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PCR-Nachweis von MNV

4.8 Infekionsversuche

4.8.5 PCR-Nachweis von MNV

Lunge, Leber, Nieren bis Tag 12 nach Infektion sowie Milzen bis Tag 28 nach Infektion wurden per PCR negativ auf MNV getestet. Weitere Untersuchungen zu späteren Zeitpunkten erfolgten nicht. Wie aus Tabelle 20 hervorgeht, wurde MNV im Mesenteriallymphknoten, Darm sowie Kot bis zu acht Wochen nach Infektion nachgewiesen. Die zugehörigen nicht infizierten Kontrolltiere wurden negativ auf MNV getestet.

Tabelle 20: MNV-Nachweis via PCR (positiv getestet / insgesamt getestet) Organe/Proben

Tage p.i. Milz MLK Ileum Kolon Kot

3 0/4 4/4 Nicht getestet Nicht getestet 3/3

6 0/4 4/4 3/3 3/3 2/2

9 0/3 3/3 Nicht getestet Nicht getestet 3/3

12 0/3 2/2 Nicht getestet Nicht getestet 3/3

14 0/17 * Nicht getestet Nicht getestet 12/12

28 0/17 * 4/12 12/12 12/12

56 Nicht getestet * 4/8 4/8 4/8

*benutzt für Zytokin-Bestimmung

79 4.8.6 PCR-Nachweis von Helicobacter hepaticus

Zum Nachweis einer Infektion mit H. hepaticus wurden Kotproben der Tiere mittels PCR untersucht. Die Ergebnisse sind Tabelle 21 zu entnehmen.

Tabelle 21: H. hepaticus-Nachweis via PCR (positiv getestet / insgesamt getestet) positiv

Infektion mit MNV

und H. hepaticus 12/12 Infektion mit H.

hepaticus (Kontrollen)

9/11

Alle mit H. hepaticus infizierten Mäuse, auch die PCR-negativ getesteten Tiere, zeigten in der Sektion typische pathologische Veränderungen, die für eine Erkrankung der Tiere sprachen (siehe 4.8.2).

4.8.7 Histologie

Die infizierten Tiere aus Versuch 1 bis 4 zeigten kaum histologisch auswertbare Unterschiede im Vergleich zur jeweiligen Kontrollgruppe. Nur bei mit MNV infizierten C3-Il10-/--Mäusen waren besonders vier Wochen nach der Infektion (Tierversuch 2) geringgradige fokale entzündliche Läsionen feststellbar (siehe Abbildung 22). In Tierversuch 4 wurde bei den keimfreien mit MNV infizierten C3-Il10-/--Mäusen histologisch nur die Anwesenheit einer höheren Anzahl mononukleärer Zellen im Vergleich zur Kontrollgruppe festgestellt (siehe Abbildung 23). Die Auswertung von Tierversuch 5 ergab sowohl bei der Doppelinfektions- als auch bei der Kontrollgruppe eine hochgradige multifokale Dickdarmentzündung (siehe Abbildung 21) ohne signifikante Unterschiede in der Score-Bewertung (siehe Tabelle 22). Es wurde jedoch bei einigen Tieren der Doppelinfektionsgruppe ein etwas geringerer histologischer Score-Wert ermittelt.

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Tabelle 22: Statistische Auswertung der histologischen Scorewerte von Infektionsversuch 5 mit einem ungepaarten t-Test

Mausstamm C3-Il10-/- B6-Il10

-/-Zäkum, Helico vs.

MNV+Helico NS; p=0,4105 NS; p=0,0977

Kolon, Helico vs.

MNV+Helico NS; p=0,1102 NS; p=0,3201

S: Signifikant, p≤0,05; NS: Nicht signifikant, p>0,05; vs.: versus; Helico: H. hepaticus

Abbildung 21: Infektionsversuch 5, Mittelwert und SEM des histologischen Score (Jackson) von Zäkum und Kolon bei der Kontrollgruppe (Helico mit H. hepaticus infiziert) und der Doppelinfektionsgruppe (MNV+Helico mit MNV und H. hepaticus infiziert).

