• Keine Ergebnisse gefunden

4 Ergebnisse 95

5.2. Verhältnis des Implantatdurchmessers zum nativen Gefäß

5.2.1. Entzündung

ANDERSON (1988) beschrieb drei verschiedene Arten der lokalen Entzündungsreaktion auf kardiovaskuläre Implantate. In der akuten Reaktion kommt es zur Akkumulation von Granulozyten an der Implantatoberfläche (ANDERSON 1988; FARB et al. 1999, 2001). Diese Reaktion wird durch die Migration neutrophiler Granulozyten an die Stelle des verletzten Endothels und der darunter liegenden Strukturen verursacht. Sie tritt bereits einen Tag nach der Operation auf und kann bis zu vier Wochen danach beobachtet werden.

Bei der zweiten Art, der chronischen Entzündungsreaktion, kommt es zu einer dem Implantat angrenzenden Lymphozyteninfiltration. Diese ist durch eine lockere Akkumulation von Entzündungszellen mit einem großen und dichten Zellkern

DISKUSSION

charakterisiert und entwickelt sich in der ersten Woche nach Implantation. Diese Entzündung kann bis zu 50 Monate nach Implantation persistieren (ANDERSON 1988; SIGLER et al. 2005). Die Anwesenheit von Lymphozyten zeigt einen dauerhaften inflammatorischen Stimulus an.

Die dritte Entzündungsart ist die Fremdkörperreaktion mit Monozyteninfiltration.

Monozyten differenzieren eventuell zu Makrophagen und fusionieren unter Bildung polynukleärer Fremdkörperiesenzellen. (BARTH et al. 1978). Diese Art der Entzündungsreaktion wird als normale Wundheilungsreaktion betrachtet und geht mit der Bildung eines gut vaskularisierten Granulationsgewebes einher. Sie beginnt eine Woche bis vier Wochen nach der Implantation und persistiert, wie bei der lymphozytären Entzündung beschrieben, über die gesamte Dauer der Implantation (FARB et al. 1999).

Die histologische Untersuchung der eigenen Arbeit zeigte zu jedem untersuchten Zeitpunkt sowohl Granulozyten als auch Lymphozyten und Makrophagen im Saumbereich des Implantates, sodass davon ausgegangen werden kann, dass hier eine chronische Entzündung mit Fremdkörperreaktion vorlag.

Die im hier untersuchten Mausschwanzgewebe mit Eisenfolien vorgefundenen Makrophagen in Form von Histiozyten, die Eisenhydroxide in Form von Hämosiderin enthielten, sogenannte Siderophagen, befanden sich ebenfalls als nicht physiologische Eisenablagerungen in der Lunge von Stahlarbeitern. Da Eisen eine wesentliche Komponente des Stahls ist, kommt es bei der Verarbeitung von Stahl zu Eisenstaub, der von den Arbeitern eingeatmet wird. Makrophagen dienen dabei der Abräumung von körperfremdem Material. (VERHOFF u. MÜLLER 2000).

Zur Beurteilung des Ausmaßes der im Rahmen der Degradation des Implantates stattfindenden Entzündung wurde die Gesamtfläche der Entzündungsreaktion um das Implantat herum gemessen. Dabei erwiesen sich die angefertigten Trenndünnschliffe für die Beurteilung als ungeeignet, da sich aufgrund der Dicke der

Schnitte und durch die Überlagerung der Zellen durch Eisenprodukte die Zellen nicht differenzieren ließen. Die Gesamtfläche der Entzündung nahm zwischen drei und sechs Monaten minimal zu und blieb dann bis zum neunten Monat gleich. Da die Entzündung schichtartig verläuft, wurden zur weiteren Quantifizierung diese Schichten in vier Quadranten gezählt. Die Messungen ergaben eine zu vernachlässigende Zunahme der Fläche der Entzündungszellen über den beobachteten Zeitraum. Bei der Messung der Schichten zeigte sich nach sechs Monaten eine tendenziell stärkere Entzündung als nach drei und neun Monaten. Die Ergebnisse entsprechen weitgehend anderen Untersuchungen mit Eisenimplantaten.

So war die Entzündungsreaktion auf Eisenstents in der Kaninchenaorta bei PEUSTER et al. (2001a) ebenfalls unabhängig vom Zeitpunkt der Nachuntersuchung nach 6 bis 18 Monaten und der Dicke der Stentstreben, sondern schwankte vielmehr intra- und interindividuell, ebenso wie in der vorliegenden Arbeit. Die Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der Entzündungsfläche und der Entzündungszellschichten, die beide das Ausmaß der Entzündung beurteilen sollten, könnte sich daraus ergeben, dass die Fläche der Eisenabbaupartikel über die Zeit zunahm und Entzündungszellen wie Makrophagen diese Eisenpartikel abbauten und so weiter entfernt vom Implantat anzutreffen waren, während die Bildung der Entzündungszellschichten eher mit der Degradationsgeschwindigkeit oder anderen Faktoren einhergehen könnte. So zeigte die schnellere Degradationsgeschwindigkeit von Polylactid-co-Glycolid gegenüber der langsameren Degradation von Polycaprolacton in vitro und in vivo eine geringere Zelldifferenzierung und Angiogenese (SUNG et al. 2004). Diese Hypothese muss jedoch in weiteren Untersuchungen an Eisenimplantaten mit größeren Versuchsgruppen näher untersucht werden.

