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O 2 -Chemisorption an Goldclustern

5.4.1 Massenspektren

Abb. 5.19 zeigt einen Ausschnitt von Flugzeit-Massenspektren unreagier-ter Goldclusunreagier-teranionen und solcher, die bei der Erzeugung in der PACIS einer relativ hohen Konzentration von Sauerstoff ausgesetzt wurden. Es fällt sofort auf, dass alle geradzahligen Aun--Cluster mit Sauerstoffmolekülen eine Bin-dung eingehen, während die ungeradzahligen unter diesen Bedingungen nicht mit Sauerstoffmolekülen reagieren. Die Reaktivität der geradzahligen Aun- -Cluster ist so hoch, dass sie als reine -Cluster im Massenspektrum überhaupt nicht mehr zu sehen sind. Man findet allerdings sowohl bei den geradzahligen, als auch bei den ungeradzahligen Clustern schwache AunO--Linien. Der Grund

dafür ist, dass bei der Clustererzeugung in der PACIS auch atomarer hochreak-tiver Sauerstoff erzeugt wird, der mit allen Goldclusteranionen eine Bindung eingeht.

Eine Abweichung von diesem generellen Muster ist beim Au10-- und Au18--Cluster zu sehen. Beide zeigen neben der zu erwartenden Dioxidlinie auch eine ebenso intensive reine Goldlinie. Daneben zeigt der Au16--Cluster trotz seiner geraden Anzahl von Goldatomen keinerlei Reaktivität gegenüber

Intensität [bel. Einh.]

Flugzeit [µs]

450 500 550 600 650 700 750 800 850 900 950 5

6

10

15

20 23 Au + n- Au On 2

-8

10 12 14 18 20

Aun -a)

16

b)

Abb. 5.19: Flugzeit-Massenspektrum von reinen Aun- -Clustern (n = 5 bis 24, unten) und mit Sauerstoff reagierten Goldclusteranionen (oben). Die gestrichelten Linien entspre-chen den Positionen der reinen Aun- -Clustern. Es ist deutlich zu erkennen, dass nur die geradzahligen Goldclusteranionen mit Sauerstoff reagiert haben, mit Ausnahme vom Au16- -Cluster. Ab n >20 sind die Goldcluster durchwegs inert.

98 5 Ergebnisse und Diskussion Sauerstoffmolekülen. Nur die reine Massenlinie ist zu sehen. Au20- ist der letzte Cluster in der Serie, der noch mit O2 reagiert. Alle folgenden, gleichgültig ob geradzahlig oder ungeradzahlig, sind unreaktiv. Abgesehen von den Monoxid-linien, die speziell auf die hier verwendete Clusterquelle zurückzuführen sind, stimmen diese Beobachtungen mit den Messungen von Cox et al. [73] und den aktuellsten Ergebnissen von Whetten et al. [74, 75] überein. Auch sie finden die oben beschriebene Even/Odd-Alternierung bei Goldclusteranionen mit Au16

-als Ausnahme und der Reaktivität bis einschließlich Au20-. Neben den Anionen waren auch die Kationen und die neutralen Goldcluster im Fokus ihrer Untersu-chungen. Diesen Spezies wiesen sie Unreaktivität gegenüber Sauerstoffmole-külen nach. Der Unterschied im Reaktionsverhalten der verschieden geladenen Cluster kann wieder mit dem Ladungstransfer in das antibindende π* -Orbital des O2 -Moleküls erklärt werden, der für negativ geladene Goldcluster wahr-scheinlich gerade groß genug ist, um eine Chemisorptionsbindung aufbauen zu können.

Oben wurde schon erwähnt, dass für Aun--Cluster ab n ≥ 21 keine Reak-tivität gegenüber Sauerstoff zu erkennen ist. Auch hier kann das Argument des Ladungstransfers herangezogen werden. Für Goldclusteranionen ab besagter Größe hat die zusätzliche Ladung am Ort des Sauerstoffmoleküls keinen Ein-fluss mehr, weil sie in den Clustern stark delokalisiert ist. Das zusätzliche Elektron befindet sich in einem sp-Orbital, das sich über den ganzen Cluster erstreckt. Der Ladungstransfer in das O2 lässt sich dadurch vernachlässigen, genau so wie es auch für die neutralen Goldcluster und die Goldclusterkationen der Fall ist.

