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MNV-PCR

Um MNV isolieren zu können, musste eine direkte Detektionsmethode in Form der PCR entwickelt werden. Da unterschiedliche MNV-Isolate voneinander stark abweichende Sequenzen haben können, wurden zuerst anhand bereits veröffentlichter MNV-Sequenzen Primer zur Detektion entwickelt, sowie Primer aus anderen Veröffentlichungen erprobt. Das durch die eigenen Untersuchungen bevorzugte Primerpaar 5004f/5219r ist ohne Abweichung in der Sequenz des Isolats vorhanden. Im Vergleich zu anderen ausgetesteten Primerpaaren war hier zwar nur eine mittelstarke Bande zu sehen, jedoch kam es bei aufgearbeiteten Organ- und Kotproben nicht zu einer Mehrfachbandenbildung, die für einen PCR-Nachweis unerwünscht ist (siehe Abbildung 7 S. 55).

Da das Isolat aus der Milz einer NOD-Prkdcscid-Maus gewonnen worden war, wurden im Tierversuch auch die Milzen der infizierten Mäuse entnommen und per PCR auf das Vorhandensein von MNV-RNA getestet. Hierbei stellte sich heraus, dass alle Milzen negativ getestet wurden. Es konnte jedoch Erreger-RNA im Gastrointestinaltrakt der Mäuse nachgewiesen werden. Dies bestätigt die

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Untersuchungsergebnisse von Goto et al. (GOTO et al. 2009). Auch acht Wochen nach der Infektion war im Kot der Mäuse noch MNV-RNA nachzuweisen, bei Paik et al. wurde zehn Wochen p.i. MNV-RNA im Kot nachgewiesen (PAIK et al. 2010). Der RNA-Nachweis lässt jedoch nicht unbedingt eine Aussage über die Infektiösität zu (MÜLLER 2009).

Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich Mäusekot gut für einen Erregernachweis eignet. Die Mäuse müssen nicht getötet werden. Häufig setzen sie bei einer Fixierung Kot ab. Dies bedeutet relativ wenig Stress im Vergleich zu einer Blutentnahme für einen serologischen Nachweis. Bisher wurde aufgrund der genetischen Variabilität bei murinen Noroviren allerdings kein Universalprimerpaar zum Nachweis verschiedener bekannter muriner Norovirusstämme gefunden. Es müssen also mehrere Primerpaare verwandt werden. Ein PCR-Nachweis ist daher eher für die Überwachung eines Infektionsversuchs mit murinem Norovirus bekannter Sequenz geeignet (HENDERSON 2008). Im Rahmen dieser Doktorarbeit kam der PCR-Nachweis zum Einsatz, um die Virusverteilung im Tier und die Dauer der Ausscheidung zu bestimmen. Das Zäkum wurde im Rahmen der Versuche immer komplett für die Histologie entnommen. Es sollte bei zukünftigen Versuchen beprobt werden, da Goto et al. Kot und Zäkum für den PCR-Nachweis von MNV empfehlen (GOTO et al. 2009).

Serologische Nachweisverfahren

Für den Nachweis einer Infektion mit MNV wurde mit Hilfe des isolierten MNV-Stammes im Rahmen der Dissertation ein serologisches Testverfahren in Form eines ELISA entwickelt. Aufgrund der serologischen Kreuzreaktivität verschiedener MNV-Isolate (HSU et al. 2006; THACKRAY et al. 2007) eignet sich der serologische Test sehr gut für die Routine-Untersuchung auf eine Infektion mit MNV. Zu beachten ist beim serologischen Nachweis, ob die Maus in der Lage ist, Antikörper zu bilden, und ob die Infektion lange genug zurückliegt, dass bereits Antikörper gebildet wurden.

Humane Noroviren haben im Gegensatz zu MNV verschiedene Serotypen. Hinzu

87 kommt eine hohe Durchseuchung beim Menschen, was den serologischen Nachweis in der Humandiagnostik weniger sinnvoll erscheinen lässt.

MNV-IFA (entwickelt durch die Firma Biodoc)

Die Herstellung der Objektträger, die mit MNV infizierten Zellen beschichtet sind, erfolgte technisch angelehnt an Kraft und Meyer. (KRAFT u. MEYER 1990).

Dadurch, dass die Auswertung durch einen Untersucher am Mikroskop durchgeführt wird, können hier Seren mit hohem unspezifischen Hintergrund erkannt werden.

