Verfahren anzuwenden. Diese er-möglichen eine genauere Bewertung des Risikos für eine körperliche Überbeanspru-chung. Seitens der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) wur-den in wur-den Jahren 2001, 2002 und 2011 die so genannten Leitmerkmalmethowur-den (LMM) für die Beurteilung der drei Belastungsarten „manuelles Heben, Halten und Tragen von Lasten“ (Jürgens et al., 2001), „manuelles Ziehen und Schieben von Las-ten“ (Jürgens et al., 2002) und „manuelle Arbeitsprozesse“ (Steinberg et al., 2012) veröffentlicht. Diese liegen als Formblätter (Papier- und Bleistift-Methoden) sowie teilweise auch als MS Excel-Tool (LMM-E-Version) vor. Die LMM, die zur Ebene der Speziellen Screening-Verfahren zählen, erlauben eine einfache, schnelle und praxis-nahe Gefährdungsbeurteilung. Für die Erfassung und Bewertung von Belastungen der oberen Extremitäten stehen weitere Screeningverfahren, wie RULA (Rapid Upper Limb Assessment) (McAtamney & Corlett, 1993) oder der OCRA-Index (Colombini et al., 2000) bzw. die OCRA-Checkliste (Hoehne-Hückstädt et al., 2007) zur Verfügung.

Diese Verfahren eignen sich am besten für Arbeitsplätze mit gleichförmigen zykli-schen Belastungsprofilen. Bei komplexeren Arbeitsprozessen, wenn z. B. Höhe und Dauer der Belastungen häufig wechseln oder wenn nacheinander verschiedene Be-lastungsarten wirken, bestehen bei den bisher verfügbaren Methoden Einschränkun-gen hinsichtlich der Abbildbarkeit der Belastung. Für einige Belastungsarten, wie kraftbetonte Tätigkeiten oder Tätigkeiten in Zwangshaltungen, existierten bislang keine Erfassungs- und Bewertungsverfahren auf der Speziellen Screening-Ebene.

Experten-Screening 1.3.2.3

Der betriebliche Berufsalltag weist immer wieder Situationen und Belastungsfälle auf, die eine intensivere Beurteilung der Arbeitssituation erforderlich machen. Hierfür gibt es entsprechende Experten-Screening-Verfahren. Für die Bewertung verschiedener Belastungsarten, insbesondere für kurzgetaktete Tätigkeiten in der Automobil- und Zulieferindustrie wurden vom Institut für Arbeitswissenschaft der TU Darmstadt (IAD) in dieser Kategorie das AAWS (Automotive Assembly Worksheet) (Schaub, 2004) und das EAWS (European Assembly Worksheet) (Schaub et al., 2010) entwickelt.

Bei diesen Verfahren wird neben der Bewertung von Teilbelastungen (z. B. Körper-haltungen, Aktionskräfte, Handhaben von Lasten, repetitive Tätigkeiten) auch ein summarischer Wert für die Gesamtbelastung gebildet.

Ein weiteres Beispiel eines Experten-Screening-Verfahrens, allerdings nur für die Bewertung kraftbetonter Tätigkeiten, ist der unter Federführung des IAD entwickelte Kraftatlas (Wakula et al., 2009). Weitere Verfahrensbeispiele für einzelne Belas-tungsarten sind das OWAS-Verfahren (Karhu et al., 1977) für Körperhaltungen oder der OCRA-Index (Occhipinti, 1998) für repetive Tätigkeiten.

Experten-Screening-Verfahren haben – ebenso wie Spezielle Screening-Verfahren – die allgemeinen Limitationen von Beobachtungsverfahren. Durch grobe Klassifizie-rung der Belastungskategorien werden sie oftmals der Komplexität von Arbeitspro-zessen nicht gerecht (Li & Buckle, 1999). Insbesondere dreidimensionale

Bewegun-gen, wie Torsionen und Lateralflexionen des Rückens, sind mit Beobachtungsme-thoden nur mit großen Ungenauigkeiten zu erfassen (Kilbom, 1994b). Ferner kann insbesondere der zeitliche Verlauf von Belastungen nicht adäquat erfasst und bewer-tet werden.

