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Optimierung der elektrochemischen 16S rRNA-Nachweismethode

4.2 Detektion von bakterieller 16S rRNA

4.2.1 Optimierung der elektrochemischen 16S rRNA-Nachweismethode

Eine effiziente Hybridisierung zwischen immobilisiertem Fänger-ODN und bakterieller 16S rRNA ist für einen sensitiven und selektiven Mikroorganismennachweis

entscheidend. In dieser Arbeit wurden Thiol-modifizierte Fänger-ODNs durch Chemisorption auf der Goldelektrode als selbst-assoziierende Monolage (SAM) aufgebracht. Somit wurde eine gerichtete Orientierung der Fänger auf der Goldelektrode erreicht, was eine sterisch unbeschränkte Interaktion mit der Analytnukleinsäure erlaubt. Die Immobilisierung von gemischten SAMs bestehend aus Thiol-modifizierten Fänger-ODNs und kürzeren Thiol-modifizierten Molekülen erweist sich als vorteilhaft, da dies definierte Abstände zwischen zwei Fänger-ODNs ermöglicht, was die Hybridisierungseffizienz steigert (Pan & Rothberg 2005). Daneben zeigte sich, dass eine Nachsättigung mit längeren Thiol-modifizierten Molekülen einen positiven Einfluss auf die Selektivität besitzt. Langkettige Reagenzien bilden sehr stabile SAMs aus, da diese durch zahlreiche van der Waals-Wechselwirkungen stabilisiert werden.

Neben der Verhinderung unspezifischer Bindung von Proteinen und der Gewährleistung eines ausreichenden Abstandes zwischen den Fänger-ODNs erzeugen diese Oligoethylenglykole auch eine SAM-Schicht, in die nicht-perfekt komplementäre Analytnukleinsäuremoleküle nicht oder nur vermindert eindringen können (Boozer et al., 2007). Diese Art der Immobilisierung lieferte eine Immobilisierungsdichte von etwa 8 pmol Fänger-Moleküle/cm2. Mit radioaktiv markierter DNA wurde eine Oberflächendichte von etwa 12 pmol/cm2 bestimmt (Boon et al., 2002a). In Anwesenheit von Mg2+ können sehr dicht gepackte SAMs erzeugt werden (Kelley et al., 1997; Gorodetsky & Barton 2006), die jedoch ineffizientere Hybridisierungseigenschaften aufweisen als die lockerer gepackten DNA-SAMs (Shchepinov et al., 1997). Maximal wurden bisher Immobilisierungsraten von etwa 40 pmol/cm2 erreicht, was jedoch lediglich etwa 75% der theoretisch maximalen Beschichtungsrate von 60 pmol/cm2 entspricht unter der Annahme senkrecht zur Goldelektrode orientierter DNA-Doppelhelices. Dies ist ein Hinweis, dass die Fänger nicht senkrecht zur Oberfläche ausgerichtet sind, sondern in einem bestimmten Winkel (Shchepinov et al., 1997; Gorodetsky et al., 2008). Für eine effiziente Hybridisierung der 16S rRNA an die Fängersequenz ist ein gewisser Abstand von der Elektrodenoberfläche erforderlich. So zeigten Shchepinov et al. (1997), dass mit einer Spacerlänge von 40 Atomen zwischen Glasoberfläche und Fängersequenz ein 150-facher Anstieg des Hybridisierungssignals erzielt wurde. In dieser Arbeit wurde ein neun Nukleotide langer Thymidin-Linker verwendet, da die Nukleobase Thymin die geringste Wechselwirkung mit Gold zeigt (Piana et al., 2006).

