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2 LITERATURÜBERSICHT

2.3 Möglichkeiten der passiven Immunisierung gegen Eimerien

2.3.3 Passive lokale Immunisierung durch orale Verabreichung von

Für Krankheitserreger des Verdauungstraktes, zu denen auch die Eimerien des Huhnes gehören, besteht als mögliche Alternative zur passiven systemischen Immunisierung durch Seren oder maternale Antikörper die Bekämpfungsmethode der passiven lokalen Immunisierung durch orale Antikörperapplikation (BERGHMAN et al. 2005; HAGEMANN 2006). Oral verabreichte Antikörper können Schleimhäute, die für Erreger eine Eintrittspforte in den Wirtsorganismus darstellen, effektiv gegen Infektionen schützen (WIELAND et al. 2006). Dabei bietet die Verwendung monoklonaler Antikörper den Vorteil, dass im Vergleich zu polyklonalen Präparationen aus Serum oder Hühnereiern bei gleicher Verabreichungsmenge ein Vielfaches an spezifischer Aktivität erreicht werden kann (CASADEVALL 2004). Die hohe Spezifität dieser Methode ist jedoch zugleich ihr entscheidender Nachteil: Bei Mischinfektionen, die bei Eimerien häufig vorkommen, bei genetischer Variabilität der Stämme und anderen Immunevasionsstrategien der Erreger ist die Wirksamkeit monoklonaler Antikörper deutlich eingeschränkt (BERGHMAN et al. 2005). Dennoch wird die passive Immunisierung durch rekombinante Antikörper derzeit als eine der vielversprechendsten Methoden zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten angesehen (FLOSS et al. 2007). Um diese lokal im Verdauungstrakt einsetzen zu können, müssen jedoch zunächst potentiell immunodominante Antigene von Eimeria identifiziert, spezifische Antikörper entwickelt und diese in vitro und in vivo auf ihre Wirksamkeit hin gestestet werden.

Der Entwicklungszyklus der Eimerien bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, durch spezifisch bindende Antikörper in die Weiterentwicklung einzelner Parasitenstadien einzugreifen: WALLACH et al. (1990) haben mehrere monoklonale und polyklonale

Antikörper gegen ein 56 kDa- und ein 82 kDa- Gametozytenantigen von Eimeria maxima in Hybridomzellen produziert und deren Wirksamkeit auch in vivo getestet.

Dabei erreichte der im Rahmen der Experimente intravenös applizierte, monoklonale Antikörper 1E11-11 eine Hemmung der Oozystenausscheidung bei den behandelten Hühnern um 40-50 % gegenüber den Tieren der Positivkontrollgruppe. KARIM et al.

(1996) konnten ein 12 kDa-Molekül als Hauptbestandteil der Oozystenwand von Eimeria tenella identifizieren. Gegen dieses wurde der monoklonaler Antikörper C11B9F3 entwickelt, der - im Experiment ebenfalls intravenös verabreicht - die Oozystenausscheidung der behandelten Tiergruppen signifikant um 40-54 % gegenüber der Positivkontrolle verringern konnte. Eine Kreuzreaktivität mit Oozystenwandfragmenten von sechs weiteren Eimerienspezies konnte bewiesen werden. Der monoklonale Antikörper E2E5 konnte dagegen in vitro durch Bindung an Sporozysten die Freisetzung der Sporozoiten von Eimeria tenella während der Exzystationsphase um rund 50 % hemmen (KRÜCKEN et al. 2008).

Abgesehen von den soeben aufgeführten Untersuchungen konzentrieren sich die Forschungsbemühungen bei der Suche nach einem geeigneten Angriffsziel für eimerienspezifische Antikörper insbesondere auf das infektiöse Stadium der Sporozoiten: Diese haben sich als ein sensibles Ziel für den Einsatz passiv übertragener Antikörper und Komplement erwiesen, so dass zumindest eine partielle Immunität des Wirtes erreicht werden kann (CRANE et al. 1991). Weiterhin ist der Entwicklungszyklus des Parasiten zum Zeitpunkt des Auftretens der Sporozoiten noch nicht so weit fortgeschritten, dass es zu einem Leistungsrückgang der Tiere kommt (BHOGAL et al. 1992). Bei Erregern, die eine intrazelluläre Entwicklung vollführen, ist es im Falle einer Antikörperbehandlung außerdem entscheidend, diese vor einer erfolgreichen Invasion in die Wirtzellen anzugreifen, wo sie für Antikörper unerreichbar sind (SHAMS 2005). Deshalb wird angestrebt, die Penetration der Darmzellen durch Eimeria-Sporozoiten zu hemmen, indem Antikörper invasionsrelevante Oberflächenantigene der Sporozoiten binden und neutralisieren (SCHUBERT 2005), so dass der parasitäre Entwicklungszyklus unterbrochen wird.