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Abbildung 22: Kolonabschnitt einer C3-Il10-/--Maus 4 Wochen p.i. mit MNV (A-C) und die zugehörige Kontrolle (D-F); HE-Färbung, der schwarze Balken entspricht 100µm. Im Vergleich zur Kontrolle ist eine milde Hyperplasie des Epithels, ein gemischtzelliges Infiltrat in Mukosa und Submukosa sowie ein geringgradiges Ödem festzustellen.

E B

C

F

Abbildung 23: Kolonabschnitt einer keimfreien C3-Il10-/--Maus 4 Wochen p.i. mit MNV (A-D) und die zugehörige Kontrolle (E-H); HE-Färbung, der schwarze Balken entspricht 100µm. Im Vergleich zur Kontrolle unterscheidet sich die infizierte Maus nur durch eine leicht vermehrte Anzahl mononukleärer Zellen. Weitere Entzündungsreaktionen sind nicht feststellbar.

83

Abbildung 24: Kolonabschnitt einer B6-Il10-/--Maus infiziert mit MNV und H. hepaticus (A-D) und die zugehörige Kontrolle (E-H), nur infiziert mit H. hepaticus; HE-Färbung, der schwarze Balken entspricht 100µm. Doppelinfektion und Kontrolle weisen eine vergleichbare mittel- bis hochgradige transmurale, gemischtzellige Enteritis mit prominenter Hyperplasie der Enterozyten auf.

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5 Diskussion

5.1 Zellkultur und Quantifizierung

Der erste Nachweis eines Norovirus bei der Maus wurde 2003 beschrieben (KARST et al. 2003). Es konnte gezeigt werden, dass MNV-1 in Makrophagen und dendritischen Zellen repliziert (WOBUS et al. 2004).

An der MHH wurde MNV aus Anzeiger-Mäusen isoliert, die Kontakt zur Einstreu von Mäusen der Quarantäneabteilung des ZTL hatten. Da die Mäuse eine schwere kombinierte Immundefizienz hatten, wurde eine mögliche aktive bzw. persistierende Infektion vermutet. Spätere Studien von Goto et al. untermauern eine langfristige MNV-Ausscheidung bei Prkdcscid-Mäusen nach einer Infektion mit MNV (GOTO et al.

2009). Klinische Symptome gab es nicht. Ein Antikörpernachweis war zu diesem Zeitpunkt nicht etabliert. Außerdem war ein serologischer Nachweis aufgrund der Immundefizienz der Anzeiger-Mäuse ungeeignet.

Mit Hilfe von RAW 264.7-Zellen gelang eine Isolierung und Vermehrung des MNV-Stammes. MNV-typisch trat ein starker CPE auf. Um Infektionsversuche durchführen zu können, musste das angezüchtete Virus quantifiziert werden. Ein zuerst durchgeführter Plaque-Test zur Virusquantifizierung ließ sich nicht auswerten, da das Virus keine auszählbaren Löcher im Zellrasen verursachte. Daraufhin wurde ein TCID50-Test durchgeführt, der ausgewertet werden konnte. Ungefähr zeitgleich wurden ebenfalls Isolate beschrieben, bei denen ein Plaque-Test nicht auswertbar war (MÜLLER et al. 2007). Nur der TCID50-Test ist geeignet für eine Virusquantifizierung des vorliegenden Isolats. Für einen Vergleich verschiedener Isolate sollte daher der TCID50-Test angewandt werden.

5.2 Sequenzierung

Zur Sequenzierung des MNV-Isolats wurde unter anderem der Primer 15T-aTag eingesetzt (MÜLLER et al. 2007). Aufgrund seines Aufbaus eignet sich dieser Primer

85 sehr gut, um unbekannte Noroviren zu sequenzieren. Er verfügt über einen zum Poly-Adenin-Schwanz des Virus-Genoms komplementären Anteil von 15 Thymin kombiniert mit einer variablen Base (V=A+C+G), sowie einer zusätzliche Sequenz, die als spätere Primerbindungsstelle („Tag“) verwendet wurde.

