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3 Material und Methoden

3.38 NMR-Spektroskopie

Zur Durchführung von NMR-Experimenten wurden die gereinigten Proteine gegen die geeigneten NMR-Puffer dialysiert und anschließend durch Vivaspin Konzentratoren (Vivaspin® 20, Sartorius AG, Göttingen) konzentriert. Prouroguanylin und Prouro-STh wurden in 50 mM Kaliumphosphat, pH 7,8, 10 % D2O (v/v), 0,04 % NaN3 (w/v) analysiert. Der NMR-Puffer von MiniGC-C enthielt 20 mM Kaliumphosphat, pH 7,0, 100 mM NaCl, 10 % D2O (v/v), 0,04 % NaN3 (w/v).

Die gereinigten Peptidliganden von GC-C wurden durch Vakuumzentrifugation getrocknet und

4 http://dichroweb.cryst.bbk.ac.uk/html/home.shtml (Stand: 06.09.2013)

dann direkt in H2O, 10 % D2O (v/v), 0,04 % NaN3 (w/v) gelöst. Die pH-Werte der Proben wurden durch Zugabe von 1 M HCl auf 3 (bei STh, STh L9Y und STh Y5R L9Y) bzw. 3,3 (bei Uroguanylin) eingestellt. Typische Ligandenkonzentrationen lagen bei etwa 100 µM.

NMR-Titrationen zwischen den Peptidliganden und Fragmenten der ECD von GC-C wurden in 20 mM Kaliumphosphat, pH 7,0, 100 mM NaCl, 10 % D2O (v/v), 0,04 % NaN3 (w/v) durchgeführt.

Das Gesamtvolumen der NMR-Proben wurde auf 550 µl eingestellt und die Proben wurden in 5 mm Ultra-Präzisions NMR-Röhrchen (Norell, Landisville, NJ, USA) gefüllt.

3.38.2 Allgemeine Messbedingungen und Verfahren

NMR-Experimente wurden an Spektrometern der Firma Bruker (Karlsruhe) vom Typ Avance 400 (400 MHz), Avance 700 (700 MHz), Avance 800 (800 MHz), Avance II+ (600 Mhz) durchgeführt.

Die Avance 400 und Avance II+ Spektrometer sind mit inversen TXI-1H/13C/15 N-Tripelresonanz-Probenköpfen ausgestattet während in den Avance 700 und Avance 800 Spektrometern inverse

TCI-1H/13C/15N-Tripelresonanz-Kryoprobenköpfe verwendet werden. Alle Probenköpfe enthalten eine aktiv abgeschirmte z-Gradientenspule. Die Temperatur der Probe wurde über BVT3000 Einheiten (Bruker, Karlsruhe) reguliert und betrug 25 °C bei Experimenten mit Prouroguanylin, ProuroSTh, MiniGC-C und den NMR-Titrationen, 11 °C bei Experimenten mit Uroguanylin und 10 °C bei NMR-Spektren von STh, STh L9Y und STh Y5R L9Y. Alle Spektren wurden phasensensitiv aufgenommen, die Quadraturdetektion in den indirekten Dimensionen erfolgte über die STATES-TPPI-Methode (States et al., 1982; Marion et al., 1989) oder das Echo/Antiecho-Verfahren, wenn gepulste Feldgradienten verwendet worden sind (Kay et al., 1992; Schleucher et al., 1994).

Die Unterdrückung des Wassersignals wurde entweder mit den Pulsfolgen 3-9-19 WATERGATE (Sklenar et al., 1993) und W5 WATERGATE (Liu et al., 1998) oder mit der DPFGSE-Technik (engl. double pulsed field gradient spin echo) (Hwang & Shaka, 1995) erreicht. Bei den heteronuklearen Experimenten erfolgte die Entkopplung der Heterokerne während der Aufnahme des freien Induktionsabfalls (FID) durch die GARP-Sequenz (Shaka et al., 1985), während zur Protonenentkopplung die WALTZ-16-Pulsfolge (Shaka et al., 1983) eingesetzt wurde. Außerdem wurden gepulste Feldgradienten zur Kohärenzselektion und Artefaktunterdrückung verwendet (Schleucher et al., 1994).