Betriebliche Messung 1.3.2.4

Messtechnische Analysen am Arbeitsplatz (betriebliche Messungen) bieten gegen-über den Screeningverfahren einen nochmals erhöhten Differenzierungsgrad hin-sichtlich der Identifizierung physischer Belastungen. Derartige Untersuchungen sind z. B. bei Mischbelastungen oder differenzierten Analysen hinsichtlich der Belas-tung/Beanspruchung unterschiedlicher Körperregionen notwendig. Betriebliche Mes-sungen sollten durchgeführt werden, wenn

 besondere Belastungssituationen (hohes Risiko, komplexe Belastung) erwartet werden,

 die Beurteilung erhebliche Folgen haben kann, weil z. B. im Ergebnis der Mes-sung zugleich Optimierungen der Arbeitssituation mit hohen materiellen Aufwen-dungen angestrebt werden, oder

 Musterarbeitsplätze beurteilt werden, deren Ergebnisse auf viele gleichartige Ar-beitsplätze übertragen werden sollen.

Zur Erfassung und Analyse von Körperhaltungen und -bewegungen im Arbeitspro-zess sind einige Messsysteme entwickelt worden (z. B. Marras et al. (1992);

Plamondon et al. (2007)). Diese sind zumeist speziell auf die Bewegungserfassung von Körperteilbereichen, z. B. des Rückens, ausgelegt worden und meist nicht für Langzeitanalysen (z. B. eine Arbeitsschicht) im Feld einsetzbar. Aus diesem Grund wurde im Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) das CUELA-Messverfahren (Computer-unterstützte Erfassung und Langzeit-Analyse von Belastungen des Muskel-Skelett-Systems) entwickelt, mit dem eine kon-tinuierliche Erfassung und Analyse physischer Belastungsfaktoren direkt am Arbeits-platz durchgeführt werden kann (Ellegast et al., 2009; Ellegast et al., 2010). Das CUELA-Verfahren ermöglicht je nach Anwendungsfall eine Analyse nach biomecha-nischen, energetisch/kardiopulmonalen, muskulären, psychophysikalischen oder epi-demiologischen Kriterien (Ellegast et al., 2006; Weber et al., 2007; Glitsch et al., 2007; Ellegast et al., 2008; Hermanns et al., 2008). Limitationen von Praxismessver-fahren bestehen in der Begrenzung der Messgenauigkeit (z. B. bei Kraftmessungen) oder in der Repräsentativität der jeweils untersuchten Arbeitsschicht.

Bei der Bewertung messtechnisch erhobener Belastungsdaten kann z. T. auf etab-lierte Ansätze zurückgegriffen werden. Bislang gibt es jedoch kaum Verfahren, die bspw. biomechanische Belastungsfaktoren, wie Gelenkwinkel, Winkelgeschwindig-keiten oder Kräfte, einzeln oder in Kombination im Zeitverlauf bewerten.

Labormessung/Simulation 1.3.2.5

Labormessungen, in denen Arbeitsprozesse unter standardisierten Bedingungen nachgestellt werden können, liefern die präzisesten Aussagen zur physischen Belas-tungssituation. Wegen des besonders hohen Aufwands wurden sie allerdings bisher nur für ausgewählte Belastungsschwerpunkte durchgeführt. Die Ergebnisse der La-borsimulation können anschließend mit Beurteilungen der Gesamtsituation von den zuvor genannten Ebenen zusammengeführt werden. Derartige Labormessungen

wurden z. B. bei Analysen von Pflegetätigkeiten (Jäger et al., 2008) und spezifischen Belastungen mit besonderen Fragestellungen (Jäger et al., 2004; Glitsch et al., 2008) durchgeführt. Im vorgegebenen Zusammenhang von MEGAPHYS wurden beispiels-weise auch typische Körperhaltungen und -bewegungen nachgestellt und mit biome-chanischen Simulationsrechnungen gekoppelt, um die resultierende Wirbelsäulenbe-lastung zu bestimmen.

