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Dass beim Abbau von Magnesium und seinen Legierungen Wasserstoff als Gas frei-gesetzt wird, ist in der Literatur hinlänglich beschrieben (SONG u. ATRENS 1999, WITTE 2010), dieses Phänomen wurde als bekannte Analysemethodik für die Be-stimmung der Korrosionsrate in dieser Studie verwendet. Dabei zeigte sich eine anfänglich vermehrte Gasfreisetzung in vitro, vor allem in den ersten 2 - 3 Tagen.

Nach dieser initial raschen Freisetzung wurde eine deutlich geringere Gasbildung festgestellt. In diesen Messungen zeigten die Magnesiumfluoridplatten eine ver-gleichsweise, wenn auch nicht signifikante geringere Gasbildung mit einer initial deutlich geringeren Freisetzungsrate als dies bei den übrigen Implantaten der Fall war. Bei den anderen Platten (A1, A2 und B1) ergaben sich keine signifikanten Unterschiede, auch waren im Volumenverlauf im XtremeCT keine auffälligen

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schiede zu erkennen. In den in vivo Ergebnissen dieser Studie ergab sich dagegen ein unstetiges Verhalten bei der Gasfreisetzung. Vor allem in den ersten zwei Wochen postoperativ zeigte sich beim Tier eine starke Gasbildung, die im gesamten Untersuchungszeitraum bei keinem Probanden trotz Punktionen komplett resorbiert werden konnte. Dies Implantatverhalten ist bekannt, da Magnesiumimplantate grundsätzlich in den Anfangszeiträumen der Korrosion erhöhte Gasvolumina frei-setzen, da hier das blanke Metall dem Korrosionsmedium bzw. Blut und Gewebe-flüssigkeit ausgesetzt ist. Mit zunehmender Ausbildung der Korrosionsschicht wird die Freisetzung allerdings gehemmt (SONG u. ATRENS 2003). Bei gleichmäßiger, geringer Gasfreisetzung ist der Körper meist in der Lage, das gebildete Gas durch Resorptionsvorgänge so abzubauen, dass es klinisch nicht in Erscheinung tritt. Aller-dings muss angenommen werden, dass die Resorptionskapazität des Gewebes überschritten war, so dass das Gas akkumuliert ist und periimplantäre Gasblasen gebildet hat (WITTE et al. 2008). Wie zu erwarten nahm die Gasfreisetzung aufgrund der Ausbildung von korrosionshemmend wirkenden Magnesiumhydroxidschichten ab und die Gastaschen wurden auf physiologischem Wege wieder kleiner. Dies zeigte sich auch bei den MgCa0,8 Schrauben im Kaninchenmodell bei Erdmann et al.

(2010). Andere Studien berichten von einer Resorption der entstandenen Gasblasen nach 9 Wochen (HÖH 2008) bzw. 2 Monaten (LI et al. 2008). Bei der Diffusion von Wasserstoff entsteht Druck auf das umliegende Gewebe und die Haut, die dabei ent-stehenden Gastaschen können mit Hilfe von Punktionen entlüftet werden, was aber meist nur zu einer kurzfristigen Verkleinerung führt.

Mit der Beurteilung von Gasbildung kann zwar eine Gesamtkorrosion beziffert wer-den, allerdings lässt diese Methodik keine Aussage über verschiedene Korrosionsar-ten oder lokale Zuordnungen von KorrosionsschwerpunkKorrosionsar-ten zu. Bei der Verwendung von Platten und Schrauben zur Osteosynthese stehen mehrere Implantate mit-einander in Kontakt, was das Korrosionsverhalten der Einzelsysteme beeinflusst. Bei bislang in der Literatur untersuchten Magnesiumimplantaten wird im Wesentlichen von der gleichmäßigen Oberflächenkorrosion bei purem Magnesium bzw.

Legierungen mit vollständig gelöstem Legierungsanteil und Muldenkorrosion bzw.

