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Bewertung von Instrumenten zur Beteiligung Dritter an Interkonnektor-Projekten

Möglichkeit einer Beteiligung von Drittinvestoren

6 Auswirkungen einer stärkeren Beteiligung von Projektträgern an Erlös-Chancen von grenzüberschreitenden Stromleitungen

6.2 Bewertung von Instrumenten zur Beteiligung Dritter an Interkonnektor-Projekten

6.2.1 Bewertung durch die befragten Akteure

6.2.1.1 Merchant Lines

Die befragten Akteure, zum Großteil Übertragungsnetzbetreiber, sehen keinen Mehrwert, wenn Interkonnektorprojekte als Merchant Lines realisiert werden. Nach ihrer Einschätzung lassen sich Interkonnektoren am effizientesten durch ÜNB (im Rahmen der Regulierung)

Finale Bestätigung

Abb. 1: Genehmigungs- und Projektbewertungsprozess im Rahmen des CaFR; eigene Darstellung nach [Ofgem 2016f, S. 12-14].

Abbildung 20: Genehmigungs- und Projektbewertungsprozess im Rahmen des Cap-and-Floor-Regimes; eigene Darstellung nach (vgl. [40] S. 12ff).

realisieren. Sie sehen eine starke Fokussierung auf rein finanzielle Aspekte und gleichzeitig höhere Risiken für die Projektentwickler. Allenfalls seien Merchant-Line-Ansätze für beson-ders risikobehaftete Projekte, bspw. im Alpenraum, sinnvoll.

Kritisch wird jedoch gesehen, dass die Wirtschaftlichkeit von der Entwicklung der Preisdiffe-renzen abhängt und damit die Höhe der Engpasserlöse größeren Schwankungen unterworfen sein kann. Für den Betreiber verbleibt ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Engpasses, um möglichst hohe Engpasserlöse zu erzielen. Weitere Risiken können je nach beteiligten Ländern aus Währungsschwankungen entstehen.

Für die Umsetzung von Interkonnektoren unter einem Merchant Line Regime erwarten viele Akteure zusätzlichen Widerstand- und Akzeptanzprobleme, da die Erlöse dem Betreiber des Interkonnektors und nicht der Allgemeinheit zukommen. Insgesamt wird ein höherer Koordi-nierungsaufwand zwischen reguliertem Bereich und möglichen Merchant Lines gesehen, der auch den Genehmigungsprozess komplexer und schwieriger macht. Vor diesem Hintergrund sehen viele der befragten Akteure Merchant Lines nicht als zukunftsträchtiges Konzept und nehmen dabei auch die Entwicklung auf der EU-Ebene so wahr, dass Merchant Lines als Konzept nicht mehr stärker verfolgt werden.

Einzelne Akteure sehen Vorteile in einem Merchant Line Regime, da nur Investitionen getä-tigt werden, die einen guten Business Case haben. Preisdifferenzen bzw. Engpasserlöse stel-len nach ihrer Ansicht ein richtiges Investitionssignal dar, um Interkonnektoren zu bauen.

Umgekehrt besteht die Befürchtung, dass in einem regulierten System mit höheren Anreizen (fixer Zinssatz auf getätigte Investitionen) dies zu einer Überinvestition in das Netz führt.

6.2.1.2 Cap and Floor

Die Befragungen haben gezeigt, dass viele Akteure sich noch nicht intensiver mit dem Me-chanismus beschäftigt haben. Er wird vornehmlich als passfähiges Instrument und gute Mög-lichkeit für Investoren in UK gesehen. Im Vergleich zu einem regulierten Regime verbleiben je nach Ausgestaltung der Caps und Floors höhere Risiken bei den Projektentwicklern. Die Entwicklung eines Cap-Floor-Regimes wird durch die Befragten als langwieriger Prozess beschrieben. Nach dem Bau und der Inbetriebnahme des Interkonnektors dürfen die Projekt-entwickler die Engpasserlöse behalten, sofern sie sich in einem bestimmten Rahmen bewegen.

