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Die wichtigsten Materialeigenschaften eines nicht degradablen Implantats sind genü-gend Stabilität (mechanische Festigkeit), keine Fremdkörperreaktionen (PERREN 1991) oder Irritationen des umliegenden Gewebes (Biokompatibilität) (PELUSO et al.

1991) sowie biologische Verträglichkeit (z.B. nicht karzinogen, mutagen oder teratogen) (WILLIAMS 2001). Des Weiteren sollten nicht degradable Materialien korrosionsbeständig sein (WINTERMANTEL u. HA 2009) und nach Frakturheilung leicht zu entfernen sein (GRADINGER u. GOLLWITZER 2006, ALEF 2007). In der Osteosynthesetechnik werden hierfür hauptsächlich nichtresorbierbare Metalle, Polymere und Keramiken verwendet. Bei den Metallen werden Reintitan sowie Titan-Legierungen und Edelstahl verwendet, die alle eine gute Steifigkeit, Dehnbar-keit, Korrosionsbeständigkeit und Biokompatibilität besitzen (HOLZACH u. MATTER 1978, GAUTIER et al. 2000). Edelstahlimplantate sind preiswerter und fester, aller-dings treten auch häufiger Entzündungsreaktionen auf (BURIAN et al. 2006). Aus chirurgischem Stahl werden wegen seiner guten Duktilität („Verformbarkeit“) v.a.

Cerclagedrähte und Osteosyntheseplatten hergestellt (DISEGI u. ESCHBACH 2000).

Reintitan oder Titanlegierungen sind allerdings oft besser geeignet, da sie trotz einer

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geringeren Festigkeit (HAYAKAWA et al. 2002) eine höhere Korrosionsbeständigkeit und Gewebeverträglichkeit zeigen (UHTHOFF et al. 1981). Eine weitere positive Eigenschaft ist, dass sie nicht magnetisch und somit zur MRT Diagnostik geeinigt sind (KNOTT et al. 2010). Alle drei können jedoch nicht in der Röntgendiagnostik angewandt werden, da es durch Streuung der Strahlung in Implantatsnähe zu keinem scharfabgrenzbaren Bild kommt (CHRISTENSEN et al. 2000). Problematisch bei Metallimplantaten ist die Korrosion. Dabei kommt es zu einem Austausch von Ionen zwischen der Metalloberfläche und dem biologischen Gewebe, was zu Ent-zündungen und Metallallergien führen kann (HIERHOLZER u. HIERHOLZER 1982).

Insbesondere sollte vermieden werden, dass die toxische Dosis der freien Implantat-Ionen überschritten wird, was zu einem aseptischem Implantatversagen und eine dadurch verursachte Refraktur führen könnte (BURIAN et al. 2006).

Bei den nicht resorbierbaren Polymeren werden im medizinischen Bereich heutzu-tage hauptsächlich Polymethylmethacrylate (PMMA) und Polyethylene (PE) verwendet (WINTERMANTEL u. HA 2009). PMMA wird hauptsächlich als Knochen-zement zur Frakturversorgung oder bei der Implantation von Gelenkprothesen an-gewandt, da es sich durch gute Festigkeit und Härte sowie geringe Feuchtigkeitsauf-nahme auszeichnet (NUSS u. RECHENBERG 2008). Beim Einsatz von PMMA können Nekrosen entstehen und die Osseointegration ist gering sowie das Material recht spröde (NUSS u. RECHENBERG 2008). Polyethylene werden meistens als Ultra High Molecular Weight Polyethylene (UHMWPE) in Knie- und Fingergelenk-implantaten und Hüftgelenkspfannen eingesetzt (NAVARRO et al. 2008). Vorrangig werden sie aber als Inlay in Titanschalen verwendet, da sie als Einzelkomponente für Hüftgelenkspfannen nach wenigen Jahren zum Knochenabbau durch Abrieb und Bildung von Fremdkörpergranulationsgewebe führen würden (WINTERMANTEL u.

HA 2009). Mit Kohlenstofffasern verstärkte Polymergemische sind Polysulfone (PSU) und Polyetheretherketone (PEEK), welche hauptsächlich für Platten und Hüft-gelenksschäfte verwendet werden (NAVARRO et al. 2008, WINTERMANTEL u. HA 2009).

Bei den Keramiken werden ß-Tricalciumphospate und Hydroxylapatite häufig in Kombination mit Aluminium- oder Zirkonoxid verwendet (NAVARRO et al. 2008). Im

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Grunde könnte man sie auch zu den degradablen Materialien zählen, da sie sich nach einigen Jahren auflösen (NUSS u. RECHENBERG 2008). ß-TCP wird über-wiegend als Knochenzement verwendet. Inwieweit es eine Entzündungsreaktion oder Osteokonduktion hervorruft, ist umstritten. Hydroxylapatite finden Verwendung als Beschichtung von z.B. Gelenkpfannen (NUSS u. RECHENBERG 2008).

Der Vorteil von Polymeren und Keramiken ist die Auswahlmöglichkeit verschiedener Komponenten, womit bestimmte Eigenschaften wie zum Beispiel Röntgen-strahlungsdurchlässigkeit, bessere Resorbierbarkeit oder höhere Stabilität und Steifigkeit durch Kohlenstofffasereinlagerung gefördert werden können (BADER et al.

2003). Sie müssen allerdings aufwendig hergestellt werden (HOOPER 1998) und besonders Keramiken haben eine geringe Duktilität und zeigen häufig eine Riss-bildung unter ruhender Zugbeanspruchung (STRIETZEL 2005).