Auch Seren mit niedrigem Titer können durch den Untersucher anhand der typischen Markierung infizierter Zellen erkannt werden. Oft werden in Veröffentlichungen positive Befunde aus ELISA und MFI mit der IFA bestätigt bzw. validiert (HSU et al.

2005).

MNV-ELISA

Der ELISA ermöglicht die automatisierte und quantitative Auswertung, da hier mit einem Photometer der OD-Wert bestimmt wird. Anfangs wichen die Ergebnisse des im Rahmen dieser Dissertation entwickelten ELISA teilweise von den Ergebnissen der Immunfluoreszenz ab. Einige Mäuse, die eindeutig negativ in der Immunfluoreszenz auf MNV getestet wurden, reagierten im MNV-ELISA positiv. Ein kommerzieller rekombinanter ELISA, hergestellt zu wissenschaftlichen Zwecken durch Charles River Laboratories, reagierte ebenfalls negativ. Dies sprach für eine unspezifische Reaktion aufgrund von ungenügender Aufreinigung des Virusantigens.

Eine zusätzliche Aufreinigung über einen CsCl-Gradienten, wie sie in diversen Veröffentlichungen beschrieben war (HSU et al. 2005), führte nicht zu besseren Ergebnissen. Daraufhin wurde untersucht, ob die besagten Seren auch mit Bestandteilen der für die Virusanzucht verwendeten RAW-Zellen reagierten, da es sich bei der Zelllinie um Maus-Makrophagen handelt. Die Zellen wurden in der Zellkultur angezüchtet und nicht infiziert. Es erfolgte der gleiche Aufreinigungsprozess, der zur MNV-Antigenaufreinigung angewandt wurde.

Anschließend wurden Untersuchungskavitäten beschichtet. Wurden nun die IFA-negativen Seren getestet, so reagierten einige Seren mit einer deutlichen Erhöhung

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des OD-Werts. Die „falsch“ positiven Seren reagierten also auf einen Bestandteil der Zellkultur. Andere Veröffentlichungen haben diese unerwünschte Reaktion bisher nicht beschrieben.

Um falsch positive Seren zu erkennen, wurde daraufhin eine Zellkontrolle dauerhaft eingeführt. Damit die Kontrollzellkultur vergleichbar zu den infizierten Zellkulturen war, wurden beide Zellkulturen (nicht infiziert und infiziert mit MNV) parallel möglichst gleich behandelt inklusive der Aufreinigung. Bewertet für die diagnostische Aussage wurde die Differenz aus MNV-OD-Wert und RAW-OD-Wert. Durch Einführung des korrigierten OD-Werts wurde eine hohe Übereinstimmung zu den Testergebnissen der IFA erreicht. Um falsch positive Ergebnisse zu reduzieren, wurde auch ein fraglicher Bereich definiert. Im Idealfall ergab der Differenzwert bei einem MNV-negativen Serum den Wert 0, bei einem MNV-positiven Serum einen Wert >0, der abhängig von der Verdünnung des Antigens bei der Beschichtung der ELISA-Platte und dem Antikörpertiter des Serums war.

Um bei der Beschichtung für eine größtmögliche Konstanz zu sorgen, wurde ein positiver Kontrollserumpool angelegt, aliquotiert und eingefroren. Bei der Erstellung einer neuen Charge ELISA-Platten sollten ähnliche OD-Werte erreicht werden, wenn der positive Kontrollserumpool aufgetragen wurde. Der positive Kontrollserumpool wurde außerdem für die Validierung eingesetzt und als Positivkontrolle bei ELISA-Tests mitgeführt. Bei korrigierten OD-Werten, die im fraglichen Bereich zwischen 1 bis 1,5 lagen, sollte der OD-Wert der Zellkontrolle getrennt beurteilt werden. Fand hier eine starke Reaktion (hoher OD-Wert) statt, so konnte von einer unspezifischen Reaktion ausgegangen werden, die durch nicht gegen MNV gerichtete Antikörper hervorgerufen wurde. War der korrigierte Wert im fraglichen Bereich, der OD-Wert der Zellkontrolle jedoch niedrig, so konnte es sich um ein Serum mit schwachem Antikörpertiter gegen MNV handeln. Es empfahl sich die erneute Untersuchung des Serums mit einem anderen Testverfahren (z. B. IFA) oder eine erneute Blutabnahme zur Serumgewinnung, um dieses dann mit dem ELISA zu testen.

