• Keine Ergebnisse gefunden

2.1.5 Einflussfaktoren auf das Wachstum

2.1.5.2 Genetische Faktoren

Heritabilitäten

Die genetischen Faktoren, die Wachstumsmerkmale beeinflussen, wurden von HUTH 1968, SCHÖNMUTH und SEELAND (1994) sowie FIEBIG (1991) in Populations- oder Rassendifferenzen und in individuelle genetische Unterschiede innerhalb der Population gegliedert. Sowohl der Wachstumsverlauf als auch die erreichbare Größe eines Tieres sind genetisch determiniert und differieren beträchtlich zwischen den einzelnen Populationen, Rassen und Individuen. Der Anteil der individuellen genetischen Unterschiede der Wachstumsmerkmale an der phänotypischen Varianz in der Population wird durch die Heritabilität (h²) verkörpert (SCHÖNMUTH u. SEELAND 1994). Die Heritabilität oder der Erblichkeitsgrad drückt also die genetisch bedingte Varianz an der Gesamtvarianz eines Merkmals aus (WILLEMART u. TOUTAIN 1990). Je stärker ein Leistungsmerkmal auf Umweltreize reagiert, umso geringer ist die Heritabilität, die Werte zwischen 0 (keine genetischen Unterschiede) und 1 (keine umweltbedingten Unterschiede) einnehmen kann.

Unter vereinheitlichten Umwelt-bedingungen gewonnene Heritabilitätswerte sind dabei gewöhnlich höher als aus Praxisuntersuchungen beschaffte Werte für das gleiche Leistungsmerkmal, sie dürfen also nicht als Konstanten missverstanden werden (PABST

2000).

Bei Merkmalen mit einem niedrigen Erblichkeitsanteil ist es schwierig Zuchtfortschritte zu erlangen, da vom Phänotyp der Zuchttiere, ihren zu beobachtenden Merkmalen und Leistungen, nur eine unklare Aussage über den Zuchtwert der betreffenden Tiere erwartet werden kann. Dagegen können bei Merkmalen mit hohem Erblichkeitsanteil rascher Zuchtfortschritte erreicht werden (PABST 2000). Körpermerkmale, die eng mit der Fitness der Tiere korreliert sind, sollen nach GREENOUGH (1997) aufgrund der natürlichen Selektion kaum genetische Variationen aufweisen, während Körpermerkmalen, die nicht eng mit der Fitness korreliert sind, eine größere genetische Variation zugesprochen wird.

Größenunterschiede von Kühen gleichen Alters in gleicher Umgebung zwischen verschiedenen und innerhalb einer Rasse zeigen also den genetischen Effekt auf die Gestalt.

Die großen Unterschiede in Körpergröße und Form der Tiere sollen somit erkennen lassen, dass diese Merkmale nicht mit der Fitness korreliert sind (GREENOUGH 1997).

Als die Merkmale mit der höchsten Heritabilität innerhalb einer Rasse werden die Körpergröße und –länge genannt. Merkmale, bei deren Erfassung Messfehler auftreten, wie z.B. Bein- oder Beckenneigungswinkel, zeigen dagegen eine bedeutend geringere Heritabilität. Dies ist nach GREENOUGH (1997) jedoch messfehlerbedingt und rührt nicht von einem wirklichem Mangel an genetischer Variation her.

Für das Wachstum bestehen nach SCHÖNMUTH undSEELAND (1994) im allgemeinen mittlere Heritabilitäten, welche jedoch von den Umweltbedingungen bei der Aufzucht abhängen. Nach WILLEMART und TOUTAIN (1990) ist die Heritabilität unter guten Aufzuchtbedingungen für die Zusammensetzung und die Qualität des Tierkörpers hoch (>0,6) und für die Zunahme und Futterverwertung mittelgradig (>0,4). Der Erblichkeitsgrad der genannten Positionen wird unter schlechten Aufzuchtbedingungen, wie z.B. bei mangelhafter Fütterung oder schädigenden Umwelteinflüssen jedoch sehr klein und kann gegen Null tendieren.