5.4.2 Photoelektronenspektren

Die Photoelektronenspektren von AuO2-, Au2O2-, Au3O2- und Au4O2- -Clustern sind in Abb. 5.20 in dieser Reihenfolge von unten nach oben darge-stellt. Die Photonenenergie betrug 4,66 eV. Weil sich auch hier die Frage nach molekularer oder dissoziativer Chemisorption eines Adsorbatdimers, hier O2, stellt, sind die Monoxide nicht mit abgebildet. In drei der vier gezeigten Spekt-ren ist eine Vibrationsfeinstruktur zu sehen. Die einzelnen Maxima sind durch senkrechte Striche hervorgehoben. Für die geradzahligen Golddioxidanionen Au2O2- und Au4O2- ergibt sich die Vibrationsenergie zu 179 eV und 152 eV.

Das Oxid des Goldmonomeranions, AuO2-, weist indessen lediglich eine Vib-rationsfrequenz von 98 eV auf. Wie erwartet, zeigt das Spektrum des Au3O2-

-Clusters, wegen der ungeraden Anzahl von Goldatomen, als einziges keine Schwingungsprogression.

5.4.3 Diskussion

Sowohl die Reaktivitätsmessungen von D. M. Cox und R. L. Whetten, als auch die theoretische Untersuchung von H. Metiu et al. [81] bestätigen die molekulare Chemisorption von Sauerstoffmolekülen an Goldclusteranionen. Es zeigt sich in den Photoelektronenspektren der Au2O2- und Au4O2- -Cluster eine

2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5

E = (98 10) meVVIB ± AuO2

-Au O2 2

-Au O3 2

-Au O4 2

-E = (179 10) meVVIB ± E = (152 10) meVVIB ±

Abb. 5.20: Photoelektronenspektren von AunO2- -Clustern (n = 1 bis 4), aufgenommen mit E= 4,66 eV. Die senkrechten Striche unterstreichen die Schwingungsprogressio-nen der entsprechenden Cluster. Die Schwingungsfrequenz ist jeweils angegeben.

Das Spektrum des Au3O2- -Clusters zeigt keine Vibrationsfeinstruktur. Der Sauer-stoff dürfte bei diesem Cluster dissoziativ chemisorbiert sein.

100 5 Ergebnisse und Diskussion Vibrationsfeinstruktur, die mit der von molekular chemisorbierten O2 -Molekü-len übereinstimmt. Aus der Oberflächenphysik ist bekannt, dass O2 auf ver-schiedenen Metalleinkristalloberflächen als Hyperoxid (O2-) mit der (O-O)-Bin-dungsordnung 1,5 und als Peroxid (O22-) mit der (O-O)-Bindungsordnung 1 molekular chemisorbiert sein kann. Dabei liegt die Sauerstoff-Sauerstoff- Streckschwingungsfrequenz für das O2- zwischen 80 meV und 120 meV und für das O22- zwischen 135 meV und 150 meV [169, 170]. Die entsprechenden Fre-quenzen im Au2O2- - und Au4O2- -Cluster wurden in Abb. 5.20 zu 179 meV und 152 meV bestimmt und liegen in beiden Fällen höher. Die allgemein in Photo-elektronenspektren von Clusteranionen beobachteten Frequenzen sind auf die Schwingungsfrequenzen der jeweiligen neutralen Teilchen in der Geometrie der Anionen zurückzuführen (siehe Kapitel 3.1.3). Wenn man davon ausgeht, dass das zusätzliche Elektron im Clusteranion das antibindende π* -Orbital des adsorbierten Sauerstoffmoleküls besetzt, dann wird die (O-O)-Bindungsord-nung gegenüber dem neutralen Sauerstoffmolekül um 0,5 erniedrigt. Das ent-spricht einer Reduktion der (O-O)-Streckschwingungsfrequenz von ca. 50 meV [169, 170]. Unter Berücksichtigung dieser Annahme liegen die hier beobachte-ten Schwingungsfrequenzen der an die Au2- - und Au4- -Cluster chemisorbierten Sauerstoffmoleküle sehr nahe an den oben genannten Frequenzen des Hyper-oxides und PerHyper-oxides gebunden auf Metalloberflächen [171]. Das Massenspekt-rum in Abb. 5.19 weist oberhalb einer gewissen Clustergröße keine O2 -Chemi-sorption mehr nach. Infolgedessen wäre zu erwarten, dass sich mit wachsender Clustergröße die Vibrationsfrequenz des chemisorbierten Sauerstoffmoleküls an die Frequenz des freien O2 von 196 meV angleicht [164]. Um diesen Trend eindeutig bestätigen zu können, müssten noch weitere Photoelektronenspektren größerer Clustern aufgenommen werden.

