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Genannte Maßnahmen und Häufigkeit der Nennung

Frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit Kompensations- und Abmilderungsmaßnahmen Erdkabel anstatt Freileitungen Rückbau von Leitungen

zum Bau von Höchstspannungsleitungen mit einer Länge von mehr als 10 km (400 kV) bzw.

15 km (225 kV) muss in einer frühen Planungsphase eine Nationale Kommission für die öffentliche Debatte (Comission Nationale du Débat Public) eingerichtet werden, die den öffentlichen Diskussionsprozess leitet (vgl. Abbildung 9).

Abbildung 9: Administrativer Prozess von RTE-Projekten in Frankreich (vgl. [24])

Sie umfasst neben staatlichen und lokalen Akteuren u. a. Vertreter von Umweltorganisationen und Gewerkschaften. Nach einem umfangreichen öffentlichen Konsultationsprozess, der nach Angaben von RTE auch innovative Formen der Bürgerbeteiligung wie "Ateliers participatifs"

und Bürgerkonferenzen umfasst (vgl. [21]) 7,8, gibt sie eine Empfehlung ab, ob und in welcher Form das Projekt fortzusetzen ist. Dies umfasst unter anderem alternative Trassen und die Wahl von technischen Lösungen. Auf dieser Basis entscheidet der Bauherr über das weitere Vorgehen.

Im Rahmen der Genehmigungsphase ist RTE seit 2005 zudem durch einen Staatsvertrag verpflichtet, einen Begleitplan für Höchstspannungsnetzprojekte vorzulegen, der die Mitfi-nanzierung der Förderung der nachhaltigen ökonomischen Entwicklung in den betroffenen Gemeinden vorsieht. So ist bei Übertragungsleitungen ein bestimmter Prozentanteil der Pro-jektkosten für lokale Kompensationsmaßnahmen vorzusehen (8 Prozent für 225kV-Leitungen und 10 Prozent für 400 kV-Leitungen). Zudem beteiligt sich RTE zur Steigerung der öffentli-chen Akzeptanz derzeit im Rahmen von drei rein nationalen Ausbauprojekten an sozialen, ökologischen und kulturellen Crowdfunding-Projekten, die von den Bürgern der betroffenen Regionen vorgeschlagen werden können. So gibt RTE im Rahmen eines vordefinierten Bud-gets – derzeit liegen diese je nach Region zwischen 30.000 € und 100.000 € – einen Euro für jeden gespendeten Euro hinzu (vgl. www.mesprojetsterritoriaux.fr/).

Dazu, inwieweit sich durch diese umfangreichen Beteiligungsverfahren die lokalen Wider-stände gegen Elektrizitätsinfrastrukturprojekte reduzieren lassen, liegen derzeit jedoch keine Studien oder auswertbare Daten vor.

Ein weiteres Projekt, welches im Rahmen der Interviews mehrfach als erfolgreicher Pilotver-such für die Einbindung der Öffentlichkeit genannt wurde, ist das Projekt Best Grid.9 Eine Kurzdarstellung des Projekts sowie dessen wesentlicher Ergebnisse sind in Box 1 dargestellt.

7 RTE hat 2015 auch die “7 key principles for constructive dialogue with stakeholders” des Comite21 unterzeichnet (vgl.

[22]), die als Good Practice für Konsultationsprozesse u.a. Citicen's Jurys empfehlen (vgl. [23]).

8 Weitere innovativen Formen der Bürgerbeteiligung wurden im Projekt INSPIREGrid erprobt (vgl. vgl. http://www.inspire-grid.eu/)

9 Ein weiteres Forschungs- und Demonstrationsprojekt, bei dem eine verbesserte Stakeholder-Beteiligung erprobt wurde, ist das von der EU finanzierte INSPIREgrid Projekt (vgl. http://www.inspire-grid.eu/)

Ziele

• Verbesserung der öffentlichen Akzeptanz auf lokaler Ebene durch Anwendung von Best Practice bei Öffentlichkeitsbeteiligung und Transparenz in Pilotpro-jekten

