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3 EIGENE UNTERSUCHUNGEN

4.2 Endokrine Korrelate

4.2.1 Probenaufbereitung, Extraktion und Hormonquantifizierung

Die Möglichkeit, Steroidhormone (hier: Androgene sowie Glucocorticoide) im Kot messen zu können, wäre von großer Bedeutung zur longitudinalen Erfassung physiologischer Parameter an westlichen Flachlandgorillas sowohl in der Obhut des Menschen als auch in freier Wildbahn. Aus diesem Grund gehörte die Verifizierung einer zuverlässigen Erfassung der Androgen- und Glucocorticoidkonzentrationen aus Kot von westlichen Flachlandgorillas zu den Zielen dieser Arbeit. Die Aufbereitung und Extraktion der Proben fand in Anlehnung an etablierte Methoden der Hormonquantifizierung aus Kot bei Weißbüschelaffen (Callithrix jacchus) (HEISTERMANN et al. 1993), Javanern (Macaca fascicularis) und Schimpansen (Pan troglodytes) (MÖHLE et al. 2002; BAHR et al. 2000) statt. Die Kotproben wurden in den Vormittagsstunden, jeweils zwischen 7:30 und 11 Uhr, gesammelt, um mögliche diurnale Einflüsse auf die Hormonexkretion zu minimieren. Zur Erhaltung der Hormon-konzentrationen wurden die Proben konserviert, was durch Einfrieren bei -20°C (TERIO et al.

2002) aber auch durch gekühlte Lagerung in Ethanol (95 %ig) (STRIER u. ZIEGLER 1994) erreicht werden kann. Als zuverlässigste und einfachste Methode wird das Einfrieren bei -20°C angesehen (HUNT u. WASSER 2003), eine Vorgehensweise, die auch in dieser Arbeit angewendet wurde. Auch zur Probenaufbereitung gibt es zwei gebräuchliche Methoden: zum einen kann die Extraktion der Proben im feuchten Zustand (SCHWARZENBERGER et al.

1993) oder aber nach Lyophylisieren und Pulverisieren der jeweiligen Proben erfolgen (HEISTERMANN et al. 1998). Der Vorteil des Lyophylisierens und Pulverisierens von Kotproben besteht in der Standardisierung, da das eingesetzte Gewicht unabhängig vom endogenen Wassergehalt der Probe ist. Dies ist hier besonders wichtig, da die Gorillas dieser Studie häufig schwankende Kotkonsistenzen aufwiesen, und dadurch höhere Variationen in den Steroidkonzentrationen zu erwarten waren (BAMBERG et al. 1991). Durch das Lyophylisieren kommt es auch zu einer höheren Korrelation zwischen dem Hormongehalt in Probe und Serum (WASSER et al. 1996). Auch das Homogenisieren des Probenmaterials und die signifikante Reduzierung der Variabilität zwischen Probenanteilen ist ein weiterer Vorteil (WASSER et al. 1996). Aus diesen Gründen wurden die hier gemessenen Proben lyophylisiert und pulverisiert, so daß ein unterschiedlicher Wassergehalt sowie eine

inhomogene Verteilung der Steroidhormone in den Proben zum allergrößten Teil ausgeschlossen werden konnten.

