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Grundsätzlich gilt es, neuartige Biomaterialien zunächst in vitro zu erproben, bevor eine in vivo Untersuchung erfolgen kann (WITTE et al. 2006, LALK et al. 2010, ERDMANN et al. 2011, WAIZY et al. 2013). Zwischen beiden Untersuchungsformen wurden allerdings häufig unterschiedliche Ergebnisse festgestellt, welche sich insbe-sondere in einem abweichenden Korrosionsverhalten darstellten (WITTE et al. 2005, WITTE et al. 2006, REIFENRATH et al. 2010, WILLUMEIT et al. 2011). Bei in vitro

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Korrosionsuntersuchungen wird in der Regel auf eine künstlich erzeugte Körper-flüssigkeit (SBF = simulated body fluid) zurückgegriffen, die in ihrer Zusammen-setzung dem humanen Blutplasma nachempfunden ist (STAIGER et al. 2006, ZHANG et al. 2010, VIRTANEN 2011, WALTER et al. 2013). Wichtig bei in vitro Ver-suchen und speziell bei Korrosionstests unter in vitro Bedingungen ist dabei die Sicherstellung eines physiologischen pH-Werts (7,37 - 7,43 beim Menschen) (VIRTANEN 2011, HICK u. HICK 2013). Gemäß der Korrosionsreaktion von Magnesium in wässrigen Medien müsste das angrenzende Gewebe beim Magnesiumabbau durch Freisetzung von OH--Ionen alkalisieren (Mg + H+ + H2O = Mg²+ + OH- +H2) (SONG u. ATRENS 2003, SONG 2005, ATRENS et al. 2011, SEITZ et al. 2013a). In vivo wird vermutet, dass je höher der Blutfluss in den umschließen-den Geweben des Magnesiumimplantats ist, der produzierte Wasserstoff schneller abtransportiert wird und somit der pH-Wert in einer physiologischen Umgebung besser reguliert werden kann (ZENG et al. 2008). Auch physiologische Puffer (z.B.

Bicarbonat) wirken einer Alkalisierung in vivo entgegen (WINTERMANTEL et al.

1999, HEUBLEIN et al. 2003). Da das Korrosionsverhalten von Magnesium vom pH-Wert abhängt, sprich bei einem hohen pH Magnesium weniger korrodiert, muss in vitro der pH-Wert mit Pufferlösungen konstant gehalten werden (MUELLER 2007, ZHAO et al. 2008, WITTE et al. 2008). In einem in vitro Aufbau gilt es auch, eine konstante Temperatur sicherzustellen, optimaler Weise die des Menschen (ca.

37 °C), da diese durch eine Erhöhung eine beschleunigte Korrosionsgeschwindigkeit bewirken kann (TAS 2000, VIRTANEN 2011). Ein in vitro Versuchsaufbau zur Wasserstoffmessung, der diese Parameter weitestgehend berücksichtigt, wurde von Denkena und Lucas (2007) sowie Seitz et al. (2011b) beschrieben. Da aber eine exakte Nachahmung der in vivo Verhältnisse schwierig ist, kann man auch hier nicht von einer optimalen Lösung sprechen (AN et al. 2000). Es werden außerdem viele verschiedene Testverfahren zum Korrosionsverhalten (Gewichtsverlust, Wasser-stoffmessung, Elektrochemische Methoden) in vitro angewandt, wobei ein Gold Standard für diese Untersuchungsmethodik noch nicht entwickelt wurde (XIN et al.

2011, WALKER et al. 2014b).

Literaturübersicht 21

Vor einer in vivo Studie ist eine Materialerprobung in vitro derzeit jedoch unumgäng-lich, insbesondere um die Versuchstierzahl, auch hinsichtlich eines ethisch vertret-baren Versuchsdesigns, so gering wie möglich halten zu können (KIRKLAND et al.

