• Keine Ergebnisse gefunden

2.2 Magnesium und seine Legierungen

2.2.2 Magnesiumlegierungen

Das von Lambotte et al. (1932) im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts getestete Reinmagnesium korrodierte zu schnell. Aus diesem Grund, und um die mecha-nischen Eigenschaften für einen Einsatz am belasteten Knochen zu verbessern, wurde in den letzten Jahren hauptsächlich an Magnesiumlegierungen mit und ohne Beschichtung geforscht (STAIGER et al. 2006, JO et al. 2011, SEITZ et al. 2011b).

Eine Legierung kann also die Mechanik, das Korrosionsverhalten und die Biokompa-tibilität beeinflussen. Die dabei gewählten Elemente sind limitiert, da sie wie die Hauptlegierungskomponente Magnesium ebenfalls nicht schadhaft für den Körper sein dürfen (BORNAPOUR et al. 2014). Die Elemente Aluminium, Calcium, Lithium, Mangan, Seltene Erden, Zink und Zirkonium haben sich dabei als geeignete Legie-rungselemente erwiesen. Neben Legierungen wie AZ91, AZ31 (beide mit Aluminium und Zink) und Mg-Gd-Zn (Gadolinium und Zink) (HORT et al. 2009, WALTER u.

Literaturübersicht 11

KANNAN 2011, KUBÁSEK u. VOJTĚCH 2013) wurde speziell an Legierungen mit Seltenen Erden geforscht (WITTE et al. 2008, RETTIG u. VIRTANEN 2009, HÄNZI et al. 2009, FEYERABEND et al. 2010, HUEHNERSCHULTE et al. 2011).

Seltene Erden (REE = Rare earth elements) basieren auf einer Mischung von meist ein bis zwei mengenmäßig stärker vertretenen Seltenen Erden (z.B. Lanthan, Neo-dym, Cerium, Yttrium) und weiteren Seltenen Erden Elementen. Sie gelten als nur gering toxisch (HALEY u. BERNDT 1987). Bei oraler Aufnahme werden nur ca. 1 - 10 % resorbiert, sie wirken hier ähnlich toxisch wie Kochsalz (DURBIN et al. 1956, HOROVITZ 2000). Bei anderer Applikationsart (v.a. intravenös) steigt ihre Toxizität (EVANS 1983), so können sie zu Ataxien, Atemnot, Gastrointestinalstörungen und Blutungen führen (HALEY u. BERNDT 1987, PUCHE u. CARO 1998). Seltene Erden reichern sich bei intravenöser Applikation hauptsächlich in der Leber, aber auch in der Milz und im Knochenmark an (NAKAMURA et al. 1997). Sie können auch als Rauch über die Lunge aufgenommen werden und dann in Lunge, Leber, Niere und Nägeln akkumulieren (SABBIONI et al. 1982, SULOTTO et al. 1986, PORRU et al.

2001, RIM et al. 2013). Die Speicherung der REE in geringen Konzentrationen im Knochen führt laut Literatur zu keiner toxischen Wirkung (BEHETS et al. 2004), sondern scheint im Gegenteil bei Patienten mit renaler Osteodystrophie und sekundärer Nebenschilddrüsenüberfunktion zu einer Normalisierung des Knochen-stoffwechsels zu führen (D'HAESE et al. 2003). Trotz ihrer zahlreichen positiven Eigenschaften (antimikrobiell, antiviral, antiemetisch, antikarzinogen und antikoagula-torisch), wurden sie in der Medizin wegen starker Nebenwirkungen, wie Fieber, Muskelschmerzen und abdominaler Krämpfe, oftmals ersetzt (EVANS 1990).

Momentan werden Seltene Erden bei der Wundbehandlung von Brandopfern auf-grund ihrer antiinflammatorischen und Wundheilungsfördernder Wirkung eingesetzt (BRUCK et al. 2002). Auch wird eine zytotoxische Wirkung von Seltenen Erden auf Krebszellen vermutet (COHN 1925, JAKUPEC 2002, KOSTOVA et al. 2007), zudem werden sie als Phosphatbinder eingesetzt (D'HAESE et al. 2003). Darüber hinaus wird die Verfütterung Seltener Erden in der Nutztierhaltung als Maßnahme zur Förde-rung der Leistung und Futterverwertung diskutiert (HE et al. 2010). REE als Legierungselemente können darüber hinaus eine höhere Festigkeit, eine

Korn-12 Literaturübersicht

größen-Verfeinerung und eine langsamere Degradation des Materials bewirken (ROKHLIN 2003, WANG et al. 2006, WAIZY et al. 2013).

Eine intensiv erforschte und für den Einsatz am belasteten Knochen vielver-sprechende REE-enthaltende Legierung ist LAE442. Sie besteht aus 90 wt%

Magnesium, 4 wt% Lithium, 4 wt% Aluminium und 2 wt% Seltenen Erden (HUEHNERSCHULTE 2009, MUELLER et al. 2009, DENKENA 2013, THOMANN et al. 2010b, WITTE et al. 2010, HAMPP et al. 2013). Lithium nutzt im Körper dieselben Transportwege wie Natrium und kann somit bei Überdosierung zu einem Natriumverlust führen, was wiederum Nephropathien begünstigt (z.B. Diabetes insipidus und Azidose) (GRÜNFELD u. ROSSIER 2009). Ein teratogener Einfluss durch Lithiumüberdosierung wird diskutiert (SZABO 1969). Es wird auch zu Behand-lung von Depressionen verwendet, besitzt aber eine sehr geringe therapeutische Breite (0,6 - 1,2 mmol/l). Bei über 1,1 mmol/l im Blut kann es zu Tremor, Übelkeit, Erbrechen und Herzrhythmusstörungen kommen. Ab 3,0 mmol/l besteht Lebensge-fahr (NIESTROJ 2000). Die Freisetzungsrate der Legierungselemente bei bisher be-schriebenen Korrosionsraten von 0,0134 mm/Jahr bis 0,025 mm/Jahr für stranggepresste LAE442 Implantate erscheint niedrig, somit ist das Risiko einer toxischen Wirkung von Lithium gering (WITTE et al. 2005, ULLMANN et al. 2013).

