• Keine Ergebnisse gefunden

2 LITERATURÜBERSICHT

2.2 Immunität gegenüber Eimerien

2.2.2 Humorale Immunität

Antikörper werden als Anteil der humoralen Immunität des Huhnes von B-Zellen produziert und unterliegen einem Selektions- und Diversifikationsprozess in der Bursa Fabricii (PLACHY et al. 2003). Zu ihren vielfältigen Aufgaben gehört es, die Anhaftung und Invasion von Pathogenen zu unterbinden, das Komplementsystem zu aktivieren sowie die Phagocytose und Cytotoxizität durch zelluläre Anteile des Immunsystems zu initiieren. Weiterhin können sie Mikroorganismen agglutinieren und hemmend auf deren Motilität, Stoffwechsel und Wachstum einwirken (LILLEHOJ u. LILLEHOJ 2000; BERGHMAN et al. 2005). Als Antikörperklassen sind beim Huhn zurzeit IgM, IgA und IgY anerkannt (SHARMA 1997; YEGANI u. KORVER 2007): Während im Serum von Hühnern Antikörper aller drei großen Klassen zu finden sind (TREES et al. 1985), dominieren in intestinalen Sekretionsprodukten vor

allem IgA und IgM als sekretorische Immunglobuline (LILLEHOJ u. TROUT 1996).

Das IgY des Huhnes wird in der älteren Literatur häufig noch als IgG bezeichnet. Es unterscheidet sich vom IgG der Säugetiere jedoch sowohl strukturell, da seine schwere Kette z.B. ein höheres Molekulargewicht besitzt, als auch funktionell, weil es beim Vogel nicht nur der wichtigste Serumantikörper zur Bekämpfung systemischer Infektionen ist, sondern auch anaphylaktische Reaktionen herbeiführen kann.

Deshalb wird das IgY von Vögeln, Reptilien und Amphibien als evolutionärer Vorläufer des IgG und IgE von Säugetieren betrachtet (WARR et al. 1995;

CAMENISCH et al. 1999).

Von den 1970er Jahren bis heute wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, um die Bedeutung der humoralen Immunität durch Antikörper bei den Eimerieninfektionen des Huhnes aufzuklären. Zur Methodik der Untersuchung des humoralen Immunsystems und der Wirksamkeitsprüfung von Antikörpern nennt CASADEVALL (2004) folgende Kriterien:

1. Die Empfänglichkeit für die untersuchte Infektion muss bei Defiziten der humoralen Abwehr steigen.

2. Es muss eine positive Korrelation zwischen der Anwesenheit spezifischer Antikörper und der Resistenz gegenüber der entsprechenden Infektion bestehen.

3. Verabreichte Seren oder Antikörper müssen einen empfänglichen Wirt vor der betreffenden Infektion schützen.

Aus Versuchen mit hormonell bursektomierten Küken geht hervor, auf welche Weise sich Defizite des humoralen Abwehrsystems auf den Verlauf von primären und sekundären Eimerieninfektionen auswirken: Wie erwartet waren die B-Zellfunktion und der Immunglobulinspiegel dieser Tiere deutlich verringert bzw. nicht vorhanden.

Bei Infektionen mit E. maxima waren die klinischen Symptome der Hühner im Vergleich zu nicht bursektomierten Kontrolltieren ausgeprägter und ihre Oozystenausscheidung um ein Anderthalb- bis Zweifaches erhöht (ROSE u.

HESKETH 1979). Bei Primär- und Reinfektionen mit E. tenella wurde jedoch weder eine Verlängerung der Präpatenz oder Patenz noch eine Erhöhung der

Oozystenausscheidung - verglichen mit nicht bursektomierten Kontrolltieren - beobachtet. Allerdings war die Mortalität in der bursektomierten Versuchsgruppe deutlich erhöht (LILLEHOJ 1987). Die Resistenz der bursektomierten Hühner gegenüber Reinfektionen mit den beiden Eimerienspezies war dagegen gar nicht oder nur in geringem Maße vermindert, so dass der Einfluss von Antikörpern besonders bei der Bekämpfung von primären Eimerieninfektionen gegeben scheint (ROSE u. HESKETH 1979; LILLEHOJ 1987).

