• Keine Ergebnisse gefunden

Der Orden bezwingt Riga

Im Dokument Wolter Plettenberg. (Seite 126-143)

In demselben Jahr, in dem Riga zum Erzbistum erhoben wurde und dadurch nach dem Willen der egoistischen, auf der Zerfahrenheit der livländischen Verhältnisse basierenden Politik der Kurie die Steige-rung der Gegensätze in unserer Heimat einen weitern Schritt vorwärts that, sank im deutschen Mutterlande nach ruhmvollem, aber durch die Ungunst der Zeit gehemmtem und schließlich unglücklichem Kampf das Heldengeschlecht der Staufer zu Boden. Es begann damit jene „kaifer-lose, die schreckliche" Zeit, die wir gewohnt sind, das Interregnum zu nennen, weil tatsächlich Zwietracht und Treulosigkeit allein ge-boten und die Unordnung verewigt schien, obgleich gar zwei Könige im Reich dem Namen nach regierten. In dieser Periode fanden die früheren Stützen der Ordnung ihr Ende. Die Kaiser und Könige, bei deren Wahl alle niedrigen und gemeinen Instinkte der hohen Wahl-sürsten wie eine schmutzige Welle zu Tage traten, sanken allmählich zu ohnmächtigen Schatten herab, Fehdewesen und Raubrittertum wucherten üppig empor und die einzelnen Gemeinwesen suchten schließlich in Bündnissen auf eigene Hand aus dem sonst unvermeidlichen Schiff-bruch wenigstens die materiellen Güter des Lebens zu retten. Die Bündnisse der Städte vor allem wurden die Kristallisationspunkte neuen Aufschwungs. In den städtischen Kommunen entwickelte sich die stolze, wehrhafte Bürgerschaft, insonderheit seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, in ungeahnter Weife. Damals wuchsen die alten Römerstädte am Rhein und im Süden zu neuer Blüte auf, in jene Tage bereits fallen die ersten Anfänge der seegewaltigen Hansa, jenes Bundes, in dem deutscher Unternehmungsgeist und that-kräftiger Bürgersinn sich durch Jahrhunderte hindurch am lebendigsten entfaltet haben.

— 120 —

Von dem Glanz jener Zeit hat ein Jahrhundert später ein kluger Italiener eine lobpreisende Schilderung gegeben, an deren Schluß er den Deutschen zuruft: „Wahrlich, ihr könntet noch Herren der Welt sein, wie ehedem, ohne Eure Vielherrschaft, über die von jeher alle weisen Leute ihr Mißfallen bezeugt haben."

Zu keiner Zeit läßt sich so deutlich erkennen, daß die deutsche Kolonie ein getreues Abbild des Mutterlandes war, als in der Epoche livländischen Mittelalters, durch die in raschen Zügen die folgenden Kapitel führen sollen. Hüben wie drüben dieselben Streitobjekte der partikularen Gewalten, hie wie dort der Widerstreit weltlicher1) und geistlicher Mächte, jenseits und diesseits dieselben inneren Mißhellig-feiten. Wie in Norddeutschland so vergaß man auch iu Livlaud kaiserlicher Obergewalt und suchte sich in den rasch zu Ansehen ge-kommenen Städten Riga, Reval, Dorpat, Pernan u. A. in engem An­

schluß an die städtischen Kommunen der Hansa materielle Blüte und Hand in Hand mit dieser bedeutsame politische Macht zn erringen.

Nur in Einem liegt wohl die Differenz. Während im Reich die geistlichen Herren ihren weltlichen Genossen entschieden überlegen waren und das Wenige, was zur Bewahrung der Reichseinheit geschah, von ihnen ausging, waren die Prälaten Livlands, sowohl Rigas Erz-bischöfe wie die übrigen geistlichen Herren von Dorpat, Oesel oder Kurland selbstsüchtige kleine Regenten, denen das Gefühl für ein einiges-Livland fast nie gekommen ist, vielleicht nicht einmal kommen konnte.