Die im Folgenden vorgestellten Studien verdeutlichen die Erfolge und Grenzen dieses Ansatzes.

Bereits in den achtziger Jahren (AUGUSTINE u. DANFORTH 1985) wurden Antikörper gegen Sporozoiten und Merozoiten von Eimeria tenella in vitro getestet:

Nur die gegen Sporozoitenantigene gerichteten Antikörper B10, C3 und E5 konnten die Invasionsraten des Parasiten in Zellkultur wesentlich senken. Die von UCHIDA et al. (1997) entwickelten, 12 monoklonalen IgG3κ-Antikörper reagierten dagegen mit einem 25 kDa-Antigen von Eimeria tenella, das offenbar bei mehreren Stadien des Parasiten vorhanden war: In vitro wurde eine Bindung an Sporozoiten, Trophozoiten, unreife und reife Schizonten der 1. Generation, Merozoiten der 1. Generation und an die inneren Strukturen sporulierter Oozysten nachgewiesen. Gegenüber Sporozoiten zeigten die Antikörper in vivo einen invasionshemmenden Effekt mit Inhibitionsraten von 13,6 bis zu 64,3% gegenüber der Positivkontrolle. CRANE et al. (1988) produzierten einen monoklonalen Antikörper, 1073.10, der in vitro mit Oberflächenstrukturen von E. tenella-Sporozoiten reagierte. Dabei führte er zu deren Agglutination und Lyse in Gegenwart von Hühnerserum als Komplementquelle.

Nachdem Sporozoiten mit dem mAK 1073.10 inkubiert und caecal verabreicht wurden, konnte der Antikörper in vivo bei den behandelten Tieren sowohl caecale Läsionen als auch Oozystenzahlen im Vergleich zu unbehandelten Kontrolltieren signifikant reduzieren.

Bei einer Reihe von Studien konnte bisher nur eine spezifische Bindung der Antikörper an Sporozoitenantigene und z.T. eine Invasionshemmung in vitro nachgewiesen werden: So band der mAK P11 beispielsweise an ein 43 kDa-Antigen von Sporozoiten der Spezies E. acervulina und E. tenella, während der mAk P66 spezies-spezifisch an Sporozoiten und Merozoiten von E. acervulina band. Die Bindung erfolgte bei beiden Antikörpern an das apikale Ende des Sporozoiten, das wegen der dort gelagerten Mikronemen und Rhoptrien für die Invasion des Parasiten von Bedeutung ist (LILLEHOJ et al. 1994). Der monoklonale Antikörper 6D-12-G10 reagierte mit einem 20-21 kDa großen Antigen des Apikalkomplexes von E. acervulina-Sporozoiten und hemmte deren Eindringen in Lymphozyten zu 43 %, wobei sich eine Dosisabhängigkeit der Inhibition andeutete (SASAI et al. 1996).

Bei einigen Antikörpern wurde eine Kreuzreaktivität gegenüber Antigenen verschiedener Eimerienspezies festgestellt: DANFORTH und AUGUSTINE (1983)