89 5.4 Prävalenz

Mit Hilfe der serologischen Testverfahren wurde das Vorkommen von MNV in verschiedenen Hygieneeinheiten im ZTL untersucht. Hierbei zeigte sich in der experimentellen Barriere eine hohe Prävalenz für MNV, die weltweit in vielen Versuchstierhaltungen festgestellt wurde (MÄHLER u. KÖHL 2009; PRITCHETT-CORNING et al. 2009). Dagegen waren Zuchttiere aus Isolatoren und SPF-Haltung MNV-negativ. Die Art der Haltung der Mäuse hatte also einen großen Einfluss auf das Vorhandensein von MNV-Antikörpern. Dieses Ergebnis lässt sich einerseits durch eine bereits erfolgte Sanierung von anderen Erregern durch Embryotransfer und Hysterektomie in der Vergangenheit, sowie andererseits durch die strengen Hygiene-Auflagen erklären (HENDERSON 2008). In der experimentellen Haltung sind die Hygiene-Auflagen für Pflegepersonal und Experimentatoren weniger streng gefasst und überwacht. Hier werden nach Quarantänisierung und Freigabe durch das mikrobiologische Labor des ZTL auch importierte Tiere gehalten. Die Prävalenzdaten wurden erfasst, bevor MNV als Problem erkannt wurde.

Werden die Tiere ohne Filterdeckel gehalten, kann sich MNV über kontaminierte Einstreu noch besser in einem Haltungsraum verbreiten. Dies lässt sich aus dem Vergleich der Prävalenz der Haltung im offenen Käfig (87%) zur Haltung im Filterdeckelkäfig (67%) schließen. Eine nochmals niedrige Prävalenz (55%) weist die Haltung im IVC-Regal auf. Durch die getrennte Belüftung jedes einzelnen Käfigs kann eine Übertragung über die Zuluft von Käfig zu Käfig verhindert werden. Gerät der Erreger jedoch beim Experiment oder Umsetzen in den Käfig, so kann von einer hohen Infektionsrate ausgegangen werden. Nach der Infektion im Tierversuch war eine Serokonversion bei allen infizierten Tieren festzustellen.

Ein separater Filterdeckelkäfig mit nicht infizierten Kontrolltieren stand zusammen mit den Filterdeckelkäfigen der infizierten Tiere im gleichen belüfteten Käfigschrank. Die Haltung in einem Filterdeckelkäfig kombiniert mit der richtigen Reihenfolge der Tierbetreuung (nicht infizierte Käfige zuerst versorgen) sowie dem Käfigwechsel unter einer Sicherheitswerkbank haben bei oben genanntem Käfig mit Kontrolltieren

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erfolgreich eine Kontamination mit MNV verhindert. Sowohl PCR- als auch Serologie-Diagnostik für MNV waren bei diesen Mäusen negativ.

5.5 MNV im Tierversuch

Bei den immunkompetenten Mäusen, die im Rahmen dieser Dissertation untersucht wurden, war die Infektion mit dem isolierten MNV-Stamm zu den untersuchten Zeitpunkten auf den Magen-Darm-Trakt beschränkt. Die Infektion mit dem isolierten MNV-Stamm führte zu einer verstärkten IFNγ-Sekretion der T-Zellen der infizierten Mäuse (SPF-Haltung), wenn diese in vitro stimuliert wurden, auch im subakuten Infektionsstadium 4 Wochen p.i. Die histologische Auswertung zeigte eine geringfügige Erhöhung des Histologie-Scorewerts auf. So wurde bei einigen C3- Il10-/--Mäusen 4 Wochen nach der Infektion eine milde Hyperplasie des Epithels, ein gemischtzelliges Entzündungszell-Infiltrat in Mukosa und Submukosa sowie ein geringgradiges Ödem festgestellt. Der isolierte MNV-Stamm kann daher einen kolitogenen Stimulus auf die IL10-defiziente Maus haben. Diese Beobachtungen (veränderte Histologie und gesteigerte IFNγ-Sekretion) wurden vor allem bei Mäusen mit dem genetischen Hintergrundstamm C3H/HeJBir gemacht.

Im Infektionsversuch mit keimfreien C3-Il10-/--Mäusen gab es keinen signifikanten Unterschied bei der Messung der IFNγ-Sekretion zwischen infizierten und nicht infizierten Mäusen. Histologisch war lediglich eine leicht vermehrte Anzahl mononukleärer Zellen festzustellen, die für eine Aktivierung der intestinalen Immunantwort steht. Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass murine Noroviren nur in Kombination mit einer aktiven Darmflora eine verstärkte IFNγ-Sekretion und histologische Veränderungen hervorrufen.

