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Aufteilung qualitative Interviews

Fragestellung 1: Bedürfnissituation älterer Menschen

Um die Bedürfnissituation der älteren Menschen verstehen zu können, wurden in den Ergebnissen nicht nur die Bedürfnisse und Wünsche der interviewten Personen eingearbeitet, sondern auch die persönlichen Sorgen und Ängste, mit denen sie konfrontiert sind.

- Sorgen älterer Menschen

Zum einen sind es die sozialen Risikofaktoren, die älteren Menschen zu schaffen machen. Vor allem bei den „gutversorgten Realistinnen“ war die Situation der Resignation deutlich bemerkbar: „Das weiß ich nicht...ob ich da Wünsche hab...mir ist es egal, was sie tun […]

Und ich tu auch, was ich will.“208

Im Weiteren wurde von der „gutversorgten Pessimistin“ und den „selbständigen OptimistInnen“ die Angst vor einem Heimaufenthalt genannt. Dieser wird vor allem mit der

208 Interview 14, Zeile 158 -160.

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Vereinsamung assoziiert. Ein Einzug ins Heim wird damit verbunden, dass die Angehörigen keine Zeit mehr für sie haben und die Pflege somit abgegeben wird. Bei den „gutversorgten Realistinnen“ wird deren Wohnsituation auch damit begründet, dass Angehörige wie Ehepartner, Geschwister etc. bereits verstorben sind und dadurch ein Heimeinzug unausweichlich war.209

Die Einschränkung der Selbstständigkeit und die damit verbundene Abhängigkeit von Anderen wurde als weitere Besorgnis, vor allem von den Befragten, die der „gutversorgten Pessimistin und Realistinnen“ zugeordnet werden, genannt. Für diese stehen die Krankheit und deren Folgen im Mittelpunkt des alltäglichen Lebens, da sie dadurch ununterbrochen in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt sind. Wenn man nicht mehr fernsehen, lesen oder spazieren kann, ist das für diese Personengruppe sehr zermürbend bzw. ist es manchmal schwer, das erfahrene Schicksal anzunehmen, auch wenn sie wissen, dass es keine andere Möglichkeit gibt, um gut umsorgt zu sein.210

„Da hab ich alles können, nur wegen dem Blöden, wenn der Fuß nicht gebrochen wäre, wäre ich vielleicht heute noch daheim und so bin ich dann hierher gekommen.“211

- Wünsche und Bedürfnisse

Auffallend in den Interviews war, dass Bedürfnisse oder Wünsche teilweise nicht definiert und geäußert werden konnten. Trotzdem konnten Tendenzen erkannt werden, indem näher nachfragt wurde, ob sie beispielsweise mit der derzeitigen Situation zufrieden sind, ob es Vorfälle gegeben hat, die sie beschäftigen oder etwas in der Betreuung besonders gut funktioniert.

- Wohnsituation

Bei der „gutversorgten Pessimistin“ ist natürlich der größte Wunsch, auch weiterhin in den eigenen vier Wänden wohnen zu können, aber auch bei einer Befragten, die dem Typus der

„gutversorgten Realistinnen“ zuzuordnen ist, wird der Wunsch geäußert, bei gesundheitlicher Genesung wieder nach Hause ziehen zu können. Im Weiteren wurde bei der Gruppe der

„selbstständigen OptimistInnen“ die hohe Kaution, die man vor dem Einzug bezahlen muss,

209 Vgl.: Interview 16, Zeile 80-90; Interview 11, Zeile 234-238; Interview 13, Zeile 156-160.

210 Vgl.: Interview 11, Zeile 67; Interview 12, Zeile 92 und 116; Interview 13, Zeile 24-26.

211 Interview 12, Zeile 92.

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beklagt. Diese stellt oft eine finanzielle Hürde dar, um eine Dienstleistung wie das „Betreute Wohnen“ überhaupt beanspruchen zu können.212

- Ausreichende Pflege

Als eines der Hauptbedürfnisse wurde von allen Befragten die ausreichende Pflege genannt.