Nach einer Infektion mit Eimeria tenella erreichen Antikörper der IgY-Klasse die höchsten Antikörpertiter im Serum der Hühner, gefolgt von IgM und IgA (TREES et al. 1985). Dabei erscheinen spezifische IgM-Antikörper ca. 5-9 Tage p.i. im Serum.

Der IgY-Anstieg folgt dann 9-13 Tage p.i., wobei der höchste Titer zwischen dem 11.

und 21. Tag p.i. erreicht wird. IgA ist häufig noch etwas eher als IgY im Serum nachzuweisen, dies jedoch nur unregelmäßig und in sehr viel geringeren Mengen.

Ein langsamer Abfall der Antikörpertiter im Serum ist nach Primärinfektionen bereits ab der dritten Woche p.i. zu beobachten (TREES et al. 1985; MOCKETT u. ROSE 1986; GILBERT et al. 1988). Die Haltung infizierter Tiere auf Einstreu resultiert in einer kontinuierlichen Rezirkulation von Oozysten und in Reinfektionen der Tiere, bei denen signifikant höhere Antikörpertiter im Serum nachzuweisen sind als bei Tieren, die sich wegen einer Haltung auf Gitterböden nicht reinfizieren können. Auch experimentelle sekundäre oder tertiäre Belastungsinfektionen boostern die Antikörperantwort signifikant und führen insbesondere zu einer deutlichen Erhöhung des Serum-IgY-Titers, dessen Abfall außerdem verzögert wird (MOCKETT u. ROSE 1986; CONSTANTINOIU et al. 2008). Eine Korrelation zur Oozystenausscheidung weist der Serum-Titer bei geimpften Hühnern auf, bei denen ein deutlicher IgY-Anstieg in den ersten Wochen p.i. zu beobachten ist. Trotzdem findet zu Beginn eine Ausscheidung von Eimerienoozysten statt, die jedoch bei geimpften Herden rückläufig ist. Hohe Antikörperspiegel beruhen demnach auf einer wiederholten Auseinandersetzung mit dem Parasiten, die wiederum zur Ausbildung einer protektiven Immunität und einem Rückgang der Oozystenausscheidung führt (GUZMAN et al. 2003). Weil sich der Antikörperspiegel im Serum außerdem parallel zur zellulären Immunität zu entwickelt, kann seine Bestimmung Hinweise auf diese

gleichzeitig stattfindende Abwehr und auf den Grad der Eimerien-Exposition geben:

Hohe Infektionsdosen führen verglichen mit niedrigen Dosen zu höheren Antikörpertitern innerhalb einer kürzeren Reaktionszeit, so dass auch Infektionsdosis und Antikörpertiter korrelieren (GILBERT et al. 1988).

Dass durch Serumantikörper ein Schutz empfänglicher Tiere erlangt werden kann, ergibt sich aus einer Reihe von Versuchen (LONG et al. 1963; HERLICH 1965;

ROSE 1971), in denen Sera auf empfängliche Tiere übertragen und deren klinische Symptome und Oozystenausscheidung gegenüber ungeschützten Kontrolltieren vermindert waren (zur passiven Immunisierung durch Seren siehe auch 2.3.1).

Dabei besteht z.T. eine gute Korrelation zwischen der Menge und Reaktivität der verabreichten Antikörper und der passiven Protektion der Tiere gegenüber Eimerieninfektionen, welche sich in einer Hemmung der Oozystenausscheidung manifestiert (WALLACH et al. 1994). Eine solche Korrelation lässt sich jedoch nicht aus allen Untersuchungsergebnissen ableiten (DAVIS et al. 1978).