Die Tötung der keimfreien Mäuse zur Organentnahme für die Histologie sowie zur Gewinnung von Lymphozyten zur Stimulation wurde 4 Wochen p.i. durchgeführt. In vorhergehenden Versuchen mit SPF-Mäusen war eine Erhöhung der IFNγ-Sekretion nach 2 und 4 Wochen gemessen worden. Daher wurde der Zeitpunkt für die Sektion

91 4 Wochen nach der Infektion gewählt. Veränderungen zu einem früheren Zeitpunkt p.i. können nicht ausgeschlossen werden.

Der Doppelinfektionsversuch zeigte, dass eine vorhergehende Infektion mit MNV eine 14 Tage später folgende Infektion mit H. hepaticus nicht verstärkte. Anhand der Befunde der Lymphozytenstimulation aus dem zweiten Infektionsversuch wurde der Infektionstermin mit H. hepaticus 2 Wochen nach der Infektion mit MNV festgesetzt.

Die histologische Auswertung zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen Doppelinfektion und Kontrollgruppe, jedoch war der Histologie-Score bei einigen Mäusen aus der Doppelinfektionsgruppe etwas geringer. Dies könnte für einen leicht protektiven Effekt der MNV-Infektion sprechen. Dieser ließe sich erklären durch eine Abschwächung der Immunantwort auf H. hepaticus durch MNV. Da das Virus antigenpräsentierende Makrophagen befällt und zerstört, könnte die überschießende Immunreaktion gegen H. hepaticus herabgesetzt sein. Diese Ergebnisse stehen im Gegensatz zu einer Veröffentlichung von Lencioni et al. (LENCIONI et al. 2008). Hier wurden jedoch ein anderes Mausmodell (MDR1α-defiziente Maus), ein anderer Infektionszeitpunkt, ein anderes Norovirus (MNV-4) und eine andere Helicobacter-Art gewählt. Die Infektion mit H. bilis erfolgte 7 Tage nach der Infektion mit MNV. Die Tötung der Tiere mit anschließender Sektion erfolgte bei Lencioni et al. variabel nach Schweregrad der klinischen Symptome.

5.6 Ausblick

Die problemlose Anzucht von MNV ermöglicht neue Erkenntnisse zur Tenazität des Erregers, was gerade im Bereich Hygieneforschung genutzt werden kann, um gegen humane Noroviren wirksame Desinfektionsmittel und Hygienestrategien zu entwickeln (CANNON et al. 2006).

Im Zellkulturmodell lassen sich Pathomechanismen ergründen, wie Noroviren Zellen schädigen und sich in ihnen vermehren. Dies ermöglicht unter Umständen die Entwicklung einer Impfung oder Akut-Therapie gegen humane Noroviren. Erste

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Antikörper wurden durch Müller et al. auf Kreuzreaktivität und Effizienz erprobt (MÜLLER 2009).

MNV in der Labortierhaltung

Die serologischen Testverfahren ermöglichen eine Routine-Überwachung der Hygiene in Labortierhaltungen aufgrund der vorhandenen serologischen Kreuzreaktivität bei verschiedenen murinen Noroviren (HSU et al. 2006). Der Nachweis per PCR ist möglich, jedoch gibt es bisher kein Primerpaar, mit dem alle murinen Noroviren detektiert werden können. Dies sollte bei Hygieneuntersuchungen bedacht werden. Ein negatives PCR-Ergebnis muss nicht zwangsläufig für einen negativen Bestand stehen (HENDERSON 2008).

MNV hat in der vorliegenden Arbeit keine klinischen Auswirkungen auf das Tiermodell der IL10-defizienten Maus gehabt. Jedoch kann zum Beispiel eine akute MNV-Infektion bei IL10-defizienten Mäusen im Tierversuch zu falschen Vergleichswerten bei einer in vitro Lymphozytenstimulation in der INFγ-Bestimmung führen. Auch leichte histologische Veränderungen sind möglich. Diese Effekte können Ergebnisse in Versuchen mit der IL10-defizienten Maus als Tiermodell für CED verändern. Ein Einfluss von MNV auf andere Mausmodelle kann nicht ausgeschlossen werden. Weitere Untersuchungen hierzu sind empfehlenswert und notwendig. Es wurden zudem MNV-Isolate mit unterschiedlichen Eigenschaften beschrieben. So kann MNV-1 bei schwer immundefizienten Mäusen (RAG2- und STAT1-defizient) zu tödlichen systemischen Erkrankungen führen (KARST et al.