• Beschleunigung der Genehmigungsverfahren unter Beachtung der Umwelt-schutznormen in den Pilotprojekten

• Sicherstellung, dass Best-Practice-Ansätze zukünftig in PCI angewendet wer-den

Beteiligte

• Länder: DE, BE; UK

• Pilotprojekte: Stevin, Bertikow-Pasewalk, SuedLink, Nemo Link

• Konsortium: 50 Hertz, BirdLife, Elia, Germanwatch, IIASA, National Grid, Renewables-Grid-Initiative, TenneT, Terna Rete Italia

Wichtige Erkenntnisse

• Die Anwendung bewährter Praktiken erfordert eine Anpassung an die jeweili-gen Gegebenheiten.

• Persönliche Interaktion und Beziehungen sind das wichtiges Element eines er-folgreichen Stakeholder-Engagements.

• Ehrliches Stakeholder-Engagement erfordert starke organisatorische und poli-tische Unterstützung.

• Der Gesetzgeber kann die spezifischen Herausforderungen eines Projekts nicht lösen, aber er kann helfen, die Eingriffsprozesse zu verbessern.

• Auch wenn es zu spät ist, die Notwendigkeit eines Projektes zu diskutieren, sollte man stets bereit sein, dieses zu erklären.

• Es kann Jahre dauern, bis die Wirkung der getroffenen Maßnahmen zu sehen ist.

• Um grenzüberschreitendes / projektübergreifendes Lernen zu ermöglichen, ist ein systematisches Wissensmanagement erforderlich.

• Der erste Schritt zum sinnvollen Stakeholder-Dialog ist gegenseitiges Verste-hen.

• Einbeziehung von NGOs und Umweltschutzverfahren helfen, Projekte zu ver-bessern und Vertrauen aufzubauen.

Box 1: Best-Practice-Projekt Best Grid [20]

3.2.5 Zwischenfazit zum Planungs- und Genehmigungsprozess

In den meisten der betrachteten Länder sind sehr umfangreiche Planungsprozesse und kom-plexe, teils intransparente Genehmigungsverfahren umgesetzt, an denen eine Vielzahl von Akteuren beteiligt ist. Auch wenn insbesondere die nationalen Planungsprozesse prinzipiell ähnliche Schritte umfassen gibt es keinen standardisierten europaweit angewandten Prozess für die Planung und Genehmigung von Interkonnektoren. Entsprechend existieren in den einzelnen Ländern teils erhebliche Unterschiede in der Reihenfolge der Planungsschritte.

Zudem werden einzelne Genehmigungen für einen Interkonnektor in den betrachteten Län-dern zu unterschiedlichen Zeitpunkten innerhalb des Planungsprozesses erteilt. Dies kann eine Verzögerung der Verfahren zur Folge haben.

Als ein wesentliches Instrument zu Beschleunigung von Genehmigungsverfahren verpflichtet die EU die Mitgliedsstaaten zur Einführung eines One-Stop-Shops für PCI. Allerdings wur-den diese sehr unterschiedlich in wur-den betrachteten Ländern umgesetzt. Nur in wur-den Niederlan-den ist der One-Stop-Shop für die Erteilung aller relevanten Genehmigungen zuständig. In den meisten Ländern fungiert ein Ministerium (i. d. R. das Ministerium für Wirtschaft oder Energie) als koordinierender One-Stop-Shop. Die nationalen NEP werden jedoch häufig von der Regulierungsbehörde genehmigt. Zudem sind häufig weitere lokale und regionale Behör-den in die Genehmigung eingebunBehör-den. Wie von der EU geplant, scheint sich seit der Einfüh-rung des One-Stop-Shops eine Verkürzung der Genehmigungsverfahren ergeben zu haben.

Laut ACER-Berechnungen hat sich die Zeit von der Einreichung des Antrags auf Genehmi-gung bis zu GenehmiGenehmi-gung um 2 Jahre verkürzt. Die GenehmiGenehmi-gungsdauer beträgt aber immer noch durchschnittlich 3,5 Jahre, die allerdings der europäischen Anforderung für PCI entspre-chen. Unklar ist jedoch, inwieweit die verkürzten Genehmigungsverfahren auf die Einführung des One-Stop-Shops oder andere Umstände zurück zu führen sind.