Die Methode zur Hormonquantifizierung (Enzymimmunoassay) von Androgenen aus Kot wurde auf interferierende Substanzen und Reproduzierbarkeit überprüft. Die Analyse der Verdünnungsreihen (aus Kotextrakten von Tieren unterschiedlicher Altersklassen, siehe Kapitel 3.1.8.3) ergab einen parallelen Verlauf der Verdünnungen zur mitgeführten Kalibrierkurve. Das Probenmaterial ist deshalb als weitestgehend frei von interferierenden Substanzen einzuschätzen, so daß sogenannte Matrixeffekte, die den Enzymimmunoassay stören würden, ausgeschlossen werden können. Die ermittelten Inter- und Intra-Assay-Varianzen bescheinigten die Reproduzierbarkeit der Testsysteme. Die errechneten Variationskoeffizienten (siehe Tabelle 10) sind dabei mit denen anderer Studien vergleichbar (CZEKALA et al. 1994; ROBBINS u. CZEKALA 1997), so daß der Enzymimmunoassay für die Bestimmung fäkaler Androgene mittels Testosteron und 5α-Androstanolon insgesamt als methodisch zuverlässig angesehen werden kann. Bei der Überprüfung der biologischen Validierung mittels Proben von adulten männlichen und weiblichen sowie juvenilen Gorillas konnten allerdings keine signifikanten Unterschiede in der Testosteronkonzentration zwischen den drei Gruppen gefunden werden. Diese Ergebnisse entsprechen Befunden von Schimpansen sowie Weißbüschelaffen, bei denen eine Erfassung von 17β-OH-Androgenen aus Kot mittels Testosteronassays ebenfalls nicht möglich ist (MÖHLE et al. 2002). Weiterhin deuten die Ergebnisse dieser Arbeit darauf hin, daß der Einfluß von Dehydroepiandrosteron, der beim Schimpansen die zuverlässige Messung der 17β-OH-Androgene aus Kot mittels des Testosteronassays verhindert (MÖHLE et al. 2002), beim Flachlandgorilla ebenso ausgeprägt ist. Dagegen ergab die alternative Erfassung mittels 5α-Androstanolon eine Diskriminierung zwischen den 17α-OH-Androgenkonzentrationen adulter männlicher und juveniler Gorillas.

Obwohl die Ergebnisse noch limitiert sind, lassen sie darauf schließen, daß die Messung von 17α-OH-Androgenen, die mit diesem Assay erfaßt werden, durchaus geeignet sein kann, die männliche Gonadenfunktion bei Flachlandgorillas zuverlässig zu messen.

Auch die Matrix Urin wurde auf ihre Zuverlässigkeit zur nicht-invasiven Erfassung von Androgenkonzentrationen überprüft, da die Quantifizierung von Androgenen aus Speichel (BETTINGER et al. 1999) beziehungsweise Urin (STOINSKI et al. 2000, 2002) bereits beschrieben wurde. Auf die Methode der Hormonmessung aus Speichel wurde hier jedoch

verzichtet, da eine Sammlung nur bei gut trainierten Tieren möglich ist. Um einen tageszeitlichen Effekt (CZEKALA et al. 1994), der durch die circadiane Ausschüttung der zu messenden Hormone entsteht, zu minimieren, wurden die Urinproben jeweils in den Morgenstunden gesammelt. Die Methoden für die Hormonquantifizierung von Androgenen aus Urin wurden wiederum bezüglich interferierender Substanzen und Reproduzierbarkeit überprüft. Die Ergebnisse zeigen, daß interferierende Substanzen weitestgehend ausgeschlossen werden können und die Analysen reproduzierbar waren. Somit stellt der Enzymimmunoassay auch für die Messung von urinären Androgenen mittels Testosteron und 5α-Androstanolon eine methodisch zuverlässige Methode dar. Die beiden Androgenassays wurden, wie bereits für Kotproben beschrieben, einer biologischen Validierung unterzogen.

Beide Assays zeigten eine klare Diskriminierung zwischen den Validierungsgruppen, wobei 5α-Androstanolon eine deutlichere Diskriminierung zeigte und im Gegensatz zu Testosteron auch zwischen adulten weiblichen und männlichen Gorillas diskriminieren konnte. Obwohl die Messung von Androgenen im Kot von Flachlandgorillas grundsätzlich möglich ist, wurde in der vorliegenden Studie Urin eingesetzt, da hier eine bessere Diskriminierung erfolgte. Die eindeutigere Diskriminierung deutet darauf hin, daß die Hauptmetabolite mit diesen Assays besser aus Urin erfaßt werden können. Zusätzlich lagen vergleichbare Messungen mit Urin als Matrix bei Gorillas vor (ROBBINS u. CZEKALA 1997; STOINSKI et al. 2002). Die Urinproben der Untersuchungstiere wurden mit beiden bei der Validierung eingesetzten Assays gemessen. Obwohl 5α-Androstanolon möglicherweise besser geeignet ist, wurden nur die Ergebnisse der Testosteronmessung dargestellt und diskutiert, da für 5α-Androstanolon keine vergleichbaren Daten publiziert sind, beide Assays aber prinzipiell eine gleiche Erfassung zeigen sowie die selben Schlußfolgerungen zuließen.