Der politische Genius dagegen, der gegen die hemmende, zähe Un­

fähigkeit kleinstaatlicher Gebilde rang, war der Orden. Dieser war es, der gefestet durch die Heldenkämpfe gegen Eingeborene, Russen und Litauer, die geistige Erbschaft des großen Albert antrat, die dessen Nachfolger auf dem Stuhl von Riga nicht zu behaupten die Männer waren. „Wir sehen", charakterisiert Bienemann, „im Orden, so sehr sein Ursprung dem echt mittelalterlichen Jdeenkreise angehört, den Vor-kämpser der Neuzeit. Ein wunderbarer Takt hat in sestgeschlossener Tradition in ihm gelebt, seine Schritte gelenkt, die einzigen unter denen von Livlands Häuptern, die — und zwar immer — ein festes, planvolles Auftreten kennzeichnet."

x) Zu diesen werden wir seinen Tendenzen nach den Orden doch zu rechnen haben, wenn sich ja auch nicht übersehen läßt, daß ein geistliches Element ihm innewohnte und in den Beziehungen zum Papst nur zu oft zu Tage trat.

Daß der Orden im Gefühle seiner Kraft die Unterordnung und Zurücksetzung, welche ihm bei seiner Vereinigung mit dem Schwert­

ritterorden zu teil geworden war, auf die Dauer zu ertragen nicht willens sein würde, war nach den Kämpfen, in denen des Landes Existenz gerettet wurde, auch den geistlichen Herren immer klarer ge­

worden. Sie wähnten sich selbst verloren, wenn sie nicht kräftige Bundesgenossen erwarben, und richteten deshalb ihre Augen in erster Reihe auf die Stadt Riga, die durch großen Handel ein mächtiger Faktor im Lande geworden war; die Macht der Stadt durch reiche Schenkungen, die das Gebiet Rigas bis zum Babitfee, dem Quell-gebiet der Misse und bis zur kurischeu oder Semgaller Aa ausdehnten, zu heben, ist in der Folgezeit das stete Bemühen der Erzbischöfe ge-wefen. Auch im Interesse Rigas mußte es liegen, die Prälaten nicht zurückzuweisen. Der alte Satz, daß unter dem Krummstab gut wohnen sei, war auch den rigischen Ratmannen einleuchtend, während der Sieg der Ordensbrüder auch ihrer städtischen Freiheit ein Ende machen mußte, da jene selbständige Gebilde unter und neben sich zu dulden gewiß nicht geneigt waren. Zu der Furcht, der politischen Freiheit verlustig zu gehen, kam die nicht minder große Sorge in materieller Hinsicht vom Orden geschädigt zu werden. Die Brüder vom Deutschen Hause waren nicht nur wackre Degen, sondern auch berechnende Kaufleute und suchten, wo sie nur konnten, den Städtern den Gewinn zu schmälern. Ein Vertrag von 1255 läßt zweifellos erkennen, daß die Ritter den Handel rigischer Bürger an der Dünamündung und der Küste hinderten, der Fischerei in gewissen Gewässern alle möglichen Plackereien in den Weg legten. Die Stadt klagte darüber, daß man sie mit Zöllen und Stenern drücke, den Handel mit den Heiden ihnen unterbinde, ja selbst die Hökerei mit Gemüsen und Obst an sich reiße.1) In mißmutiger Be­

sorgnis schauten die Bürger daher auf die stolzen, hochfahrenden Ritter, aus bereu Reihen zwei Brüder inmitten des Rates saßen, ja deren Burg, die St. Jürgensburg, in unheimlicher Nähe innerhalb der

städtischen Ringmauern lag.

Doch nicht allein mit dem verheißenen Beistände Rigas schien es Albert Snerbeer gethan. Das sicherste Gegengewicht gegen den Orden mußte er finden — zum ersten, leider nicht zum letztenmal taucht

') cf. Mettig. Geschichte Rigas, p. 42.

— 122 —

dieser Gedanke damals ans — wenn es ihm glückte eine bedeutende militärische Kraft des Auslandes zu dauerndem Schutz und Schirm des Erzstifts zu gewinnen. Wenn nur die Ausführung des Planes nicht gar zu große Kopflosigkeit und allzugewaltigen Schrecken vor dem Orden verraten hätte. Der Mann, auf den der Erzbischof seine Blicke gerichtet, war der geeignete sicher nicht, denn es fehlte ihm die Macht, um andere mit Erfolg schützen zu können. Gras Guuzel von Schwerin, der Sohn des Grafen Heinrich, der König Waldemar ge-fangen genommen, war zwar ein tapferer Ritter, der der Dichtkunst hold war und sein scharfes Schwert zu schwingen wußte, aber dem Orden war er nicht gewachsen.