Anders verhält es sich mit den AuO2- -Clustern. Hier wird eine niedrigere Vibrationsfrequenz beobachtet, die mit typischen Frequenzen auf Metallober-flächen gebundener Sauerstoffatome übereinstimmt. Man schließt daraus, dass der Sauerstoff am Goldanion dissoziiert. Dies scheint, dem in Kapitel 3 bespro-chenen und oben am Wolfram bestätigten Modell zu widersprechen. Dort hat man argumentiert, dass ein Ladungstransfer aus einem Cluster umso einfacher ist, je größer dieser ist, da sich mit der Clustergrößer das Ionisationspotential verringert. Bei dieser Überlegung wurde die zusätzliche Ladung jedoch nicht in Betracht genommen, weil die Bindung, wie im Falle des Wolframs oder Titans, im Wesentlichen durch d-Orbitale erzeugt wird. Diese sind prinzipiell hoch lokalisiert und zeigen kaum Veränderung bei Ladungserhöhung oder

-erniedrigung. Demgemäß könnte man im Fall von lokalisierten Orbitalen bei den Betrachtungen unter Umständen die Ladung außer Acht lassen.

Beim Gold ist das anders. Nur für kleine negativ geladene Cluster ist der Ladungstransfer in das Sauerstoffmolekül überhaupt erst groß genug, um eine Bindung aufzubauen. Für diese Bindung sind hauptsächlich Zustände nahe der

„Fermi-Energie“ verantwortlich, die aus delokalisierten Orbitalen bestehen. In diesem Fall ist nicht das Ionisationspotential des Clusters die entscheidende Größe, sondern die Elektronenaffinität. Sie steigt allerdings mit der Clustergröße an, somit entgegengesetzt dem Verhalten des Ionisationspoten-tials, wie in Abb. 3.9 zu sehen ist. Die Korrelation zwischen Elektronenaffinität und Reaktivität der Goldclusteranionen ist auch von Whetten et al. festgestellt worden [74, 75]. Man kann sich das sehr schön anhand eines Vergleiches des vorliegenden Massenspektrums in Abb. 5.19 mit der größenabhängigen Elektronenaffinitätsentwicklung von Aun- -Clustern in Abb. 5.21 verdeutlichen [172]. In diesem Graphen wurde parallel zur Abszisse eine Linie gezogen, die einer kritischen Elektronenaffinität entspricht. Sie wurde so gelegt, dass nur alle unterhalb dieser Linie positionierten Cluster mit den Sauerstoffatomen

reagie-Abb. 5.21: Elektronenaffinität von Aun- -Clustern (n = 1 bis 69). Die Cluster unterhalb der roten Linie im roten Bereich reagieren mit O2 -Molekülen, während die darüber lie-genden inert sind. Au5- und Au12-passen nicht ganz in dieses vereinfachte Bild. Für ihr Reaktionsverhalten spielt zuzüglich vielleicht deren Geometrie eine entschei-dende Rolle. [172]

102 5 Ergebnisse und Diskussion ren sollen. Bis auf einige Ausnahmen wird dies durch das Massenspektrum bestätigt. Es erklärt sogar den Aussetzer in der Reaktivität beim Au16- -Cluster und die Unreaktivität der Cluster ab einer Größe von n = 21. Die beiden Aus-nahmen Au5- und Au12- liegen auf der Linie und können in dieser einfachen Überlegung nicht eindeutig zugeordnet werden. Bestimmt müssen hier auch geometrische Aspekte in Betracht genommen werden, die ebenfalls, wenn auch im geringeren Maße, Einfluss auf die Reaktivität haben.

Dieser gesamte Erklärungsansatz ist spekulativ, er erläutert aber plausibel die Trendumkehr für bestimmte Cluster, bei denen man molekulare Chemisorp-tion für große und dissoziative ChemisorpChemisorp-tion für kleine Cluster beobachtet.

Angewandt auf die vorliegende Messung folgert man zusammenfassend, dass nur im Goldanion der Ladungstransfer hinreichend groß ist, um die O2 -Bindung aufzubrechen.

