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3.1 Elektrochemische Detektion bakterieller 16S rRNA

3.1.7 Hybridisierung

3.1.7.1 Einfluss eines Abstandshalters zwischen Goldelektrode und Fänger auf das elektrochemische Messsignal

Ein ausreichender Abstand zwischen planarer Oberfläche und Fängermolekülen ist entscheidend für eine effiziente Hybridisierungskinetik (Shchepinov et al., 1997).

Fänger-ODNs mit verschieden langen Thymidin-Basen als Abstandshalter zwischen Thiolgruppe und spezifischer Fängersequenz wurden auf Goldelektroden immobilisiert und das elektrochemische Biochipsignal nach Hybridisierung mit komplementärer 16S rRNA verglichen. Thymidin als Abstandshalter eignet sich besonders gut, da diese Base am wenigsten Tendenz zu unspezifischer Chemisorption an Gold aufweist (Piana &

Bilic 2006). Fänger ohne jegliche Thymidinbasen als Abstandshalter produzierten nach Hybridisierung mit 16S rRNA, Helfer-ODN und EST2-ODN-Konjugat lediglich ein

Signal von etwa 40% des Signals von Fängern mit 3, 6, 9 bzw. 12 Thymidinnukleotiden als Abstandshalter (Abb. 3-13). Der Einsatz eines Thymidinspacers von 9 nt zeigte das beste Biochipsignal und wurde deshalb für die Konstruktion der Fänger-ODNs verwendet.

Abbildung 3-13: Signalstärke in Abhängigkeit des Thymidinspacers am 3'-Ende der Fänger-ODNs.

(A) Aufbau der Vier-Komponenten-Sandwich-Hybridisierung aus immobilisiertem Fänger-ODN (rot), Helfer-ODN (grün), EST2-ODN-Konjugat (gelb) und fragmentierter 16S rRNA (blau). Verschieden lange Abstandshalter bestehend aus Thymidinbasen wurden verwendet. (B) Abhängigkeit der Signalstärke nach Hybridisierung fragmentierter 16S rRNA aus 107 KbE E. coli an immobilisierte ECOLI-Fänger mit Spacerlängen von 0, 3, 6, 9 und 12 Thymidinbasen.

3.1.7.2 Einfluss von Temperatur und Zeit auf die Hybridisierung

Der entscheidende Schritt des verwendeten Nachweissystems ist die effiziente Hybridisierung der fragmentierten ribosomalen RNA an die Fänger-, Helfer- und Detektionssequenzen.

Hier müssen unterschiedliche Parameter in Betracht gezogen werden. Zum einen spielt die Temperatur der Hybridisierung eine wichtige Rolle. Die gemessenen Signalstärken nach Hybridisierung von E. coli Gesamt-RNA bei unterschiedlichen Hybridisierungstemperaturen sind in Abbildung 3-14 dargestellt. Die Hybridisierungszeit betrug 20 Minuten in Gegenwart von 450 mM NaCl, 28 mM EDTA, 1 mg/mL BSA, 0,025% Tween 20 und 30 mM NaH2PO4 (pH 7,4). Bei einer Temperatur von 65 °C wurde das stärkste elektrochemische Signal erzielt. Bei 20 °C und 35 °C erhielt man nur sehr schwache Signale. Erhöhte Temperaturen sind in der Lage, die 16S rRNA-Fragmente in einer linearen Struktur zu halten, während 16S rRNA unter normalen Bedingungen eine komplexe Tertiärstruktur ausbildet (Leontis &

Westhof 1998) (Abb. 3-3 B). Gleichzeitig führt eine höhere Temperatur natürlich auch

zu einer schnelleren Hybridisierungsgeschwindigkeit (Nygaard & Hall 1964). Höhere Hybridisierungstemperaturen als 70°C führen zum einen zu einem Aktivitätsverlust der EST2 (Temperaturoptimum 70°C), zum anderen behindern diese eine effiziente Hybridisierung, da sie nahe bzw. über dem Schmelzpunkt der ODN/RNA-Wechselwirkung liegen.

Abbildung 3-14: Abhängigkeit des elektrochemischen Signals von der Hybridisierungstemperatur.

2,0 µg E. coli Gesamt-RNA wurden für die 20-minütige Hybridisierung eingesetzt. Das elektrochemische Signal nach Hybridisierung bei einer Temperatur von 65°C wurde als 100% definiert.