Das komplette Genom wurde in der Nukleotiddatenbank des NCBI unter dem Namen Murine norovirus/Hannover1/2007/DEU mit der accession number EU854589 veröffentlicht. Ein Vergleich mittels BLAST (ALTSCHUL et al. 1990) zeigte eine hohe Übereinstimmung mit MNV-4 (accession number FJ446719). Die Kenntnis der genetischen Sequenz des MNV-Isolats ermöglichte dann einen Abgleich der bereits für die Detektion entwickelten Primer, um diese an die vorliegende Sequenz anzupassen.

5.3 Nachweisverfahren

MNV-PCR

Um MNV isolieren zu können, musste eine direkte Detektionsmethode in Form der PCR entwickelt werden. Da unterschiedliche MNV-Isolate voneinander stark abweichende Sequenzen haben können, wurden zuerst anhand bereits veröffentlichter MNV-Sequenzen Primer zur Detektion entwickelt, sowie Primer aus anderen Veröffentlichungen erprobt. Das durch die eigenen Untersuchungen bevorzugte Primerpaar 5004f/5219r ist ohne Abweichung in der Sequenz des Isolats vorhanden. Im Vergleich zu anderen ausgetesteten Primerpaaren war hier zwar nur eine mittelstarke Bande zu sehen, jedoch kam es bei aufgearbeiteten Organ- und Kotproben nicht zu einer Mehrfachbandenbildung, die für einen PCR-Nachweis unerwünscht ist (siehe Abbildung 7 S. 55).

Da das Isolat aus der Milz einer NOD-Prkdcscid-Maus gewonnen worden war, wurden im Tierversuch auch die Milzen der infizierten Mäuse entnommen und per PCR auf das Vorhandensein von MNV-RNA getestet. Hierbei stellte sich heraus, dass alle Milzen negativ getestet wurden. Es konnte jedoch Erreger-RNA im Gastrointestinaltrakt der Mäuse nachgewiesen werden. Dies bestätigt die

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Untersuchungsergebnisse von Goto et al. (GOTO et al. 2009). Auch acht Wochen nach der Infektion war im Kot der Mäuse noch MNV-RNA nachzuweisen, bei Paik et al. wurde zehn Wochen p.i. MNV-RNA im Kot nachgewiesen (PAIK et al. 2010). Der RNA-Nachweis lässt jedoch nicht unbedingt eine Aussage über die Infektiösität zu (MÜLLER 2009).

Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich Mäusekot gut für einen Erregernachweis eignet. Die Mäuse müssen nicht getötet werden. Häufig setzen sie bei einer Fixierung Kot ab. Dies bedeutet relativ wenig Stress im Vergleich zu einer Blutentnahme für einen serologischen Nachweis. Bisher wurde aufgrund der genetischen Variabilität bei murinen Noroviren allerdings kein Universalprimerpaar zum Nachweis verschiedener bekannter muriner Norovirusstämme gefunden. Es müssen also mehrere Primerpaare verwandt werden. Ein PCR-Nachweis ist daher eher für die Überwachung eines Infektionsversuchs mit murinem Norovirus bekannter Sequenz geeignet (HENDERSON 2008). Im Rahmen dieser Doktorarbeit kam der PCR-Nachweis zum Einsatz, um die Virusverteilung im Tier und die Dauer der Ausscheidung zu bestimmen. Das Zäkum wurde im Rahmen der Versuche immer komplett für die Histologie entnommen. Es sollte bei zukünftigen Versuchen beprobt werden, da Goto et al. Kot und Zäkum für den PCR-Nachweis von MNV empfehlen (GOTO et al. 2009).

Serologische Nachweisverfahren

Für den Nachweis einer Infektion mit MNV wurde mit Hilfe des isolierten MNV-Stammes im Rahmen der Dissertation ein serologisches Testverfahren in Form eines ELISA entwickelt. Aufgrund der serologischen Kreuzreaktivität verschiedener MNV-Isolate (HSU et al. 2006; THACKRAY et al. 2007) eignet sich der serologische Test sehr gut für die Routine-Untersuchung auf eine Infektion mit MNV. Zu beachten ist beim serologischen Nachweis, ob die Maus in der Lage ist, Antikörper zu bilden, und ob die Infektion lange genug zurückliegt, dass bereits Antikörper gebildet wurden.