2003).

Da eine Diagnostik im Rahmen der Routine-Überwachung möglich ist, sollte MNV daher im Tierbestand langfristig ausgeschlossen werden. Hygienemaßnahmen und Standardmethoden der Bestandssanierung haben Erfolg gezeigt (ARTWOHL et al.

2008; COMPTON 2008).

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6 Zusammenfassung

Marcel Achard

„Charakterisierung eines murinen Norovirus – Auswirkungen des Virus auf die experimentelle chronisch entzündliche Darmerkrankung bei der IL10-defizienten Maus“

Im Rahmen dieser Dissertation wurde ein murines Norovirus (MNV), das aus Anzeiger-Mäusen des Zentralen Tierlaboratoriums (ZTL) der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) isoliert wurde, charakterisiert. Die genetische Sequenz wurde bestimmt und wies eine 95% Übereinstimmung zu MNV-4 auf. Sie wurde unter der Zugangsnummer EU854589 veröffentlicht. Zusätzlich wurden elektronenmikroskopische Aufnahmen der Virusstruktur erstellt.

Die erfolgreiche Anzucht und Vermehrung von MNV in RAW 264.7-Zellen ermöglichte die Etablierung diagnostischer Tests in Form von PCR und Serologie (ELISA). Mit Hilfe der serologischen Diagnostik wurde die Prävalenz für MNV im Zentralen Tierlaboratorium der MHH für den Überwachungszeitraum 2007/2008 erfasst. MNV-positive Anzeiger-Mäuse wurden nur in der experimentellen Barriere gefunden. Die Prävalenzrate bewegte sich je nach Tierraum zwischen 8% und 61%.

Die Auswirkung von MNV auf das Tiermodell der IL10-defizienten Maus (Il10-/-) wurde anhand von zwei genetischen Hintergrundstämmen, C3H/HeJBirZtm (C3) sowie C57BL/6JZtm (B6), im Infektionsversuch untersucht. Alle infizierten Mäuse wiesen eine Serokonversion auf. Es kam zu keiner klinischen Beeinträchtigung. MNV war bei den infizierten Mäusen nur in Organen des Gastrointestinaltraktes per PCR nachweisbar. Kot, Kolon und Mesenteriallymphknoten waren als Probenmaterial besonders geeignet für einen PCR-Erregernachweis.

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Es konnten keine schwerwiegenden histologischen Veränderungen im Vergleich zu nicht mit MNV infizierten Kontrollmäusen ausgemacht werden. Bei einigen mit MNV infizierten C3-Il10-/--Mäusen wurden jedoch sehr milde fokale entzündliche Veränderungen im Kolon festgestellt. Die Interferon (INF)γ-Sekretion in vitro stimulierter Darmlymphozyten von mit MNV infizierten Mäusen war 2 Wochen nach der Infektion erhöht im Vergleich zur nicht infizierten Kontrollgruppe. Bei infizierten C3-Il10-/--Mäusen war die IFNγ-Sekretion 4 Wochen nach der Infektion weiterhin erhöht.

Keimfrei gehaltene C3-Il10-/--Mäuse, die mit MNV infiziert wurden, wiesen 4 Wochen nach der Infektion keine entzündlichen histologischen Veränderungen oder eine gesteigerte IFNγ-Sekretion auf. Demnach kann MNV nur in Verbindung mit einer endogenen bakteriellen Darmflora einen kolitogenen Stimulus erzeugen.

Ein Doppelinfektionsversuch mit MNV und 14 Tage später mit Helicobacter (H.) hepaticus sollte zeigen, ob eine vorhergehende Infektion mit MNV eine entzündliche Darmerkrankung, ausgelöst durch H. hepaticus, verstärken kann. Die Kontrollgruppe wurde nur mit H. hepaticus infiziert. Alle Mäuse wurden 6 Wochen nach der Infektion mit H. hepaticus seziert. Die Befunde der Klinik, Histologie und IFNγ-Sekretion wiesen keine deutlichen Unterschiede auf. Hieraus lässt sich folgern, dass MNV die Entwicklung einer durch H. hepaticus hervorgerufenen Entzündung bei der IL10-defizienten Maus nicht verstärkt. Dennoch zeigen die vorhergehenden Versuche, dass die Interaktion von MNV mit einer endogenen apathogenen Darmflora bei der IL10-defizienten Maus zu einer milden Entzündungsreaktion im Darm führen kann.

