2.2. Emotionstheoretische Grundlagen
2.2.3. Klassifikationen von Emotionen
2.2.5.3. Emotionsausdruck über verschiedene Kommunikati-
2.2.5.3.1. Nonverbaler Emotionsausdruck
Der nonverbale Ausdruck von Emotionen zeigt sich als „behaviorale motorisch oder vegetativ realisierte Phänomene“ (Traue 1998, S. 149). Im Allgemeinen wird diesem Kanal bei der Übermittlung von Emotionen ein höherer Stellenwert zugewiesen als dem verbalen (Argyle, 2005, S. 105ff.;; Scherer, 1990). Eine mögliche Begründung für diese Gewichtung wird darin gesehen, dass der Aus-
druck von Emotionen nonverbal einfacher scheint. Menschen fehlen manchmal gewissermaßen die Worte, um Emotionales passend ausdrücken zu können (Argyle, 2005, S. 17, S. 105ff.;; Ellgring, 2000). Zudem unterliegt der sprachliche
Ausdruck generell einer stärkeren normativen Reglementierung, sodass emotio-
nale Botschaften oft nicht explizit auf verbalem Weg geäußert werden können und deshalb implizit mithilfe nonverbaler Verhaltensweisen übermittelt werden (Mehrabian, 1972, S. 2;; Schorsack, 1998, S. 47). Ferner ist anzunehmen, dass die größere Bedeutung nonverbaler Verhaltenselemente bei der Übermittlung von Emotionen physiologisch verursacht ist. Nach Ekman (2007, S. 1ff.) bei-
spielsweise besteht eine feste Verknüpfung zwischen den Basisemotionen und spezifischen mimischen Ausdrucksformen. Eine Emotion aktiviert unwillkürlich ein angeborenes Programm und führt zu einem bestimmten nonverbalen Aus-
druck.
Nonverbale Botschaften werden im Allgemeinen auf mehreren Informationskanä-
len gleichzeitig gesendet. Die Ansichten, welche und wie viele nonverbale Kanä-
le zu differenzieren sind, variieren jedoch stark. Zumeist lassen sich diese Ab-
grenzungen auf Unterschiede in den verwendeten Ordnungskriterien zurückfüh-
ren (Nerdinger, 2001b, S. 211). Nerdinger (2001b, S. 211ff.) unterscheidet in An-
lehnung an eine von Weinberg (1986, S. 13ff.) getroffene Strukturierung folgen-
de, nonverbale Kommunikationskanäle, denen er für den Bereich des persönli-
chen Verkaufs eine wichtige Bedeutung beimisst: Mimik, paraverbale Signale, Blicke, Gestik, Körperorientierung und Artefakte.
Von den genannten Ausdruckserscheinungen hat die Mimik die größte Beach-
tung in der emotionspsychologischen Forschung gefunden, da sie neben dem stimmlichen Ausdruck die spezifischsten emotionalen Informationen zur Erken-
nung einzelner Basisemotionen liefert (Merten, 2003, S. 46ff.;; Wallbott, 1998).
Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass zumindest für einige der Basisemo-
tionen differenzielle und universelle Gesichtsausdrucksmuster zu bestehen scheinen, die von Beobachtern mit hoher Genauigkeit erkannt werden können.
Hierzu gehören Freude, Überraschung, Ärger, Trauer, Ekel und Verachtung (z. B. Ekman et al., 1972, S. 175;; Merten, 2003, S. 48ff., 2009).
Ebenso dienen paraverbale Signale, d. h. vokale Reize, die nicht aus Worten bestehen, dem Ausdruck von Emotionen (Nerdinger, 2003). Emotionsrelevante Aspekte können besonders in der Stimmqualität festgestellt werden. Dabei sind es vor allem Ärger und Trauer, die am besten erkannt werden (Banse & Scherer, 1996;; Merten, 2003, S. 53, 2009;; Wallbott, 1998).
Umstritten ist, ob auch durch Gestik, Kopf- und Körperorientierung spezifische Emotionen übermittelt werden (Wallbott, 1998). Vereinzelte Untersuchungen (Sogon & Izard, 1987;; Wallbott, 1998;; Walk & Homan, 1984) liefern zwar erste Hinweise auf die Möglichkeiten der Unterscheidung verschiedener Emotionen aufgrund von Bewegungs- und Körperverhalten. Meist wird jedoch davon ausge-
gangen, dass auf diese Weise eher unspezifische emotionsrelevante Informatio-
nen übermittelt werden (Merten, 2003, S. 31;; 2009). Außer Zweifel scheint hin-
gegen, dass diese Ausdrucksphänomene wichtige Kontextvariablen sind, die gemeinsam mit der Mimik und der Stimmqualität den Eindruck beim Empfänger über das emotionale Ausdrucksverhalten des Senders beeinflussen (Merten, 2003, S. 31;; 2009).
Auch dem Blickverhalten wird keine spezifische emotionale Qualität zugewiesen (Merten, 2003, S. 166;; 2009), dennoch erhält es im Zusammenhang mit anderen Ausdruckskomponenten eine wichtige Bedeutung zur Steuerung von Interaktio-
nen (Nerdinger, 2001b, S. 214). Ein Blickkontakt des Zeichengebers mit einem Interaktionspartner dient z. B. dazu, dem Empfänger zu signalisieren, dass eine gezeigte Emotion ihn betrifft (Merten, 2003, S. 166;; 2009).
