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4. Diskussion

4.4 Physiologische Analysen von ΔPHOT und ΔCOP3

4.4.1 Photropin und der Augenfleck

Der Augenfleck der Grünalgen wurde lange als relativ statische Struktur angesehen, die für die Lichtwahrnehmung verantwortlich ist. Erst seit kurzem besteht die Theorie, dass der Augenfleck ein dynamisches Organell sein könnte, welches in Verbindung mit Platoglobuli und anderen physiologischen Prozessen steht (Kreimer, 2009; Boyd et al., 2011). In den Versuchen wurde gezeigt, dass sowohl die Größe des Augenflecks also auch das Niveau des Photorezeptors ChR1 lichtabhängig reguliert werden. Zudem konnte belegt werden, dass der Blaulichtrezeptor Phototropin ein Hauptregulator dieser Adaptationsprozesse ist. Für die Grünalgen ist es wichtig, das Umgebungslicht wahrzunehmen und sich an veränderte Bedingungen anpassen zu können.

Die Experimente bestätigten, dass sowohl die tägliche Belichtungsdauer als auch die Lichtintensität die Augenfleckgröße reguliert. Phototropin ist der Regulator dieses Prozesses, was verschiedene Ursachen haben kann. Zum einen kann der Photozyklus der beiden LOV-Domänen von einigen Sekunden über mehrere Minuten dauern (Guo et al., 2005) und deckt somit eine große Bandbreite an Aktivierungsmöglichkeiten ab. Außerdem stellt der von Y. Lu gefundene proteolytische Abbau von CrPHOT (Lu, 2006) möglicherweise eine weitere Regulationsebene dar, welche im Bereich von Stunden aktiv sein kann. Phototropin wurde im Augenfleck-Proteom entdeckt, jedoch war bislang die Funktion unbekannt und erst mit den vorliegenden Ergebnissen konnte eine Funktion nachgewiesen werden. Die Beobachtungen, dass im Phototropin Deletionsstamm ∆PHOTG5 keine lichtabhängige Regulation der Augenfleckgröße stattfindet waren der erste Hinweis auf eine Beteiligung von PHOT an diesem Vorgang. Die Überexpression von Phototropin in ∆PHOTG5 stellte die lichtabhängige Adaptation des Augenfleckes wieder her und bewies somit eindeutig, dass Phototropin diesen Prozess reguliert und eine Überexpression der Kinasedomäne zu einer lichtunabhängigen Verkleinerung des Augenfleckes führt. Die Kontrollexperimente zeigten, dass funktional inaktivierte Mutanten der verwendeten Konstrukte nicht zu einer Komplementierung des Phänotyps führten.

Die unterschiedlichen Effekte auf das ChR1-Proteinniveau (z.B. der lichtunabhängige Abbau durch Überexpression der Kinase oder der fehlende lichtabhängige Abbau in ∆PHOTG5) schaffen eine direkte Verbindung von Phototropin zur Phototaxis. Ähnlich wie die Beobachtungen an höheren Pflanzen (Kong et al., 2007) konnten auch in Chlamydomonas durch Überexpression der Kinase lichtunabhängig physiologische Veränderungen, wie Reduktion der Augenfleckgröße, ChR1