All diese nicht degradablen Implantate haben den Nachteil, dass man sie häufig wieder mit einer zweiten Operation entfernen muss (DELUCA et al. 1988, MEYER-LINDENBERG et al. 1996, WITTE et al. 2004a), weil es entweder zu Unverträglich-keiten oder zu einer schmerzhaften Implantatlockerung kommt (NICOLE 1947, LOMBARDI et al. 1989, HALLAB et al. 2001). Jede Operation birgt jedoch wieder Risiken, wie Narkoserisiko etc. und ist sehr kostenintensiv (GROVES 1913b, HOF-MANN 1995). Auch das sogenannte Stress-Shielding spielt eine nicht minder wichtige Rolle, wobei das Implantat durch Lastabschirmung des Knochens (LÅFTMAN et al. 1989, AU 1994) eine Heilung unterbinden kann (RÄIHÄ 1992).

2.1.2 Degradable Implantate

Die Entwicklung degradabler Implantatmaterialien zielt daher darauf ab, die ge-nannten Nachteile der nicht degradablen zu umgehen. Dies ist der Grund, weshalb schon einige degradierbare Implantate in der Medizintechnik existieren. Dabei ist es wichtig, dass diese Implantate erst nach Erfüllung ihrer Aufgabe degradieren, also sich in einem definierten Zeitraum auflösen (PEUSTER et al. 2006). Degradation ist somit die Fähigkeit eines Werkstoffes, sich nach einiger Zeit an einem bestimmten Implantationsort in seine Abbauprodukte zu zersetzen, die vom Lebewesen resor-biert und dann ausgeschieden werden können (WINTERMANTEL u. HA 2009).

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Wenn diese Auflösung und auch der Abtransport dieser Auflösungsprodukte vor-liegen, nennt man diese Materialien resorbierbar (WINTERMANTEL u. HA 2009).

Dabei ist wiederum wichtig, dass diese Abbauprodukte keine toxischen Konzentrati-onen erreichen oder FremdkörperreaktiKonzentrati-onen hervorrufen (HARMS u. MÄUSLE 1980, WINTERMANTEL 2002, WINTERMANTEL u. HA 2009).

Häufig bauen sich degradierbare Polymere über Hydrolyse ab (WINTERMANTEL u.

HA 2009) und die Ausscheidung erfolgt über Niere und Lunge (GOGOLEWSKI 2000). In der Medizintechnik stehen besonders Polyglycolide (PGA), Poly-ß-hydroxybutyrate (PHBA) und Polylactide (PLA) sowie deren Copolymere im Vorder-grund (TÖRMÄLÄ et al. 1998, RASSE et al. 2007, IM et al. 2007). Das wohl bekann-teste Anwendungsgebiet für degradable Polymere sind die Nahtmaterialien aus Vicryl, PDS (Polydioxanon) oder Monosyn® (einem Glykonat) (HERMANN et al.

1970, DARDIK et al. 1971, ATHANASIOU et al. 1998). Es werden aus diesem Material aber auch Platten, Schrauben und andere Implantate hergestellt (WITTENBERG et al. 1991, ANDRIANO et al. 1999, GOGOLEWSKI 2000, VAN DER ELST et al. 2000, TIAINEN et al. 2004, RAMCHARITAR u. SERRUYS 2008). Auch bei den Keramiken gibt es degradable Werkstoffe (ULUM et al. 2014), diese sind vor allem Calciumphosphate (CRAMERS u. LUCHT 1977). Sie zeichnen sich durch gute Festigkeit und Härte sowie geringe Feuchtigkeitsaufnahme aus (NUSS u.

RECHENBERG 2008), werden allerdings wegen ihrer geringen Duktilität haupt-sächlich als „bioaktive“ Beschichtungen von Metalldauerimplantaten (z.B. für Hüft-prothesenschäfte) oder als Knochenersatz verwendet (GOMEZ-VEGA et al. 2000, TADIC u. EPPLE 2004).

Der Vorteil von Polymeren und Keramiken ist die Auswahlmöglichkeit verschiedener Komponenten, womit, wie schon bei den nicht degradablen Implantaten erwähnt, bestimmte Eigenschaften gefördert werden können (z.B. Antibiotika Beigabe, Röntgenstrahlungsdurchlässigkeit, höhere Stabilität oder Steifigkeit) (BADER et al.

2003). Im klinischen Alltag werden sie bereits verwendet (ATHANASIOU et al. 1998).

Sie müssen allerdings aufwendig hergestellt werden (HOOPER 1998) und besonders Keramiken haben eine geringe Duktilität und zeigen häufig eine Rissbildung (STRIETZEL 2005). Der große Nachteil dieser degradablen Implantaten bleibt aber,

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dass sie durch eine geringere Lasttragefähigkeit bzw. durch einen geringeren E-Modul als der Knochen nicht die nötigen Eigenschaften besitzen, um einen last-tragenden Knochen, also z.B. den Unterschenkelknochen ausreichend zu stützen (WITTENBERG et al. 1991). Deshalb werden sie vorwiegend in schwach belasteten Bereichen des Körpers angebracht (PIETRZAK et al. 1996, VAN DER ELST et al.

2000). Dies ist der Grund, warum metallische degradable Implantate im Fokus der heutigen Forschung stehen (YEUNG u. WONG 2012). Dabei hat sich besonders Magnesium als zukunftsträchtiges Material erwiesen (SONG 2007, HORT et al.

2009, WITTE 2010, WALKER et al. 2014a).

2.2 Magnesium und seine Legierungen