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2.1.5 Einflussfaktoren auf das Wachstum

2.1.5.1 Nichtgenetische Faktoren

Maternaler Einfluss

Die pränatale und, im Fall von Mutterkuhhaltung aufgrund der Milchleistung und –zusammensetzung, auch die postnatale Entwicklung der Kälber wird sowohl vom Genotyp der Muttertiere als auch über ihren Phänotyp beeinflusst. Dieser Einfluss wird als sogenannter maternaler Effekt bezeichnet (SCHÖNMUTH u.SEELAND 1994).

In einer Untersuchung von KOENEN und GROEN (1996) zeigte das Alter der Muttertiere einen Einfluss auf die Reife der Kälber bei der Geburt. Kälber von Erstkalbinnen wiesen einen geringeren Reifegrad auf als Kälber von Drittkalbinnen. In einer Studie von KERTZ et al.

(1997) lag das Geburtsgewicht bei Kuhkälbern von Erstkalbinnen 7-8 % unter dem von Kuhkälbern, deren Mütter Zweit- oder Drittkalbinnen waren. Ab der vierten Kalbung sank das durchschnittliche Geburtsgewicht von Kuhkälbern jedoch wieder. Bei Bullenkälbern stieg ebenfalls das Geburtsgewicht bis zur dritten Kalbung der Muttertiere an, sank aber im Durchschnitt erst ab der siebten Kalbung deutlich ab. Zwillingskälber wiesen im Mittel ein um 15 % erniedrigtes Geburtsgewicht auf. KOENEN und GROEN (1998) fanden in einer Studie selbst noch bei Tieren, die sich schon in der ersten Laktation befanden, einen Gewichtsunterschied, der durch das Alter der Muttertiere zum Zeitpunkt der Geburt bedingt war. So wiesen Kühe, die von einem multiparen Muttertier stammten, ein im Durchschnitt um 1,1 kg (2 %) höheres Körpergewicht auf als Kühe von primiparen Muttertieren.

Eine Studie an 1000 Kühen der Rasse Holstein zeigte, dass das Geburtsgewicht ihrer Erstkälber mit deren zukünftig zu erwartender Anzahl von Laktationen korrelierte. So war die durchschnittliche Anzahl der Laktationen 2,3, wenn das Geburtsgewicht unter 41 kg lag und betrug 3 Laktationen, wenn das Geburtsgewicht über 45 kg lag (LAMB u. BARKER 1975).

Die Größe des mütterlichen Organismus ist laut SCHÖNMUTH und SEELAND (1994) von entscheidender Bedeutung für das Wachstum in der pränatalen Phase, da sie die Wachstumskapazität während der intrauterinen Entwicklung begrenzen kann. Bei der Mutterkuhhaltung ist als ein weiterer wichtiger postnataler maternaler Effekt auch das Pflegeverhalten des Muttertieres anzusehen.

Saison

Auch dem saisonalen Zeitpunkt der Geburt wurden Auswirkungen auf den weiteren Entwicklungsverlauf zugesprochen. So wiesen Kälber, die im Winter geboren wurden tendenziell höhere Tageszunahmen auf als Kälber aus anderen Jahreszeiten. Kälber, die im Sommer geboren wurden, zeigten eine Tendenz zu geringeren Tageszunahmen (PLACE et al.

1998; DONOVAN et al. 1998). Nach WILLEMART und TOUTAIN (1990) sichern Temperaturen zwischen 0 und 33°C ein normales Wachstum. Bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50-60 % soll das Wachstum dagegen herabgesetzt sein.

Ernährung und Erkrankungen

Wie bereits beschrieben, können sich in vielen Organen vorgeburtlich angelegte Zellen während der Aufzucht weiter vermehren. Krankheiten oder eine ungenügende Versorgung in der hyperplastischen Phase schränken diese Vermehrung jedoch stark ein und können sogar zum Abbruch der Zellteilung führen. Dagegen wirken Störungen in späteren Zeitabschnitten lediglich verzögernd auf die Zellvergrößerung, haben aber keinen Einfluss mehr auf die Zellvermehrung (FIEBIG 1991; FISCHER u. GIESCHLER 2000). Hohe Zunahmen bewirken laut FISCHER und GIESCHLER (2000) dagegen eine Anregung zur Zellvermehrung, was die Leistungs- und Belastungsfähigkeit der Organe für eine lange Nutzungsdauer und eine hohe Milchproduktion steigern soll. Diese Zusammenhänge betonen die Wichtigkeit und die Empfindlichkeit dieser sensiblen Phase.

