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Planung und Genehmigung grenzüberschreitenden Leitungen

grenzüberschreitenden Netzausbau aus Sicht von Deutschland

3.2 Planung und Genehmigung grenzüberschreitenden Leitungen

Übertragungsnetzbetreiber sollen nach [1] jährlich einen Netzentwicklungsplan für die nächs-ten zehn Jahre vorlegen, welcher mit Zeitplan Angaben über alle wichtigen Übertragungsinf-rastrukturen, die in den nächsten zehn Jahren errichtet oder ausgebaut werden müssen, enthält und bestimmt, welche Investitionen in den nächsten drei Jahren durchgeführt werden müssen.

Basierend darauf erstellt ENTSO-E einen gemeinsamen TYNDP und wählt einzelne Vorha-ben als PCI aus. Auch wenn die Erstellung des nationalen NEPs von der EU vorgeschrieVorha-ben ist, bestehen nationale Differenzen im Erstellungsprozess und Periodizität. Diese werden im Folgenden vorgestellt und hinsichtlich ihrer möglichen Anreizwirkung auf Interkonnektor-Investitionen diskutiert.

Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass eine detaillierte Darstellung und Analyse aller Be-standteile des Planungs- und Genehmigungsprozesses in den betrachteten zehn Ländern im Rahmen dieses Projektes nicht möglich ist. Die dargestellten Ergebnisse sollen vielmehr einen generellen Überblick über allgemeine Unterschiede im Planungs- und Genehmigungsprozess geben. Der Fokus liegt dabei auf dem Genehmigungsprozess, insbesondere auf der

2 Es können keine Aussagen dazu getroffen werden, inwieweit sie kompatibel mit dem Cap-and-Floor-Regime ist. Dies ist (v.a. juristisch) weiter zu prüfen.

zung des One-Stop-Shops. Sie basieren vor allem auf den Gesprächen mit Stakeholdern aus den betrachteten Ländern (vgl. Tabelle 1) sowie ergänzenden Recherchen.

3.2.1 Bestandteile der nationalen Planungsprozesse

In den betrachteten Ländern bestehen die planungsrechtlichen Grundlagen teilweise aus sehr umfangreichen und komplexen Regelwerken. Sie bestehen teilweise aus Kombinationen von nationalem und regionalem Recht. Beispiele hierfür sind die planungsrechtlichen Grundlagen in Deutschland, Belgien, Österreich und der Schweiz. Zudem umfassen sie häufig eine Viel-zahl an unterschiedlichen Rechtsvorschriften, die teilweise zu komplexen und langwierigen Genehmigungsverfahren führen. Extrembeispiele für langwierige Planungs- und Genehmi-gungsprozesse aufgrund komplexer Rechtsvorschriften sind Österreich und die Schweiz (vgl.

hierzu auch die Ländersteckbriefe in Anhang A-1).

Die Planungsprozesse umfassen aufgrund ihrer Einbindung in die europäische Regulierung weitgehend identische Schritte. Die wesentlichen Schritte sind:

• Festlegung nationaler Ziele und Ableitung von Szenarios,

• Markt- und Netzsimulationen zur Ermittlung zukünftiger Lastflüsse,

• Identifikation von Transportbedarf und Netzausbaumaßnahmen,

• Bilaterale Abstimmung mit anderen ÜNB,

• Einbringung von Netzmaßnahmen in die nationale NEP-Planung,

• Einbringung (insbesondere von Interkonnektoren) in den TYNDP.

Die Reihenfolge in der vor allem die letzten drei Schritte getätigt werden ist jedoch nicht in allen Ländern gleich. Zudem existieren einige Unterschiede in den nationalen Planungspro-zessen. Zum einen ist der Zeitpunkt, zu dem die Unbedenklichkeitsprüfung durchgeführt wird nicht in allen Ländern identisch. So ist die Unbedenklichkeitsprüfung in einigen Ländern Teil des Prozesses zur Erstellung des NEP bzw. muss zur Genehmigung des NEP vorliegen. Bei-spielsweise ist die Genehmigung des französischen Netzentwicklungsplans an eine Umwelt-prüfung geknüpft (vgl. [14]). In Belgien wird sie nach der Erstellung des ersten Entwurfs durchgeführt, damit die Ergebnisse in den zweiten Entwurf des NEP, der zur Genehmigung vorgelegt wird, einfließen können (vgl. [15]). In anderen Ländern wird die Umweltverträg-lichkeitsprüfung jedoch erst nach Erstellung des NEP durchgeführt. In Deutschland wird sie

bspw. in mehreren zunehmend detaillierten Schritten ab der Erstellung des zweiten Entwurfs des NEP durch die ÜNB durchgeführt.