LEE (1997) diskutierte den Zusammenhang von Fütterung und Genetik. Die Zunahmen von jungen Färsen waren in seiner Untersuchung sehr variabel und nur von niedriger Heritabilität (h² = 0,17) und stellten demnach auch nur einen schlechten Indikator für das Abkalbegewicht oder die erste Laktationsleistung dar. Dagegen zeigte die freiwillige Futteraufnahme eine deutlich geringere Variabilität bei größerer Heritabilität (h² = 0,23) und erwies sich somit als geeigneter für eine solche Vorhersage.

In den Tabellen 5 und 6 werden die von verschiedenen Autoren für das Rind beschriebenen Heritabilitätswerte von Wachstumsmerkmalen und von Merkmalen der linearen Beschreibung aufgeführt.

Tabelle 5: Heritabilitätskoeffizienten von Wachstumsmerkmalen beim Rind Merkmal Heritabilität

(h²) Variation Autor Tägliche Zunahme

pränatal 0,38 - FITZHUGH et al. (1971)

Geburt-7. Trächtigkeitsmonat 0,29 0,27-0,30 SCHÖNMUTH u. SEELAND (1994) 15. Monat bis 1. Abkalbung 0,13 LEE et al. (1992)

26.-34. Lebenswoche 0,17 LEE (1997)

Zunahme u. Futterverwertung >0,40 WILLEMART u. TOUTAIN (1990) Körpergewicht

Geburtsgewicht >0,40 PABST (2000)

Körpergewicht 0,33 - KOENEN u. GROEN (1998) Körpergewicht 6. Monat 0,31 0,10-0,53 SCHÖNMUTH u. SEELAND (1994) Körpergewicht 26. Woche 0,14 LEE (1997)

Körpergewicht 12. Monat 0,37 0,30-0,49 SCHÖNMUTH u. SEELAND (1994) Körpergewicht 21. Monat 0,44 0,22-0,69 SCHÖNMUTH u. SEELAND (1994) Körpergewicht 1. Abkalbung 0,37 LEE et al. (1992)

Tabelle 6: Heritabilitätskoeffizienten von Merkmalen der linearen Beschreibung beim Rind Merkmale der linearen

Beschreibung Heritabilität (h²) Autor 0,52 KOENEN u. GROEN (1998) Stärke

0,54 BROTHERSTONE (1990) 0,31 REENTS (1993)

0,36 BROTHERSTONE (1990) Körpertiefe

0,43 KOENEN u. GROEN (1998) 0,22 BROTHERSTONE (1990) 0,32 REENTS (1993)

Milchcharakter

0,45 KOENEN u. GROEN (1998) 0,17 CASANOVA (1996)

0,22 BROTHERSTONE (1990) 0,24 REENTS (1993)

Beckenbreite

0,32 KOENEN u. GROEN (1998)

Brustweite 0,26 BROTHERSTONE (1990)

0,29 CASANOVA (1996)

0,18 BROTHERSTONE (1990) 0,13 REENTS (1993)

0,15 BROTHERSTONE (1990) Hinterbeinwinkelung

0,18 CASANOVA (1996)

Korrelationen

Einige der beschriebenen Körpermerkmale sind sehr eng mit der Ausprägung anderer Körpermerkmale verknüpft. Für das Körpergewicht wurde z. B. eine bedeutende genetische Variation festgestellt. Seine Schätzung kann basierend auf Daten von Körpermerkmalen aus Feldstudien mit einem nur geringen Genauigkeitsverlust durchgeführt werden (FLATNITZER

1968). So kann z. B. vom Brustumfang eines Rindes relativ genau sein Körpergewicht abgeleitet werden.