Neben Serumantikörpern, die vor allem der systemischen Bekämpfung von Infektionen dienen, sind auch lokale Antikörper aus dem Lymphgewebe des Verdauungstraktes Teil der humoralen Immunantwort. YUN und LILLEHOJ (2000) betonen, dass dem Lymphgewebe des Digestionstrakts, GALT (gut associated lymphoid tissues), eine besondere Rolle bei der Bekämpfung von Darmparasiten durch Antikörper zukommt, weil der Darmtrakt 70 bis 80% aller antikörper-produzierenden Zellen des Organismus beherbergt. Ein Großteil des intestinalen Lymphgewebes ist beim Huhn auf die Caecaltonsillen konzentriert, die zu 45-55%

aus B-Zellen bestehen (REFEGA et al. 2004). Die B-Zellen des Verdauungstraktes bilden im Verlauf einer Eimerieninfektion spezifisches IgA, IgM und IgY zur lokalen Sekretion an der Darmschleimhaut, wobei IgA mengenmäßig dominiert.

Immunhistologische Untersuchungen zeigen, dass die IgA-produzierenden B-Zellen in der Submucosa der Blinddärme gegenüber IgM- und IgY-bildenden Zellen stark überwiegen. Sekretorisches IgA wird von ihnen als Komplex mit einer sekretorischen Komponente mittels Exocytose an die Oberfläche des Darmepithels gebracht und besitzt die Fähigkeit zur Polymerisierung (DAVIS et al. 1978; LILLEHOJ u. LILLEHOJ 2000).

Mögliche Wirkungsweisen des spezifischen sIgA bestehen in einer Bindung an die Kokzidienoberfläche, einer Hemmung der Invasion von Sporozoiten und Merozoiten sowie der Beeinträchtigung der intrazellulären Entwicklung des Parasiten (LILLEHOJ u. LILLEHOJ 2000; YUN u. LILLEHOJ 2000). Anhaltspunkte dafür sind Untersuchungen, bei denen hohe, lokale Konzentrationen von sIgA in den Regionen des Digestionstrakts, die mit Eimerien belastet waren, gefunden wurden (GIRARD et al. 1997). Außerdem konnte sIgA-haltiger Blinddarminhalt von Hühnern mit Eimerieninfektionen in vitro die Invasion von Sporozoiten in Darmzellen unterbinden (DAVIS et al. 1978). Weiterhin wurden spezifisches IgA und IgM sowohl nach Erst- als auch nach Reinfektionen mit E. tenella in der Galle nachgewiesen, wobei die höchsten Konzentrationen etwa an Tag 9-10 p.i. erreicht wurden (MOCKETT u.

ROSE 1986). Tiere mit hohen biliären sIgA-Werten wiesen nach experimenteller Infektion niedrigere intestinale Sporozoitenzahlen auf als Tiere mit einer geringeren biliären sIgA-Sekretion. Ein hemmender Effekt der hohen biliären sIgA-Werte auf die spätere Oozystenausscheidung der Hühner konnte jedoch nicht beobachtet werden (ROSE u. HESKETH 1987). DAVIS und PORTER (1979) postulieren bei der lokalen Eimerienbekämpfung durch das Immunsystem des Darms einen Synergismus zwischen sekretorischen Antikörpern und unspezifischen Faktoren im Darminhalt.

Denn eine Inkubation von infektiösen Sporozoiten mit Antikörpern hemmt effektiv deren Invasion in Darmepithelzellen. Außerdem führt die Inkubation von Sporozoiten mit Darminhalt allein schon zu einer deutlichen Hemmung der späteren Parasitenentwicklung. Ein effektives, lokales Abwehrsystem könnte somit darin bestehen, dass sekretorische Antikörper spezifisch das Eindringen von Sporozoiten in Darmepithelzellen hemmen, während unspezifische Faktoren im Darminhalt die Parasiten lysieren und ihre Entwicklungsfähigkeit zerstören.

Die oben aufgeführten Studien verdeutlichen, dass ebenso wie die zelluläre Immunabwehr auch das humorale Immunsystem bei Eimerieninfektionen aktiviert wird. Doch wie groß ist die Bedeutung zirkulierender oder lokaler Antikörper für den Immunschutz der Tiere? Diese Frage wird weiterhin kontrovers diskutiert (siehe auch 5.6.3) und ist Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte (LILLEHOJ u. LILLEHOJ 2000).

2.3 Möglichkeiten der passiven Immunisierung gegen Eimerien