Als der wichtigste nichtgenetische Einfluss wurde von SCHÖNMUTH und SEELAND (1994) die Ernährung angesehen, sowohl intrauterin als auch postnatal. Bei der Mutterkuhhaltung ist das neugeborene Kalb z. B. abhängig von der Höhe der Milchleistung sowie der Zusammensetzung der Muttermilch. Entsprechendes gilt bei der mutterlosen Aufzucht für die Zusammensetzung und Menge der Tränke. So bestimmen diese beiden Faktoren in hohem Maße die Wachstumsgeschwindigkeit (SCHÖNMUTH u. SEELAND 1994).

Die Studie von FISCHER und GIESCHLER (2000) betonte zudem die Wichtigkeit der schnellen Erstversorgung mit Kolostrum nach der Geburt. So zeigten Kälber, die zwischen den ersten 25 bis 45 Minuten post natum getränkt wurden, eine geringere Durchfallhäufigkeit in den ersten 14 Lebenstagen und außerdem um etwa 10 % höhere Tageszunahmen als Kälber, die zwischen der 46. und 120. Minute erstversorgt wurden.

Die Angaben über den Einfluss des Fütterungsmanagements auf das Wachstum, die Körperreifung sowie die spätere Milchleistung der Tiere variieren in der Literatur zum Teil recht stark. Im Rahmen einer Arbeit über die Veränderung von Blutparametern unter dem Einfluss restriktiver Fütterung wurde die Gewichtsentwicklung zweier Gruppen von Bullenkälbern dokumentiert (MEYER et al. 1974). Dort zeigte sich, dass die Tageszunahmen der Tiere bei restriktiver Fütterung mit 300g/Tier/Tag deutlich geringer waren als bei der Fütterung ad libitum (1200g/Tier/Tag). Über ein deutliches kompensatorisches Wachstum der vorher restriktiv gefütterten Tiere konnte aber in der anschließenden sechswöchigen Erholungsphase das Gewicht der durchgehend ad libitum gefütterten Tiere bis Versuchende bis auf eine Differenz von 40 kg wieder erreicht werden.

CHOI et al. (1997) überprüften das Wachstum von Holsteinfärsen, die in alternierenden Fütterungsphasen entweder 20 % weniger oder 25 % mehr Futter als eine Vergleichsgruppe erhielten und stellten durch das kompensatorische Wachstum der Färsen einen Beitrag zu einer erhöhten Wachstumseffektivität im Vergleich zur konventionell gefütterten Kontrollgruppe fest. Bei Gewichtsverlusten (Unterernährung) wird Fett rascher abgebaut als andere Gewebe.

Die auf eine Gewichtsabnahme folgende Realimentationsphase führt anschließend zu überproportionalem Muskelzuwachs bis zu dem Punkt, bei dem das normale Muskel-/

Knochenverhältnis wieder erreicht ist (KRÄUSSLICH 1997).

Beschleunigtes postpubertäres Wachstum von Färsen durch reichhaltige Fütterung bewirkte in einer Untersuchung von HOFFMAN et al. (1996) ein früheres Abkalben bei gleichem präpartalen Körpergewicht wie in der Kontrollgruppe, jedoch mit geringeren Widerristhöhen, Beckenmaßen und postpartalen Körpergewichten. Die Kühe waren kleiner und wiesen eine geringere Milchleistung während der ersten Laktation auf. Färsen dieser intensiv gefütterten Gruppe, die ca. zwei Monate später tragend wurden, wiesen höhere prä- und postpartale Körpergewichte auf und waren größer. Sie hatten einen höheren Body Condition Score bei der Abkalbung aber auch eine höhere Inzidenz von Dystokien. Ein Einfluss auf die Laktation wurde bei diesen Tieren nicht gefunden. SEJRSEN et al. (2000) und KALAYCI (1999) stellten dagegen, wie bereits beschrieben, fest, dass eine hohe Fütterungsintensität vor der Pubertät das Euterwachstum in der Pubertät und somit das Milchleistungspotential verringern kann, eine hohe Fütterungsintensität nach der Pubertät jedoch keine solchen Einflüsse hat.