Weiterhin kann eine frühzeitige Einbindung der Bevölkerung laut Angaben der befragten Akteure einen Beitrag zur Beschleunigung der Verfahren durch eine Erhöhung der Akzeptanz leisten. Bisher umgesetzte Modelle der Öffentlichkeitsbeteiligung, mit denen nach Angaben der befragten Akteure positive Erfahrungen gemacht wurden, sind bspw. die Forschungs- und Demonstrationsprojekte Best Grid und INSPIREgrid sowie der umfangreiche französische Konsultations- und Beteiligungsprozess.

Somit lässt sich als Zwischenfazit zu Anreizen und Hemmnissen durch den Planungs- und Genehmigungsprozess Folgendes festhalten:

• Die Planungs- und Genehmigungsprozesse in den betrachteten Ländern sind immer noch sehr lang, erfüllen im EU-Länderdurchschnitt aber die Anforderungen für PCI.

• Eine Verkürzung des Planungs- und Genehmigungsprozesses durch eine Vereinfa-chung und europäische Harmonisierung könnte einen Mehrwert für den grenzüber-schreitenden Leitungsausbau darstellen.

• Eine frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit und von NGOs scheint sinnvoll, um die Akzeptanz zu erhöhen und Verfahren zu beschleunigen. Best-Practice Beispiele können aus Projekten wie BestGrid und INSPIREgrid abgeleitet werden.

3.3 Finanzierung von grenzüberschreitenden Übertragungsleitungen Das Europäische Recht sieht zwei Modelle zur Finanzierung von Stromleitungen vor:

• die Finanzierung im Rahmen der nationalen Regulierungsmodelle sowie

• eine Finanzierung als Merchant Line.

Im Rahmen des Merchant-Line-Regimes können Leitungen unter bestimmten Bedingungen von einzelnen Aspekten der Regulierung, wie der Verwendung von Engpasserlösen, befreit werden. Zudem stellen Merchant Lines eine Möglichkeit zur Beteiligung von Dritten an Investitionen in grenzüberschreitende Leitungen dar.

Im Folgenden werden die in Deutschland und seinen elektrischen Nachbarn gewählten regu-lierten Finanzierungsregimes verglichen und hinsichtlich möglicher Anreize und Hemmnisse für den grenzüberschreitenden Netzausbau bewertet. Für eine Beschreibung und Bewertung des Merchant-Line-Modells sei auf Kapitel 6 verwiesen.

3.3.1 Nationale Finanzierungsbedingungen

In den nachfolgenden Abschnitten werden die nationalen Finanzierungsbedingungen in Deutschland und seinen Nachbarländern untersucht. Zunächst werden die im Rahmen der Regulierung erlaubten Finanzierungsmodelle sowie die gewährten Kapitalrenditen verglichen.

Danach wird darauf eingegangen, ob Engpasserlöse zur Finanzierung von Interkonnektoren verwendet werden und die prinzipielle Möglichkeit zur Beteiligung von Dritten an Inter-konnektor-Projekten, bspw. im Rahmen von Merchant Lines (vgl. Kapitel 6), untersucht.

Schließlich wird auf sonstige länderspezifische finanzielle Anreize für den Bau von grenz-überschreitenden Leitungen, wie bspw. Staatskredite, eingegangen.