103

Kapitel 6

Zusammenfassung

Mit Experimenten zu physikalischen und chemischen Eigenschaften von massenselektierten Clustern wird in der Clusterphysik versucht, viele unge-klärte Phänomene der „Nanowelt“ zu verstehen. Die vorliegende Arbeit befasst sich speziell mit der Reaktion von freien Metallclustern mit verschiedenen Ad-sorbatmolekülen. Der erste Teil der Arbeit untersucht die Entwicklung der ge-ometrischen und elektronischen Struktur von kleinen, mit Sauerstoff reagierten Wolframclustern in Abhängigkeit von der Anzahl der Sauerstoffatome. Da der als elektrochromes Material bekannte WO3 -Festkörper ein Halbleiter ist, sollte ausgehend von reinen Wn- -Clustern für die WnOm- -Cluster mit zunehmendem Sauerstoffanteil ein Metall-Halbleiter-Übergang beobachtet werden. Der zweite und dritte Teil dieser Arbeit befasst sich mit der Frage nach der Chemisorpti-onsart von N2 auf Wn- -Clustern und von O2 auf Aun- -Clustern für verschiede-nen Clustergrößen n. Diese beiden Untersuchungen zielen darauf, die katalyti-schen Eigenschaften kleinster Partikel besser zu verstehen und eine Gesetzmä-ßigkeit zu finden, der sie zu Grunde liegen.

Mithilfe der hier verwendeten Photoelektronenspektroskopie an massen-selektierten Clusteranionen ist es möglich, die genaue elektronische Struktur der besetzten Valenzorbitale bis zu einer Bindungsenergie von 6,4 eV zu be-stimmen. So kann aus den erhaltenen Spektren direkt interpretiert werden, ob ein untersuchter Cluster metallisch ist oder Halbleiter- bzw. Isolatoreigen-schaften hat, und wie stabil er letztendlich gegenüber chemischen Reaktionen

104 6 Zusammenfassung ist. Des Weiteren geben die Photoelektronenspektren in vielen Fällen

Auf-schluss darüber, ob in einem Cluster-Adsorbat-System molekulare oder dissozi-ative Chemisorption vorliegt. In Kombination mit theoretischen Analysen las-sen sich zudem Rückschlüsse auf die geometrische und elektronische Struktur der experimentell untersuchten Clusteranionen machen.

Die Arbeit am Wolfram-Sauerstoff-System umfasst WnOm- -Cluster mit bis zu sechs Wolframatomen und maximal zwölf Sauerstoffatomen. Für alle Cluster ist mit zunehmendem Sauerstoffanteil ein Metall-Halbleiter-Übergang sichtbar, der für die Oxide mit drei bis sechs Wolframatomen schon vor Errei-chen der WO3 -Festkörperstöchiometrie eintritt. Mit unterstützenden „ab initio“

Molekülorbital-Rechnungen am Beispiel der W4Om- -Serie konnte festgestellt werden, dass der Übergang mit dem ersten Aufbrechen der Metall-Metall-Bin-dungen des W4 -Kernes einhergeht. Der W4O6- -Cluster fällt mit seinem großen HOMO-LUMO-Gap und einer hochsymmetrischen Geometrie auf. Dies sind Hinweise auf eine hohe Stabilität des Clusters. Untersuchungen an (WO3)n -Clustern führen zudem zu einem erstaunlichen Ergebnis. Der W4O12 -Cluster besitzt alle relevanten elektrischen und strukturellen Eigenschaften des WO3 -Festkörperkristalls. Das macht ihn zu einem so genannten „Baby“-Kristall.

Die hier präsentierten experimentellen Daten zum Wolfram-N2 -System zeigen molekulare Chemisorption von N2 am W1-, hingegen dissoziative Che-misorption am W4-. Die Chemisorptionsart am W2- und W3- kann anhand der Photoelektronenspektren nicht eindeutig bestimmt werden. Neuste Messungen bestätigen, dass die hier gezeigten Spektren vom W2N2- bis W4N2- von disso-ziativ chemisorbierten Systemen stammen, die jedoch in einem metastabilen Zustand vorliegen. Der energetisch günstigste scheint der molekular chemisor-bierte Zustand zu sein, was im Einklang mit dem in dieser Arbeit erläuterten Ladungstransfer-Modell zur Chemisorption an Metallclustern steht.