Humane Noroviren haben im Gegensatz zu MNV verschiedene Serotypen. Hinzu

87 kommt eine hohe Durchseuchung beim Menschen, was den serologischen Nachweis in der Humandiagnostik weniger sinnvoll erscheinen lässt.

MNV-IFA (entwickelt durch die Firma Biodoc)

Die Herstellung der Objektträger, die mit MNV infizierten Zellen beschichtet sind, erfolgte technisch angelehnt an Kraft und Meyer. (KRAFT u. MEYER 1990).

Dadurch, dass die Auswertung durch einen Untersucher am Mikroskop durchgeführt wird, können hier Seren mit hohem unspezifischen Hintergrund erkannt werden.

Auch Seren mit niedrigem Titer können durch den Untersucher anhand der typischen Markierung infizierter Zellen erkannt werden. Oft werden in Veröffentlichungen positive Befunde aus ELISA und MFI mit der IFA bestätigt bzw. validiert (HSU et al.

2005).

MNV-ELISA

Der ELISA ermöglicht die automatisierte und quantitative Auswertung, da hier mit einem Photometer der OD-Wert bestimmt wird. Anfangs wichen die Ergebnisse des im Rahmen dieser Dissertation entwickelten ELISA teilweise von den Ergebnissen der Immunfluoreszenz ab. Einige Mäuse, die eindeutig negativ in der Immunfluoreszenz auf MNV getestet wurden, reagierten im MNV-ELISA positiv. Ein kommerzieller rekombinanter ELISA, hergestellt zu wissenschaftlichen Zwecken durch Charles River Laboratories, reagierte ebenfalls negativ. Dies sprach für eine unspezifische Reaktion aufgrund von ungenügender Aufreinigung des Virusantigens.

Eine zusätzliche Aufreinigung über einen CsCl-Gradienten, wie sie in diversen Veröffentlichungen beschrieben war (HSU et al. 2005), führte nicht zu besseren Ergebnissen. Daraufhin wurde untersucht, ob die besagten Seren auch mit Bestandteilen der für die Virusanzucht verwendeten RAW-Zellen reagierten, da es sich bei der Zelllinie um Maus-Makrophagen handelt. Die Zellen wurden in der Zellkultur angezüchtet und nicht infiziert. Es erfolgte der gleiche Aufreinigungsprozess, der zur MNV-Antigenaufreinigung angewandt wurde.

Anschließend wurden Untersuchungskavitäten beschichtet. Wurden nun die IFA-negativen Seren getestet, so reagierten einige Seren mit einer deutlichen Erhöhung

88

des OD-Werts. Die „falsch“ positiven Seren reagierten also auf einen Bestandteil der Zellkultur. Andere Veröffentlichungen haben diese unerwünschte Reaktion bisher nicht beschrieben.

Um falsch positive Seren zu erkennen, wurde daraufhin eine Zellkontrolle dauerhaft eingeführt. Damit die Kontrollzellkultur vergleichbar zu den infizierten Zellkulturen war, wurden beide Zellkulturen (nicht infiziert und infiziert mit MNV) parallel möglichst gleich behandelt inklusive der Aufreinigung. Bewertet für die diagnostische Aussage wurde die Differenz aus MNV-OD-Wert und RAW-OD-Wert. Durch Einführung des korrigierten OD-Werts wurde eine hohe Übereinstimmung zu den Testergebnissen der IFA erreicht. Um falsch positive Ergebnisse zu reduzieren, wurde auch ein fraglicher Bereich definiert. Im Idealfall ergab der Differenzwert bei einem MNV-negativen Serum den Wert 0, bei einem MNV-positiven Serum einen Wert >0, der abhängig von der Verdünnung des Antigens bei der Beschichtung der ELISA-Platte und dem Antikörpertiter des Serums war.

