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2.2. Komplikationen bei kardiovaskulären Implantaten

2.2.1. Nichtresorbierbare Materialien

Das derzeit am häufigsten verwendete Material für Implantate im Herz-Kreislaufsystem ist medizinischer Edelstahl 316L (SHIH et al. 2006; ARSLAN et al.

2008), eine Legierung aus verschiedenen Elementen (Tab. 1). Edelstahl ist kostengünstig, sehr korrosionsbeständig und besitzt gute mechanische Eigenschaften wie eine hohe Stärke und Härte. Es ist die am häufigsten für Stents eingesetzte Legierung in der Kardiologie (SHIH et al. 2006), z. B. für den Cordis-Palmaz-Schatz-Stent, den Cordis-Crossflex-Stent, den Guidant-Multi-Link-Stent und

Die Stabilität von Edelstahl ist abhängig von dessen Passivschicht. Diese kann durch Anwesenheit von Chloridionen aus Körperflüssigkeiten, wie z. B. Blut, verletzt werden und damit zur ungewollten Degradation und Freisetzung von Ionen in das umgebende Gewebe führen. Diese Reaktion kann dort schwere Entzündungen hervorrufen (SHIH et al. 2006). Kontaktallergien und entzündliche Überempfindlichkeit auf Chrom, Nickel oder Molybdän wurden im Rahmen von Stentimplantationen beschrieben und werden als Ursache für In-Stent-Restenose diskutiert (KÖSTER et al. 2000), obwohl dies durch jüngere Studien nicht bestätigt werden konnte (THYSSEN et al. 2011). Die Zytotoxizität von Nickelionen aus Edelstahl auf vaskuläre glatte Muskelzellen konnte in Zellkulturexperimenten nachgewiesen werden (SHIH et al. 2001). Edelstahl 316L ist wegen seines hohen

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Eisenanteils und seiner geringen Dichte nicht MRI-kompatibel (MANI et al. 2007).

Eine andere Legierung, die häufig für die Herstellung von Stents zur Anwendung in den peripheren Gefäßen eingesetzt wird, ist Nitinol (Boston´s scientific RADIUS-Stent) (IIDA et al. 2011). Es besteht je nach Legierung jeweils etwa zur einen Hälfte aus Nickel und zur anderen Hälfte aus Titan. Es besitzt gute mechanische Eigenschaften, eine hohe Elastizität und gute Dämpfungseigenschaften (HEINTZ et al. 2001). Auch wegen seines thermalen Formengedächtnisses ist es eines der meist verwendeten Materialien für selbstexpandierbare Stents (SHIH et al. 2000).

Allerdings ist es schwierig herzustellen, da bereits wenig mehr als 1 % Veränderung in der Zusammensetzung der Legierung die Transformationstemperatur drastisch verändern kann (LIM 2004). Als weitere Nachteile werden, wie auch bei Edelstahl, die austretenden Ionen diskutiert, die als Ursache für In-Stent-Restenose gelten (KÖSTER et al. 2000). Dabei sind Nickelionen potentiell karzinogen und allergen, wobei etwa 16 % der Weltbevölkerung allergisch auf Nickel reagieren (PRYSTOWSKY et al. 1979; PELTONEN 1981; MCLUKAS et al. 2008). Es wurde in einigen Fällen von einer Ausschwemmung von Nickelionen, ausgehend von Nitinol-Implantaten in das Vorhofseptum (RIES et al. 2003) und die Aorta abdominalis (HEINTZ et al. 2001) berichtet, ebenso wie von der In-vivo-Korrosion eines Amplatzer-Okkluders in Kontakt mit einem Platin-Schrittmacher (KONG et al. 2002).

Des Weiteren zeigten in vitro korrodierte und als Zellkulturmedium aufbereitete Nitinol-Drähte einen zytotoxischen Effekt auf glatte Muskelzellen aus der Aorta von Ratten (SHIH et al. 2000).

Auch Kobalt-Chrom-Legierungen sind ein häufig verwendetes Material zur Herstellung von Stents, z. B. dem Multi-Link-Stent oder dem Cinatra-Stent aus Kobalt-Chrom L605 (NEF et al. 2009). Neben Kobalt und Chrom bestehen die Legierungen außerdem aus Mangan, Wolfram, Nickel und Phosphor. Sie besitzen

eine hohe Festigkeit, Flexibilität und eine gute Korrosionsbeständigkeit (FISCHER u.

BRAUER 2001). Kobalt-Chrom-Legierungen sind MRI-kompatibel und weisen eine röntgenologische Sichtbarkeit auf, die wichtig für die Darstellung von Implantaten in der Fluoroskopie ist. Wegen der guten Elastizitätswerte ist die Herstellung sehr dünner Stentstreben möglich, was den Herstellungsprozess von Implantaten vereinfacht (MANI et al. 2007). Sie werden häufig für selbstexpandierende Stents verwendet (LEGRAND et al. 2006). Hohe Konzentrationen (15–30 ppm) sowohl von Nickel als auch von Kobalt können jedoch morphologische Veränderungen und die Unterdrückung von Fibroblasten in der Zellkultur hervorrufen (BEARDEN u. COOKE 1980). Bestimmte Komponenten von Chrom sind potente Auslöser von Lungenkarzinomen (SORAHAN et al. 1998), Kontaktdermatitis (HANSEN et al. 2002) und Schleimhautgeschwüren (LEE u. GOH 1988).