Die Untersuchungen am Gold-O2 -System zeigen übereinstimmend mit der Literatur [74, 75] eine Even/Odd-Alternierung der Aun- -Reaktivität. An Aun- -Clustern mit gerader Anzahl von Atomen chemisorbiert der Sauerstoff molekular, während diejenigen mit ungerader Anzahl inert sind. Letzteres gilt auch für Aun- -Cluster mit n = 16 und n ≥ 21. Anhand von Photoelektronen-spektren kann zusätzlich gezeigt werden, dass der Sauerstoff am Au1- dissozia-tiv gebunden ist, hingegen am Au2- und am Au4- molekular chemisorbiert. Auch für die Goldclusteranionen wird die Chemisorption von O2 durch ein Ladungs-transfer-Modell erklärt. Es muss beachtet werden, dass das für die Bindung

ver-antwortliche Orbital nicht wie bei den Wn- -Clustern ein lokalisiertes d-Orbital ist, sondern ein delokalisiertes sp-Orbital.

106

Kapitel 7 Ausblick

Die Untersuchungen am Wolframoxid helfen zu verstehen, wie es in ei-nem Wolframoxidcluster mit zunehmendem Sauerstoffanteil zu eiei-nem Metall-Halbleiter-Übergang kommt. Mit dem Sauerstoff als Einstellparameter ist es damit im Prinzip möglich, sich einen Cluster mit gewünschten elektronischen Eigenschaften „zurechtzuschneidern“. Da in der Katalyse Metalloxide als Fest-körper bereits eine entscheidende Rolle spielen, ist es denkbar, solche definier-ten Metalloxidcluster für unterschiedliche Katalysevorgänge anzupassen. Dazu müssen aber noch weitere Metalloxidsysteme detailliert untersucht werden, um mehr über die Parameter, die die Katalyse beeinflussen, zu erfahren. Zudem gilt es dann aus der Menge der in Frage kommenden Kandidaten, die stabilsten und effektivsten Cluster zu finden. Im ersten Schritt wäre es sinnvoll, Übergangs-metalle aus derselben Gruppe, also Molybdän und Chrom, in analoger Weise, wie hier vorgestellt, zu untersuchen.

Die Entdeckung des W4O12 -„Baby“-Kristalls eröffnet zudem neue Per-spektiven, mehr über die Katalyse an Festkörpermaterialien auf atomarer Ebene zu lernen. Bei gängigen Analysen auf Festkörperoberflächen muss stets mit ergebnisverzerrenden Effekten, die beispielsweise von Oberflächendefekten oder Verunreinigungen ausgehen, gerechnet werden. Hier sei als Exempel auf den lange bestehenden Irrtum hingewiesen, auf Goldoberflächen könne Sauer-stoff bei hohen Temperaturen molekular chemisorbieren. Dieser Effekt konnte auf Verunreinigungen im Goldkristall, die bei hohen Temperaturen an die

Goldoberfläche traten, zurückgeführt werden. Dagegen kann man mit solch einem „Nanokristall“, der alle Eigenschaften des entsprechenden Festkörpers hat, unter Ausschluss jeglicher beeinflussender Wechselwirkung mit konventi-onellen Clustertechniken die Reaktionskinetik bestimmen, die relevant für das zu analysierende Festkörpersystem ist. Es kommen hier in erster Linie die in unserer Gruppe verwendeten Methoden in Frage. Das sind zum einen die her-kömmliche Photoelektronenspektroskopie, wie sie für vorliegende Arbeit an-gewandt wurde und zum anderen die Femtosekunden-Photoelektronenspektro-skopie, mit der die Dynamik der Systeme untersucht werden kann.

In Bezug auf die gesättigten (WO3)n -Cluster sollte zudem geklärt werden, ob der W4O12 -Cluster ein Spezialfall ist, oder ob die folgenden Cluster mit n ≥ 5 ebenfalls „Bulk“-Eigenschaften vorweisen.

Die hier vorgestellte Arbeit zur Chemisorption von Stickstoffmolekülen an Wn--Clustern ist nur ein weiterer Mosaikstein in der Formulierung eines generellen Gesetzes zur Chemisorption an Metallclustern. Sie hat gezeigt, dass für das Wolframsystem noch weitere Messungen notwendig sind, um eindeu-tige Aussagen treffen zu können. Begleitende Rechnungen könnten überdies für mehr Klarheit sorgen. Der Bereich um n = 15 Wolframatome wäre besonders interessant, weil sich nach P. A. Hackett und A. Rosén hier der Übergang von vorwiegend molekularer zu vorwiegend dissoziativer Chemisorption befindet.