Um bei der Beschichtung für eine größtmögliche Konstanz zu sorgen, wurde ein positiver Kontrollserumpool angelegt, aliquotiert und eingefroren. Bei der Erstellung einer neuen Charge ELISA-Platten sollten ähnliche OD-Werte erreicht werden, wenn der positive Kontrollserumpool aufgetragen wurde. Der positive Kontrollserumpool wurde außerdem für die Validierung eingesetzt und als Positivkontrolle bei ELISA-Tests mitgeführt. Bei korrigierten OD-Werten, die im fraglichen Bereich zwischen 1 bis 1,5 lagen, sollte der OD-Wert der Zellkontrolle getrennt beurteilt werden. Fand hier eine starke Reaktion (hoher OD-Wert) statt, so konnte von einer unspezifischen Reaktion ausgegangen werden, die durch nicht gegen MNV gerichtete Antikörper hervorgerufen wurde. War der korrigierte Wert im fraglichen Bereich, der OD-Wert der Zellkontrolle jedoch niedrig, so konnte es sich um ein Serum mit schwachem Antikörpertiter gegen MNV handeln. Es empfahl sich die erneute Untersuchung des Serums mit einem anderen Testverfahren (z. B. IFA) oder eine erneute Blutabnahme zur Serumgewinnung, um dieses dann mit dem ELISA zu testen.

89 5.4 Prävalenz

Mit Hilfe der serologischen Testverfahren wurde das Vorkommen von MNV in verschiedenen Hygieneeinheiten im ZTL untersucht. Hierbei zeigte sich in der experimentellen Barriere eine hohe Prävalenz für MNV, die weltweit in vielen Versuchstierhaltungen festgestellt wurde (MÄHLER u. KÖHL 2009; PRITCHETT-CORNING et al. 2009). Dagegen waren Zuchttiere aus Isolatoren und SPF-Haltung MNV-negativ. Die Art der Haltung der Mäuse hatte also einen großen Einfluss auf das Vorhandensein von MNV-Antikörpern. Dieses Ergebnis lässt sich einerseits durch eine bereits erfolgte Sanierung von anderen Erregern durch Embryotransfer und Hysterektomie in der Vergangenheit, sowie andererseits durch die strengen Hygiene-Auflagen erklären (HENDERSON 2008). In der experimentellen Haltung sind die Hygiene-Auflagen für Pflegepersonal und Experimentatoren weniger streng gefasst und überwacht. Hier werden nach Quarantänisierung und Freigabe durch das mikrobiologische Labor des ZTL auch importierte Tiere gehalten. Die Prävalenzdaten wurden erfasst, bevor MNV als Problem erkannt wurde.

Werden die Tiere ohne Filterdeckel gehalten, kann sich MNV über kontaminierte Einstreu noch besser in einem Haltungsraum verbreiten. Dies lässt sich aus dem Vergleich der Prävalenz der Haltung im offenen Käfig (87%) zur Haltung im Filterdeckelkäfig (67%) schließen. Eine nochmals niedrige Prävalenz (55%) weist die Haltung im IVC-Regal auf. Durch die getrennte Belüftung jedes einzelnen Käfigs kann eine Übertragung über die Zuluft von Käfig zu Käfig verhindert werden. Gerät der Erreger jedoch beim Experiment oder Umsetzen in den Käfig, so kann von einer hohen Infektionsrate ausgegangen werden. Nach der Infektion im Tierversuch war eine Serokonversion bei allen infizierten Tieren festzustellen.

Ein separater Filterdeckelkäfig mit nicht infizierten Kontrolltieren stand zusammen mit den Filterdeckelkäfigen der infizierten Tiere im gleichen belüfteten Käfigschrank. Die Haltung in einem Filterdeckelkäfig kombiniert mit der richtigen Reihenfolge der Tierbetreuung (nicht infizierte Käfige zuerst versorgen) sowie dem Käfigwechsel unter einer Sicherheitswerkbank haben bei oben genanntem Käfig mit Kontrolltieren

90

erfolgreich eine Kontamination mit MNV verhindert. Sowohl PCR- als auch Serologie-Diagnostik für MNV waren bei diesen Mäusen negativ.