Als Legierungselement eingesetzt fördert Lithium die Korrosionsresistenz und Duktilität des Implantats (ALAMO u. BANCHIK 1980, BACH et al. 2003, FEYERABEND et al. 2012).

Aluminium kommt im menschlichen Organismus im Blut mit einer Konzentration von 2,1 - 4,8 µg/l vor, ist zwar nicht essentiell, aber als Spurenelement ein natürlicher Bestandteil des Körpers (TAHÁN et al. 1994). Aluminium kann bei Überdosierung neurotoxisch wirken, es kann zu Osteoporose und Anämie führen und auch ein Zusammenhang mit Alzheimer wird diskutiert (YOKEL 1989, EL-RAHMAN 2003, WITTE et al. 2008, GU et al. 2009). Es ist unwahrscheinlich, dass Aluminium als Legierungselement toxische Werte im Blut erreicht. Deshalb wird es mit einer Konzentration von 1 - 9 wt% eingesetzt und somit der Korrosionswiderstand und die Stabilität deutlich erhöht (CAO et al. 2005, HORT et al. 2009, ANGRISANI et al.

2012). Darüber hinaus ist die Legierung LAE442 sowohl in vitro als auch in vivo in

Literaturübersicht 13

zahlreichen Studien als eine Legierung mit geringer Degradationsrate, guter Biokom-patibilität und hoher Stabilität beschrieben (WITTE et al. 2006, REIFENRATH et al.

2011, ULLMANN et al. 2013). Sie hat sich somit verglichen mit anderen Magnesium-legierungen sowie Polymeren und permanenten Metallimplantaten als gut geeignet gezeigt (THOMANN et al. 2009, KRAUSE et al. 2010, HAMPP et al. 2012).

Für die Legierung La2 wurden 2 wt% Lanthan verwendet. Sie wurde als neue Einzelkomponenten Seltenen Erden Legierung verwendet, da sie sich in vorange-gangenen Studien bereits als gute Alternative zu den doch stark schwankenden Seltenen Erden Gemisch-Chargen erwiesen hat (WITTE et al. 2008, FEYERABEND et al. 2010, SEITZ et al. 2011b). Das Seltene Erden Element Lanthan wurde 1838 von Mosander entdeckt und hat ein molekulares Gewicht von 138 kD hat (DAS et al.

1988). Lanthan wird in der Literatur als proliferationsfördernd auf Zellen erwähnt, soll aber paradoxer Weise auch Apoptosen induzieren (WASSERMAN et al. 1996, GREISBERG et al. 2001). Lanthan ist darüber hinaus in der Lage, Phosphat im Gastrointestinaltrakt zu binden und es, da Seltene Erden nur gering selbst resorbiert werden, dadurch direkt auszuscheiden (LOCATELLI et al. 2003). Somit wird es als effizienter Phosphatbinder zur Therapie bei Dialysepatienten angewandt (DAS et al.

1988, D'HAESE et al. 2003). Bei Applikation wird es gut toleriert und es wurde bisher keine Toxizität, vor allem nicht für den Knochen, nachgewiesen (vgl. Seltene Erden allgemein und HIRANO u. SUZUKI 1996, D'HAESE et al. 2003, PERSY et al. 2006, BEHETS et al. 2004). Nur als Rauch (v.a. Lanthanchlorid und in geringerer Menge Lanthanoxid) scheint dieses Element der Seltenen Erden zytotoxisch für die Lunge zu sein (SABBIONI et al. 1982, SULOTTO et al. 1986, PALMER et al. 1987, PORRU et al. 2001). Die Implantatlegierung mit Lanthan in vivo im Zusammenhang mit Kor-rosion wurde bis dato nicht in der Literatur aufgeführt. Zwar beurteilen Feyerabend et al. (2010) Lanthan als ungeeignet als alleiniges Legierungselement der Seltenen Erden, weil es die niedrigste mittlere Letale Dosis (LD50) mit 150 mg/kg verglichen mit anderen Seltenen Erden bei in vitro Tests besitzt und scheinbar auch nicht anti-inflammatorisch wirkt. Hirano u. Suzuki (1996) konnten allerdings nur eine sehr geringe Toxizität von REE ausmachen, auch wurde Lanthan von ihnen nicht als stärker toxisch erwähnt. Die Wahrscheinlichkeit der Freisetzung einer LD50 Dosis ist

14 Literaturübersicht

darüber hinaus bei einer 2 wt% Beschichtung mit Lanthan sehr gering. Weizbauer et al. (2013b) zeigten außerdem in L929-Zellen und humanen Osteoblasten eine gute Biokompatibilität von La2 magnesiumlegierten Proben. Hering et al. (2013) unter-suchten La2 Platten auf ihre mechanische Stärke und Oberflächenbeschaffenheit und stuften sie als zukunftsträchtiges Material ein.