Wohl unkundig der Verhältnisse kam er 12G7 nach Riga, wo der Erzbischof sich beeilte, ihn mit Zustimmung des Kapitels „zun? Ver-Weser, Verteidiger, Berater des Erzstifts mit allen Landen, Schlössern, Leuten, Vasallen und zum Schirmherrn wider die Barbaren und jeden andern feindlichen Andrang" zu ernennen, wogegen Graf Gnnzel nur die Verpflichtung einer jährlichen Geldzahlung auf sich nahm.

Gegen wen dieser mit Recht unerhört genannte Vertrag gerichtet war, darüber war der livläudische Meister Otto von Lutterberge nicht einen Augenblick im Unklaren und schnell entschlossen that er alle Schritte, um dem Erzbischof die Waffe aus der Hand zu winden, ehe sie gefährlich werden konnte. Er wagte ein hohes Spiel, aber er ge-wann es: Hinein in die St. Michaelskirche des erzbifchöflichen Pa-lastes in Riga, in der Albert die Messe celebriert, dringen votn Meister gesandte Ordensbrüder, ergreifen ihn und seinen Propst Johann von Fechten und entführen sie zuerst in die Jürgensburg, dann nach Sege-Wold und weiter nach Wenden.

Wie der Vorfall beigelegt worden, wiffen wir nicht; bald darauf residiert Albert jedenfalls wieder in Riga, aber Gnnzel hatte das Land verlassen. Albert Snerbeer hat jenen bösen Ritt, da er von zwei Geharnischten geleitet, voll finstrer Gedanken zum Meister nach Wenden mußte, gewiß nicht vergessen, aber er hütete sich wohlweislich neuen Hader mit Otto von Lutterberge und, als dieser im Kampf ge-fallen war, mit dessen Nachfolger Walter zu beginnen, welch' letzterer ihm zudem voll Ehrfurcht entgegenkam und ihn seinen „ehrwürdigen Vater und Herrn" nannte.

Pie Regierung des ersten Erzbischofs weist sonst keine Ereignisse

von allgemeinem Interesse auf. Mit der Stadt Riga lebte er in mancherlei Uneinigkeit, die sich erst gegen Ende seiner Herrschaft legte.

Als ein Ausdruck des nunmehr eingetretenen Wohlwollens dürfte jenes Aktenstück anzusehen sein, in welchem Albert der Stadt, die wacker zur Ausbreitung des Namens des Herrn und der hl. Jungfrau beigetragen, den Grundbesitz in Semgallen bestätigt: Riga gewann hierdurch das Land von der Eckanmündnng die Semgaller Act aufwärts bis Putileue jenseits der Semgaller Aa, sowie das Gebiet zwischen der Aa und Eckan und Misse bis zu deu Grenzen des Herrn Johann von Dahlen.

„Mit dieser Schenkung erreichte die Stadtmark ihre größte Ausdehnung und umfaßte einen Flächenraum von 656 Quadratwerst oder 746 Quadratkilometer"x).

Ende 1272 oder Anfang 1273 ist Albert von Snerbeer gestorben — unter dem Hochaltar der Domkirche fand auch er seine letzte Ruhestätte.

Ein günstiges Geschick ersparte dem gebeugten Mann es zu er-leben, daß des Ordens Ansprüche von keinem Geringem als König Rudolf von Habsbnrg feierlich sanktioniert wurden.

