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3.2.1 Katalyse am Beispiel der CO-Oxidation

Das seit einiger Zeit stark wachsende Interesse an kleinen Metallteilchen, ist auf deren Anwendung in der Katalyse zurückzuführen. Man unterscheidet im Allgemeinen zwischen heterogener und homogener Katalyse. Bei der hete-rogenen Katalyse stimmt der Aggregatzustand des Materials, das zur Reaktion gebracht werden soll, nicht mit dem Aggregatzustand des Katalysatormaterials überein. Die heterogene Katalyse findet dadurch an der Grenzfläche zweier Ag-gregatzuständen statt. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Autokatalysator, bei dem die erwünschte Reaktion an einer Fest/Gasförmig-Grenzfläche stattfin-det. Dem gegenüber steht die homogene Katalyse, bei der beide Aggregatzu-stände gleich sind. Sie wird beispielsweise zum Auslösen von Polymerisations-reaktionen verwendet, indem einem entsprechenden Flüssigkeitsgemisch ein flüssiger Katalysator beigemengt wird.

Im Fall von Metallclustern als Katalysator spricht man demgemäß von heterogener Katalyse. Eine der meist- und bestuntersuchten, katalytisch indu-zierten Reaktionen ist die Oxidation des Kohlenmonoxides (CO) [45]. Die Reaktionsgleichung lautet:

2 CO + O2 → 2 CO2

Bei Raumtemperatur reagieren diese beiden Gase nicht von selbst. Damit diese Reaktion unter solch „niedrigen“ Temperaturbedingungen initiiert werden kann,

48 3 Methoden und Modelle muss eine beträchtliche Energiebarriere überwunden werden. An dieser Stelle kommen Katalysatoren, wie zum Beispiel bestimmte Metalloberflächen oder Metallpartikel zum Einsatz. Platin ist ein solches Metall, auf dessen Oberfläche sowohl Kohlenmonoxid-, als auch Sauerstoffmoleküle bei Raumtemperatur chemisorbieren. CO ist dabei molekular gebunden, jedoch mit geschwächter intramolekularer Bindung. Eine Erklärung dieses Effektes liefert das Blyhol-der’sche „σ-donation/π-backdonation“-Modell [134, 135, 136]. Danach ist der Ladungstransfer aus dem Metall in das antibindende 2π*-Orbital des Kohlenmo-noxidmoleküls hauptverantwortlich für diese Schwächung. Im freien Molekül ist dieses Orbital nämlich unbesetzt. Das so chemisorbierte CO-Molekül ist in einem „aktivierten“ Zustand. Bei ausreichend hoher Temperatur dissoziiert der Sauerstoff, so dass zwei einzelne Sauerstoffatome an die Oberfläche gebunden werden. Das tritt speziell dann ein, wenn die Bindungsenergie zwischen einem Platinoberflächenatom und einem Sauerstoffatom größer ist als die Bindungs-energie des O2 -Moleküls an der Platinoberfläche und der Bindungsenergie bei-der Sauerstoffatome im Molekül zusammen. Bei Raumtemperatur sind übli-cherweise sowohl die Kohlenmonoxidmoleküle, als auch die dissoziierten Sau-erstoffatome mobil. Trifft beim Diffundieren auf der Oberfläche ein Sauerstoff-atom auf ein Kohlenmonoxidmolekül, kann sich Kohlendioxid bilden. Das CO2 -Molekül ist chemisch inaktiv und nur sehr schwach an die Oberfläche gebunden, so dass es bei Raumtemperatur unmittelbar desorbiert. Danach ist wieder Platz für die Chemisorption von weiteren Sauerstoff- und Kohlenmono-xidmolekülen. Nach Durchlaufen dieses Zyklus befindet sich die Metalloberflä-che wieder im ursprüngliMetalloberflä-chen Zustand. Zusammengefasst entspricht die Netto-reaktion der Oxidation des Kohlenmonoxidmoleküls, ohne dass eine nennens-werte Energiebarriere überwunden werden muss. Die Temperatur, unter wel-cher der Prozess abläuft, sollte lediglich hoch genug sein, die dissoziative Che-misorption des Sauerstoffmoleküls zu ermöglichen und die Diffusion rasch ge-nug ablaufen zu lassen.

3.2.2 Molekulare und dissoziative Chemisorption an Oberflächen Oben beschriebenes Beispiel verdeutlicht, wie wichtig es ist, die genauen Vorgänge bei der Chemisorption zu verstehen. Die Frage nach molekularer oder dissoziativer Chemisorption spielt dabei eine Schlüsselrolle. Für den Fall der CO-Oxidation ist die Austrittsarbeit des als Katalysator wirkenden Metalls die bestimmende Größe. Sie ist ein Maß für die Energie, die notwendig ist, ein Elektron aus dem Metall auszulösen, was beim Ladungstransfer vom Metall