Die breite Isotopenverteilung von Wolfram dürfte aus experimenteller Sicht Schwierigkeiten bereiten. Ein Ausweg wäre, zur besseren Massenauflösung leichtere Elemente mit vergleichbarer Elektronenkonfiguration und keiner bzw.

schmaler Isotopenverteilung zu verwenden. Vanadium- , Chrom- und Mangan-cluster sind hierfür prädestiniert.

Die Reaktion von Sauerstoff mit Goldclusteranionen wird zurzeit in zahl-reichen Forschergruppen untersucht. Während auf Goldoberflächen bei Raum-temperatur keine Reaktion mit Sauerstoffmolekül zu beobachten ist, chemisor-biert es an bestimmten Goldclusteranionen. Erklärt wird dieser Effekt mit ei-nem Ladungstransfer-Modell. Anhand der in den Photoelektronenspektren beo-bachteten Schwingungsfrequenzen der (O-O)-Streckschwingung kann das Ausmaß des Ladungstransfers bestimmt werden. Die Entwicklung der Streck-schwingungsfrequenz in Abhängigkeit der Clustergröße könnte entscheidende Informationen zum qualitativen Verständnis des Chemisorptionsvorganges und letztendlich der Katalyse auf molekularer Ebene liefern.

108 7 Ausblick Der nächste Schritt ist, die gewonnenen Erkenntnisse in der Gasphase für

Experimente an deponierten Clustern auszunützen. Gasphasenuntersuchungen liefern für die Depositionsexperimente unter anderem Informationen über ge-eignete stabile Cluster, die beim Deponieren nicht koagulieren sollten. Mit oberflächensensitiven Methoden, wie der Ultraviolett Photoelektronenspektro-skopie (UPS) und der hochaufgelösten Elektronenenergieverlust-SpektroPhotoelektronenspektro-skopie (HREELS) ist es möglich, die auf verschiedenen Substraten deponierten Cluster auf ihre katalytischen Eigenschaften hin zu untersuchen. Letzten Endes könnten dann Vergleiche mit den Gasphasenergebnissen den Einfluss des Substrates auf die Reaktivität der Cluster aufklären.

109

A Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1: CO-Oxidation an deponierten Aun -Clustern ...6

Abb. 2.1: Struktur: WO6 -Oktaeder und WO3 -Einkristall ...21

Abb. 2.2: Struktur: W3O15 -, W3O9 -Cluster und WO3 -Film ...23

Abb. 3.1: Photodetachmentprozesses im Einteilchenmodell ...32

Abb. 3.2: Photodetachmentprozesses im quantenmechanischen Modell...35

Abb. 3.3: „Hot Bands“ im Photoelektronenspektrum...37

Abb. 3.4: Schematisches Photoelektronenspektrum bei a) identischem Gleichgewichtsabstand b) Übergang in die Nähe der Dissoziationsgrenze...39

Abb. 3.5: Schematisches Photoelektronenspektrum bei Dissoziation: a) Zu großer Unterschied der Gleichgewichtsabstände b) Endzustand ist ein antibindender Zustand ...41

Abb. 3.6: Schematisches Photoelektronenspektrum bei Prädissoziation...42

Abb. 3.7: Photoelektronenspektren von Na1-, Cu1-, Ag1- und Au1-...23

Abb. 3.8: Chemisorption von CO-Molekülen auf 3d-Übergangsmetalloberflächen ...49

Abb. 3.9: Ionisationspotential und Elektronenaffinität von Metallclustern aufgetragen über den reziproken Radius R-1...51

Abb. 4.1: Übersicht der Gesamtapparatur...54

Abb. 4.2: Schematische Darstellung der Clusterquelle „PACIS“...56

110 Abbildungsverzeichnis

Abb. 4.3: Schema zur Funktionsweise der „magnetischen Flasche“... 59

Abb. 5.1: Flugzeit-Massenspektrum von Wolframclustern... 63

Abb. 5.2: Flugzeit-Massenspektren von WnOm- -Clustern ... 64

Abb. 5.3: Photoelektronenspektren von W4Om- -Clustern... 66

Abb. 5.4: Grundzustandsgeometrien der negativ geladenen und neutralen W4Om -Cluster... 69