Im Alltagsverständnis gilt besonders das nonverbale im Vergleich zum verbalen Verhalten als verlässlicher Indikator wirklich erlebter Gefühle. Hierbei wird unter-
stellt, dass die nichtsprachlichen Phänomene eher dem spontanen Ausdruck von Emotionen dienen. Jedoch finden sich auch in diesem Zusammenhang Belege
für eine intentionale Regulation des Ausdrucks. Es ist für Menschen durchaus möglich, das nonverbale Verhalten bewusst im Sinne einer bestimmten Wir-
kungsabsicht zu gestalten (Nerdinger, 2001b, S. 217ff.). Allerdings gelingt dies häufig nur eingeschränkt. Da nonverbales Verhalten stets simultan auf mehreren Kanälen verläuft, ist es meist nicht gänzlich zu kontrollieren und verborgene Ge-
fühle können zum Empfänger „durchsickern“ (Ambady & Rosenthal, 1992;; Ell-
gring, 2000;; Merten, 2003, S. 137ff.)
2.2.5.3.2. Verbaler Emotionsausdruck
Obgleich in den letzten Jahren gerade in der linguistischen Literatur ein verstärk-
tes Interesse auch am sprachlichen Ausdruck von Emotionen festzustellen ist, sind die zu berücksichtigenden Phänomene und Zusammenhänge bisher nur ansatzweise erforscht. Konsensfähige Annahmen emotionaler Bedeutungen im Rahmen von Theorien über die Struktur natürlicher Sprachen bestehen noch nicht. Dementsprechend steht auch die empirische Analyse von Emotionen im Gespräch erst am Anfang (Fiehler, 2001;; Schwarz-Friesel, 2007, S. 2).
Grundsätzlich zählen zu den verbalen Kommunikationsanteilen der Wortlaut und die phonetische Realisierung sprachlicher Äußerungen (Selting, 2001). In der Kommunikation von Emotionen stehen bezogen auf deren sprachlichen Aus-
druck prinzipiell zwei unterschiedliche Wege zur Verfügung: Zum einen können Emotionen und ihr Erleben selbst zum Gegenstand der Kommunikation werden, zum anderen kann ein völlig anderer Sachverhalt Hauptthema sein, „… aber da-
neben und zugleich kommunizieren wir – durch die Art, wie wir über das Thema kommunizieren – Emotionen“ (Fiehler, 2001, S. 1430). Besonders die zweite verbale Realisierungsform von Emotionen in sprachlichen Äußerungen wird im Vordergrund der nachstehenden Betrachtungen und empirischen Untersuchung stehen, da ihr Vorkommen im Kontext des persönlichen Verkaufs wahrscheinli-
cher ist. In diesem Umfeld manifestieren sich Emotionen weniger explizit durch verbale Thematisierung ihres Erlebens oder Empfindens, sondern eher impliziert in anderen sprachlichen Äußerungen der Gesprächsteilnehmer.
Eine Auflistung möglicher Manifestationsbereiche von Emotionalität im Gespräch stammt von Fiehler (2001). Hier findet sich auch ein Ordnungsschema für Aus-
druckserscheinungen der zweiten, eher impliziten Form der sprachlichen Reali-
sierung von Emotionen. Ein Gliederungspunkt innerhalb dieses Schemas sind Manifestationen im verbalen Anteil von Äußerungen. Zu ihnen gehören z. B.:
sprachlich-inhaltliche Formen der Verbalisierung (z. B. Wortwahl), emotional-
verbale Äußerungen (z. B. Ausrufe) oder auch verbal-emotionale Äußerungen (z. B. Vorwürfe, Disziplinierungen). Der zweite übergeordnete Punkt bezieht sich auf Manifestationen im Gesprächsverhalten. Folgendes sprachliches Ausdrucks-
verhalten kann u.a. hier eingeordnet werden: die Wahl des Gesprächsthemas (z. B. trauriges Thema), Diskurstypen (z. B. Blödelei, Streit), Strategien der Ge-
sprächsführung (z. B. schonungslose Offenheit), die Gesprächsorganisation (z. B. einander nicht ausreden lassen) sowie die Gesprächsatmosphäre (z. B.
engagiert, locker, ironisch).
In Untersuchungen zum emotionalen Ausdrucksverhalten werden der nonverba-
le und der verbale Kommunikationskanal häufig getrennt erforscht (Scherer &
Ellgring, 2007;; Traue, 1998, S. 149). Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist im Gegensatz zu bisherigen Vorgehensweisen, beide Manifestationsformen in die empirische Untersuchung einzubeziehen, da sprachliche und nichtsprachliche Elemente in Alltagssituationen – und hier ist auch die Kommunikation im persön-
lichen Verkauf einzuordnen – untrennbar miteinander verwoben sind (Traue, 1998, S. 149). Beide sind als gleichzeitig auftretende und zusammenhängende Phänomene zu betrachten (Jones & LeBaron, 2002;; Hornecker, 2005). Welchen relativen Beitrag beide Formen in der Kommunikation von Emotionen leisten, lässt sich allerdings nicht generell bestimmen, sondern variiert je nach Person,
Situation und Kontext (). Jedoch weisen Ergebnisse der interpersonalen Kom-
munikationsforschung darauf hin, dass sich Menschen zum Zwecke der Prüfung der Richtigkeit ihrer Schlussfolgerungen eher an nonverbalen Kommunikations-
anteilen als an sprachlichen Aussagen orientieren. Insbesondere im Fall von In-
konsistenzen zwischen den Kommunikationskanälen ist das Vertrauen in non-
verbale Informationsquellen größer (Kroeber-Riel et al., 2009, S. 557f., S. 560;;
Mehrabian, 1978;; Wallbott 1998).