Southern et al. (1999) zeigten, dass kurze Zielmoleküle besser mit immobilisierten Fänger-ODNs interagieren können als längere Analytnukleinsäuren. Dies ist durch die wahrscheinlichere Ausbildung von Sekundär- oder Tertiärstrukturen bei längeren Nukleinsäuren begründet. Durch intramolekulare Watson-Crick-Basenpaarung bleiben bestimmte Sequenzabschnitte des Analyten von einer Wechselwirkung mit immobilisierten Fängermolekülen ausgeschlossen. Die 16S rRNA mit einer Länge von etwa 1.500 nt zeigt eine ausgesprochene Sekundär- und Tertiärstruktur mit

intramolekularen Watson-Crick-Basenpaarungen, einer Vielzahl von anderen Interaktionen (Hoogsteen- oder Zucker-vermittelte Wechselwirkung) und Schleifenstrukturen (Leontis & Westhof 2001). Dabei wird die Tertiärstruktur der ribosomalen RNA in erster Linie durch nicht-Watson-Crick-Basenpaarungen festgelegt (Wimberly et al., 2000; Ban et al., 2000). Für eine effiziente Hybridisierung der 16S rRNA ist also eine Denaturierung der vorhandenen Strukturelemente essentiell. So wurde mit Fluoreszenz-markierten Oligonukleotiden gezeigt, dass die hier verwendete V6-Region der 16S rRNA in situ nur ungenügend zugänglich ist (Behrens et al., 2003).

Weiterhin wurde demonstriert, dass lange überstehende Enden des Analyten sowohl das Detektionssignal als auch die Spezifität negativ beeinflussen (Stedtfeld et al., 2007a).

Zusätzlich kommt es bei Verwendung sehr langer Zielnukleinsäure und einer hohen Dichte an Fängermolekülen auf der Oberfläche zu einer Interaktion der Fänger-ODNs untereinander. Dies führt zur Ausbildung einer Polyelektrolytbürste, welche die Hybridisierungsrate herabsetzt (Halperin et al., 2005). Deshalb wurde in dieser Arbeit eine Kombination aus Fragmentierung und Helfer-ODNs verwendet, um die Tertiärstruktur der 16S rRNA zu zerstören und somit die Hybridisierungsreaktion effizienter zu machen. Obwohl eine Vielzahl von RNA-Fragmentierungstechniken existieren, wie etwa die Verwendung von Nukleasen (Pinder & Gratzer 1970), auf Radikal-Reaktionen basierende Fragmentierung (z. B. Cu-Phenanthrolinen, Fe-EDTA) (Kelly et al., 2002) oder Uracil-DNA-Glykosylase-vermittelte Fragmentierung (von Wintzingerode et al., 2002) wurde in dieser Arbeit aufgrund der einfachen und schnellen Durchführung die Metallionen-katalysierte Basenhydrolyse angewandt (Browne 2002). Dabei zeigt sich bei einer Fragmentierungstemperatur von 95°C, dass nach 5 min RNA-Fragmente über einen relativ breiten Bereich verteilt vorlagen, wobei die Mehrheit der Fragmente eine Länge von etwa 150 nt aufwies. Diese Fragmentlänge ergab das maximale elektrochemische Detektionssignal, während eine Verlängerung der Fragmentierungszeit die Signale bereits reduzierte. Ähnliche Studien mit viraler RNA zeigten, dass bei einer Fragmentierungstemperatur von 95°C nach 3 min Fragmente von etwa 200 nt erhalten werden, während nach 10 min keine längeren Fragmente mehr vorhanden sind und nach 30 min Fragmentierung alle RNA-Fragmente kleiner als 38 nt sind (Mehlmann et al., 2005).

Da die RNA-Fragmente auch nach Fragmentierung aufgrund ihrer Länge noch Strukturelemente ausbilden können und da sich der konservierte Detektorbereich nicht nahtlos an den variablen Fängerbereich anschließt, wurden Helfer-ODNs eingesetzt.

Helfer-ODNs sind kurze DNA-Sonden, die in unmittelbarer Nähe des Fänger- bzw.