2012a). Tierversuche sind in diesem Zusammenhang allerdings nötig, bevor ein Medizinprodukt in der Humanmedizin sowie der Veterinärmedizin eine Zulassung erhalten kann (AN et al. 2000). Für in vivo Studien sind in der Vergangenheit für die Magnesiumforschung Ratten (subkutan), Meerschweinchen und Kaninchen ver-wendet worden (WITTE et al. 2005, WITTE et al. 2006, XU et al. 2007). Darüber hinaus wurden auch schon Wirbelsäulenchips und Schrauben aus Magnesium an Schafen getestet (DUYGULU et al. 2007, KAYA et al. 2007) und an Schweinen wurden kardiovaskuläre Stents aus Magnesium untersucht (MAENG et al. 2009). Da der Blutfluss und die Wasserkonzentration sich in den unterschiedlichen Geweben und Tierarten unterscheiden, sind die Modelle bezogen auf das Korrosionsverhalten untereinander nur schwer vergleichbar (WONG et al. 2010). Für eine Osteosynthese-applikation eignen sich besonders Schafe, aber auch Hunde, Schweine und Kaninchen (PEARCE et al. 2007). Da die Kosten gering, das Handling und auch die Beschaffung von Tieren mit gleichem Geschlecht sowie Alter einfach sein soll, wird das Kaninchenmodell favorisiert (PEARCE et al. 2007, SUCKOW et al. 2012). Dieses soll quasi als Vorstufe zu den aufwendigeren Schafmodell-Versuchen dienen. In vorangegangen Magnesiumstudien kam das Kaninchenmodell für in vivo Tests häufig erfolgreich zur Anwendung. Deshalb liegt eine gute Vergleichbarkeit mit vor-herigen Untersuchungen auch ein hohes Maß an Standardisierung durch die Wahl von New Zealand White Rabbits vor (YANNI 2004, WITTE et al. 2008, HAMPP et al.

2012, TAN et al. 2013, REIFENRATH et al. 2013).

Die in dieser Studie in vitro und in vivo angewandten Verfahrenstechniken zur Be-stimmung des Korrosionsverhaltens und der Biokompatibilität wurden aus einer Viel-zahl von Untersuchungsmöglichkeiten ausgewählt. Alle angewandten Verfahren haben sich dabei in früheren Magnesiumforschungen als geeignet erwiesen.

22 Literaturübersicht

2.6.1 Gewichtsverlust

Die Messung des Gewichtsverlusts von Magnesiumimplantaten wird häufig als Kor-rosionsnachweismethode vor allem in vitro, aber auch in vivo Studien eingesetzt (WITTE et al. 2006, LIU et al. 2007; PIETAK et al. 2008, ZHANG et al. 2009b, THOMANN et al. 2010a, WONG et al. 2010, XUE et al. 2012). Diese Methodik ist einfach in der Durchführung und gilt als zuverlässig (SONG 2005). Hierzu wird das jeweilige Gewicht vor und nach der Korrosion gemessen, wobei die Gewichts-reduktion mit der Degradation korreliert (SONG et al. 2004). Die Ergebnisse dieser Methode zur Feststellung der Degradationskinetik kann allerdings durch die Anlage-rung von Korrosionsprodukten wie etwa Hydroxylapatit oder Magnesiumphosphat an der Implantatoberfläche verfälscht werden, da diese das Probengewicht maßgeblich beeinflussen. Es werden deshalb verschiedene Verfahren zum Entfernen dieser Korrosionsabbauprodukte angewandt, wobei darauf geachtet werden muss, nicht zu viel zu entfernen und somit falsch hohe Korrosionsergebnisse zu erhalten (SONG 2005). Eine häufige effektive Entfernung findet durch das Eintauchen der Proben nach Korrosionstests in Flusssäure (KRAUSE et al. 2010, ERDMANN et al. 2011, HUEHNERSCHULTE et al. 2011) oder auch Chromsäure statt (LIU et al. 2007, WIT-TE et al. 2007a, XU et al. 2008, ZHANG et al. 2009b, WONG et al. 2010, KIRKLAND et al. 2012b). Beide Säuren sind bekannt dafür, die Magnesiumimplantate nicht weiter zu korrodieren oder anderweitig zu beeinflussen (MAKAR u. KRUGER 1993, THOMANN et al. 2009). Wenn dieser Schritt ausgelassen wird, kann es zu einem geringeren Gewichtsverlust oder sogar einer Gewichtszunahme kommen (WITTE et al. 2006, PIETAK et al. 2008, XUE et al. 2012). Nachteilig wirkt sich allerdings aus, dass der Korrosionsmechanismus und das Korrosionsverhalten nur zum Endzeit-punkt ermittelt werden kann (SONG 2005, KIRKLAND et al. 2012a). Mit dieser Me-thode kann jedoch ein guter Überblick über das Korrosionsverhalten erhalten werden, zudem ist für den Einsatz in vivo der genaue Korrosionsmechanismus nicht von entscheidender Bedeutung (SONG 2005, WALKER et al. 2014a).