Abb. 5.5: HOMO-Orbitale des a) W4O4 - und b) W4O5 -Clusters ... 71

Abb. 5.6: Gleichgewichtsgeometrie des W4O12 -Clusters und des entsprechenden WO3 -Festkörperfragmentes... 75

Abb. 5.7: Vergleich der experimentellen Daten mit den entsprechenden theoretisch bestimmten Werten: a) Elektronenaffinitäten b) HOMO-LUMO-Gaps ... 76

Abb. 5.8: Photoelektronenspektren von WOm--Clustern... 78

Abb. 5.9: a) Referenzphotoelektronenspektrum des W1- b) Energieschema der beobachteten Übergänge ... 79

Abb. 5.10: Strukturvorschläge für die WOm -Cluster ... 80

Abb. 5.11: Photoelektronenspektren von W2Om - -Clustern... 81

Abb. 5.12: Strukturvorschläge für die neutralen W2Om -Cluster ... 82

Abb. 5.13: Photoelektronenspektren von W3Om- -Clustern... 84

Abb. 5.14: Strukturvorschläge für die W3Om -Cluster... 85

Abb. 5.15: Photoelektronenspektren von W5Om- - und W6Om- -Clustern ... 88

Abb. 5.16: Flugzeit-Massenspektrum von Wn- -Clustern reagiert mit Stickstoff ... 90

Abb. 5.17: Vergleich zweier Flugzeit-Massenspektren von Wn- -Clustern reagiert mit Stickstoff und Sauerstoff... 91

Abb. 5.18: Photoelektronenspektren von WnN2- -Clustern... 93

Abb. 5.19: Flugzeit-Massenspektrum von reinen Aun- -Clustern und mit Sauerstoff reagierten Goldclusteranionen ... 97

Abb. 5.20: Photoelektronenspektren von AunO2- -Clustern... 99

Abb. 5.21: Elektronenaffinität von Aun- -Clustern über n aufgetragen... 101

111

B Tabellenverzeichnis

Tabelle 3.1: Elektronenkonfiguration von Natrium (Na), Kupfer (Cu),

Silber (Ag) und Gold (Au) im Grundzustand ...44 Tabelle 3.2: Elektronenkonfiguration vom Anfangs- und Endzustand beim

Photodetachment von Na1-, Cu1-, Ag1- und Au1- unter

Berücksichtigung des „Shake-up“ Prozesses...45 Tabelle 3.3: Elektronenkonfiguration vom Anfangs- und Endzustand beim

Photodetachment von Cu1-, Ag1- und Au1- unter Berücksichtigung der Multiplettaufspaltung...46 Tabelle 5.1: Natürliche Isotopenhäufigkeit des Wolframatoms ...92

112

C Publikationen

Die mit ¾ gekennzeichneten Publikationen sind veröffentlichte oder zur Veröf-fentlichung eingereichte Teilergebnisse aus dieser Arbeit, andere Veröffentli-chungen sind mit ™ gekennzeichnet.

Artikel

¾ Do Baby Crystals Exist?

D. Stolčić and G. Ganteför, A. W. Castleman Jr., Q. Sun, B. K. Rao and P. Jena

eingereicht bei Nature, (2002)

¾ Metal-Semiconductor Transition in Tungsten Oxide. Clusters as a Function of Oxygen Uptake

D. Stolčić and G. Ganteför, Y. Kawazoe, Q. Sun, B. K. Rao and P. Jena eingereicht bei Phys. Rev. Lett., (2002)

¾ Novel Approach to Understand Energetics of Chemisorption on Nanoclusters: Interactions between tungsten clusters and atomic nitrogen

Y. D. Kim, D. Stolčić, M. Fischer and G. Ganteför eingereicht bei Phys. Rev. Lett., (2002)

¾ Direct Observation of Key Reaction Intermediates on Gold Clusters D. Stolčić, M. Fischer, G. Ganteför and Y. D. Kim

eingereicht bei J. Am. Chem. Soc., (2002)

™ Deposition of Mass-Selected Cluster Ions Using a Pulsed Arc Clusterion Source

B. Klipp, M. Grass, J. Müller, D. Stolčić, U. Lutz, G. Ganteför, T. Schlenker, J. Boneberg and P. Leiderer

Appl. Phys. A 73, 547 (2001)

Poster

¾ A Metal-Semiconductor Transition: Oxidation of Tungsten Clusters

¾ A Metal-Semiconductor Transition: Oxidation of Tungsten Clusters