Lochfraß bei anderen Mg-Legierungen mit ausgeprägtem Phasenanteil in

Abhängig-72 Diskussion

keit der Korngröße berichtet (SONG u. ATRENS 2003). Bei der Verwendung von Schrauben und Platten sind die zusätzlichen Korrosionsformen Spaltkorrosion und Kontaktkorrosion zu erwarten. In der vorliegenden Studie zeigten alle Platten in vivo und in vitro im µCT80 eine gleichmäßige Oberflächenkorrosion. Eine Lochfraß-Korrosion wurde im µCT80 nur bei den La2-Platten in vivo ersichtlich. Eine Kontakt-korrosion zwischen Platte und Schraube konnte bei keiner Gruppe festgestellt

wer-den, im

Gegenteil waren diese Stellen eher weniger von Korrosion betroffen (vgl. µCT Ergebnisse in vitro und in vivo). Dies ist damit zu erklären, dass eine Kontaktkorrosi-on nur bei Implantaten unterschiedlichen Materials zu erwarten ist (SEIDEL u. HAHN 2012), in die eigene Studie jedoch Platten und Schrauben aus den gleichen Magnesiumlegierungen fixiert wurden. Dagegen kann eine Spaltkorrosion die Bildung sogenannter „Nasen“ auf den Platten erklären, die sich im XtremeCT und µCT80 darstellten. Der Spaltkorrosionseffekt führte vermutlich auch zur der im Gewindebereich der Schrauben festgestellten vermehrten Korrosion. Die verstärkte Degradation des Schraubenkopfes kann einerseits durch Spaltkorrosion zwischen Platte und Schraubenkopf und andererseits durch Oberflächenkorrosion im Kontakt zum Weichteilgewebe und somit vermehrter Flüssigkeit erklärt werden.

Eine gleichmäßige Korrosion der Oberfläche findet allgemein in Abhängigkeit vom Korrosionsmedium, seines Volumens und seines Strömungsverhaltens an der be-netzten Implantatoberfläche statt. Zusätzlich wird diese Korrosionsform in Abhängig-keit vom Legierungszustand (Phasenanteil und -volumen) sowie von der einzelnen Ionenkonzentration im Medium durch Lochfraß-Korrosion überlagert (vgl. La2-Platten). Insbesondere sind in diesem Zusammenhang Werkstoffe mit einer Passiv-schichtbildung anfällig für diese Art der Korrosion, da ein Ionenangriff aus dem Medium die Passivschicht lokal zerstören kann (SEIDEL u. HAHN 2012).

Bei der Spaltkorrosion zwischen Platte und Schraube wird das Elektrolyt bzw. die Körperflüssigkeit durch eine Kapillarwirkung in den Spaltbereichen festgehalten (SEIDEL u. HAHN 2012). Die Ausbildung der Hydroxidschichten an Schraubenkopf und Plattensenkung führt gemäß Trostmann et al. (2001) dazu, dass der Sauerstoff-anteil der Spaltflüssigkeit stark verringert wird. Auch am Schraubengewinde ist diese

Diskussion 73

Korrosionsart zu erwarten, wobei es zur Ausbildung sauerstoffarmer Bereiche zwischen den einzelnen Gewindeflanken kommt. Hieraus resultiert ein Konzen-trationsgefälle zwischen Spalt- und Außenspaltbereich des korrosiven Mediums. Die einhergehende Potentialdifferenz führt letztendlich dazu, dass sich der Spaltbereich gegenüber dem Außenspaltbereich anodisch verhält (SEIDEL u. HAHN 2012) und sich metallisches Magnesium in Mg2+ und 2 e- zersetzt (SETZER 2003). Im kathodi-schen Bereich reagieren die freien Elektronen mit dem Elektrolyten enthaltenen Wasser und Sauerstoffanteil zu 2 OH--Ionen, welches letztendlich zu einer lokal er-höhten Bildung von Magnesiumhydroxid führt (TOSTMANN 2001). Der prinzipielle Mechanismus ist dabei in Abb. 29 dargestellt. Ein Indiz dafür war die sogenannte

„Nasen“-Bildung in vivo der als lokale Metalloxidanreicherung gesehen wird.