Literaturübersicht 23

2.6.2 Röntgen und µ-Computertomographie

Als effiziente Verfahren zur Bestimmung der Korrosions- und Biokompatibilität haben sich besonders die Röntgen- und die µ-Computertomographie (µCT) in zahlreichen, v.a. in vivo Magnesiumstudien erwiesen (HÖH et al. 2009b, LALK et al. 2010, ERDMANN et al. 2011, HUEHNERSCHULTE et al. 2012, HAMPP et al. 2013, BRACHT et al. 2013a). Beide Verfahren eignen sich zur Darstellung der Implantatei-genschaften (z.B. Dichte, Volumen) im Verlauf der Studie sowie der Wechsel-wirkungen zwischen Implantat und Organismus (DZIUBA et al. 2013, LINDTNER et al. 2013, CHO et al. 2013, WONG et al. 2013). Im Zusammenhang mit permanenten Metallimplantaten höherer Dichte kann es bei beiden Analysemethoden allerdings zu Artefakten durch Streuung der Röntgenstrahlen am Implantat kommen (CHRISTENSEN et al. 2000, STOPPIE et al. 2007). Magnesiumimplantate hingegen eignen sich hervorragend für röntgenographische Untersuchungsmethoden (REIFENRATH 2005, WITTE et al. 2007b).

Mittels Röntgenaufnahmen können schnell und ohne Narkose Übersichtsbilder in verschiedenen Ebenen über den zu untersuchenden Bereich gemacht werden. Somit können frühzeitig Gastaschen, Knochenzubildungen und eventuelle Knochenbrüche erkannt und beurteilt werden (CHO et al. 2013). Dabei hat man die Vorteile einer kostengünstigen, schnellen und nicht invasiven Methode, die auch in der Auswertung nicht zu zeitintensiv ist. Hierzu wurden auch schon Röntgenscore Systeme in der Magnesiumforschung angewandt (HUEHNERSCHULTE et al. 2011, DZIUBA et al.

2013). Ein Nachteil ist allerdings, dass die Ebenendarstellung mittels herkömmlichen Röntgen (v.a. in vivo) leider begrenzt ist. Darüber hinaus besteht die Gefahr einer Röntgenstrahlungsbelastung beim Fixieren der Tiere. Sie kann jedoch mit dem richtigen Schutz, v.a. Bleischürzen, -handschuhen und Brillen, reduziert werden (BLACH 2012).

Beim µCT werden schichtweise Aufnahmen des Implantats und dem umliegenden Gewebe erzeugt, wobei besonders Knochengewebe gut darstellbar sind (MIHALJEVIĆ et al. 2009, BUCKUP u. BUCKUP 2012). Aus den einzelnen Schicht-aufnahmen wird anschließend ein hochaufgelöstes 3D Bild erstellt (VAN

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OOSTERWYCK et al. 2000, KIBA et al. 2003, STOPPIE et al. 2007). Durch das hohe Auflösungsvermögen des µCTs und die Verwendung entsprechender Software mit festgelegten Schwellwerten (HARA et al. 2002, SCHULMAN 2010) ist eine detaillierte Darstellung des Knochens bezogen auf Kalzifikation, Volumen und Porosität sowie des Implantat-Knochenkontakts möglich (KIBA et al. 2003, DZIUBA et al. 2013, WONG et al. 2013, CHO et al. 2013). Das Magnesiumimplantat selbst kann darüber hinaus auch auf Volumen und Dichte untersucht werden (SMET et al.