Zur Referenzierung der chemischen Verschiebungen von Protonen wurde der externe Standard 2,2-Dimethyl-2-silapentan-5-sulfonsäure (DSS) verwendet. Die chemischen Verschiebungen von 13C und 15N wurden indirekt unter Verwendung der Verhältnisse der Nullpunktsfrequenzen (ωNH =

0,101329118; ωCH = 0.251449530) referenziert (Wishart et al., 1995).

3.38.3 Prozessierung und Analyse von NMR-Spektren

Die Prozessierung der gemessenen NMR-Datensätze erfolgte mit am Lehrstuhl von Dr. Kristian Schweimer entwickelter Software (Schweimer et al., 2000). Vor der Fouriertransformation wurden die gemessenen FIDs mit einer um π/3 verschobenen Sinusquadrat-Fensterfunktion multipliziert.

Die Anzahl der Datenpunkte in den einzelnen Frequenzdimensionen wurde durch sog. zero-filling (Cavanagh et al., 2006) erhöht, um die digitale Auflösung zu verbessern. Bei dreidimensionalen Spektren wurde der FID vor der Fouriertransformation in der 15N-Dimension durch linear prediction (Barkhuijsen et al., 1985) extrapoliert und durch zero-filling mindestens auf die doppelte Länge vergrößert.

Die Spektren wurden fouriertransformiert, und einer Phasenkorrektur nullter und erster Ordnung unterzogen. Schließlich erfolgte eine Korrektur der Basislinie in allen Dimensionen durch einen model-free-Algorithmus (Friedrich, 1995).

Die prozessierten NMR-Spektren wurden mit dem Programm NMRView 5.0.4 (Johnson & Blevins, 1994) visualisiert und ausgewertet.

3.38.4 Homonukleare Experimente TOCSY-Experiment

Das TOCSY-Experiment (engl.: total correlation spectroscopy) ist eine Methode, um Konnektivitäten innerhalb des Spinsystems einer Aminosäure zu erhalten (Braunschweiler & Ernst, 1983; Bax & Davis, 1985) und beruht auf der Verwendung einer isotropen Mischsequenz, die den Magnetisierungstransfer zwischen zwei Spins über ihre starke skalare ³J-Kopplung vermittelt.

Dieser sog. Hartmann-Hahn-Transfer (Cavanagh, 1992) vollzieht sich zwischen Protonen, die über jeweils drei kovalente Bindungen miteinander verbunden sind und kann innerhalb eines Spinsystems über mehrere Kopplungen weitergegeben werden. Da es in Peptidketten keine ³J-Kopplungen gibt, die über die Peptidbindung reichen, ist mit dem TOCSY-Experiment keine sequentielle Korrelation zwischen einzelnen Amionsäureresten möglich. Jedoch erlaubt es die Zuordnung aller Protonen zu einem Spinsystem und ermöglicht somit die Identifizierung der jeweiligen Aminosäuren anhand ihres spezifischen Signalmusters.

NOESY-Experiment

Der sog. Kern-Overhauser-Effekt (engl.: nuclear overhauser effect, NOE) ist ein Phänomen, bei dem Magnetisierung von einem Kern durch dipolare Kreuzrelaxation auf einen räumlich benachbarten Kern übertragen wird (Anderson & Freeman, 1962). Da die Stärke des NOE umgekehrt proportional zur sechsten Potenz des Abstands beider Kerne ist, können NOE-Korrelationssignale als Maß für die Distanzen zwischen den Protonen eines Moleküls genutzt werden (Cavanagh et al., 2006).

Das NOESY-Experiment (engl.: nuclear overhauser enhancement spectroscopy) ist ein typischerweise zweidimensionales Experiment und erzeugt Korrelationssignale, die durch Kreuzrelaxation zwischen räumlich nahe beeinanderliegenden Protonen entstehen (Jeener et al., 1979). Die Länge der Mischzeit, während der der Magnetisierungstransfer zwischen den Kernen erfolgt, bestimmt die Dauer der Kreuzrelaxation und damit die Intensität der Kreuzsignale. Bei längeren Mischzeiten kommt es jedoch verstärkt zur sog. Spindiffusion, d. h. dem Fluss der Magnetisierung über mehrere jeweils paarweise benachbarte Protonen. Da dabei unterschiedliche Intensitäten der Kreuzsignale teilweise herausgemittelt werden, führt dies zu einer möglicherweise fehlerhaften Einschätzung der Abstandsverhältnisse im untersuchten Molekül.