Neben der Temperatur ist auch die Hybridisierungszeit von Bedeutung. Nach zehn Minuten Hybridisierung betrug das Messsignal etwa 75 % von dem Wert, der nach 20 Minuten Hybridisierung bei 65 °C und dem oben genannten Hybridisierungspuffer erreicht wurde. Eine Verlängerung der Hybridisierungszeit zeigte keinen weiteren positiven Einfluss auf die Signalstärke (Tabelle 3-2). Diese relativ kurze Hybridisierungszeit erklärt sich mit dem geringen Hybridisierungsvolumen, was Diffusionsprozesse wesentlich beschleunigt (Lenigk et al., 2002).

Tabelle 3-2: Abhängigkeit der elektrochemischen Signalstärke von unterschiedlichen Hybridisierungszeiten bei 65°C in Gegenwart von 2,0 µg E. coli Gesamt-RNA. Das elektrochemische Signal für 20 min Hybridisierung wurde als 100% gesetzt.

Hybridisierungszeit [min] Signal [%ΔI ± SD]

0 0,0 ± 1,9

10 52,9 ± 24,0

20 100,0 ± 20,3

30 100,2 ± 11,3

3.1.7.3 Signalstärke in Abhängigkeit unterschiedlicher Hybridisierungspuffer

In der Literatur kommen eine Vielzahl unterschiedlicher Hybridisierungspuffer zum Einsatz (Liu et al., 2008b). Das quartäre Ammoniumsalz Tetramethylammoniumchlorid

(TMAC) ist in der Lage die Auswirkung unterschiedlicher GC-Gehalte von Sequenzen bei der Hybridisierung zu unterdrücken (Wood et al., 1985). Inwieweit diese die Hybridisierungseffizienz beeinflussen, wurde mittels Hybridisierung von 1 µg fragmentierter E. coli Gesamt-RNA mit immobilisierten ECOLI-, LISTERIA- und HALVEI-Fängern untersucht. Eine weitere Elektrode wurde ohne Fänger behandelt, um gegebenenfalls unspezifische Bindung von EST2 an Gold zu detektieren (Tab. 3-3).

Tabelle 3-3: Einfluss der Signalstärke in Abhängigkeit von der Verwendung unterschiedlicher Hybridisierungspuffer. Die Steigung des Stromes der ECOLI-Elektrode nach Pumpenstopp wurde jeweils als 100% gesetzt. SSPE = 450 mM NaCl, 25 mM EDTA, 1 mg/mL BSA, 0,05% Tween 20, 30 mM NaH2PO4 (pH 7,4); SSC = 450 mM NaCl, 25 mM EDTA, 1 mg/mL BSA, 0,05% Tween 20, 45 mM Natriumcitrat (pH 7,0); TMAC = 450 mM Tetramethylammoniumchlorid, 25 mM EDTA, 1 mg/mL BSA, 0,05% Tween 20, 30 mM Tris-HCl (pH 7,4).

Bei Verwendung von SSC-Puffer produzierte neben der ECOLI-Elektrode auch die HALVEI-Elektrode ein Signal von etwa 32%. H. alvei und E. coli sind beide nah verwandte Enterobacteriaceae. Die anderen Negativ-Kontrollen produzierten kein Signal. Lediglich die ECOLI-Elektrode zeigte ein spezifisches elektrochemisches Signal mit SSPE- und TMAC-Hybridisierungspuffer. Hinsichtlich der Sensitivität konnte in diesem Experiment zwischen den einzelnen Hybridisierungspuffern nur ein nicht-signifikanter Unterschied festgestellt werden. Die Steigungen für die ECOLI-Elektrode betrugen für alle Hybridisierungslösungen etwa 2,0 ± 0,5 nA/sek.

3.1.7.4 Einfluss unterschiedlicher Additive auf die Hybridisierungskinetik

Gewisse Zusätze in der Hybridisierungslösung, wie etwa Polyethylenglykol (PEG) und Dextransulfat haben einen beschleunigenden Einfluss auf die Hybridisierungskinetik, während anderen Additiven, wie Heringssperma-DNA, eine Oberfläche-absättigende Eigenschaft zugeschrieben wird (Ku et al., 2004; Carletti et al., 2006). Im Folgenden wurde der Einfluss dieser Substanzen im Hybridisierungspuffer auf das resultierende Messsignal untersucht.

Tabelle 3-4: Einfluss unterschiedlicher Additive auf die Selektivität der Identifizierung von E. coli 16S rRNA mittels elektrochemischen Biochip. Die Steigung der ECOLI-Elektrode wurde jeweils als 100% gesetzt.