Auch eine falsche Rationsgestaltung mit zu proteinarmer Fütterung kann das Wachstum, insbesondere des Skeletts und somit die Körpergröße der Tiere beeinflussen. Proteinmangel kann z. B. bei schlechter Heuqualität, proteinarmer Maissilage- oder Ganzpflanzensilage-Fütterung oder auf der Sommerweide auftreten (KALAYCI 1999).

Verhalten und Aufstallung

Rangordnungskämpfe können eine ausreichende Futteraufnahme trotz guten Futterangebotes gefährden. WILLEMART u. TOUTAIN (1990) betonten die negativen Einflüsse auf die Gewichtszunahme bei zu hoher Gruppengröße. Meist wird jedoch der Spieltrieb und die vermehrte Bewegung als Ursache einer verminderten Gewichtszunahme durch einen höheren Energieverbrauch gesehen. Auch das Verhalten bzw. das Temperament von Jungtieren kann einen Einfluss auf ihre täglichen Gewichtszunahmen haben.

Rinder, die bei der täglichen Routine ruhiger waren, wiesen in einer Studie von VOISINET et al. (1997) höhere Tageszunahmen auf als solche, die dadurch beunruhigt wurden. Färsen wurden im Vergleich zu Bullen im Durchschnitt als temperamentvoller eingestuft.

Nach PLACE et al. (1998) wirkt sich die Verwendung von Kälberhütten sowie eine damit verbundene Aufstallung fern von den Muttertieren vorteilhaft auf die Tageszunahmen aus.

Auch LOSINGER und HEINRICHS (1997) sprachen sich gegen die Haltung nicht entwöhnter Kuhkälber in einem Stall mit den Kühen aus, da sie einen negativen Zusammenhang mit dem erwünschten Körpergewicht und einem frühen Erstkalbealter sahen. Die Größe der Boxen in denen die Kälber aufgezogen werden hatte dagegen in einer Untersuchung von TEROSKY et al.

(1997) keinen Einfluss auf das Wachstum und das Körpergewicht.

Große Entwicklungsunterschiede zeigten dagegen BAR-PELED et al. (1997) bei Kälbern auf, die in den ersten sechs Lebenswochen bei einer Amme oder Mutter dreimal täglich saugen konnten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe von Kälbern, die Milchaustauscher aus offenen Eimern erhielten. Die Kälber wurden anschließend identisch gehalten und im Alter von 60 Tagen entwöhnt. Während der ersten sechs Wochen erzielten die Saugkälber signifikant höhere Tageszunahmen als die Kontrollgruppe. Das Erstbesamungsalter und entsprechend das Erstkalbealter dieser Gruppe lag deutlich unter dem der Kontrollgruppe, Gewicht und Größe sowie Konzeptionsrate und Milchleistung in der ersten Laktation waren tendenziell höher als in der Kontrollgruppe.

Erkrankungen

Bestimmte Erkrankungen wiesen in verschiedenen Studien einen signifikanten Einfluss auf die postnatale Entwicklung auf (KLEINER et al. 1983; FIEBIG 1991; DONOVAN et al. 1998).

Während der Wachstumsphase erkrankte Kälber blieben nach Beobachtungen von STÖBER

(1990) häufig in der Entwicklung zurück. Bei wiederhergestellter Gesundheit und guten Haltungsbedingungen konnte der Rückstand jedoch teilweise wieder kompensiert werden. Es kann aber auch zu irreparablen Schäden kommen.

So bewirkten Diarrhoe, Septikämien und Pneumonien in einer Studie von LEMKE (1991) bei erkrankten Kälbern eine verminderte Größenzunahme. Die Wachstumsverzögerung resultierte dabei vorrangig aus der verminderten Nahrungsaufnahme, insbesondere dem nachhaltig verminderten Trockenfutterverzehr, aber auch aus der erhöhten Stoffwechselrate bei Fieber und der Mobilisierung der Körperreserven für Abwehrleistungen (BÜNGER et al. 1975, 1979;

KOHL et al. 1988).