Abb. 29: Spaltkorrosion und „Nasen“-Bildung (u.a. Magnesiumhydroxide) bei einem Magnesiumimplantat (in Anlehnung an SETZER 2003)

Da allerdings keine elementspezifischen Zusammensetzungsanalysen an den

„Nasen“ durchgeführt wurden, wird dieser Mechanismus angenommen, aber nicht bewiesen. Alternativ könnte es sich bei diesen Zubildungen auch um Anlagerungen bzw. Ausfällungen von Apatiten und Magnesiumphosphaten handeln. Solche Anlage-rungen werden in der Literatur häufig beschrieben, wobei die Formation der Produkte im Wesentlichen auf die durch die Magnesiumkorrosion einsetzende Alkalisierung zurückgeführt werden kann (VEREECKE u. LEMAÎTRE 1990, KOKUBO u.

TAKADAMA 2006, SONG et al. 2009). Die in diesem Zusammenhang entstehenden

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Apatite sind in ihrer Struktur und Zusammensetzung den mineralischen Phasen des Knochens, dem Hydroxylapatit sehr ähnlich. Hydroxylapatit ist dabei ein essentieller Bestandteil des Knochens, weswegen eine solche Kalzifikation auch durchaus auf eine gute Verträglichkeit des Implantatwerkstoffs hindeuten kann (SONG et al. 2009, WAGNER u. FISCHEREDER 2011). Da die Nasenbildung jedoch lediglich im bereich vorzufinden war, liegt die Vermutung eines Zusammenhanges mit der Spalt-korrosion deutlich näher.

Weizbauer et al. (2013a) wiesen darüber hinaus bei Magnesiumplatten aus den Legierungen ZEK100 und MgCa0,8 nach erfolgter Korrosion eine filiforme, faden-förmige Korrosionsform nach. Eine filiforme Korrosionserscheinung konnte in diesem Zusammenhang bei den Untersuchungen in der eigenen Studie nicht festgestellt werden. Das Ergebnis von Weizbauer et al. (2013a) kann- deshalb im Wesentlichen legierungsspezifisch abhängig sein oder aber aufgrund der Verwendung eines ab-weichenden Korrosionsmediums (Hanks‘ Pufferlösung) oder muss auch korrosionsmediumspezifisch betrachtet werden.

In der vorliegenden Arbeit wurde in vitro auch der Einfluss unterschiedlicher Anzugs-kräfte der plattenfixierenden Schrauben auf das Korrosionsverhalten des Systems untersucht. Zwischen der Platte A1 mit 15 cNm und A2 mit 7 cNm Anzugskraft wurde kein signifikanter Unterschied in den unterschiedlichen Untersuchungen festgestellt.

Aufgrund dieser Resultate, scheint es keinen Einfluss einer induzierten Spannung auf das Korrosionsverhalten beim Schrauben-Platten-System zu geben. Grundsätz-lich können aber durch unterschiedGrundsätz-liche Anzugskräfte im Material Zug- und Druckspannungen induziert werden, die die Korrosion deutlich beeinflussen können.

Denkena et al. (2013) fanden bei der in vitro Untersuchung eines Platten-Schrauben-System der Legierung LAE442 eine Zunahme der Korrosionsgeschwindigkeit bei in-duzierten Druckbeanspruchungen, während Zugbeanspruchungen die Korrosion ver-langsamten. Die Autoren stellten außerdem eine Zunahme der Korrosion im Kontaktbereich von Schrauben und Platte fest und vermuteten einen Zusammen-hang mit beim Anziehen der Schrauben induzierten Druckspannungen. Diese Aus-sage ist in diesem Zusammenhang kritisch zu hinterfragen, da in der Kontaktzone

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sicherlich eine Überlagerung mehrerer Korrosionsarten (Spaltkorrosion, Kontakt-korrosion, etc.) gegeben ist.

