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Problemzentrierte Interviews mit älteren Menschen

Aufteilung qualitative Interviews

Fragestellung 7: Ideen der ExpertInnen zur Bedürfnisdeckung

5.1.4. Problemzentrierte Interviews mit älteren Menschen

Während der Erhebung der ExpertInneninterviews hat sich gezeigt, dass eine Erhebung ohne einer Befragung der „wahren ExpertInnen“, also den älteren Menschen, schwierig ist, um ein umfassendes Bild über die tatsächliche Situation zu erlangen. Somit wurde nochmals deutlich, dass die problemzentrierten Interviews mit älteren Menschen für die weitere Informationsgewinnung unentbehrlich sind.

Das problemzentrierte Interview

Für die Befragung der älteren Menschen wurde das problemzentrierte Interview als Untersuchungsmethode ausgewählt. Charakteristisch für diese Interviewmethode ist, dass der Leitfaden aus Fragen und Erzählaufforderungen zusammengesetzt ist, der unter anderem biografische Daten als auch bestimmte Problemstellungen erfasst.201

„Dieses Interview ist durch drei zentrale Kriterien gekennzeichnet: Problemzentrierung, d.h.

‚die Orientierung des Forschers an einer relevanten gesellschaftlichen Problemstellung‘;

Gegenstandsorientierung, das heißt, dass die Methoden am Gegenstand orientiert entwickelt bzw. modifiziert werden sollen; schließlich die Prozessorientierung in Forschungsprozess und Gegenstandsverständnis.“202

199 Vgl.: Interview 7, Zeile 37.

200 Interview 7, Zeile 37.

201 Vgl.: Flick (2005), S. 134-135.

202 Flick (2005), S. 135.

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Diese drei Kriterien konnten in dieser Forschungsarbeit durchaus erfüllt werden, da sich die Interviews mit den älteren Menschen erst während der Erhebung ergaben bzw. die Notwendigkeit dieser für den weiteren Forschungsprozess erkannt wurde. Diese stellen vor allem eine Ergänzung der bisherigen ExpertInneninterviews dar. Im Weiteren werden die älteren Menschen als die wahren ExpertInnen der zu behandelnden Problem- und Fragestellung betrachtet.

Kennzeichnend für ein problemzentriertes Interview ist, dass der/die InterviewerIn sich bereits ein Vorwissen über die behandelte Problemstellung angeeignet hat. Dies erfolgt einerseits an Hand der Literaturrecherche während des Forschungsprozesses, andererseits durch die Erlangung von Fachwissen durch ExpertInneninterviews, wie es auch in dieser Arbeit der Fall ist. Aus den generierten Informationen werden dann die wichtig erscheinenden Faktoren bezüglich der Problemlage herausgefiltert, welche in die weitere Forschungstätigkeit einfließen.203

Vor allem bei problemzentrierten Interviews werden teilstrukturierte Leitfäden für die Befragung verwendet. Dabei nimmt der/die InterviewerIn eine aktive Rolle innerhalb der Interviewsituation ein. Ein Vorteil dabei ist es unter anderem, dass man Befragten, die weniger zu selbstständigen und ausführlichen Erzählungen neigen, entgegenwirken kann. Im Weiteren werden am Anfang oder am Ende des Interviews noch demographische Daten abgefragt.204

Wie im Kapitel „Aufbau des Interviews“ noch zu sehen sein wird, gibt es Kommunikationsstrategien bei problemzentrierten Interviews, die von zentraler Bedeutung sind. Eine der Strategien ist der „Gesprächseinstieg“, der dazu dient, zu einer Erzählung aufzufordern. Wie beispielsweise „Erzählen Sie mir einen typischen Arbeitstag“ oder

„Erzählen Sie mir Ihren Tagesablauf vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Was machen Sie so?“. Im nächsten Schritt beschreibt Flick „allgemeine Sondierungen“, die dazu dienen, genauer nachzufragen. Dies könnte in meinem vorangegangen Beispiel etwa heißen „Wen haben Sie da getroffen? Wie sind Sie zu dieser Tätigkeit gekommen?“. Zuletzt gibt es noch die spezifischen Sondierungen, die es dem/der InterviewerIn ermöglicht, Verständnisfragen zu stellen, wenn etwas unklar ist.205

203 Vgl.: Lamnek (2005), S. 364.

204 Vgl.: Häder (2010), S. 265.

205 Vgl.: Flick (2005), S. 135-136.

68 Auswahl der InterviewpartnerInnen

Die Auswahl der InterviewpartnerInnen erfolgte mittels Schneeballverfahren. Dieses Verfahren wird dann gewählt, wenn sich die Erreichbarkeit einer bestimmten Personengruppe als schwierig erweist. Dabei geht man davon aus, dass sich diese Personen in Netzwerken befinden und somit weitervermitteln können.206

Dabei wird zuerst eine der zu befragenden Personen aus der Zielgruppe (ältere Menschen in verschiedenen Betreuungsformen) ausgewählt. Diese wird befragt und im Anschluss daran nach weiteren Personen und deren Kontaktdaten gefragt, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Von den genannten Personen wird wiederrum eine Person ausgewählt, mit welcher man das nächste Interview durchführt. Man spricht hierbei auch vom Prinzip des „Random – Walk“.207

In meiner Forschungsarbeit gestaltete sich die Auswahl der InterviewpartnerInnen nach dem

„Schneeballprinzip“ folgendermaßen, dass die erste Kontaktperson eine AltenheimleiterIn war, der/die bereits mit Hilfe der ExpertInneninterviews ausgewählt wurde. Dadurch wurde der Kontakt zu HeimbewohnerInnen, die noch in physischer und psychischer stabiler Verfassung für ein Interview waren, ermöglicht. Es wurden drei Personen für die problemzentrierten Interviews ausgewählt. Durch deren Erzählungen aus dem Leben und diesbezüglich prägenden Erlebnissen, wurden auch Bekannte genannt, die sich in einer ähnlichen Lage befinden, aber andere Unterstützungsmöglichkeiten beanspruchen. So konnten weitere Interviewkontakte mit Personen, die unter anderem zu Hause gepflegt werden oder in einem Betreuten Wohnen leben, geknüpft werden.