Dies macht MNV zu einem nicht zu vernachlässigenden Faktor im Tierversuch.

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7 Summary

Marcel Achard

“Characterization of a murine norovirus – the impact of the virus on experimental inflammatory bowel disease in IL10-deficient mice”

Aim of this study was to characterize a murine norovirus (MNV) that was isolated from sentinel-mice of the Central Animal Facility (Ztm) at Hannover Medical School.

Genetic sequencing was performed and showed 95% identity with MNV-4. The sequence was published under the accession number EU85489. Additionally, the virus structure of MNV was depicted by electron microscopy.

The successful replication of MNV in RAW 264.7-cells allowed us to establish several diagnostic tests as PCR and serology (ELISA). Therefore, it was possible to determine the prevalence of MNV at the Ztm for the years of 2007 and 2008. MNV-positive mice were only found in the experimental barrier. Prevalence among animal rooms differed from 8% to 61%.

In order to analyse the influence of MNV on IL10-defficient mice (Il10-/-), Il10-/- mice on genetic background strains C3H/HeJBirZtm (C3) and C57BL/6JZtm (B6) were experimentally infected. Although seroconversion could be detected in all infected animals, no clinical effects were visible. The detection of MNV in infected mice was solely possible in organs of the gastro-intestinal tract. Faeces, colon and mesenteric lymph nodes were suitable material for the detection of MNV via PCR.

Histological examinations of MNV-positive mice did not show grave differences in comparison to control mice. Nevertheless, few individuals belonging to the C3-Il10 -/-group showed mild focal inflammations of the colon. In vitro stimulated intestinal lymphocytes of MNV-positive mice secreted significantly more interferon (IFN)γ two

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weeks post infection (p.i.) than those of the control group. Infected animals belonging to the C3-Il10-/- group showed an increased IFNγ-secretion up to four weeks p.i.

Sterile housed C3-Il10-/--mice that were infected with MNV neither showed inflammatory changes of the colon nor an increased secretion of IFN-γ four weeks p.i. Therefore, MNV is only able to induce a colitogenic stimulus in combination with an endogenous bacterial intestinal flora.

A dual infection experiment with MNV and Helicobacter (H.) hepaticus (14 days subsequent to the MNV infection) was intended to clarify the question, whether a preceding infection with MNV aggravates inflammatory diseases of the bowel. A control group was only infected with H. hepaticus. All mice were sacrificed six weeks p.i. with H. hepaticus. No obvious differences in clinical signs, intestinal pathology or INFγ secretion were observed. Therefore, it is suggested that MNV does not exacerbate inflammatory diseases resulting from a H. hepaticus infection in IL10-deficient mice. Nevertheless, the preceding experiments demonstrate the interaction of MNV with the endogenous, non-pathogenic intestinal flora in IL10-deficient mice.

Thus, an infection with MNV should be considered as a confounding variable in animal experimentation using mouse models.

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8 Anhang

Protokoll zur Isolation von RNA aus Zellkulturüberstand bzw. Organen (gemäß Hersteller Macherey-Nagel)

1) Bis zu 30 mg Gewebe werden zerkleinert bzw. homogenisiert und in ein steriles Eppendorfgefäß gegeben; bei Zellkulturüberstand ist dieser Schritt nicht nötig.

2) 350 µl RA1-Puffer und 3,5 µl ß-Mercaptoethanol werden hinzugegeben;

anschließend wird die Probe für 1 min gevortext.

3) Ein NucleoSpin®- Filter wird in ein Sammelröhrchen gesteckt; Sammelröhrchen gestellt. 350 µl Membrane Desalting Buffer werden auf die Säule gegeben, dann wird für 1 min bei 11000 x g zentrifugiert.

7) 95 µl vorbereitete DNase-Reaktionsmixtur werden auf die Säule gegeben, danach erfolgt eine 15 minütige Inkubation bei Raumtemperatur.

8) Ein erster Waschschritt erfolgt mit 200 µl RA2-Puffer, der auf die Säule gegeben wird. Dann wird für 30 s bei 11000 x g zentrifugiert. Die Säule wird in ein neues Sammelröhrchen gesetzt. Ein zweiter Waschschritt erfolgt mit

8) Ein erster Waschschritt erfolgt mit 200 µl RA2-Puffer, der auf die Säule gegeben wird. Dann wird für 30 s bei 11000 x g zentrifugiert. Die Säule wird in ein neues Sammelröhrchen gesetzt. Ein zweiter Waschschritt erfolgt mit