Bestätigt wurden die histologischen Ergebnisse zur vorliegenden Entzündung durch die Genexpressionsstudien. Hier waren bei der Einordnung der Gene in funktionelle

DISKUSSION

Gruppen im Bereich Biologische Prozesse unter anderem die GO-Kategorien

„Abwehrantwort“, „Leukozytenchemotaxis“, „Antwort auf externen Stimulus“,

„Neutrophilenchemotaxis“, „Leukozytenaktivierung“, „Entzündungsantwort“,

„Leukozytenproliferation“ und „Phagozytose“ angereichert. Auch in der Studie von COPPIN et al. (2007) waren in Leber und Duodenum Hfe-defizienter Mäuse, wo es durch das Ausschalten des Hfe-Gens zu einer übersteigerten Eisenaufnahme durch die Darmzelle kommt, Gene der GO-Kategorie „Abwehrantwort“ (GO:0006952) überexprimiert, was als Reaktion auf einen Fremdkörper oder eine Verletzung definiert wird (s. Anhang Tab. VII und VIII). Bei RODRIGUEZ et al. (2009) war in der Leber Hfe-defizienter und Eisen-überfütterter Mäuse die GO-Kategorie

„Entzündungsantwort“ (GO:0006954) angereichert. Diese wird vom GO-Consortium definiert als „die unmittelbare defensive Reaktion (eines vertebraten) Gewebes auf eine Infektion oder Verletzung, hervorgerufen durch chemische oder physikalische Agentien. Dieser Prozess ist charakterisiert durch lokale Vasodilatation, Austritt von Plasma in den extrazellulären Raum und Akkumulation von weißen Blutzellen und Makrophagen“. Unter anderem waren Gene aktiviert, die für typische inflammatorische Marker kodieren, wie Interleukin-1β (Il1b), Nuklear factor of kappa B (Nfkb2), S100 calcium binding protein A8/calgranulin A (S100a8) und S100 calcium binding protein A9/calgranulin B (S100a9). Interleukin-1β ist ein Zytokin, das hauptsächlich von Monozyten produziert wird und von einem Organismus als Antwort auf eine Reihe von Fremdeinflüssen ausgeschüttet wird. Es bewirkt die Freisetzung neutrophiler Granulozyten und induziert unter anderem die Bildung von CD14, welches im untersuchten Mausschwanzgewebe der vorliegenden Arbeit ebenfalls überexprimiert war (RIVEST et al. 2000).

5.2.2. Eisenverteilung

Bisher war es so, dass die In-vivo-Degradationsraten von kardiovaskulären

Implantaten nicht sicher bestimmt werden konnten (PEUSTER et al. 2001a, b;

PEUSTER et al. 2006b). Daher wurde in diesem Modell der Versuch gemacht, die Degradation der Implantate histologisch zu quantifizieren, indem die Präparate mit Eisenfolien mittels Preußischblau-Färbung zum Nachweis von Eisen(III)oxiden gefärbt wurden (ROMEIS 1989). Dafür wurde die blau gefärbte Gesamtfläche vermessen und die Abstände der Außenränder der positiven Färbung in acht Vektoren in gleichen Winkeln vom gedachten Mittelpunkt des Implantates gezogen und gemessen. Dabei zeigte sich, dass trotz der hohen Standardabweichungen die Eisenfläche über den Zeitraum von drei bis neun Monate signifikant anstieg und auch der Abstand der Eisenpartikel vom Mittelpunkt des Implantates über den Zeitraum von drei bis sechs Monaten und von sechs bis neun Monaten signifikant (p < 0,05) zunahm, es also zu einer fortschreitenden Degradation über den untersuchten Zeitraum kam. Beide Merkmale zeigten also eine signifikante Zunahme über den Beobachtungszeitraum und könnten damit eine geeignete histologische Methode zur Beschreibung des Degradationsverhaltens eines Materials darstellen. Im Vergleich zur computertomographischen Untersuchung, bei der gezeigt werden konnte, dass fast die Hälfte des Materials abgebaut wurde, stieg die Fläche der Eisenablagerungen von drei Monaten auf neun Monate jedoch nur ca. um ein Viertel.

Als Ursache für die deutliche Degradation der Eisenfolien, die so bei Eisenimplantaten bisher noch nicht beobachtet werden konnte (PEUSTER et al.

2001a, 2006b), ist vermutlich das vorhandene hohe Verhältnis von Oberfläche zum Volumen der Folien verantwortlich.

DISKUSSION

5.3. Immunhistochemische Färbung mit Antikörpern gegen Aktin