Die erwarteten Engpasserlöse sowie das Cap-Floor Verhältnis entscheiden dann über die Profitabilität des Projektes. In den bisherigen Projekten, in denen das Cap-Floor Regime

angewendet wurde, bestehen sehr lange Laufzeiten für den Regulierungsrahmen, da das Re-gime für die Dauer von 25 Jahren festgeschrieben wird. Erst danach ist zu klären, welche Besitzverhältnisse für den Interkonnektor dann bestehen sollen. Das Regime wurde vor allem für Gleichstromverbindungen als geeignet angesehen. Für Wechselstrominterkonnektoren in einem vermaschten System wird die Implementierung kritischer gesehen, da hier beispiels-weise die Auswirkungen von Loop-Flows mit zu berücksichtigen sind.

6.2.2 Bewertung durch das Konsortium

Nach Einschätzung der Gutachter besteht in Deutschland und den angrenzenden Nachbarlän-dern mit dem derzeitigen Regulierungsregime eine ausreichende Finanzierung für Inter-konnektoren zur Verfügung. Die alternativen Finanzierungsmodelle sind daher auch im Kon-text mit weiteren Bewertungskriterien zu betrachten, die für die Umsetzung relevant sind.

Schwierigkeiten zeigen sich hier vor allem bei der Genehmigung von Interkonnektoren sowie der Akzeptanz für neue Leitungen.

Ein Vergleich zwischen Cap-Floor Regime und Merchant-Line Modell zeigt, dass beide Regime zunächst aus Engpasserlösen finanziert werden. Die Regimes reizen daher insbeson-dere Interkonnektoren mit hohen erwarteten Engpasserlösen an und zielen auf Ausbauprojekte mit hoher Profitabilität. Chancen und Risiken verbleiben im Merchant-Line Modell beim Projektentwickler, wohingegen beim Cap-Floor Regime eine Absicherung für die Erlöse besteht (siehe Tabelle 9). Bei Projekten, die sich nicht aus Engpasserlösen finanzieren, entste-hen im Cap-Floor Regime Kosten für die Netznutzer über die Netzentgelte. Im Merchant-Line Modell trägt der Projektentwickler dieses Risiko, so dass für die Netznutzer keine Auswir-kungen auf die Netzentgelte bestehen.

Der größte Vorteil von Modellen, die sich aus Engpasserlösen finanzieren, ist die Tatsache, dass damit Ausbauanreize gesetzt werden, um Engpässe zu reduzieren. Gleichzeitig entstehen zunächst keine zusätzlichen Kosten für die Netznutzer durch erhöhte Netzentgelte. Gleichzei-tig stellt sich jedoch die Frage, ob damit ein gesamtwirtschaftlich optimaler Ausbau der Net-zinfrastruktur erzielt wird. Langfristig entstehen durch den Interkonnektorausbau geringere Engpasserlöse, so dass tendenziell zu wenig Netzkapazität ausgebaut wird.

Tabelle 9: Vergleich Hemmnisse und Anreize Cap-Floor Regime und Merchant Line Modell

Cap and Floor Regime Merchant-Line-Modell

Betreiber ÜNB und Dritte in Projektgesell-schaften

Dritte Nationale

Regulie-rung

Erlösober- und -untergrenze -

Regulierungsdauer 25 Jahre -

Refinanzierung Engpasserlöse und Netzentgelte Engpasserlöse Wichtigste Anreize Erlösuntergrenze

Geringe Abhängigkeit von

Ein weiterer Nachteil der Regimes ist, dass mit ihnen der Koordinierungs- und Abstimmungs-aufwand mit dem restlichen System steigt. Auch ist die Akzeptanz von Projekten, in denen private Betreiber von den Engpasserlösen eines Interkonnektors profitieren, zum Teil geringer als in einem Fall, wo staatlich regulierte Netzbetreiber Interkonnektoren umsetzen und bauen.

Dies ist insbesondere für Netzbetreiber in staatlichem Besitz relevant, wenn erzielte Erlöse damit auch indirekt der Allgemeinheit zu Gute kommen.

Als Fazit werden Merchant-Line-Modelle aufgrund des hohen Koordinierungsaufwandes und der kritischen Abgrenzung zum restlichen System als Finanzierungsmodell nicht empfohlen.

Cap-Floor-Regimes werden für Interkonnektoren in einem vermaschten Netz ebenfalls als wenig geeignet eingeschätzt, da auch hier die Abgrenzung und Koordinierung zum verblei-benden System als kritisch eingestuft wird. Für einzelne Gleichstromverbindungen, insbeson-dere auch für Verbindungen nach Großbritannien, besteht mit diesem Regime jedoch ein Ansatz, der effiziente und kostengünstige Implementierung von Interkonnektoren erlaubt.