Tabelle 3-4 zeigt, dass alle Additive im Hybridisierungspuffer unter den gewählten Bedingungen eine geringere Spezifität der elektrochemischen Messung zur Folge hatten. Jedoch zeigte sich für Dextransulfat und PEG eine Steigerung der Hybridisierungskinetik auf 491,4% bzw. 593,9%, während das Signal der ECOLI-Elektrode im Vergleich zur Verwendung von Hybridisierungspuffer ohne Zusätze 100%

betrug. Folglich ist die Selektivität der Biochip-Messung in erster Linie durch die Assoziation der komplementären Nukleinsäuren bestimmt. Möglicherweise ist die Hybridisierungszeit mit PEG oder Dextransulfat stark zu verkürzen, um eine optimale Spezifität und Sensitivität zu erreichen. Bei zugesetzter Heringssperma-DNA beobachtete man ein Signal von 99,0% der ECOLI-Elektrode. Im Überschuss zugesetzte unspezifische Nukleinsäure hat demnach keinen Einfluss auf die Sensitivität der RNA-Detektion.

3.1.7.5 Abhängigkeit des Biochip-Signals vom Abstand zwischen Detektor-ODN und EST2

Die freie Beweglichkeit eines Enzyms hat Einfluss auf seine katalytische Aktivität (Merkel et al., 2005). Um eine schnelle und effektive Übertragung von messbaren Elektronen zur Elektrodenoberfläche zu gewährleisten, ist der Abstand zwischen Reporterenzym und Elektrode zusätzlich ein wichtiger Aspekt bei der Etablierung dieses Nachweissystems. Die Länge der chemischen Verknüpfung zwischen Detektor-ODN und EST2 sollte so gewählt sein, dass das Reporterenzym nicht sterisch behindert vorliegt und gleichzeitig relativ nahe an der Goldelektrode immobilisiert wird. Zur Herstellung von EST2-ODN-Konjugaten wurden bifunktionelle Reagenzien verwendet, welche als reaktive Gruppen eine NHS-Ester- bzw. eine Maleimidfunktion besitzen.

Beide funktionellen Gruppen sind entweder durch Cyclohexan oder durch Polyethylenoxidgruppen verknüpft und weisen unterschiedliche Abstände voneinander auf (Tab. 3-5).

Tabelle 3-5: Übersicht der zur EST2-ODN-Konjugat-Herstellung verwendeten bifunktionellen Reagenzien und der Einfluss der Länge des Spacerarms zwischen Detektor-ODN und EST2 auf das elektrochemische Signal. Angegeben ist die Abhängigkeit der Signalstärke nach Hybridisierung fragmentierter 16S rRNA aus E. coli (2,0 µg) mit immobilisierten ECOLI-Fängern.

Bifunktionelles Reagenz Länge des Spacerarms [Å] ΔI ± SD [nA/sek]

sulfo-SMCC 8,3 13,37 ± 4,80

NHS-(PEO)2-Maleimid 17,6 11,57 ± 2,48

NHS-(PEO)6-Maleimid 32,5 13,77 ± 2,91

NHS-(PEO)12-Maleimid 53,4 9,75 ± 1,75

Spacerarmlängen zwischen 8,3 Å und 32,5 Å zeigten kein signifikant unterschiedliches Hybridisierungssignal bei Verwendung von E. coli 16S rRNA. Dagegen resultierte die Anwendung von einem EST2-ODN-Konjugat mit einer Spacerarmlänge von 53,4 Å in einem etwas geringeren Signal verglichen mit einer Spacerarmlänge von 8,3 Å. Bereits ein Abstand von 8,3 Å zum Detektor-ODN bringt der EST2 ausreichend räumliche Freiheit um optimale Aktivität zu gewährleisten. Ein Abstand von etwas mehr als 50 Å zwischen EST2 und Detektor-ODN entfernt die EST2 zu weit von der Goldelektrode, um einen schnellen und effektiven Elektronentransfer zu erreichen.

3.1.7.6 Einfluss des Waschschrittes auf unspezifische Bindung und Spezifität

Um unspezifisch gebundene RNA von Fängersonden zu lösen, kann man stringente Waschbedingungen anwenden. Grundsätzlich verwendet man Waschpuffer mit geringerer Ionenstärke und höherer Konzentration an Detergenz als im Hybridisierungspuffer. Um stringentere Bedingungen herzustellen, kann man die Waschprozedur bei erhöhten Temperaturen durchführen (Anderson 1999).

Es wurde festgestellt, dass ein zusätzlicher stringenter Waschschritt bei 65°C keinen Einfluss auf die Spezifität des Detektionssystems hatte. Dies bestätigt, dass für die Spezifität in erster Linie die Assoziation der Hybridisierungspartner, nicht aber die Dissoziation verantwortlich ist. Auch Tabelle 3-4 legt diese Schlussfolgerung nahe, da die Gegenwart aller die Hybridisierungsreaktion beschleunigenden Additive zu einer niedrigeren Spezifität führten.

3.1.8 Untersuchungen zur Selektivität und Lebend-Tod Differenzierung