Passfähigkeit der Methoden untereinander 1.3.2.6

In den zuvor beschriebenen verschiedenen Methodenebenen sollen in MEGAPHYS unterschiedliche Formen physischer Belastungen (manuelles Heben, Halten und Tragen von Lasten, manuelles Ziehen und Schieben von Lasten, manuelle Arbeits-prozesse, Ganzkörperkräfte, Körper(zwangs)haltungen und Körper(fort)bewegung) und die jeweils besonders betroffenen Bereiche des menschlichen Körpers (z. B.

Nacken/oberer Rücken, unterer Rücken, Schulter-Arm-Bereich, Hand-Arm-Bereich, untere Extremitäten) berücksichtigt werden.

Deshalb bedarf es der internen Kompatibilität der Risikobereiche sowohl zwischen den Belastungsarten als auch zwischen den Methodenebenen vom Grob-Screening bis zu Labormessungen und Simulation durch den internen Abgleich (Abb. 1.10).

Das Risikokonzept nach dem so genannten Ampelprizip ist in Kapitel 2.1 beschrie-ben. Die Punktwerte, welche dort den fiktiven Übergang von „grün nach gelb“ und

„gelb nach rot“ kennzeichnen, sind auf den Ebenen von Speziellem Screening und Experten-Screening gleichartig definiert und gewährleisten so eine erste „Passfähig-keit“ der Methoden untereinander. Darüber hinaus muss über ein gemeinsames Ver-ständnis der Wirkung von Belastungsarten auf Zielregionen die Passfähigkeit zwi-schen belastungsart- und zielregionen-spezifizwi-schen Bewertungsansätzen gewährleis-tet sein.

Weiterhin bedarf es der Gewährleistung einer externen Kompatibilität der Risikobe-reiche zu Bewertungskriterien anderer Belastungsformen und Expositionen hinsicht-lich der Definition von Risikobereichen im Rahmen des gesamten Konzepts der Ge-fährdungsbeurteilungen und Risikoanalysen. Diese Risikobereiche sollten zugleich mit arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen der ergonomischen Gestaltung der Ar-beit kompatibel sein.

Hinsichtlich der internen Kompatibilität sind die Ergebnisse der unterschiedlichen Me-thodenebenen zu interpretieren. Mit zunehmendem Analysenaufwand wird die Treff-sicherheit (Spezifität) höher. Der UnTreff-sicherheitsbereich wird eingegrenzt. Wird aller-dings die Sicherheitsgrenze zu hoch gewählt, dann ergeben sich möglicherweise im Grob-Screening nur noch „Rot“-Bewertungen, was die Daseinsberechtigung dieser Eingangsstufe in Frage stellt. Weitestgehend ausgeschlossen werden muss, dass eine „Grün“-Bewertung des Grob-Screenings im Speziellen Screening zu „rot“ wird (falsch-negative = falsch-„grüne“ Bewertung in der Ebene des Grob-Screenings).

Abb. 1.10 Interne Kompatibilität zwischen den Methodenebenen vom Grob-Screening-Verfahren bis zur Laborsimulation

Weiterentwicklung des Methodeninventars 1.3.3

Die Weiterentwicklung des Methodeninventars zielte darauf ab, auf den einzelnen Ebenen genannte Lücken zu schließen sowie vorhandene Verfahren zu optimieren und dabei gleichzeitig eine ebenenübergreifende Harmonisierung der Verfahren zu gewährleisten.

Nachstehend sind die jeweiligen methodenspezifischen Ziele ausgeführt:

Ziele in Bezug auf das Grob-Screening 1.3.3.1

Der Fokus von MEGAPHYS lag auf der Weiterentwicklung und Evaluierung von Ver-fahren des Speziellen Screenings, des Experten-Screenings sowie der Messtechni-schen Analyse in Feld und Labor. Die Ergebnisse dieser Verfahrensebenen können im Anschluss an das Projekt genutzt werden, um vorliegende Checklisten des Grob-Screenings zu prüfen und ggf. einzelne Schwellenwerte anzupassen.