Kinaseaktivität ein wichtiger Faktor der Langzeitadaptation des Augenflecks an die Lichtumgebung. In höheren Pflanzen konnten zwar durch Überexpression der N-Terminalen Photorezeptor-Domänen keine physiologischen Antworten erkannt werden (Kong et al., 2007), in den hier durchgeführten Experimenten konnte aber eine klare Veränderung der Augenfleckgröße durch Überexpression von LOV1+2 detektiert werden. Eine mögliche Ursache für eine fehlende physiologische Antwort in früheren Experimenten könnten Unterschiede in der experimentellen Durchführung sein. In den Arbeiten von Kong et. al wurde C-Terminal ein GFP angehängt, welches möglicherweise eine Interaktion mit anderen Proteinen verhinderte. Dies wäre eine mögliche Erkärung, warum die Kinasedomäne in C. reinhardtii proteolytisch entfernt und nicht einfach durch Dephosphorylierung an Ser-611 inaktiviert wird. Dieser proteolytische Abbau ist abhängig von der Lichtintensität (Lu, 2006). Bei hoher Lichtintensität erhöht sich der Anteil an PHOT∆20 und der weitere Abbau an LOV1+2. Dieser komplexe biochemische Vorgang in Verbindung mit einer Lichtregulation des Volllängen-Proteins macht eine Interpretation der Ergebnisse sehr schwierig. Bisher war bereits von atPhot1 und atPhot2 eine funktionale Überlappung bekannt (Christie, 2007). In ähnlicher Weise konnte in den hier durchgeführten Experimenten eine funktionale Überlappung von LOV1+2 und der Kinase gefunden werden. Da C. reinhardtii nur über ein Phototropin-Gen verfügt, könnte diese synergistische Funktionsweise der Domänen ein Äquivalent zum Vorhandensein von zwei Phototropinen darstellen. Umgekehrt wäre es natürlich auch denkbar, dass bei zwei vorhandenen Phototropinen in einer der Versionen die Kinase eine erhöhte Funktion hat und in der zweiten Version LOV1+2.

4.4.2 Phototropin und die Kanalrhodopsine

Die Experimente haben ergeben, dass Phototropin die Augenfleckgröße reguliert sowie unabhängig davon die Kanalrhodopsin-1 Proteinmenge lichtabhängig reduziert. Für Kanalrhodopsin-2 ist nicht endgültig geklärt, ob Phototropin auch hier als Regulator wirkt. Die biochemische Analyse zeigte nur geringfügige Änderungen der Proteinmenge, zwischen dem Licht- und Dunkelzustand in Stamm CW15-302. Auch eine vermutete Kompensation der

ChR1-relative Änderung der Transkriptmenge nach Applikation von Licht, sieht man eine genaue Korrelation der prozentualen Änderung an mRNA, was wie für COP3 gezeigt, für eine Regulation durch Phototropin spricht (Abbildung 44 C).

Die Analyse der absoluten Transkriptmenge von COP3 und COP4 zeigte, dass fünfmal mehr COP3-Transkripte detektiert werden konnten. Die Änderung nach Applikation von Licht auf Ebene der mRNA konnte auch biochemisch für ChR1 gezeigt werden (Abbildung 43).

Überraschenderweise konnte durch Überexpression der PHOT-Kinasedomäne als auch der LOV-Domänen, in motilen Chlamydomonas-Stämmen, eine Änderung des phototaktischen Verhaltens induziert werden. In beiden Fällen trat eine Inversion der Reaktion auf Blaulicht auf. Die Überexpression der Kinasedomäne in CC-125 zeigte eine deutliche Umkehr von positiver zu negativer Phototaxis. Zellen des Stammes CC-125 zeigten eine veränderte Reaktion nach vorangegangener Dunkelinkubation. Die Überexpression der Kinasedomäne in CC-125_KIN bewirkte ein identisches Verhalten der Zellen unabhängig von Licht- oder Dunkelinkubation (Abbildung 44). Dies läßt den Schluss zu, dass die Überexpression der Kinasedomäne einen Zustand hoher Lichtintensität imitiert. Auch die Überexpression der LOV-Domänen hatte denselben, wenn auch leicht abgeschwächten, Effekt. Eine einfache Erklärung für diesen Sachverhalte zu finden ist sicherlich nicht möglich.

Ein Erklärungsversuch liegt in den bisher bekannten Interaktionspartner von Phototropin und dessen funktionalen Domänen. In vitro Experimente haben gezeigt, dass heterolog exprimiertes und aufgereinigtes LOV1+LOV2-Protein, an ebenfalls aufgereinigte Kinasedomänen binden können. Dies ist speziell interessant in anbetracht der hier erstmals beschriebenen physiologischen Funktion von LOV1+LOV2 ohne Kinasedomäne. Daher könnte ein möglicher Abbau der PHOT-Kinase dazu dienen, LOV1+LOV2 als lichtaktivierbare Regulatoreinheit für weitere Kinasen bereitzustellen.

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