2006, GABET et al. 2006, SEITZ et al. 2011b, SCHAFF et al. 2014). Auch Gas kann hierbei volumenmäßig (CHO et al. 2013) sowie Knochenzubildungen und Osseo-integration erfasst werden (WONG et al. 2010, HUEHNERSCHULTE et al. 2012). Die Knochenreaktionen scheinen dabei im Vergleich weitestgehend mit den histo-logischen Schnitten übereinzustimmen (VAN OOSTERWYCK et al. 2000, STOPPIE et al. 2007). Aufgrund von unterschiedlichen Gerätespezifikationen oder auch längeren Scandauern bei höher auflösenden Geräten kann für in vitro Unter-suchungen grundsätzliche ein höher auflösendes µCT benutzt werden als in vivo (DZIUBA et al. 2013). µCT Aufnahmen sind allerdings sehr teuer und zeitintensiv in der Durchführung, als auch in der Auswertung.

Einer der größten Vorteile beider Verfahren ist allerdings die Möglichkeit der Unter-suchung während und nach des Implantationszeitraums in vitro, aber auch in vivo (SEITZ et al. 2011b, HUEHNERSCHULTE et al. 2012).

2.6.3 REM und EDX

Um die Oberflächenzusammensetzung und -struktur der Implantate detailliert be-werten und darstellen zu können, benötigt man ein Verfahren, das eine hohe Auf-lösung bereitstellt. Mit Hilfe eines Rasterelektronenmikroskops (REM) ist es möglich eine 105-fache Vergrößerung von Objekten zu erlangen, wodurch auch Partikel im Nanometerbereich dargestellt werden können (EGGERT 2005). Mit Hilfe einer energiedispersiven Röntgenanalyse (EDX) wird nun mit einem gebündelten Elektro-nenstrahl die Probe zerstörungsfrei rasterförmig abgetastet, wobei verschiedene Signalarten entstehen. Diese werden durch Detektoren erfasst und führen zu einer Darstellung der betrachteten Fläche (SCHMIDT 2013). Der Elektronenstrahl bewirkt

Literaturübersicht 25

dabei die Entsendung charakteristischer Röntgenstrahlung aus dem Material, welche im Rahmen dieses Verfahrens ausgewertet werden kann (SCHMIDT 2013, GOLDSTEIN 2007). Die freigesetzte Röntgenstrahlung ist dabei charakteristisch bzw. elementspezifisch (EGGERT 2005), wodurch bestimmt werden kann, welche Elemente (Atome) an der untersuchten Stelle oberflächennah vorhanden sind (EGGERT 2005). Durch Messen der Intensität der Röntgenstrahlung kann mittels komplexer computergestützter Auswertealgorithmen auch die quantitative Zusam-mensetzung bestimmt werden (EGGERT 2005, SEPEUR 2008). Eine quantitative Auswertung ist allerdings erst für Elemente ab einer Ordnungszahl > 11 sinnvoll möglich (EGGERT 2005). Der Grund dafür liegt darin, dass leichte Elemente nur sehr wenig Röntgenenergie emittieren, die auch noch von schwereren Elementen zum Großteil absorbiert wird. Die Messung der leichten im Zusammenhang mit schwere-ren Elementen ist dadurch immer behindert (GOLDSTEIN 2007). Außerdem ist die Wahl der Anregungsspannung eine Gratwanderung: Während leichte Elemente nur niedrige Anregungsspannungen von wenigen Kilovolt erfordern, werden schwere erst bei höheren Spannungen (10 - 40 kV) angeregt. Dann sind die leichten aber schon stark überangeregt, so dass die resultierenden Fehler stark zunehmen (FELS 2003).

Leichte Elemente wie beispielsweise Lithium werden daher gar nicht quantitativ bestimmt und Sauerstoff und Kohlenstoff nur qualitativ (SEITZ et al. 2011b, LINDTNER et al. 2013). Mit Hilfe der EDX-Analyse wurden bereits in vitro erzeugte Degradationsschichten im Zusammenhang mit Magnesiumimplantaten (WITTE et al.

2004b, XU et al. 2007) sowie auch nach Implantation die Legierungseigenschaften untersucht (REIFENRATH et al. 2010, THOMANN et al. 2010a, ULLMANN et al.

2011, WONG et al. 2013).

Witte et al. (2005) und Thomann et al. (2010a) konnten in ihren Arbeiten mit Hilfe einer EDX-gestützten elementspezifischen Analyse darstellen, welche Elemente sich an den Oberflächen eines in vivo korrodierenden Magnesiumimplantats anreichern.