3.3.1.1 Finanzierungsmodelle

Typischerweise werden Interkonnektoren als Infrastrukturprojekte über Eigen- und Fremdka-pital finanziert. Das FremdkaFremdka-pital wird dabei bspw. von der Europäischen Investitionsbank bereitgestellt. Beispiele für Länder, in denen eine Mischung aus Eigen- und Fremdkapital eingesetzt wird sind Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Norwegen, Österreich und Polen. In den meisten dieser Länder sind indirekt Eigen- und Fremdkapitalquoten-Quoten über die Kapitalrenditen vorgegeben. In Deutschland, Norwegen, Österreich und der Schweiz gilt eine Quote von 40 Prozent Eigen- und 60 Prozent Fremdkapital. In Belgien erhalten Eigenkapital-Anteile über 33 Prozent eine geringere Eigenkapitalrendite. Die Regierungsbe-hörde CREG begründet dies damit, dass bis zu einer Eigenkapital-Fremdkapital-Quote von 33 Prozent zu 67 Prozent die investierenden Unternehmen ein A Rating behalten. In den Niederlanden wird schließlich bei der Berechnung der gewichteten durchschnittlichen Kapi-talkosten (Weighted Average Cost of Capital, WACC) generell von einem Verschuldungsgrad von 50 Prozent ausgegangen.

In den übrigen Ländern werden andere Finanzierungsmodelle eingesetzt. So werden Investiti-onen in Interkonnektoren in Tschechien und Großbritannien rein über Fremdkapital finanziert.

In Großbritannien ist dies durch die Anwendung des Cap-and-Floor-Regimes begründet. In Tschechien wird die ausschließliche Verwendung von Fremdkapital mit den derzeit sehr günstigen Finanzierungsbedingungen begründet.

Auch in Dänemark wird ausschließlich Fremdkapital zur Finanzierung von Interkonnektoren verwendet. Der Grund hierfür ist, dass kein Eigenkapital zur Finanzierung zur Verfügung steht, da der Netzbetreiber Energinet.dk kein Eigenkapital aufbauen darf. Finanziert werden Interkonnektoren daher hauptsächlich über Staatsdarlehen, die zu einer gesetzlich vorge-schriebenen geringen Kapitalrendite aufgenommen werden können. Ähnlich werden Investiti-onen in Interkonnektoren in Schweden finanziert, wo die Finanzierung von allem durch Eng-passerlöse, Investitionszuschüsse und Staatsdarlehen gewährleistet wird.

3.3.1.2 Gewährte Kapitalrenditen

Die Attraktivität von Investitionen in Interkonnektoren ist wesentlich von der gewährten Kapitalrendite (insbesondere Eigenkapitalrendite) und deren Verhältnis zu am Kapitalmarkt gewährten Renditen abhängig. In Abbildung 10 sind die in den betrachteten Regulierungsre-gimes gewährten gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten dargestellt. Es lässt sich

fest-stellen, dass die gewährten Renditen im Vergleich zu denen, die derzeit für festverzinsliche Wertpapiere und Staatsanleihen garantiert werden, als auskömmlich bezeichnet werden kön-nen.

Abbildung 10: In den Regulierungssystemen gewährten Kapitalverzinsungen10

3.3.1.3 Verwendung von Engpasserlösen

Einnahmen, die aus der Vergabe von Kapazitäten resultieren, sind gemäß EU-Vorgaben für die Erhaltung und den Ausbau von grenzüberschreitenden Verbindungsleitungen und für das Gewährleisten der Verfügbarkeit der vergebenen Kapazität zu verwenden (vgl. [4] Art. 16 (6)). Gemäß Absatz 6 Artikel 6 VO (EG) Nr. 1228/2003 (vgl. [2]) war es ÜNB bis zur Ände-rung der Verordnung zudem vorbehaltlos erlaubt, Engpasserlöse als Einnahmen zu verbu-chen, die bei der Festlegung der Netzentgelte berücksichtigt werden mussten. Seit Inkrafttre-ten der VO (EG) Nr. 714/2009 [4] dürfen Engpasserlöse gemäß Artikel 16 Absatz 6 jedoch nur noch in Ausnahmefällen als Einnahmen verbucht werden und tragen dadurch im Regelfall nicht mehr zur Senkung der Netzentgelte bei.

10 Falls von den Akteuren nur die EK-Renditen angegeben wurde, wurde der WACC unter folgenden Annahmen berechnet:

EK-FK-Verhältnis wie oben angegeben; FK-Zins 1,5%.

Falls eine Nominalisierung notwendig war, wurde von einer Inflation von 2% ausgegangen (Basisjahr 2017).

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023

Prozentsatz