DONOVAN et al. (1998) konnten sowohl einen Einfluss des Zeitpunkts als auch der Dauer einer Erkrankung feststellen. So wirkte sich eine zu behandelnde Pneumonie bei Kälbern in den ersten sechs Lebensmonaten auf signifikante Weise auch noch negativ auf die Tageszunahmen zwischen dem sechsten und 14. Lebensmonat aus, hatte aber dort keinen Einfluss mehr auf das Körpergrößenwachstum. Eine Pneumoniebehandlung, die nach dem sechsten Lebensmonat notwendig wurde, wies dagegen keinen signifikanten Einfluss mehr auf die Größe oder Tageszunahmen auf. FIEBIG (1991) berichtete ebenfalls von mangelhaften Körpermasseentwicklungen, trotz Genesung von der Ersterkrankung, bei betroffenen Kälbern und von häufigen Neuerkrankungen auch in späteren Haltungsabschnitten.

Wachstumsstörungen in den ersten 50-100 Lebenstagen bewirken bei Rindern nicht nur Verringerungen von Körper- und Organmassen, sondern auch disproportionale Beeinträchtigungen des Gesamtkörpers und einzelner Organe. Gewöhnlich werden weder die Körpermassen noch die Größen von gleichaltrigen, normal entwickelten Tieren erreicht und auch die Disproportionen bleiben dauerhaft bestehen (FIEBIG 1991).

Auch die Unversehrtheit des Augenlichtes ist für ein optimales Wachstum notwendig, so stellte HALES (1966) bei blinden Kälbern eine Verminderung des Wachstums um 10 % fest.

Eine deutliche Beeinflussung des Körperwachstums ist auch bei Endoparasitenbefall festzustellen. Bei einer Studie von MEJIA et al. (1999) wurden Kuhkälber der Rasse Holsteins in zwei Gruppen aufgeteilt, wovon eine Gruppe mit dem Entwurmungsmittel Ivermectin behandelt wurde. Die Vergleichsgruppe blieb dagegen unbehandelt und infizierte sich auf der Weide mit Nematoden.

Bei der behandelten Gruppe wurde ein schnelleres Wachstum mit signifikanten Unterschieden im Körpergewicht ab der sechsten Lebenswoche festgestellt. Die Pubertät wurde drei Wochen eher erreicht als bei der infizierten Gruppe und auch das Becken der behandelten Färsen war größer. Bei der Widerristhöhe konnten bei Beendigung der Studie nach 15 Monaten jedoch keine Unterschiede festgestellt werden.

Ein starker negativer Einfluss auf die körperliche Entwicklung von Jungtieren wurde von RICHTER (1999c) auch durch Versäumnisse in der Klauenpflege und damit verbundenen Klauenerkrankungen gesehen. So sollen Klauenprobleme, die bereits im jungen Alter der Tiere auftreten, das gesamte spätere Produktionsleben beeinträchtigen und somit die Wirtschaftlichkeit negativ beeinflussen. So werden vor allem auch Einschränkungen in Hinblick auf die Fruchtbarkeit gesehen. Erkrankte Tiere sollen bereits bei einfachen Klauenproblemen eine schlechte Brunstäußerung zeigen und bei schwer erkrankten Tieren der Zyklus oder die Einnistung des Fötus auch ganz ausbleiben. Und auch RESZLER (1999) und BLOWEY (1993) beschrieben für Kühe eine um durchschnittlich 28 Tage verlängerte Güstzeit durch Lahmheiten.

Bei einer Vergleichsstudie über Kälber mit Selenmangel stellten FELDMANN et al. (1998) nach einer Substitution mit Selen und Vitamin E bei der behandelten Gruppe im Gegensatz zur nicht substituierten Gruppe eine niedrigere Infektionsrate und kürzere Infektionsdauer, vor allem bei Pneumonien, fest. In der substituierten Gruppe wurden weniger Antibiotika und Diätmittel eingesetzt. Auch wenn die Ergebnisse nicht statistisch abzusichern waren, schien eine Substitution mit Selen- und Vitamin E eine Verbesserung des Gesundheitsstatus bei Kälbern mit Selenmangel zu bringen. SCHOLZ (1991) betonte ebenfalls die Wichtigkeit einer adäquaten Selen- und Vitamin-E-Versorgung sowohl intrauterin als auch postnatal. Während intrauterin jedoch meist eine Kompensation des Mangels besteht, kann es in der postnatalen Phase bei Milchkälbern, aber auch bei vollruminierenden Jungtieren, zu schweren Entwicklungsstörungen kommen. Bei ungenügender Aufnahme reichen die Störungen von ungenügender Gewichtsentwicklung über Veränderungen am Haarkleid bis hin zu generalisierter Schwäche und dem Unvermögen sich zu erheben (weak calf syndrome).