Die Methode für die Hormonquantifizierung aus Kot zur Erfassung der Nebennierenrinden-aktivität wurde ebenfalls bezüglich interferierender Substanzen und Reproduzierbarkeit überprüft. Die Befunde ließen das Vorhandensein von interferierenden Substanzen weitestgehend ausschließen, auch eine Reproduzierbarkeit der Testsysteme war gegeben. Auf eine biologische Validierung mittels ACTH-Challenge-Test wurde aus ethischen und tierschutzrechtlichen Gründen verzichtet. Für eine biologische Validierung der Glucocorticoide standen aber Kotproben des männlichen westlichen Flachlandgorillas

„Catou“ zur Verfügung, der für eine tierärztliche Untersuchung in eine Ketaminnarkose gelegt wurde. Da es durch den Streß der Narkose zu einer adrenalen Stimulation kommt (WHITTEN et al. 1998), eigneten sich die im Rahmen dieser Narkose gesammelten Proben für eine biologische Validierung der Glucocorticoide. Von den drei zur Überprüfung der Glucocortikoidkonzentrationen verwendeten Assays ließ sich bei zwei Assays eine deutliche Erhöhung der Hormonkonzentration im Anschluß an die Narkose feststellen, wobei der Cortisolassay mit einer Erhöhung um den Faktor 13 eine stärkere Resonanz zeigte. Die Stärke des Anstiegs läßt vermuten, daß beide Assays für eine zuverlässige Benutzung zur Detektion der adrenalen Funktion geeignet sind. Da die Daten jedoch nur vorläufig und limitiert (n = 1) sind, müßte eine weitere Überprüfung mittels des ACTH-Challenge-Test erfolgen. Ein Einsatz von Cortisolassays zur Streßbestimmung aus Kot ist jedoch auch bei anderen Säugetieren und Primaten üblich (PALME et al. 1996; STRIER et al. 1999).

Auch die Methode zur Hormonquantifizierung von Glucocorticoiden aus Urin wurde auf interferierende Substanzen und Reproduzierbarkeit überprüft. Die Befunde zeigten, daß interferierende Substanzen weitestgehend ausgeschlossen werden können und die Analysen reproduzierbar waren. Bezüglich der biologischen Validierung konnte nach der oben beschriebenen streßinduzierenden Narkose bei der Messung eine Erhöhung der Glucocorticoidkonzentration mittels des Cortisolassays ermittelt werden, was darauf schließen läßt, daß auch im Urin der Prozeß der streßinduzierenden Narkose reflektiert wurde.

Im Gegensatz zu Kot wurde hier nur der Cortisolassay eingesetzt, da die Messung von urinärem Cortisol bei Primaten weit verbreitet ist (CROCKETT et al. 2000; MULLER et al.

2004b; FRENCH et al. 2004). Leider konnte erst 17 Stunden nach der Narkose die erste Urinprobe gewonnen werden. Da bekannt ist, daß ein Anstieg nach vier bis sieben Stunden erfolgt (BAHR et al. 2000), kann man davon ausgehen, daß der ermittelte Wert dieser Probe nicht das Maximum der Veränderung zeigt. Dies wird auch durch eine ACTH- Studie von WASSER et al. (2000) beim Gelben Pavian (Papio hamadryas cynocephalus) unterstützt, die zeigt, daß nach etwa 20 Stunden kaum noch eine Erhöhung meßbar war. Aus diesem Grund sollte die zweite Probe (41 Stunden nach der Narkose) im Gegensatz zur ersten Probe also bereits einen Basiswert repräsentieren. Die Erhöhung des ersten Wertes (17 Stunden nach der Narkose) gegenüber dem zweiten Wert (41 Stunden nach der Narkose) um den Faktor 10 läßt eine biologisch relevante Aussage zu, obwohl diese Daten sehr limitiert sind. Die biologische

Validierung zeigte, daß die Messung von Cortisol in Kot und Urin eine Erfassung des Anstiegs der adrenalen Aktivität erlaubt. Da diese Daten mit n = 1 sehr limitiert sind, wurde hier aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit mit vorherigen Studien, in denen bisher kein Kot eingesetzt wurde, eine Messung des urinären Cortisols durchgeführt.

4.2.2 Vergleichende Analyse der Testosteron- und Cortisolkonzentrationen im Urin