Damit ist gemeint, dass beispielsweise der Hausarzt in zeitlich geregelten Abständen nach Hause kommt, wenn man noch in den eigenen vier Wänden wohnen kann. Auch die passende Behandlung ist allen sehr wichtig. Dabei spielt es vor allem eine Rolle, ob der Arzt oder die Ärztin auf die individuellen Bedürfnisse eingehen kann. Auch eine gute Betreuung nach einem Krankenhausaufenthalt wurde erwähnt, da es oft schwierig ist, anschließend die passende soziale Dienstleistung zu finden, die den Bedürfnissen und Anforderungen entspricht.213

„Das wäre nicht mehr gegangen, ich hätte durchgedreht. Bist im Krankenhaus, kannst nichts machen. Die haben mit mir Freude auch keine gehabt...es wäre eine Behandlung angestanden, aber wo sollst hin, wenn du aus dem Spital raus kommst […] interessiert die ja alles nicht, obwohls, wie gesagt die Betreuung oben, Sozialbetreuung hat sich sehr gekümmert. […] Und das ist halt, da ist schon...ein bisschen eine Lücke im Sozialsystem.“214

Dieses Zitat stammt von einem älteren Menschen, der dem Typus 3, den „selbstständigen OptimistInnen“ zuzuordnen ist. Nach einem Krankenhausaufenthalt verweigerten die Angehörigen seine/ihre Aufnahme zu Hause, weshalb sich der/die Interviewte selbst um seine Betreuung kümmern musste. Durch die Unübersichtlichkeit von sozialen DienstleistungsanbieterInnen fiel eine diesbezügliche Orientierung schwer, weshalb das Angebot einer sozialarbeiterischen Organisation in Anspruch genommen wurde. Durch die Begleitung im Sinne des Casemanagements konnte eine bedürfnisadäquate Lösung gefunden werden.

212 Vgl.: Interview 11, Zeile 127 -131; Interview 12, Zeile 136-138; Interview 16, Zeile 47-48.

213 Vgl.: Interview 11, Zeile 149-151; Interview 12, Zeile 181; Interview 16, Zeile 112.

214 Interview 16, Zeile 112-116.

76 - Soziale Integration

Neben dem Wunsch, so lange es geht gesund zu bleiben, ist es den Befragten, die den

„selbstständigen OptimistInnen“ angehören auch wichtig, geistig fit zu bleiben und die Beziehungen und Kontakte zu den Angehörigen aufrechterhalten zu können. 215

Die soziale Integration stellt einen weiteren Faktor für die Bedürfnissituation älterer Menschen dar. Es wird vor allem von den „selbstständigen OptimistInnen“ Wert darauf gelegt, dass gemeinsame Ausflüge sowie Besuche von und mit den Verwandten gepflegt werden. Im Weiteren wurde von diesen der Wunsch geäußert, dass es auch Austauschmöglichkeiten mit jüngeren Menschen geben sollte, da dadurch die eigenen Geschichten an die jüngeren Generationen weitergegeben werden können und diese somit nicht vergessen werden.216

- Selbstbestimmtes Leben

Wie die Sorge um die Einschränkung der Selbstständigkeit wird auch der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben geäußert. Vor allem bei den Befragten, die den „selbstständigen OptimistInnen“ angehören, wird es sehr geschätzt, dass sie ihren Tag selbst einteilen und gestalten können. Sie sind selbst für die Wohnung und deren Sauberhaltung verantwortlich und können auch selbst kochen, wenn sie das möchten.217

Fragestellung 5: Netzwerkarbeit und Schnittstellenproblematik

Sowohl Befragte der „gutversorgten Realistinnen“ als auch der „selbstständigen OptimistInnen“ haben vor der derzeitigen Betreuungsform bereits die mobile Hauskrankenpflege oder „Essen auf Rädern“ zu Hause beansprucht. Dabei haben sie sich immer gut aufgehoben gefühlt. Eine bessere Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen DienstleistungsanbieterInnen können sie sich nicht vorstellen bzw. sehen sie darin keinen Bedarf. 218

„Die selbstständigen OptimistInnen“ vertreten die Meinung, dass Netzwerkarbeit dann funktionieren kann, wenn es auch menschlich zwischen den agierenden Personen passt. Dass

215 Vgl.: Interview 15, Zeile 194 und 202.

216 Vgl.: Interview 15, Zeile 66; Interview 16, Zeile 38.

217 Vgl.: Interview 15, Zeile 20-28.

218 Vgl.: Interview 13, Zeile 29-32; Interview 14, Zeile 191-196; Interview 15, Zeile 223-227.

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es ein gemeinsames Miteinander zwischen den verschiedenen sozialen DienstleistungsanbieterInnen geben kann, wird von dieser Personengruppe allerdings sehr kritisch betrachtet.219

„Ganz ehrlich…da kann man glaube ich nichts von oben anordnen oder wünschen, das kommt auf die Leute selber an.“220

Auffallend in Bezug auf die Netzwerkarbeit war, dass sich vor allem die „gutversorgte Pessimistin“ und auch die „gutversorgten Realistinnen“ sehr wenig unter diesem Begriff vorstellen konnten. Deshalb wurde danach gefragt, ob diese beispielsweise in einer Woche mehrere DienstleistungsanbieterInnen brauchen und ob die Zusammenarbeit gut funktioniert.