Seitdem Rudolf 1273 zu Frankfurt des Reiches Krone erhalten, nahm das entsetzliche Zwischenreich ein Ende. Ihm war, obgleich seine Wiege tief im Süden Deutschlands gestanden hatte, auch der Norden aus eigner Anschauung bekannt. Schon als Jüngling war er 1254 mit dem Böhmenkönig Ottokar gegen die heidnischen Preußen gezogen und als Mann erkannte er mit scharfem Blick, welche Bedeutung das deutsche Element im Nordosten hatte. Schon in den ersten Monaten seines Regiments erschien Graf Heinrich von Fürstenberg daher in Lübeck und forderte die Huldigung der Bürger, dieser „besonders be­

vorzugten Pfleglinge des Reiches2)." Ein warmes Interesse brachte er auch dem Orden entgegen, in dem sein staatsmännisches Auge den Träger der deutschen Herrschaft in Preußen und Livland sah. Das fast zerrissene Band zwischen demselben und dem Reich wieder zu knüpfen, darin fah er seine nächste Aufgabe. Deshalb unterzeichnete er am 14. November 1273 zu Köln eine Urkunde, durch die er den deutschen Orden feierlich mit allen seinen Besitzungen unter seinen be-sonderen Schutz nahm. Und genau ein Jahr später erließ er eine ueite Urkunde, laut der er, freilich mit Nichtachtung der formellen

*) cf. Mettig. Geschichte Rigas pag. 40, 41. cf. auch Seraphim pag. 121,

2) Schlözer. Die Hansa:c. 1. c. pag. 89.

— 124 —

Rechtszustände des Landes, die Gerichtsbarkeit und Oberhoheit über Riga dem Orden zusprach. Hier zum ersteumale tritt dieser An-sprnch der Ritter offen in die Welt, um von nun an nicht mehr zu verschwinden. Häufige Kriegsreisen gegen die Semgaller hinderten zwar den Orden den kaiserlichen Verheißungen die That folgen zu lassen, trotzdem erregten dieselben in Riga heillosen Schrecken und führten zu einem für die kulturelle und politische Geschichte der Stadt hochbedeutsamen Beschluß, dem Eintritt in den Bund der Hansa. Am 8. September 1282 erscheint die Stadt urkundlich bereits als Mitglied des Seebundes.

Im Bunde mit den Handelsstädten Norddeutschlands glaubte Riga Übergriffen des Ordens mit mehr Erfolg entgegentreten zu können.

Und in der That! Die Stadt handelte nicht unklug, da das Emporsteigen des Ordens von Jahr zu Jahr zu verfolgen war. Blieb doch die Gunst, die König Rudolf den Brüdern vom deutschen Hause seiue gauze Regierungszeit hindurch getreu erhielt, auch unter Adolf von Nassau und Kaiser Albrecht I. ihnen ungeschmälert, so daß der Niedergang der Ritterorden seit der Eroberung Accons durch die Muselmannen und der damit im Zusammenhang stehende Umschwung in der dem Orden sonst so günstigen Politik der Kurie dem deutschen Orden verhältnismäßig wenig Schaden zufügte. Im Gefühle seiner Kraft ließ sich demt auch der livläudische Meister trotz Erzbischof und trotz Stadt von seinem vorgesteckten Ziele nicht abbringen und nur zu bald sollte sich die Gelegenheit bieten demselben näher zu kommen.

Mit Johann I. und Johann II., den beiden Nachfolgern Albert Suerbeers, hatte der Orden in leidlichem Frieden gelebt, erst unter Johann III., ehemaligem Schatzmeister des Schweriner Domkapitels, erfolgte der Zusammenstoß der divergierenden Elemente, die Explosion des lang angehäuften Zündstoffs.

Als Erzbischof Johann/ um eine schwere Verletzung seines Schien-beins durch flandrische Heilkünstler behandeln zu lassen, im Jahre 1297 sein Erzstist verließ, übergab er die weltliche Vertretung dem Vize-meister Bruno. Nur Riga sollte, wie er ausdrücklich festsetzte, aus-genommen fein: hier möchten der erzbischöfliche Vogt und der Rat der Stadt nach dem Besten sehen. Doch wurde das wenig respektiert, denn dem Orden schien die Stunde gekommen, wo er jenes Privileg Rudolfs von Habsburg aus einem Blatt Papier zur Wirklichkeit machen

es sei ein Festungswerk, das die Rigischen im Auge hatten — gab den Anlaß zum erwünschten Konflikt. Der Hauskomthnr der Jürgens-bürg forderte — fo will wenigstens der Riga günstige Bericht — den Abbruch einer angeblich znr Anfuhr von Baumaterialien über die Righe auf Ordensboden geschlagenen Brücke und der Vizemeister Bruno unter-stützte diese Forderung auf das Nachdrücklichste: „Er selbst wolle die Brücke abbrechen und möge der Orden dabei zu Grunde gehen. Sollte die Stadt täglich eine Brücke schlagen, er würde sie täglich abzubrechen wissen; es sei ihm größerer Ruhm im Kampfe gegen die Bürger zu fallen, als gegen Heiden und Russen!"