Bei Proteinen kann das NOESY-Experiment eingesetzt werden, um die sterischen und konformationellen Verhältnisse aufzuklären. Daneben eignet es sich bei Peptiden und kleineren Proteinen, in Verbindung mit dem TOCSY-Experiment, zur sequentiellen Zuordnung von Resonanzsignalen.

3.38.5 Heteronukleare Experimente HSQC-Experiment

Das HSQC-Experiment (engl.: heteronuclear single quantum coherence) (Mueller, 1979;

Bodenhausen & Ruben, 1980) gehört zu den grundlegendsten heteronuklearen Experimenten in der Protein-NMR-Spektroskopie. Es handelt sich dabei um ein Protonen-detektiertes, zweidimensionales Experiment, bei dem die Kohärenz von den anfänglich angeregten Protonen auf einen Heterokern (15N oder 13C) übertragen wird, wo sich die Magnetisierung unter dem Einfluss der chemischen Verschiebung entwickelt, bevor sie wieder auf die Protonen zurück übertragen und detektiert wird. Charakteristisch für das Experiment ist die Tatsache, dass die Magnetisierung während der indirekten Evolutionsperiode als Einzelquantenkohärenz vorliegt. Zum Transfer der Magnetisierung zwischen Protonen und Heterokernen wird die sog. INEPT-Sequenz (engl.:

insensitive nuclei enhanced by polarization transfer) (Morris & Freeman, 1979; Burum & Ernst, 1980) eingesetzt.

Ein gemessenes [1H, 15N]-HSQC-Spektrum ist zweidimensional mit einer Achse für die chemischen Verschiebungen von 1H und einer Achse für die chemischen Verschiebungen von 15N. Im Spektrum korrelieren die detektierten Signale die Verschiebungen von 15N-Kernen und ihren kovalent gebundenen Protonen. Bei Proteinen gilt das [1H, 15N]-HSQC-Spektrum als „Fingerabdruck“, da die Signale der Rückgratamidgruppen jedes Proteins in einem spezifischen Muster angeordnet sind. Im HSQC wird für jede Aminosäure ein Rückgrat-Signal, sowie evtl. noch Seitenkettensignale, erwartet. Die Ausnahme bildet Prolin, das aufgrund der Ringstruktur seiner Seitenkette keine Amidgruppe besitzt und im Spektrum nicht auftaucht.

Die in einem [1H, 15N]-HSQC-Spektrum enthaltene Information ist äußerst nützlich, da sie u. a.

Aussagen darüber zulässt, ob ein Protein gefaltet ist. Außerdem wird das HSQC-Experiment bei NMR-Bindungsstudien eingesetzt und dient als Grundlage für viele mehrdimensionale (3D und 4D) NMR-Experimente.

In dieser Arbeit wurde routinemäßig das sog. FHSQC-Schema eingesetzt (Mori et al., 1995).

[1H, 1H, 15N]-TOCSY-HSQC und [1H, 1H, 15N]-NOESY-HSQC

Bei größeren Proteinen kann die Auswertung von TOCSY- und NOESY-Experimenten durch Signalüberlagerungen deutlich erschwert werden. In diesen Fällen ist es wünschenswert, die in beiden Spektren enthaltenen Resonanzsignale entlang einer zusätzlichen Dimension aufzutrennen.

Bei den [1H, 1H, 15N]-TOCSY-HSQC- und [1H, 1H, 15N]-NOESY-HSQC-Experimenten wird die Information aus den beiden homonuklearen Spektren durch die [1H, 15N]-Korrelation editiert (Gronenborn et al., 1989; Talluri & Wagner, 1996).

Neben der Vereinfachung von NOESY- und TOCSY-Spektren erlauben die dreidimensionalen Experimente die eindeutige sequentielle Zuordnung der Signale des [1H, 15N]-HSQC-Spektrums.