206 Vgl.: Häder (2010), S. 173-174.

207 Vgl.: Gabler, Siegfried (1992): Schneeballverfahren und verwandte Stichprobendesigns. In: ZUMA Nachrichten 16 (1992), 31, S. 56.

69 Präsentation der InterviewpartnerInnen

Um ein Bild darüber zu vermitteln, wer die älteren Menschen sind und welchen biografischen sowie gesundheitlichen Hintergrund sie haben, soll diese Tabelle zur Veranschaulichung dienen. Die angeführten Namen sind anonymisiert bzw. abgeändert.

Abbildung 3: Präsentation der InterviewpartnerInnen

InterviewpartnerInnen

und Kurzbiographie Gesundheitszustand Betreuungsform Betreuungsantritt Marianne (86 Jahre),

einem Schlaganfall Altenheim seit 2013

Elisabeth (75 Jahre),

70 Aufbau des Interviews

Wie auch schon bei den ExpertInneninterviews, wurden die Interviews leitfadenunterstützt und teilstrukturiert durchgeführt. Der Interviewleitfaden wurde in fünf Themenblöcke eingeteilt, welche nun kurz vorgestellt werden. Außerdem ist der verwendete Leitfaden im Anhang zu finden.

- Im ersten Block ging es darum, die derzeitige Lebenssituation der älteren Menschen zu erfassen. Als „warming-up“ – Frage wurde der/die Interviewte gefragte, wie es ihr/ihm geht und es wurde darum gebeten einen typischen Tag zu beschreiben. Damit es dem/der Interviewten leichter fiel, einen Tag zu rekonstruieren, wurden die Befragten aufgefordert, den Tag vom Aufstehen bis zum Schlafengehen zu schildern.

Sie berichteten darüber, wen sie treffen, was sie machen und mit wem der/die Befragte in Kontakt ist. Im Weiteren wurde dann nach dem gesundheitlichen Zustand gefragt und ob permanente Schmerzen vorhanden sind. Als Abschlussfrage für diesen Themenblock wurde sich danach erkundigt, ob es im sozialen Umfeld Vorkommnisse gibt, die der/die Befragte beschäftigen.

- Im zweiten Themenblock wurde versucht, an Hand des Überthemas „Betreuung und Unterstützung“ unter anderem die Bedürfnisse der älteren Menschen zu erfassen. Zu allererst wurde gefragt, ob der/die Interviewte irgendeine Art von Betreuungsform in Anspruch nimmt oder genommen hat. Wenn die Antwort „JA“ lautete, wurde nach der Zufriedenheit, den Schwierigkeiten und diesbezüglichen Verbesserungsvorschläge ermittelt. Bei einer Verneinung wurde der/die Interviewpartnerin gefragt, ob der- oder diejenige schon über bestimmte Dienstleistungsangebote für die Zukunft nachgedacht hat und welche diese sind. Abschließend wurden die Wünsche für die Betreuung erfasst und was dem/der Befragten diesbezüglich wichtig ist. Im Weiteren wurden auch die Wünsche für die nächsten Jahre herangezogen, die man sich noch erfüllen möchte.

- Wie auch schon bei den ExpertInneninterviews widmete sich ein Themenblock der Netzwerk- und Strukturarbeit. Bei älteren Menschen ist es schwierig, direkte Fragen darüber zu stellen. Deshalb wurde nachgefragt, ob sie zum Bespiel schon mehrere Dienstleistungen innerhalb von einer oder zwei Wochen in Anspruch genommen haben und wenn „JA“, ob diese zusammengearbeitet haben. Wenn dies wiederum mit

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„JA“ beantwortet wurde, wurde erfasst, ob diese gut zusammengearbeitet haben und dadurch besser geholfen werden konnte bzw. ob die Zusammenarbeitet eher zu Problemen geführt hat. Im Weiteren wurde sich auch nach eigenen Ideen erkundigt, damit Hilfe besser und gezielt ankommt.

- Im vorletzten Abschnitt wurde danach gefragt, ob der/die Befragte die „Servicestelle für Gesundheit und Soziales“ im Bezirk Weiz kennt bzw. ob sie diese schon einmal zur zusätzlichen Hilfe herangezogen haben. Wenn dies der Fall war, wurde befragt, wie geholfen werden konnte. Falls die Anlaufstelle der/dem Interviewten noch nicht bekannt war, wurde diese kurz vorgestellt. Als Abschlussfrage dieses Themenblocks wurde nach den Wünschen und Anregungen, wie eine regionale Anlaufstelle gestaltet werden sollte, gebeten.

- Als Abschluss des Interviews wurde noch auf die demographischen Daten der interviewten älteren Menschen eingegangen. Sie wurden aufgefordert, ein paar Eckpunkte aus ihrem Leben zu erzählen, ob sie zum Beispiel Kinder haben, wo sie in die Schule gegangen sind oder welchen Beruf sie erlernt und ausgeübt haben.