Aus Managementgründen wird eine Kontrolle des Wachstums von Jungrindern und Färsen als sinnvoll erachtet. Da zum Erfassen des Körpergewichts jedoch nicht immer Waagen vorhanden sind, empfahlen HEINRICHS et al. (1992) die regelmäßige Messung des Brustumfangs oder eines anderen Körpermaßes wie Widerristhöhe, Hüftbreite oder Körperlänge. Die Regressionen des Körpergewichts auf die genannten Körpermaße zeigten durch ihr hohes Bestimmtheitsmaß (R²>0,95), dass über diese Daten eine Schätzung des Körpergewichts ebenfalls möglich ist. Dabei wurden für den Brustumfang und die Hüftbreite die höchsten Zusammenhänge mit dem Körpergewicht gefunden. Doch auch untereinander korrelierten die genannten Körpermaße deutlich miteinander.

HEINRICHS und HARGROVE (1987a) beschrieben die Schätzung des Körpergewichts über die Messung des Brustumfangs mit sogenannten Gewichtsmaßbändern als sehr genau und stellten lediglich Abweichungen von maximal ±7 % vom tatsächlich gewogenen Gewicht fest. Auch während der Trächtigkeit soll eine Gewichtsschätzung auf diese Weise möglich sein, da der Anstieg des Gewichts mit einer entsprechenden Vergrößerung des Brustumfangs einhergehen soll, so dass die Beziehung zwischen Körpergewicht und Brustumfang unverändert bleibt.

Unterschiede im Brustumfang (BU) können nach UTZ (1998a) jedoch sowohl durch veränderte Brustbreite als auch Brusttiefe bedingt sein. Nach Auswertungen von ALPS und STEURER (1983) beim Braunvieh bietet auch die Mittelhandlänge (ML) eine zusätzliche Aussage für das tatsächliche Gewicht. Für Braunvieh-Jungkühe wurde deshalb folgende Schätzgleichung erstellt (nach UTZ 1998a).

Geschätztes Gewicht (kg) = 5,05 x BU (cm) + 3,48 x ML (cm) – 726,5

KOENEN und GROEN (1998) fanden für die genetische Korrelation des Körpergewichts mit dem Brustumfang einen Wert von 0,77 und für die phänotypische Korrelation dieser beiden Merkmale einen Wert von 0,74.

In der Tabelle 7 werden weitere genetische und phänotypische Korrelationen für einige Körpermerkmale und Merkmale der linearen Beschreibung beim Rind aufgeführt.

FLATNITZER (1968) ermittelte für das Fleckvieh sogar eine Korrelation zwischen dem Körpergewicht und dem Brustumfang in der Größenordnung 0,82.

Tabelle 7: Genetische (unterhalb der Diagonalen) und phänotypische (oberhalb der Diagonalen) Korrelationen für Körpergewicht, Körpermaße und Merkmale der linearen Beurteilung bei Kühen in der ersten Laktation nach einer Untersuchung von KOENEN und GROEN (1998)

Das Geschlecht ist ebenfalls den genetischen Faktoren zuzurechnen, da es genetisch determiniert ist. Es beeinflusst die Wachstumsmerkmale bei männlichen und weiblichen Tieren durch den Geschlechtsdimorphismus unterschiedlich (SCHÖNMUTH u. SEELAND 1994).

KERTZ et al. (1997) fanden bereits bei der Geburt von Kälbern deutliche Gewichts-unterschiede zwischen den Geschlechtern. Bullenkälber waren in der Regel 8,5 % schwerer als Kuhkälber.

Zuchtziele

Die Zuchtintention der letzten Jahrzehnte war und ist es zum Teil auch noch größere und schwerere Tiere zu züchten (MAHONEY et al. 1986), da in diversen Studien (FISHER et al.