Um den Korrosionsangriff zu verringern werden häufig Beschichtungen eingesetzt (STAESCHE 1948, BACH et al. 2005, CHIU et al. 2007). In der vorliegenden Arbeit wurden deshalb eine Hydroxidbeschichtung (NaOH) und eine Fluoridbeschichtung geprüft. Dabei konnte für die NaOH behandelten Platten und Schrauben keine geringere Korrosion in vitro wie in vivo festgestellt werden. Darüber hinaus zeigte sich im XtremeCT in vitro teils sogar eine verstärkte Korrosion. Bei den nur in vitro untersuchten fluoridbeschichteten Platten deutete sich dagegen eine verminderte Korrosion an. Dies war vor allem in der Wasserstoffentwicklung und bei der Volumenberechnung im XtremeCT zu erkennen. Grundsätzlich ist zu erwarten, dass die Beschichtungssysteme, welche auf die Schrauben und Platten in dieser Arbeit aufgebracht wurde, zumindest beim Eindrehen und Anziehen der Schrauben be-schädigt wurden. Insbesondere spröde Beschichtungssysteme, wie die in dieser Arbeit verwendeten Magnesiumfluorid- und Magnesiumhydroxidschichten, dürften nach dieser Prozedur nicht mehr vollständig geschlossen sein. Im Falle von Magnesiumfluorid ist in der Literatur allerdings ein Repassivierungspotential be-schrieben, also die Fähigkeit nach geringer Verletzung der Beschichtung (Passiv-schicht) z.B. durch Greifen mit Stahlwerkzeugen bei der Implantation, die Beschichtung spontan wieder herzustellen (SETZER 2003, BACH et al. 2005). Bach et al. (2005) schilderten, dass sich bei einer Verletzung der Magnesiumfluoridschicht in den entstandenen Rissen und / oder Poren bei Kontakt mit einem Elektrolyten Magnesiumhydroxid bildet und so das blanke Metall vor übermäßiger Korrosion ge-schützt wird. Inwieweit diese Eigenschaft möglicherweise auch bei beschädigten Be-schichtungen aufgetreten sein könnte, sollte evaluiert werden.

Grundsätzlich stellt die Entwicklung eines degradablen Osteosynthese-Systems be-stehend aus Platten und Schrauben ein vergleichsweise komplexes Vorhaben dar.

Insbesondere hinsichtlich des Degradationsverhaltens weist ein solches System auf-grund seiner Komponenten aber auch aufauf-grund der Implantatlokalisation in vivo (AGHION et al. 2012) Besonderheiten auf, welche z.B. bei Marknägeln nicht vor-kommen. Während ein Marknagel im Markkanal implantiert vorliegt und die

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Implantatoberfläche mit Knochenmark in Kontakt steht bzw. knochennah verbleibt, stehen Schrauben und Platten sowohl mit dem Knochengewebe als auch mit Weich-teilgewebe in Kontakt. Dies würde auch die unterschiedlichen Gewichts- und Volumenverluste der Platten und Schrauben erklären. Während bei den Platten mehr als 50 % der Oberfläche mit dem Korrosionsmedium in Kontakt stehen, beschränkt sich ein solcher Kontakt bei der Schraube nur auf den Kopfbereich. Große Teile des Schraubengewindes befinden sich innerhalb der Platte oder des Knochens, wobei in diesen Bereichen deutlich geringere Mengen an korrosionsfördernder Flüssigkeit vor-liegen. Schon McBride (MCBRIDE 1938) wies ein solches gewebsabhängiges Korrosionsverhalten bei Magnesiumimplantaten in vivo nach. In seinen Unter-suchungen zeigte sich, dass die Korrosion intramedullär langsamer voranschreitet als transkortikal. Subkutane oder intramuskuläre Implantation von Magnesiumproben wurden bislang nur sehr selten durchgeführt (HÄNZI et al. 2010, REMENNIK et al.