zum Molekül ja auch geschieht. Eine hohe Austrittsarbeit bedeutet demzufolge einen geringen Ladungstransfer. Die Bindung im Molekül wird damit nicht aufgebrochen, sondern weniger stark geschwächt. Dieser Zusammenhang lässt sich anhand der CO-Chemisorption an Oberflächen von 3d-Übergangsmetallen verdeutlichen [135]. In dieser Serie im Periodensystem, die von Titan bis Ni-ckel geht, nimmt die Austrittsarbeit von relativ niedrigen Werten um 3,5 eV bis hin zu etwas höheren Werten um 5 eV zu. Entsprechend chemisorbieren Koh-lenmonoxidmoleküle an den Oberflächen der Elemente mit niedriger Ord-nungszahl und niedriger Austrittsarbeit dissoziativ, während sie für die im Peri-odensystem weiter rechts gelegenen Elemente molekular chemisorbieren. In Abb. 3.8 ist dazu in einem einfachen Energieschema eine Übersicht der energe-tischen Lage des antibindenden Kohlenmonoxid-2π*-Orbitales und der obersten besetzten Zustände der 3d-Übergangsmetalloberflächen dargestellt. An Me-talloberflächen mit höher als das CO-2π*-Orbital liegendem d-Orbital vollzieht sich ein Ladungstransfer in das antibindende CO-2π*-Orbital, was die Dissozia-tion des CO-Moleküls zur Folge hat. Liegt das d-Orbital der Metalloberfläche unterhalb des CO-2π*-Orbitals, wie zum Beispiel für Nickel, ist der Ladungs-transfer zu gering, um die CO-Bindung aufbrechen zu können. Das Kohlenmo-noxid wird hier molekular gebunden.

Abb. 3.8: Energieschema zur Veranschaulichung der unterschiedlichen Chemisorpti-onsarten von CO-Molekülen auf 3d-Übergangsmetalloberflächen, nach [135].

Dieses Modell ist natürlich stark vereinfacht und nimmt weder den Ein-fluss der Bindungsplätze, noch die Orientierung der Metalloberflächen (100,

Ti V Cr Mn Fe Co Ni carbonmonoxide

bottom of d band

top of d band

F

5σ 2π*

50 3 Methoden und Modelle 111, etc.), noch die Symmetrie der beteiligten Oberflächenorbitale in Betracht.

Dennoch ist es hilfreich zum Verständnis des generellen Verlaufes.

Das Modell macht eine Aussage darüber, welcher Chemisorptionszustand für das betrachtete System energetisch günstiger ist: Der molekulare oder der dissoziative. Das Ergebnis ist also immer der energetische Grundzustand der Chemisorption. Dennoch kann experimentell das System unter bestimmten Be-dingungen sowohl in den einen als auch in den anderen Zustand präpariert und beobachtet werden. Zwischen beiden Zuständen ist häufig eine energetische Barriere, die es für eine Umwandlung zu überwinden gilt. Ist der energetisch ungünstigere Zustand erst einmal präpariert, bleibt er somit metastabil bestehen.

Der Diamant ist beispielsweise ein metastabiler Zustand des Kohlenstoffs. Auf einer Wolframoberfläche etwa chemisorbieren N2 -Moleküle bei relativ niedri-ger Temperatur molekular. Führt man dem System Energie zu, wird dieser me-tastabile Zustand in den stabilen dissoziativen Chemisorptionszustand umge-wandelt [98, 101, 104].

3.2.3 Molekulare und dissoziative Chemisorption an Clustern In dieser Arbeit soll untersucht werden, ob sich der im vorangegangenen Unterkapitel beschriebene Ansatz auch auf Cluster ausweiten lässt.

Vergleichbar mit der oben gezeigten Abhängigkeit der Austrittsarbeit von der Ordnungszahl der 3d-Übergangsmetalle, findet man für Cluster einen ana-logen Größeneffekt für das Ionisationspotential. Das Ionisationspotential selbst entspricht der Energie, die aufgebracht werden muss um, einem neutralen Teil-chen ein Elektron zu entreißen. Das Ionisationspotential von Metallclustern folgt in Abhängigkeit der Clustergröße n einem n-⅓-Gesetz. Geht man in erster Näherung von kugelförmigen Clustern mit dem Radius R aus, vereinfacht sich das Ganze zu einer R-1-Abhängigkeit, wie in Abb. 3.9 klar an der oberen Gera-den zu erkennen ist. Angefangen bei einem hohen Ionisationspotential einzelner Atome und kleiner Cluster fällt die Gerade mit wachsender Clustergröße stetig bis zum Wert der Austrittsarbeit des jeweiligen Festkörpers.

Entsprechend der Erkenntnisse aus der Oberflächenphysik müsste ein ähnlicher Übergang von molekularer zu dissoziativer Chemisorption bei sin-kendem Ionisationspotential auftreten. Dabei wäre nicht das Element aus dem der Cluster besteht ausschlaggebend, sondern lediglich seine Größe. Dies würde beispielsweise bedeuten, dass Stickstoff- und Kohlenmonoxidmoleküle bis zu

einer bestimmten Größe von Wolframclustern molekular chemisorbieren. Erst ab dieser kritischen Clustergröße erfolgt dann die dissoziative Chemisorption.

Bislang wurde diese Hypothese noch nicht systematisch untersucht. Es gibt lediglich erste Hinweise auf ein solches Verhalten [13, 14, 15, 16].

Abb. 3.9: Ionisationspotential und Elektronenaffinität von Metallclustern aufgetragen über den reziproken Radius R-1. Die Cluster werden als kugelförmig mit dem Radius R ange-nommen. Die Ionisierungsenergie nimmt mit wachsender Clustergröße ab und die Elektronenaffinität nimmt zu. Beide Geraden konvergieren auf den Wert der Aus-trittsarbeit ф des jeweiligen Festkörpers, nach [137].