1983; KEOWN u. EVERETT 1986, LIN et al. 1987) positive Korrelationen des Körpergewichts bzw. der Körpergröße bei der ersten Abkalbung mit der ersten Milchleistung gefunden wurden. Andere Autoren widersprechen diesen Angaben. LEE (1997) berechnete zwar für das Abkalbegewicht eine hohe Heritabilität (h²=0,37), fand jedoch keine Korrelation mit der Milchleistung und auch MEYER et al. (1987) errechneten nur geringe Korrelationen zwischen der Milchleistung und Exterieurmerkmalen. MOORE et al. (1991) fanden für Rinder der Rasse Holsteins und Ayrshire sogar negative Korrelationen zwischen dem Körpergewicht bei der ersten Abkalbung und der Milchleistung. Bei ausschließlicher Selektion auf Milchleistung stellten BONCZEK et al. (1992) bei Rindern der Rasse Yerseys zwar eine stärkere Gewichtszunahme und ein früheres Erreichen der Zuchtreife fest. So waren die Tiere in ihrer Studie im Alter von sechs Monaten größer und schwerer, sie unterschieden sich jedoch im adulten Stadium nicht von den Tieren der Vergleichsgruppe.

Nach HANSEN et al. (1999) sind als weitere Gründe für die Zuchtintention auf mehr Größe und Körpergewicht unter anderem die bessere Bewertung größerer Tiere in der linearen Beurteilung zu nennen und die Annahme der Tierhalter, größere Tiere hätten eine höhere Aufnahmekapazität für Futter und könnten somit mehr Milch produzieren.

VARGAS et al. (1998) stellten einen signifikanten Einfluss des Körpergewichts von Färsen am 390. Lebenstag auf das Erstkalbealter fest. Die Chancen für eine frühe Abkalbung sanken in dieser Untersuchung linear mit dem Gewicht der Färsen zu diesem Zeitpunkt. Des Weiteren weist nach einer Untersuchung von KOENEN und GROEN (1996) das Körpergewicht bei der ersten Abkalbung eine hohe genetische Korrelation (h²=0,74-0,90) mit dem zu erwartenden Endgewicht der Tiere auf.

Es wird von verschiedenen Autoren jedoch auch die Frage gestellt, ob die Vorteile der früheren Abkalbung und höheren Milchleistung bzw. die Zucht auf immer größere Tiere nicht von nachteiligen Entwicklungen eingeschränkt werden (MAHONEY et al. 1986; GREENOUGH

1997; HANSEN et al. 1999). So stellten FISHER et al. (1983) tendenziell ein längeres Zwischenkalbeintervall bei steigender Milchleistung fest. Und auch GREENOUGH (1997) befürchtete, dass eine übersteigerte Zucht auf hohe Körpergröße, Tiere mit niedriger Fruchtbarkeit bevorzugen könne.

HEINRICHS und HARGROVE (1987a) fanden bei der Erstellung von Standards für Größe und Gewicht bei Färsen der Rasse Holsteins in den USA im Vergleich mit früheren Standards durchschnittlich größere und schwerere Tiere. Des Weiteren zeigte diese Studie, dass in Herden mit einer Herdenmilchleistung >7264 kg die Färsen durchschnittlich größer und schwerer waren als in Herden, die eine geringere Herdenmilchleistung erbrachten.

Eine erneute Erfassung von Größe und Gewicht bei US-Holsteinfärsen im Alter von 0,5 bis 23,5 Monaten im National Dairy Heifer Evaluation Project durch HEINRICHS und LOSINGER

(1998) ergab ebenfalls, dass die Tiere durchschnittlich schwerer und größer waren als in den ermittelten Standards 30 bis 50 Jahre zuvor. Dies war mit einer zunehmenden Herdenmilchleistung verbunden. Zudem wurden bei dieser Studie regionale Größenunterschiede festgestellt, im Westen und mittleren Westen der USA waren Färsen im gleichen Alter größer als im Nord- und Südosten. Als Ursache für diese regionalen Unterschiede machten sie unter anderem verschiedene Fütterungsstrategien verantwortlich.