2011, XUE et al. 2012, AGHION et al. 2012, YU et al. 2012, WALKER et al. 2014a).

Dieser vergleichsweise komplexe Implantationsort der eigenen Studie ist von sehr hohem Interesse, da Weichteilgewebe gegenüber Knochengewebe deutlich höhere Wasser- und Ionenkonzentration aufweist (WOODCOCK 1975). Gleichzeitig ist an-zunehmen, dass im Bereich des Weichteilgewebes ein vergleichsweise rascher Stofftransport aufgrund einer höheren Flüssigkeitszirkulation erfolgt und es somit auch zu einer schnelleren Korrosionsreaktion kommt (HOFFHEINZ u. DIMITROFF 1928, WITTE 2010). Beispiele hierfür sind schon in den ersten Magnesiumstudien zu finden. So ermittelten Hoffheinz und Dimitroff (1928) in Hämangiomen eine schnellere Resorption von Magnesium (HOFFHEINZ u. DIMITROFF 1928) und auch Payr (1900) berichtete, dass die Resorption in blutreichen Organen schneller eintritt als in blutarmen. In Hundeblutgefäßen eingebrachte Mg Implantate zeigten eine schnelle Resorption mit Bildung von Gashöhlen im umgebenden Gewebe (HÖPFNER 1903). Daraus lässt sich folgern, dass die dem Weichteilgewebe anliegende Implantatoberfläche deutlich ausgeprägtere Korrosionserscheinungen und Korrosionsdefekte aufweist, als die dem Knochen anliegende Fläche, wie dies schon bei Schrauben nachgewiesen wurde (WILLBOLD et al. 2011, ERDMANN et al.

2011). Dieser Effekt wird insbesondere an den in dieser Arbeit verwendeten Platten

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deutlich. Es ist anzunehmen, dass der vergleichsweise hohe Flüssigkeitsanteil des Weichteilgewebes, welches großflächig mit der Plattenoberfläche in Kontakt stand, in diesem Zusammenhang die Korrosion der Platten deutlich beschleunigte. Gleich-zeitig verhinderte die Stofftransportrate bzw. die Flüssigkeitszirkulation des Weich-teilgewebes die lokale Ausbildung eines höheren pH-Werts, welcher gemäß Song et al. (2009) die Ausbildung einer korrosionsstabilen Mg(OH)2-Schicht auf dem Magnesium ermöglicht und somit die Korrosion verzögert. Auch besteht an der dem Weichteilgewebe zugewandten Plattenseite eine gewisse Relativbewegung zwischen Gewebe und Implantat, was die Ausbildung einer geschlossenen und schützenden Korrosionsschicht verhindern könnte (STREICHER 2010). Durch die Relativbe-wegung werden in diesem Zusammenhang möglicherweise Mg(OH)2 -Schichtbestandteile beschädigt oder abgetragen. Es ist anzunehmen, dass diese Effekte auf der dem Knochen zugewandten Seite nicht oder nur in geringem Umfang auftraten, so dass sich das Implantat in diesem Bereich deutlich korrosionsresisten-ter zeigte. Diese Vermutung wird insbesondere durch die Unkorrosionsresisten-tersuchungsergebnisse aus dem µCT80 gestützt. Nach erfolgter in vivo und in vitro Korrosion zeigte sich medial an der dem Knochen abgewandten Seite ein starker Korrosionsangriff. Auch am cranialen Plattenrand konnte eine starke Beanspruchung des Implantats durch Korrosion nachgewiesen werden, was möglicherweise mit einer resultierenden Spaltwirkung in Zusammenhang stehen könnte. Durch die caudalen Knochenzu-bildungen könnte dagegen ein Schutz der Platte vor Korrosion am caudalen Ende eingetreten sein.