5.5 MNV im Tierversuch

Bei den immunkompetenten Mäusen, die im Rahmen dieser Dissertation untersucht wurden, war die Infektion mit dem isolierten MNV-Stamm zu den untersuchten Zeitpunkten auf den Magen-Darm-Trakt beschränkt. Die Infektion mit dem isolierten MNV-Stamm führte zu einer verstärkten IFNγ-Sekretion der T-Zellen der infizierten Mäuse (SPF-Haltung), wenn diese in vitro stimuliert wurden, auch im subakuten Infektionsstadium 4 Wochen p.i. Die histologische Auswertung zeigte eine geringfügige Erhöhung des Histologie-Scorewerts auf. So wurde bei einigen C3- Il10-/--Mäusen 4 Wochen nach der Infektion eine milde Hyperplasie des Epithels, ein gemischtzelliges Entzündungszell-Infiltrat in Mukosa und Submukosa sowie ein geringgradiges Ödem festgestellt. Der isolierte MNV-Stamm kann daher einen kolitogenen Stimulus auf die IL10-defiziente Maus haben. Diese Beobachtungen (veränderte Histologie und gesteigerte IFNγ-Sekretion) wurden vor allem bei Mäusen mit dem genetischen Hintergrundstamm C3H/HeJBir gemacht.

Im Infektionsversuch mit keimfreien C3-Il10-/--Mäusen gab es keinen signifikanten Unterschied bei der Messung der IFNγ-Sekretion zwischen infizierten und nicht infizierten Mäusen. Histologisch war lediglich eine leicht vermehrte Anzahl mononukleärer Zellen festzustellen, die für eine Aktivierung der intestinalen Immunantwort steht. Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass murine Noroviren nur in Kombination mit einer aktiven Darmflora eine verstärkte IFNγ-Sekretion und histologische Veränderungen hervorrufen.

Die Tötung der keimfreien Mäuse zur Organentnahme für die Histologie sowie zur Gewinnung von Lymphozyten zur Stimulation wurde 4 Wochen p.i. durchgeführt. In vorhergehenden Versuchen mit SPF-Mäusen war eine Erhöhung der IFNγ-Sekretion nach 2 und 4 Wochen gemessen worden. Daher wurde der Zeitpunkt für die Sektion

91 4 Wochen nach der Infektion gewählt. Veränderungen zu einem früheren Zeitpunkt p.i. können nicht ausgeschlossen werden.

Der Doppelinfektionsversuch zeigte, dass eine vorhergehende Infektion mit MNV eine 14 Tage später folgende Infektion mit H. hepaticus nicht verstärkte. Anhand der Befunde der Lymphozytenstimulation aus dem zweiten Infektionsversuch wurde der Infektionstermin mit H. hepaticus 2 Wochen nach der Infektion mit MNV festgesetzt.

Die histologische Auswertung zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen Doppelinfektion und Kontrollgruppe, jedoch war der Histologie-Score bei einigen Mäusen aus der Doppelinfektionsgruppe etwas geringer. Dies könnte für einen leicht protektiven Effekt der MNV-Infektion sprechen. Dieser ließe sich erklären durch eine Abschwächung der Immunantwort auf H. hepaticus durch MNV. Da das Virus antigenpräsentierende Makrophagen befällt und zerstört, könnte die überschießende Immunreaktion gegen H. hepaticus herabgesetzt sein. Diese Ergebnisse stehen im Gegensatz zu einer Veröffentlichung von Lencioni et al. (LENCIONI et al. 2008). Hier wurden jedoch ein anderes Mausmodell (MDR1α-defiziente Maus), ein anderer Infektionszeitpunkt, ein anderes Norovirus (MNV-4) und eine andere Helicobacter-Art gewählt. Die Infektion mit H. bilis erfolgte 7 Tage nach der Infektion mit MNV. Die Tötung der Tiere mit anschließender Sektion erfolgte bei Lencioni et al. variabel nach Schweregrad der klinischen Symptome.

5.6 Ausblick

Die problemlose Anzucht von MNV ermöglicht neue Erkenntnisse zur Tenazität des Erregers, was gerade im Bereich Hygieneforschung genutzt werden kann, um gegen humane Noroviren wirksame Desinfektionsmittel und Hygienestrategien zu entwickeln (CANNON et al. 2006).