Diese hochmütigen Worte und das Gerücht, in der Bnrg würden 500 Reisige zusammengezogen, brachten in Riga eine hochgradige Spannung hervor und da die besonnenen Versuche des Rats die Aus-tragung des Streits bis znr Rückkehr des Erzbischofs und der Ankunft des Meisters zu vertagen ebenso schroff abgewiesen wurden wie der Appell der Bürger an den Papst ihnen bei den Rittern nur Hohn ein-trug, so setzten sie den Rüstungen jener die eigenen entgegen. Die Bürger-besetzten die Wälle und den Petritnrm mit Schleuderern und Schützen.

Während Bruno von Wenden herbeieilte und der Kampf auf beiden Seiten sich verschärfte, überrumpelten am 20. Juli die Rigischen die St. Jürgensburg. Doch während dessen kommt in den engen Straßen der Stadt Feuer aus, der Abendhimmel färbt sich rot und trotzdem man dem entfesselten Element mit Macht zu steuern sucht, vernichtet es in entsetzlicher Nacht einen großen Teil der Stadt.

Als der Erzbischof bald darauf heimkehrte, lag die aufblühende Stadt in Asche. Doch der Mut der Bürger war ungebrochen und wenn sie auch dem Willeu Johann's, der einen vermittelnden Schieds­

spruch fällte, nicht widerstrebten, so vermochte derselbe den erneuten Ans-bruch doch nicht auf die Dauer hintauzuhalten. Noch im September brach der Kampf abermals los. Vergebens ermahnten die Abgesandten von Rostock, Lübeck, Wismar, Greifswald und Wisby zu Friede und Eintracht: in der Nacht auf St. Michael steckten die Rigischen den Marstall des Ordens in Brand, verheerten das bei der Stadt belegene Ordensgebiet und scheuten schließlich nicht davor zurück am folgenden Tage den Jürgenshof und die Ordenskapelle dem Erdboden gleichzu­

— 126 —

machen. Und nun erfolgte das Entsetzliche! War es im Rausch des Erfolges, war es der Entschluß die Verhaßten auf den Tod zu treffen und eine Versöhnung unmöglich zu machen — wir wissen es nicht, nur das Eine steht fest, daß die Rigischen mit frevler Hand den Kom-thnr und sechzig Brüder, die in ihre Hand gefallen waren, sämtlich enthaupten ließen. Eine spätere Überlieferung will gar wissen, die er-bitterten Bürger hätten den Komthur unter Schmähreden und Spott-Worten am Barte zum Gerüst geschleift, die andern Ritter teils er-schlagen, teils zum Galgen geschleppt, die Ordenskapelle bis auf den Grund zerstört1). Das Blut der Gemordeten schrie um Rache, der Orden rüstete zu bitterer Vergeltung. Das ganze Land parteite sich, der Erzbischof, die Stadt gewannen die Bischöfe von Dorpat und Oesel, selbst Dänemark verpflichtete sich gegen Abtretung von Semgallen zun:

Kampf gegen den Orden. Aber wieder einmal zeigte sich die kriegerische Überlegenheit der Ritter, schon in kurzer Zeit waren sie der Gegner Herr. So rasch fällt der Orden über sie her, daß die Dänen gar nicht Zeit finden zu erscheinen, die Bischöfe von Oesel und Dorpat es für geratener halten sich eilig loszusagen und der Erzbischof nach kurzer Fehde feine Hauptschlösser Treideu und Kokenhnsen in des Ordens Hand sieht und von ihm als Gefangener nach Fellin ge-bracht wird.