Tantal ist ein weiteres Material, aus dem Stents hergestellt werden, wie der Wiktor-Stent oder der Tantalum Cordis Wiktor-Stent zur intrakoronaren Anwendung (LIM 2004). Bei Tantal handelt es sich um flexibles und hochgradig röntgendichtes Metall. Die Vorteile dieses Metalls bestehen in seiner guten Korrosionsbeständigkeit und Biokompatibilität, ebenso wie in der Darstellbarkeit in der Fluoroskopie (LIM 2004).

Es besitzt aber eine eher schlechte Festigkeit und kann daher mit nur wenig Druck implantiert werden (RIEU et al. 1999). Dieser Umstand führt häufiger zum Recoil, dem erneuten Zusammenziehen des Stents, als dies bei Implantaten aus Edelstahl 316L der Fall ist (YOROZUYA et al. 2002). Ein weiterer Nachteil ist die teure Herstellung von Tantal (MANI et al. 2007). Der kommerziell erhältliche Wiktor-Stent aus Tantal zeigte außerdem eine starke Artefaktbildung bei in vitro multislice-CT-Angiographie-Untersuchungen im Vergleich zu herkömmlicher Angiographie (MAINTZ et al. 2003).

Platin-Iridium-Stents (CP-Stents) werden zur Implantation bei Pulmonalarterien- und

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Aortenstenose eingesetzt. Sie bestehen zu ca. 90 % aus Platin und 10 % Iridium. Sie sind röntgendicht (HIJAZI et al. 1995) und sehr biokompatibel, d. h. sie besitzen eine niedrige Tendenz zur Entzündungsantwort und damit zur Neointimabildung und Thrombusformation (BHARGAVA et al. 2000). Platin-Iridium besitzt eine gute Korrosionsresistenz, aber schlechte mechanische Eigenschaften (RIEU et al.1999).

Bei Implantation von Stents in Koronararterien von Schweinen konnte eine Reduktion von Thrombose- und Neointimabildung beobachtet werden. Dafür waren aber höhere Recoilraten von 16 % zu verzeichnen, während die von Edelstahl-316L-Stents im selben Versuch bei nur 5 % lagen (BHARGAVA et al. 2000; MANI et al. 2007).

Wolfram wurde zeitweise für die Herstellung von Coils verwendet. Diese wurden jedoch später vom Markt genommen, weil man feststellte, dass massive Korrosion zu Implantatversagen führte (PEUSTER et al. 2001b). Dabei wurden erhöhte Wolframspiegel im Blut festgestellt, die allerdings zu keinen ausgeprägten klinischen Symptomen führten (PEUSTER et al. 2003).

Polymere Kunststoffe werden für Implantate im Herz-Kreislaufsystem entweder als Beschichtung von Metallstents oder als reine Polymerimplantate verwendet. Die ersten selbstexpandierenden, nichtdegradablen, auf Polyethylenterephtalat-(PET)-Basis hergestellten Polymerstents erzeugten allerdings starke Entzündungserscheinungen und starke neointimale Proliferation, was zum Verschluss der behandelten Gefäße führte (MURPHY et al. 1992). Ähnliche Ergebnisse erzielten VAN DER GIESSEN et al. (1996) mit beschichteten Stents aus Polyurethan, Silikon und Polyethylenterephtalatpolyester (PETP) die in Schweinekoronararterien implantiert wurden. In derselben Studie wurde auch die Biokompatibilität von resorbierbaren Stent-Beschichtungen aus Polyglykolsäure/Polylaktidsäure, Polyorthoester, Polycaprolacton, Polyhydroxybutyratvalerat und Polyethylenoxid/Polybutylenterephtalat untersucht.

Diese Materialien zeigten alle eine ausgeprägte inflammatorische Reaktion auf das behandelte Gefäßgewebe. Daneben wurden Aneurysmenbildung und Gefäßnekrosen beobachtet (VAN DER GIESSEN et al. 1996; VENKATRAMAN et al.

2003). VIRMANI et al. berichteten 2004 von einer lokalen Hypersensibilitätsreaktion eines Patienten mit einem mit Polyethylen-vinyl-acetat/Poly-n-butyl-methacylate-Copolymer beschichteten Stent aus 316L Edelstahl und machten dafür das Polymer verantwortlich. Auch als Trägermaterial für Medikamente bei sogenannten drug-eluting Stents werden häufig Stents aus nichtresorbierbarem Metall mit einer Beschichtung aus resorbierbaren Polymeren verwendet (PARKER et al. 2010).