Die Verwendung einer glatteren Oberfläche schien in vivo darüber hinaus keine Ver-langsamung der Korrosionsgeschwindigkeit zu bewirken. Ähnliche Ergebnisse wiesen auch Hering et al. (2013) für in vitro Versuche mit La2-Platten und verschie-dene Autoren für andere Mg-Legierungen nach (HÖH et al. 2009a, ULLMANN et al.

2013, WALTER et al. 2013). Bei dem im Rahmen der eigenen Studie untersuchten Tier 5 mit der < 4 Wochen gelagerten Platten-Schrauben-Kombination zeigte sich in vivo sogar eine beschleunigte Korrosionsreaktion, so dass der Probant bereits nach vier Wochen vorzeitig euthanasiert werden musste. Im Rahmen der Betrachtung unterschiedlicher Implantat-Lagerzeiträume bleibt festzuhalten, dass sich kein

nega-78 Diskussion

tiver Einfluss bei langer Lagerdauer auf das Korrosionsverhalten der verwendeten Legierungen feststellen ließ. Zumindest scheinen sich die > 6 Monate gelagerten Platten in den ersten vier Tieren (mit und ohne NaOH Behandlung) scheinbar besser verhalten zu haben als das < 4 Monaten gelagerte Material. Dies entspricht dem Studienergebnis von Bracht et al. (2013b) das zeigte, dass eine Probenlagerung von bis zu 48 Wochen keinen wesentlichen Einfluss auf die Korrosionseigenschaften von Magnesiumimplantaten der Legierung LAE442 hat.

In den EDX-Messungen ergab sich zudem kein signifikanter Unterschied zwischen den verschiedenen Messbereichen in vitro und in vivo. Sowohl in Steg- oder in Loch-bereichen scheint das untersuchte Material ähnlich zu degradieren. Eine erhöhte Korrosion vom Rand aus, die im µCT80 beobachtet wurde, hat somit kaum Einfluss auf die Oberflächenzusammensetzung des Implantats. Darüber hinaus konnte keine erhöhte Fluor-, Phosphat- oder Calciumkonzentration an der Probenoberfläche fest-gestellt werden, wie dies in anderen Studien der Fall war (WITTE et al. 2005, THOMANN et al. 2010a, SEITZ et al. 2013b). Allerdings konnten im nicht korrodier-ten Zustand jeweils wenige µm dicke MgF2-Schichten nachgewiesen werden (THOMANN et al. 2010a, SEITZ et al. 2013b). Im Rahmen dieser Arbeit waren diese Schichten wahrscheinlich aufgrund der vorausgegangenen Korrosion nicht mehr zu identifizieren.

Zusammengefasst kann im Rahmen der in vitro Versuche für das Degradationsver-halten festgestellt werden, dass hinsichtlich der unterschiedlichen Schraubendrücke keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Korrosionsverhaltens auftraten.

Ebenfalls schien auch die NaOH-Beschichtung keinen wesentlichen Einfluss auf die Degradationskinetik auszuüben. Im Zusammenhang mit den Magnesiumfluorid-Platten zeigte sich tendenziell eine, wenn auch nicht in allen Untersuchungen signifi-kant, verminderte Korrosionsgeschwindigkeit. Es empfiehlt sich daher, diese Be-schichtungsvariante möglicherweise für eine weitere in vivo Studie in Betracht zu ziehen.

Diskussion 79

In vivo ergab sich darüber hinaus kein Unterschied in der Korrosion zwischen einer LAE442 und einer La2 Legierung. Weder die Lagerung, noch die Beschichtung mit-tels NaOH konnten die Korrosionsgeschwindigkeit wesentlich beeinflussen.