Hierbei stellten sie insbesondere erhöhte Konzentrationen von Fluor und Phosphat in der Degradationszone des Implantats fest. Dies deuteten sie als Indiz für die Aus-bildung von Calciumphosphatphasen im implantatnahen Bereich. Seitz et al. (2012) nutzten die REM-Analytik, um die Struktur von in vitro Degradationsschichten auf

26 Literaturübersicht

Magnesiumprobekörpern in unterschiedlichen Stadien darzustellen. Gekoppelt mit einer Elementbestimmung (EDX) ließ sich auf diese Weise die Ausbildung zweier verschiedener Degradationsschichten (Phosphatschichten) feststellen. Als Indikator verwendeten Seitz et al. (2013b) das mit Hilfe der EDX-Analyse ermittelte Ca/P-Verhältnis. Drynda et al. (2010) verwendeten einen EDX-Linescan erfolgreich, um die Beschichtungsdicke einer MgF2-Schicht auf einem Magnesiumprobekörper darstellen zu können. Hohe lokale Fluorkonzentrationen dienten hierbei als Indikator für eine Fluoridschicht. Analog verwendeten Seitz et al. (2011b) einen EDX-Linescan um die ausgebildete Schichtdicke einer MgF2-Beschichtung auf verschiedenen Magnesium-legierungen (LANd442 und Nd2) ermitteln zu können. Hier stellte sich die MgF2 -Beschichtung in der REM-Analyse als vergleichsweise spröde, mit Rissen und Poren versehen dar (THOMANN et al. 2010a, SEITZ et al. 2013b).

2.6.4 ICP-OES

Eine häufig angewandte Methode zur Überprüfung der Legierung nach der Herstel-lung ist die Atomemissionsspektralanalyse mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-OES) (KRAGTEN 1981, SEITZ et al. 2011b, DZIUBA et al. 2013, CHO et al.

2013). ICP-OES wird zur quantitativen und qualitativen Spurenanalyse, also zur Elementbestimmung bis in den µg Bereich, von gelösten Proben eingesetzt (NÖLTE 2013). Dabei wird die Probe in einer Plasmaflamme in Ionen und Atome zerlegt, welche anschließend zur Lichtemission angeregt werden. Die Intensität der emit-tierten elementspezifischen Strahlung wird dabei in einzelne Wellenlängen zerlegt, wobei anschließend mit Hilfe von Kalibrationskurven auf eine entsprechende Kon-zentration des jeweiligen wellenlängenspezifischen Elements geschlossen werden kann (BRUNDLE et al. 1992, NÖLTE 2013). Resultierend kann auf die Zusammen-setzung des Probenmaterials geschlossen werden (SEITZ et al. 2011b, DZIUBA et al. 2013, CHO et al. 2013). Dziuba et al. (2013) ermittelten eine Legierungszusam-mensetzung von 0,96 wt% Zink, 0,21 wt% Zirkonium und 0,3 wt% Seltene Erden bei ZEK100 Magnesiumproben mittels ICP-OES. Seitz et al. (2011b) benutzen es zur Legierungsüberprüfung von LAE442 Proben, da Lithium (Ordnungszahl 3) mittels EDX nicht bestimmt werden kann und ermittelten 4,76 wt% Lithium, 3,46 wt%

Alumi-Literaturübersicht 27

nium und 1,81 wt% Seltene Erden. Mit einer geringen Abweichung der Legierungs-zusammensetzung muss also gerechnet werden.

2.6.5 Histologie

Die Anfertigung von histologischen Schnitten dient zur weiteren Kontrolle der Bio-kompatibilität, sprich der Verträglichkeit der Implantate im Körper (WINTERMANTEL 2002, AN u. MARTIN 2003). Dieses Verfahren wurde bereits in vorangegangen Magnesiumstudien angewendet (REIFENRATH 2005, KRAUSE 2008, HÖH 2008, HUEHNERSCHULTE et al. 2012). Zu Präparationszwecken wird die Probe zunächst fixiert, dehydriert, infiltriert, eingebettet und anschließend geschnitten und gefärbt (AN u. MARTIN 2003, JUNQUEIRA u. MESCHER 2013). Um histologische Schnitte von Knochen anfertigen zu können, müsste der Knochen dekalzifiziert werden. Da dies allerdings für Knochen mit Metall- oder Keramikimplantaten nicht durchführbar ist (DONATH 1995), weil sonst das Implantat geschädigt werden würde, haben Do-nath und Breuner (1982) die Trenn-Dünnschliff-Technik für Hartmaterialien entwi-ckelt. Im Gegensatz zu REM, EDX und µCT Untersuchungen ist das dafür nötige Töten der Tiere, der hohe Verlust von Material v.a. durch das Schleifen sowie die sehr zeitintensive Ausführung von Nachteil (HAMMER 1997, AN u. MARTIN 2003).