Detektor-ODNs an die rRNA binden und so die Ausbildung der lokalen Sekundärstruktur unterbinden. Darüberhinaus halten Helfer-ODNs durch Hybridisierung mit einem Bereich der RNA, der in der nativen Struktur der rRNA eine intramolekulare Basenpaarung eingeht, die Bindungsstelle im einzelsträngigen Zustand (Fuchs et al., 2000; Small et al., 2001). Beide Mechanismen gewährleisten eine

effizientere Hybridisierung zwischen rRNA und Fänger-Sonden. Entscheidend dabei ist auch die optimale Einpassung des Helfer-ODNs in die Lücke zwischen Fänger- und Detektor-ODN. Bereits kleinste Lücken unterbrechen die koaxiale Basenstapelung und sorgen für einen dramatischen Abfall des Messsignals. So zeigten etwa Pioch et al.

(2008a), dass weiter entfernt an RNA hybridisierende DNA-Sonden im Vergleich zu direkt benachbart bindenden Sonden lediglich ein Signal von 5 – 15% ergeben. Bei der Detektion von E. coli 16S rRNA ergab bereits eine Lücke von 1 nt zwischen Fänger- und Detektor-ODN einen Signalabfall um etwa 15%. Eine Lücke von 3 nt führte bereits zu einem Signalabfall auf 20% des Ursprungssignals mit direkt benachbart hybridisierenden DNA-Sonden (Liao et al., 2007). DNA-Duplexes mit Lücken sind wesentlich weniger stabil als DNA-Duplexes, die aufgrund der simultanen benachbarten Hybridisierung mehrerer DNA-Sonden an komplementäre RNA oder DNA entstehen.

Grund dafür ist die Ausbildung einer perfekten koaxialen Basenstapelung, die im Falle größerer Lücken zwischen den DNA-Sonden nicht auftritt (Pyshnyi et al., 2001;

Pyshnyi et al., 2006). Thermodynamische Betrachtungen zeigten, dass im Falle der koaxialen Basenpaarung ein Energiegewinn von mindestens 1,4 kcal/mol bis zu 2,4 kcal/mol im Vergleich zu fehlender koaxialer Basenpaarung erzielt wird (Lane et al., 1997). Weiterhin wurde bewiesen, dass die koaxiale Hybridisierung mehrerer kurzer DNA-Fragmente eine schnellere Assoziations-, eine langsamere Dissoziationskinetik und eine signifikant erhöhte Sensitivität mit sich bringt (Yuan et al., 2008).

Die Hybridisierungszeit ist mit 20 – 30 Minuten relativ kurz verglichen mit vier bis 24 Stunden für Microarray- oder Northern Blot-Analysen (Streit et al., 2009). Grund dafür ist das geringe Hybridisierungsvolumen von nur 10 µL. Für eine schnelle Hybridisierungsreaktion müssen die komplementären Nukleinsäuren in hohen Konzentrationen vorliegen, um die Wahrscheinlichkeit des Aufeinandertreffens und Reagierens zu erhöhen. Viele biochemische Reaktionen, u.a. auch die Nukleinsäurehybridisierung, sind diffusionskontrolliert. Das Aufeinandertreffen zweier Reaktionspartner in einer Lösung erfolgt aufgrund der Brownschen Molekularbewegung, die vom Diffusionskoeffizienten abhängig ist. Die Wahrscheinlichkeit des Zusammentreffens zweier komplementärer Nukleinsäuren ist in mikrofluidischen Strukturen stark erhöht, da die Zeit, die ein Molekül benötig um die Distanz d zurückzulegen, mit 1/d2 abnimmt (Janasek et al., 2006). Ein weiterer Vorteil von miniaturisierten chemischen Reaktionsystemen ist die Möglichkeit viele Reaktionen parallel durchzuführen. So können auf eine 1 cm2 große Multititterplatte 250.000 getrennte Vertiefungen mit einer Länge von 10 µm aufgebracht werden. Das heißt die Zahl an unabhängigen Vertiefungen pro Fläche steigt mit 1/d2 an (Lee et al., 2005).