Im Zellkulturmodell lassen sich Pathomechanismen ergründen, wie Noroviren Zellen schädigen und sich in ihnen vermehren. Dies ermöglicht unter Umständen die Entwicklung einer Impfung oder Akut-Therapie gegen humane Noroviren. Erste

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Antikörper wurden durch Müller et al. auf Kreuzreaktivität und Effizienz erprobt (MÜLLER 2009).

MNV in der Labortierhaltung

Die serologischen Testverfahren ermöglichen eine Routine-Überwachung der Hygiene in Labortierhaltungen aufgrund der vorhandenen serologischen Kreuzreaktivität bei verschiedenen murinen Noroviren (HSU et al. 2006). Der Nachweis per PCR ist möglich, jedoch gibt es bisher kein Primerpaar, mit dem alle murinen Noroviren detektiert werden können. Dies sollte bei Hygieneuntersuchungen bedacht werden. Ein negatives PCR-Ergebnis muss nicht zwangsläufig für einen negativen Bestand stehen (HENDERSON 2008).

MNV hat in der vorliegenden Arbeit keine klinischen Auswirkungen auf das Tiermodell der IL10-defizienten Maus gehabt. Jedoch kann zum Beispiel eine akute MNV-Infektion bei IL10-defizienten Mäusen im Tierversuch zu falschen Vergleichswerten bei einer in vitro Lymphozytenstimulation in der INFγ-Bestimmung führen. Auch leichte histologische Veränderungen sind möglich. Diese Effekte können Ergebnisse in Versuchen mit der IL10-defizienten Maus als Tiermodell für CED verändern. Ein Einfluss von MNV auf andere Mausmodelle kann nicht ausgeschlossen werden. Weitere Untersuchungen hierzu sind empfehlenswert und notwendig. Es wurden zudem MNV-Isolate mit unterschiedlichen Eigenschaften beschrieben. So kann MNV-1 bei schwer immundefizienten Mäusen (RAG2- und STAT1-defizient) zu tödlichen systemischen Erkrankungen führen (KARST et al.

2003).

Da eine Diagnostik im Rahmen der Routine-Überwachung möglich ist, sollte MNV daher im Tierbestand langfristig ausgeschlossen werden. Hygienemaßnahmen und Standardmethoden der Bestandssanierung haben Erfolg gezeigt (ARTWOHL et al.

2008; COMPTON 2008).

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6 Zusammenfassung

Marcel Achard

„Charakterisierung eines murinen Norovirus – Auswirkungen des Virus auf die experimentelle chronisch entzündliche Darmerkrankung bei der IL10-defizienten Maus“

Im Rahmen dieser Dissertation wurde ein murines Norovirus (MNV), das aus Anzeiger-Mäusen des Zentralen Tierlaboratoriums (ZTL) der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) isoliert wurde, charakterisiert. Die genetische Sequenz wurde bestimmt und wies eine 95% Übereinstimmung zu MNV-4 auf. Sie wurde unter der Zugangsnummer EU854589 veröffentlicht. Zusätzlich wurden elektronenmikroskopische Aufnahmen der Virusstruktur erstellt.

Die erfolgreiche Anzucht und Vermehrung von MNV in RAW 264.7-Zellen ermöglichte die Etablierung diagnostischer Tests in Form von PCR und Serologie (ELISA). Mit Hilfe der serologischen Diagnostik wurde die Prävalenz für MNV im Zentralen Tierlaboratorium der MHH für den Überwachungszeitraum 2007/2008 erfasst. MNV-positive Anzeiger-Mäuse wurden nur in der experimentellen Barriere gefunden. Die Prävalenzrate bewegte sich je nach Tierraum zwischen 8% und 61%.

Die Auswirkung von MNV auf das Tiermodell der IL10-defizienten Maus (Il10-/-) wurde anhand von zwei genetischen Hintergrundstämmen, C3H/HeJBirZtm (C3) sowie C57BL/6JZtm (B6), im Infektionsversuch untersucht. Alle infizierten Mäuse wiesen eine Serokonversion auf. Es kam zu keiner klinischen Beeinträchtigung. MNV war bei den infizierten Mäusen nur in Organen des Gastrointestinaltraktes per PCR nachweisbar. Kot, Kolon und Mesenteriallymphknoten waren als Probenmaterial besonders geeignet für einen PCR-Erregernachweis.