Ziele in Bezug auf das Spezielles Screening 1.3.3.2

Ziel auf der Ebene des Speziellen Screenings war die Einbeziehung möglichst aller typischen Formen physischer Arbeitsbelastung (Kap. 2.2). Ausgehend von den be-reits bestehenden drei LMM (Heben, Halten und Tragen, Ziehen und Schieben, Ma-nuelle Arbeitsprozesse) sollten drei neue LMM zu den Belastungsarten „Kör-per(zwangs)haltungen“, „Körper(fort)bewegung“ und „Ganzkörperkräfte“ entwickelt werden. Zudem sollten die bestehenden LMM methodisch überarbeitet werden.

 Manuelles Heben, Halten und Tragen von Lasten (HHT)

 Manuelles Ziehen und Schieben von Lasten (ZS)

 Manuelle Arbeitsprozesse (MA)

 Ganzkörperkräfte (GK)

 Körper(zwangs)haltung (KH)

 Körper(fort)bewegung (KB)

Alle Verfahren sollen sowohl in einem Papier- und Bleistift-Verfahren (LMM) als auch rechnergestützt (LMM-E) angewendet werden können. Zusätzlich sollte die Entwick-lung einer siebten Methode zur Bewertung von Mischarbeit vorbereitet werden (LMM-MB). Diese soll die sechs Teilbelastungsarten zusammenfassen und so die Er-fassung von Mehrfachbelastungen ermöglichen („Mischbewertung“). Die Bewertung soll belastungsartenorientiert erfolgen, indem Teil-Tätigkeiten einzelner Arbeitsplätze betrachtet werden.

Ziele in Bezug auf das Experten-Screening 1.3.3.3

Ausgehend vom EAWS (European Assembly Worksheet) zielte die Weiterentwick-lung des Experten-Screenings auf eine breitere Anwendbarkeit sowie eine Detaillie-rung vorhandener Bewertungsansätze für ausgewählte Teilbelastungsarten (z. B.

Körperhaltungen) ab. Neben der Überarbeitung und Erweiterung bestehender Ver-fahren, z. B. zur Integration weiterer Belastungsarten (Körper(fort)bewegung), sollten Ansätze zur Analyse langzyklischer sowie ungetakteter Arbeitsplätze entwickelt wer-den. Weiterhin wurden rechnergestützte Varianten für einzelne Belastungsarten ent-wickelt.

Das Experten-Screening bewertet vier Belastungskategorien. Dabei werden abwei-chend von der im Kapitel 2.2 beschriebenen Definition der Belastungsarten Ganz-körper- und Finger-/Handkräfte gemeinsam als „Aktionskräfte“ betrachtet. Außerdem werden Körperhaltung und -bewegung sowie Heben/Halten/Tragen/Ziehen/Schieben zusammengefasst:

 Körperhaltung und -bewegung (Kh),

 Aktionskräfte (Ganzkörper- und Finger-/Handkräfte) (AK),

 Handhabung von Lasten (Heben/Halten/Tragen/Ziehen/Schieben) (HvL),

 Repetitive Tätigkeiten der oberen Extremitäten (Rep).

Das Methodeninventar startet mit einem summarischen Ansatz, der auch in vier Ein-zelbewertungskonzepte für die einzelnen Belastungsarten unterteilbar ist. Es bewer-tet belastungsartenorientiert den gesamten Arbeitsplatz und soll sowohl als Papier- und Bleistift-Methode (p&p) als auch rechnergestützt (IT) angewendet werden kön-nen. Eine daraus abzuleitende Methodik ist die Risikoabschätzung physischer Arbeit über den zeitlichen Verlauf der Tätigkeit (sequentiellen Betrachtung). Hier sollte jede (quasihomogene) (Teil-)Tätigkeit über die Zeit aufgenommen und zusammenfassend über die vier Belastungsarten bewertet werden. In einem nächsten Schritt sollte die Bewertung der Belastung nicht nur zeit- sondern auch körpersegmentbezogen erfol-gen.