Da es aber mit die einzige Methode zur Zellbeurteilung ist, sind histologische Schnit-te zur BeurSchnit-teilungen der Biokompatibilität von entscheidender Bedeutung.

Zur Auswertung dienen meist deskriptive Verfahren, mit denen die Zellmorphologie, -struktur und -anzahl sowie Implantat und Implantat-Gewebe-Interaktion unter einem Lichtmikroskop beurteilt werden können (DONATH u. BREUNER 1982, AN u.

MARTIN 2003). Darüber hinaus kann die immunologische Reaktion des angrenzen-den Gewebes auf spezifische Fremdkörper, wie etwa das Implantat und seine Ab-bauprodukte, genauer untersucht werden. Bei dieser Betrachtung kann das Vorhandensein von beispielsweise Entzündungszellen, Osteoklasten und fibröse Kapselbildung als Indikatoren bewertet werden (AN u. MARTIN 2003). Hierbei gilt es zu beachten, dass Makrophagen und einige Entzündungszellen auch Teil des physiologischen Knochenheilungsprozesses sind (DOERNBERG et al. 2006). Bei einer durch das angrenzende Implantat hervorgerufenen Fremdkörperreaktion

28 Literaturübersicht

würden allerdings deutlich mehr Makrophagen, Monozyten und Fremdkörperriesen-zellen, auch über die normale Entzündungsphase (ca. 10 Tage) hinaus, vorhanden sein (ANDERSON et al. 2007). Veränderungen des Knochens (Osteolyse, Knochen-neubildungen, Knochenkontaktfläche zum Implantat) können außerdem an histo-logischen Schnitten bewertet werden (ISO 10993). Haben zuvor µCT-Untersuchungen stattgefunden, können die Ergebnisse beider Methoden ver-gleichend ausgewertet werden (SMET et al. 2006, STOPPIE et al. 2007, DZIUBA et al. 2013, WONG et al. 2013, CHO et al. 2013). Es gibt darüber hinaus viele ver-schiedene Standard- und Spezialfärbungen, wie z.B. Hämatoxylin-Eosin (H.E.) (HÄNZI et al. 2010, XUE et al. 2012), Masson-Goldner-Trichrom (REMENNIK et al.

2011), Giemsa (WONG et al. 2013), TRAP (HUEHNERSCHULTE et al. 2012, DZIUBA et al. 2013, HAMPP et al. 2012) und Toluidinblau Färbungen (AN u.

MARTIN 2003, HUEHNERSCHULTE et al. 2012, DZIUBA et al. 2013, HAMPP et al.

2012, CHO et al. 2013). Die Standardfärbung mit Toluidinblau ist schnell durchführ-bar und dient zur Darstellung von Knochengewebe (DONATH 1988). Sie hat sich etabliert zur Beurteilung von Knochenan- und umbauvorgängen, Knochenminerali-sation, Knorpel und verschiedenen Zellen (Mastzellen, Kollagen etc.) (DONATH 1988, AN u. MARTIN 2003). Dziuba et al. (2013) zeigten mit Hilfe eines semiquanti-tativen Score Systems intramedulläre Fibrose, Makrophagen, Risesenzellen und Osteoklasten im Knochenmark bei ZEK100 Pins in der Kaninchentibia.

Huehnerschulte et al. (2012) erstellten ein Score System für peri- und endostale Knochenveränderungen und Knochenzubildungen bei Magnesiumpins in der Kaninchentibia für AX30 und ZEK100 Pins und Hampp et al. (2012) benutzen einen ähnlichen Score für die Bewertung von LAE442 und LANd442 Implantaten im Kno-chenmark bei Kaninchen.

Material und Methoden 29

3 Material und Methoden

Alle verwendeten Materialien sind im Anhang 9.2 in den Tabellen 14 - 17 aufgelistet.

3.1 In vitro Knochen-Platten