3.38.6 Aufnahmeparameter der in dieser Arbeit gemessenen NMR-Experimente

Nachfolgend sind die in der vorliegenden Arbeit verwendeten NMR-Experimente sowie die Aufnahmeparameter aufgeführt (Tab. 3.6). Alle im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Pulsprogramme wurden von Dr. Kristian Schweimer (Lehrstuhl Biopolymere, Universität Bayreuth) geschrieben.

Tab. 3.6: Übersicht der im Rahmen dieser Arbeit aufgenommenen NMR-Spektren und ihrer [1H, 15N]-HSQC fhsqcN15.ks 16 700,2 F1 15N 1667,5 256 Prouroguanylin

Prouro-STh Abb. 4.6

[1H, 15N]-HSQC fhsqcN15.ks 16 600,2 F1 15N 1581,5 256 Uroguanylin MiniGC-C

Mischzeit: 300 ms noesyw5.ks 16 800,1 F1 1H 9601,5 512

Uroguanylin Abb. 4.9

Dimension; SW: Breite des spektralen Fensters in der jeweiligen Dimension (engl: sweep width); TD: Anzahl der gemessenen komplexen Datenpunkte (engl: time domain).

3.38.7 Homonukleare Zuordnung

Für die Zuordnung von Resonanzsignalen in NMR-Spektren zu den entsprechenden Nuklei im untersuchten Peptid oder Protein können drei verschiedene Arten von durch NMR-Spektroskopie erhältlichen Informationen berücksichtigt werden (Cavanagh et al., 2006):

– Interaktionen über kovalente Bindungen hinweg, vermittelt durch skalare Kopplungen – Wechselwirkungen über den freien Raum hinweg, vermittelt über dipolare Kopplungen – die chemisch-magnetische Umgebung der jeweiligen Nuklei, die sich in der chemischen

Verschiebung niederschlägt.

Diese Informationen können durch eine Reihe von Zuordnungsstrategien erhalten werden. Bei den in dieser Arbeit untersuchten Peptiden wurden homonukleare Experimente (TOCSY und NOESY) zur sequentiellen Zuordnung der Protonen verwendet. Die Zuordnung erfolgte unter Verwendung unmarkierter Proben. Zur Übertragung auf die Signale des [1H, 15N]-HSQC-Spektrums und damit zur Identifizierung der chemischen Verschiebungen der Rückgrat-Stickstoffatome wurden [1H, 1H,

15N]-TOCSY-HSQC- und [1H, 1H, 15N]-NOESY-HSQC-Experimente mit 15N-markierten Peptidproben durchgeführt.

Die homonukleare Zuordnung wurde nach der von Wüthrich et al. entwickelten Strategie durchgeführt (Wüthrich, 1986). Skalare Korrelationen, die durch COSY und TOCSY erhalten werden können, sind immer auf Protonen beschränkt, die innerhalb eines Spinsystem, d. h. eines Aminosäurerests, vorliegen. Dies liegt darin begründet, dass die 4JHH-Kopplungen, die für eine Korrelation über die Peptidbindung hinweg erforderlich wären, zu klein sind. Skalare Korrelationsexperiment werden benutzt, um die Protonenresonanzen innerhalb jedes Spinsystems zuzuordnen.

Die durch das NOESY-Experiment erhaltenen abstandsabhängigen Korrelationen können dazu verwendet werden, die einzelnen Spinsysteme sequentiell zu verbinden. Zwar enthalten NOESY-Spektren auch Kreuzsignale zwischen Protonen, die in der Peptidsequenz weit voneinander entfernt sind, jedoch ist eine Mehrheit der Signale zwischen verschiedenen Aminosäuren auf deren sequentielle Nachbarschaft zurückzuführen. So sind insbesondere zwischen dem 1HN einer Aminosäure i+1 und den 1HN, 1Hα und 1Hβ der jeweiligen Vorgängeraminosäure i oftmals intensive NOESY-Kreuzsignale zu beobachten. Diese Information dient dazu, die jeweiligen Spinsysteme in die richtige sequentielle Reihenfolge zu bringen. Aminosäure-spezifische chemische Verschiebungen einzelner Protonen erlauben es schließlich, eine Abfolge von auf diese Weise verknüpften Spinsystemen dem jeweils passenden Abschnitt der Peptid- bzw. Proteinsequenz zuzuordnen.