Ziele in Bezug auf die Betriebliche Messung 1.3.3.4

Im Rahmen von MEGAPHYS sollten für die Messtechnische Analyse mit CUELA-Verfahren zur Körperregionen-spezifischen Belastungsbewertung weiterentwickelt werden. Dabei sollten die folgenden Zielregionen betrachtet werden:

 Nacken/oberer Rücken,

 Schultern/Oberarme,

Für die einzelnen Zielregionen und dort auftretenden Symptome oder Krankheiten im Bereich der Muskeln, Sehnen, Gelenke, Nerven und Gefäße sollte nach arbeitswis-senschaftlichen und arbeitsmedizinischen Erkenntnissen ein Bewertungskonzept entwickelt werden. Das beinhaltete die Überarbeitung bereits bestehender sowie die Entwicklung neuer Bewertungsansätze, die u. a. verschiedene Belastungsfaktoren im Zeitverlauf berücksichtigen sollten. Darüber hinaus sollte die Belastung des Herz-Kreislauf-Systems bewertet werden.

Ziele in Bezug auf die Labormessung 1.3.3.5

Auf der Ebene der Labormessung bzw. -simulation sollten im Rahmen von MEGAPYHS mehrere Methoden und Werkzeuge zur Gefährdungsbeurteilung bei physischen Belastungen hinsichtlich der biomechanischen Auswirkungen – insbe-sondere auf die Wirbelsäule – weiterentwickelt und evaluiert werden. Unter anderem sollte der Bewertungsansatz Dortmunder Richtwerte nach Ergänzung des Daten-pools gegebenenfalls angepasst werden; es sollte eine Kopplung der Systeme Der

Dortmunder und CUELA vorgenommen werden, um die Anwendung in der betriebli-chen Praxis zu vereinfabetriebli-chen und Wirbelsäulenbelastungen in erweiterter Form bestimmen zu können; mit Hilfe von biomechanischen Modellrechnungen sollten etablierte und im Rahmen von MEGAPHYS entworfene Screening-Werkzeuge hinsichtlich Körperhal-tung oder Lastenhandhabung evaluiert werden.

Ziele in Bezug auf die Schnittstellen zwischen den Methodenebenen 1.3.3.6

Um die Harmonisierung der Methodenebenen zu gewährleisten, wurden Schnittstel-len zwischen den einzelnen Verfahren definiert. Diese ermöglichen die Vergleichsbe-trachtungen zwischen den Belastungsbewertungen der verschiedenen Verfahrens-ebenen. Grundlage war die Entwicklung eines gemeinsamen Bewertungsmodells (Abb. 1.11).

Abb. 1.11 Gemeinsames Bewertungsmodell MEGAPHYS

Die belastungsartorientierte Bewertung der Screenings bildet die Schnittstelle zwi-schen Speziellem Screening und Experten-Screening. Beide Methoden erfassen die einzelnen Belastungsarten und bewerten belastungsartspezifisch. Gleichzeitig kön-nen die Ergebnisse der Einzelbetrachtung zusammengefasst werden und damit eine Gesamtbewertung der physischen Belastungen erfolgen.

Über das Wirkungsmodell der Belastungsarten stellt die zielregionspezifische Bewer-tung der Messtechnischen Analyse (Feld und Labor) eine Schnittstelle zum Speziel-len und Experten-Screening dar.

Aus der zielregionspezifischen Belastungsbewertung ergibt sich die Schnittstelle zwi-schen der Messtechnizwi-schen Analyse in Feld und Labor.

Die Methodenebenen sollen sowohl mittels deskriptiver grafischer Darstellung der Bewertungsergebnisse als auch unter Anwendung von Korrelations- und Regressi-onsanalysen miteinander verglichen werden.

Arbeitspakete, Laufzeit, Projektpartner 1.3.4

Das Projekt war in acht Arbeitspakete (AP) gegliedert: in ein die ganze Laufzeit wäh-rendes Arbeitspaket für die Gesamtkoordination (AP 0) sowie sieben Arbeitspakete für die inhaltliche Bearbeitung (Abb. 1.12).

Arbeitspakete des Projekts 1.3.4.1

Die Inhalte der Arbeitspakete lassen sich wie folgt skizzieren:

AP 0: Gesamtkoordination des Projekts