Nur Riga war noch uubezwuugeu, schon aber zog sich das Ver-derben auch um die Stadt, schon errichtete der Orden starke Befesti­

gungen, um sie vom Meer abzuschneiden und ihr vom Lande die Zu­

fuhr zu wehren. Der Hunger, meinten die Ritter, werde das Bürger-Volk schon mürbe machen. In dieser höchsten Not griff die Stadt zu einem verzweifelten Mittel und rief die erbittertsten Feinde des Ordens, die Litauer, ins Land. Bis die gefürchteten Barbaren da waren, galt es mit Aufbietung aller Kräfte sich allein zu wehren und es gelang.

Nachdem man die vom Orden gegen Riga errichtete Zwingburg Neuer-ntühlen gebrochen, kam die Kunde vom Heranzug der Bundesgenossen.

Um Pfingsten 1298 langten sie an, fluteten verheerend hinauf bis nach Karkus und kehrten mit gewaltiger Beute wieder zurück.

Ver-gebens warf sich der Vizemeister Bruno ihnen entgegen, mit seinem Leben hatte er den Versuch zu bezahlen. Welch' entsetzliche Wildheit

') cf. Mettig. Geschichte Rigas p. 47.

und Wut die heidnischen Sieger beseelte, bewies das Geschick der ge-sallenen Ritter: den toten Meister banden sie an zwei Bäume, der--stümmelteu ihn und hieben ihn dann in zwei Teile, die Leiche eines andern verbrannten sie als Kriegsopfer für ihre Götter, die etiles dritten zerschnitten sie wie den Körper eines geschlachteten Rindes.1) Nun heischte der Orden Hilfe von Preußen und als diese eintraf, lieferten die Brüder am 29. Juni den Rigischen nnd Litauern ein neues Treffen, das diesmal mit einem vollen Siege endete, die Städtischen wurden geschlagen, die Litauer über die Greuze zurückgeworfen. Riga fchien verloren. Da in der Stunde höchster Gefahr fand die Stadt Hilfe bei den Hanseaten, der Erzbischof, der gezwungen und ohne Zustimmung des Domkapitels und der erzstistischen Vasallen wohl im Nov. 1298 zu Neuermühleu mit dem Orden äußerlich Friede geschlossen, bei Papst Bonisaeins VIII., der in gemessenem Ton die Beilegung der Streitig-feiten anbefahl. Auf einem Städtetage zu Lübeck vermittelten die Hanfe-städte einen Waffenstillstand bis Dezeniber 1299, während infolge der päpstlichen Fürsprache Erzbischos Johann seiner strengen Haft entledigt wurde und das Land verließ. Im folgenden Jahr (1300 f) ist er zn

und Wut die heidnischen Sieger beseelte, bewies das Geschick der ge-sallenen Ritter: den toten Meister banden sie an zwei Bäume, der--stümmelteu ihn und hieben ihn dann in zwei Teile, die Leiche eines andern verbrannten sie als Kriegsopfer für ihre Götter, die etiles dritten zerschnitten sie wie den Körper eines geschlachteten Rindes.1) Nun heischte der Orden Hilfe von Preußen und als diese eintraf, lieferten die Brüder am 29. Juni den Rigischen nnd Litauern ein neues Treffen, das diesmal mit einem vollen Siege endete, die Städtischen wurden geschlagen, die Litauer über die Greuze zurückgeworfen. Riga fchien verloren. Da in der Stunde höchster Gefahr fand die Stadt Hilfe bei den Hanseaten, der Erzbischof, der gezwungen und ohne Zustimmung des Domkapitels und der erzstistischen Vasallen wohl im Nov. 1298 zu Neuermühleu mit dem Orden äußerlich Friede geschlossen, bei Papst Bonisaeins VIII., der in gemessenem Ton die Beilegung der Streitig-feiten anbefahl. Auf einem Städtetage zu Lübeck vermittelten die Hanfe-städte einen Waffenstillstand bis Dezeniber 1299, während infolge der päpstlichen Fürsprache Erzbischos Johann seiner strengen Haft entledigt wurde und das Land verließ. Im folgenden Jahr (1300 f) ist er zn

Im Dokument Wolter Plettenberg. (Seite 126-143)