stellten z.B. eine Reihe von monoklonalen Antikörpern gegen verschiedene Eimerienspezies her: Davon wiesen 24 Antikörper spezies-spezifische Bindungsaktivitäten auf, während 17 Antikörper mit den Sporozoiten verschiedener Eimerienspezies kreuzreagierten. In späteren Untersuchungen verringerte der monoklonale IgG1-Antikörper H11C3 − wahrscheinlich durch Bindung an ein 40 kDa-Sporozoitenantigen − die Invasion von Sporozoiten der Spezies E. tenella und E. adenoeides in PTK-Zellen signifikant. Dabei wurden sogar Inhibitionsraten von bis zu 99% im Vergleich zur Positivkontrolle erreicht (AUGUSTINE 1991). Der monoklonale IgG2a-Antikörper 1209-C2 reagierte sowohl mit den refraktilen Körperchen von Sporozoiten fünf verschiedener Eimerienspezies als auch mit denen der Spezies Caryospora bigenetica. Darüber hinaus interagierte er mit Epitopen auf BHK-Zellen und verminderte nach einer Vorinkubation mit diesen Zellen die Invasion der Sporozoiten (AUGUSTINE 2001). Dabei bestand eine signifikante Korrelation der Antikörperkonzentration mit der Hemmung der Sporozoiteninvasion, sowie eine negative Korrelation zwischen der Dauer der Vorinkubationzeit von Zellen und Antikörper und der Zahl der intrazellulär gefundenen Sporozoiten (AUGUSTINE 1999). Diese Untersuchungen legen nahe, dass während der Evolution der Eimerien bestimmte Antigene bei allen Eimerienarten des Huhnes konserviert wurden und für eine Kreuzimmunität durch Antikörper verantwortlich sein könnten, während andere Antigene spezifisch für eine Art sind und vermutlich die Ursache für die Ausbildung einer spezies-spezifischen Immunität darstellen (DANFORTH u. AUGUSTINE 1983).

Neben vollständigen monoklonalen Antikörpern werden auch Antikörperfragmente zur passiven Immunisierung gegen eimerienspezifische Antigene entwickelt, da die rekombinante Antikörpertechnologie Vorteile in Bezug auf die Herstellung großer Antikörpermengen bietet (siehe 2.4). Beispielsweise bindet der Single-chain-Antikörper 8C3 spezifisch an ein Sporozoitenantigen von E. acervulina (PARK et al.

2005), während der scFv G1F5 mit Antigenen der Oozysten und Makrogamonten von E. tenella reagiert (REFEGA et al. 2004). Beide Antikörperfragmente wurden laut der verfügbaren Literatur jedoch bisher weder in Zellinvasionstests noch in vivo auf ihre Eignung zur passiven lokalen Immunisierung gegen Eimerien getestet. Bei der Bekämpfung anderer Darmerkrankungen, wie z.B. Diarrhoe durch Rotaviren oder

enterotoxische E. coli, zeigt eine orale Anwendung monoklonaler Antikörperfragmente in vivo jedoch schon Erfolge (HARMSEN et al. 2005; VAN-DER-VAART et al. 2006).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass in den letzten Jahren eine Vielzahl von monoklonalen Antikörpern und Antikörperfragmenten gegen eimerienspezifische Antigene entwickelt wurde. Viele von diesen binden in vitro spezifisch an Sporozoiten der verschiedenen Eimerienspezies und können deren Invasion in Zellen in Kultur erfolgreich hemmen (AUGUSTINE u. DANFORTH 1985; WHITMIRE et al. 1988;

SASAI et al. 1996). Dabei werden je nach Antikörper, Dosis und Inkubationsdauer mittelmäßige bis sehr gute Inhibitionsraten erreicht, so dass ein partieller bis nahezu vollständiger Schutz gegenüber Eimeria-Sporozoiten gegeben ist. Teilweise ist auch eine Kreuzreaktivität der Antikörper gegenüber mehreren Eimerienspezies zu beobachten (DANFORTH u. AUGUSTINE 1983; AUGUSTINE 1991; KARIM et al.

1996; AUGUSTINE 1999, 2001). Nur wenige Antikörper wurden bisher auf ihre Wirksamkeit bei einer passiven Immunisierung in vivo untersucht. Einige von diesen konnten bei systemischer Verabreichung jedoch Oozystenzahlen und z.T. auch Läsionen bei den behandelten Hühnern signifikant verringern (CRANE et al. 1988;

WALLACH et al. 1990; KARIM et al. 1996; UCHIDA et al. 1997). Der Beweis der Wirksamkeit solcher eimerienspezifischen Antikörper bei oraler Verabreichung mit dem Ziel einer lokalen passiven Immunisierung liegt in der gesichteten Literatur allerdings noch nicht vor.