Ein weiterer Punkt, bei dem sich die Vorgehensweisen in den einzelnen Mitgliedsländern unterscheiden, ist, ob im Rahmen des Planungsprozesses zusätzlich zu den Markt- und Netz-simulationen eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt wird. In Frankreich, der Schweiz und in Schweden werden beispielsweise verschiedene Lösungsansätze in einer frühen Planungs-phase mittels Analyse verglichen. In Frankreich umfasst die Kosten-Nutzen-Analyse, die von der CBA von ENTSO-E inspiriert wurde, eine Quantifizierung des Einflus-ses auf Netzverluste, des Beitrags zur Reduktion der CO2-Emissionen in Europa und zur Integration von erneuerbaren Energien (vgl. [16]). In Großbritannien und Belgien werden Kosten-Nutzen-Analysen durchgeführt, mit denen nachgewiesen werden muss, dass einzelne Interkonnektor-Projekte zum Wohl der Verbraucher sind.

Ein weiterer Unterschied in den nationalen Planungsprozessen besteht im Zeitpunkt, zu dem die konkrete, detaillierte Projektplanung beginnt. Hier stellt der Planungsprozess in Großbri-tannien eine Besonderheit dar. Während Detailplanungen in den meisten Ländern erst nach Genehmigung im Rahmen des NEP beginnen, müssen sie in Großbritannien bereits vor Ein-reichung eines Antrags auf Genehmigung vorliegen.

Im Hinblick auf mögliche Anreize und Hemmnisse für den Bau von grenzüberschreitenden Leitungen lässt sich festhalten, dass die wesentlichen Planungsschritte in allen betrachteten Ländern identisch sind. Dies sollte die grenzüberschreitende Abstimmung vereinfachen.

Hemmnisse können jedoch die teilweise sehr umfangreichen nationalen planungsrechtlichen Grundlagen und Prozesse darstellen. Auch können Unterschiede in der Reihenfolge und im Detailgrad der Planungsschritte oder nationale Ansprüche an einen positiven, rein nationalen Wohlfahrtsbeitrag den Bau von grenzüberschreitenden Leitungen hemmen oder verzögern.

3.2.2 Erstellung der nationalen Netzentwicklungspläne

Zentrale Elemente der nationalen Elektrizitätsinfrastrukturplanung sind, wie oben dargestellt, die nationalen Netzentwicklungspläne. Nach [1] sind die nationalen Netzentwicklungspläne derzeit noch jährlich den nationalen Regulierungsbehörden vorzulegen. Aufgrund des erhöh-ten Aufwands wird der NEP jedoch nur in vier der betracherhöh-ten Länder jährlich erstellt (vgl.

Abbildung 7). In der Hälfte der befragten Länder wird der NEP hingegen, genau wie in Deutschland, alle zwei Jahre vorgelegt. Um die Konformität mit dem Europarecht zu

gewähr-leisten wird in Deutschland in jedem geraden Kalenderjahr, in denen kein NEP erstellt wird, nach § 12 d EnWG ein Umsetzungsbericht zum NEP erstellt. In den nordischen Staaten wird von den Übertragungsnetzbetreibern Statnett, Fingrid, Energienet und Svenska Kraftnät zu-sätzlich zu den nationalen NEP alle zwei Jahre ein Nordic Grid Development Plan erstellt. In Belgien wurden die letzten beiden Föderalen Entwicklungspläne für das Hoch- und Höchst-spannungsnetz 2011 und 2015 veröffentlicht. Zusätzlich werden jedoch jedes Jahr regionale Entwicklungspläne für die unteren Spannungsebenen vorgelegt. In Polen werden zusätzlich zum alle drei bzw. vier Jahre erstellten NEO jährlich Statusberichte zum NEP auf Basis der Jahresberichte der Netzbetreiber erstellt [71]. Der größte zeitliche Abstand zwischen der Erstellung der letzten beiden Mehrjahrespläne existiert mit fünf Jahren in der Schweiz; aller-dings ist die Schweiz auch nicht dem EU-Recht unterworfen. Eine allgemein Periodizität für die Erstellung des NEP gibt es in der Schweiz derzeit allerdings nicht.

Abbildung 7: Periodizität der nationalen Netzentwicklungspläne in den betrachteten Ländern

Die Relevanz der Periodizität der NEP hinsichtlich möglicher Anreize und Hemmnisse kann mit den Ressourcen, die für seine Erstellung notwendig sind, begründet werden. Während ein jährlich erstellter NEP zwar gewährleistet, dass die Ausbaupläne immer an die aktuellen Rahmenbedingungen angepasst sind, so ist die Erstellung des NEP jedoch sehr aufwendig.

Die Ressourcen, die dadurch gebunden werden stehen somit nicht für den an den NEP an-schließenden Planungsprozess zur Verfügung. Unter Umständen können dadurch

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