In Europa fand durch die Einkreuzung von US-Holsteins eine ähnliche Entwicklung für die Körpergröße statt. KOENEN und GROEN (1996) stellten fest, dass in den Niederlanden Rinder (Dutch Black and White) mit proportional hohen Anteilen von Holstein-Genen ein höheres Körpergewicht bei der ersten Abkalbung und im ausgewachsenen Alter aufwiesen als Rinder mit geringeren Anteilen von US-Holstein-Genen.

Der Widerristhöhe wird im Allgemeinen eine hohe Heritabilität zugesprochen, dafür spricht nach GREENOUGH (1997), dass ein Zuchtfortschritt im Hinblick auf die Größe der Tiere so schnell realisiert werden konnte.

HANSEN et al. (1999) verglichen zwei Selektionslinien einer Versuchsherde von US-Holsteinrindern, deren Tiere über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren nur mit Bullen, die eine extrem große oder nur mit Bullen, die eine extrem kleine Körpergröße vererben sollten, angepaart wurden. Auf diese Weise entstanden je eine „große“ und ein „kleine“ Linie von Holstein-Rindern, die gemeinsam gehalten wurden. In den ersten Generationen des Selektionsexperiments konnten jedoch im Gegensatz zu der Aussage von GREENOUGH (1997) trotz hoher geschätzter Heritabilitäten für Merkmale der Körpergröße nur geringe Unterschiede in der Körpergröße festgestellt werden. Für den folgenden Vergleich wurden jedoch erst die Tiere herangezogen, die ab 1983 geboren wurden.

Die LS-Mittelwerte beider Linien unterschieden sich über alle Trächtigkeiten signifikant für Körpergröße und -gewicht. Dabei kam es jedoch zu deutlichen Überlappungen der phänotypischen Körpermaße einzelner Tiere in den beiden genetischen Linien. Der mittlere Gewichtsunterschied betrug zwischen den beiden Linien jeweils einen Monat postpartum gemessen 10 % nach der ersten, 13 % nach der zweiten und 15 % nach der dritten Trächtigkeit. Die Kühe der großen Linie wuchsen im Gegensatz zur kleineren Linie auch nach der ersten Abkalbung noch deutlich weiter, so dass sich der Gewichtsunterschied immer weiter vergrößerte. Der Größenunterschied fiel entgegen der Erwartungen mit 5-6 % über alle Trächtigkeiten deutlich geringer aus als der Gewichtsunterschied. Der Einfluss der extremsten Vererber für eine kleine Körpergröße resultierte nach über 30 Jahren Selektion in Kühen mit adäquater Größe von internationalem Standard. Während der Studie blieb das durchschnittliche Körpergewicht bei den Tieren der kleinen Linie konstant. Im Gegensatz dazu kam es über die Jahre durch die Selektion zu einem signifikanten Anstieg des Körpergewichts für die große Linie.

Zwischen den beiden Linien konnten weder für die Milchleistung noch für den Kalbeverlauf signifikante Unterschiede festgestellt werden. Das Geburtsgewicht der Kälber war bei der großen Linie allerdings signifikant um ca. 6 % größer als bei der kleinen Linie. In der Fruchtbarkeit traten zwischen den beiden Linien ebenfalls Unterschiede auf. Sowohl bei den Färsen als auch bei den Kühen der kleinen Linie wurden in jeder Laktation durchschnittlich weniger Besamungen benötigt, während der ersten Laktation erwies sich dieser Unterschied sogar als signifikant.

Bei den Gründen für ein vorzeitiges Ausscheiden aus der Herde gab es zum Teil deutliche Unterschiede zwischen den beiden Linien. Die Kühe der kleinen Linie wurden signifikant häufiger wegen funktioneller Euterprobleme aus dem Bestand genommen, was auf kürzere Beine und somit einen kleineren Abstand des Euters zum Boden zurückgeführt wurde. Jedoch wiesen Kühe aus der großen Linie signifikant häufiger Probleme mit den Klauen und Fundamenten sowie mit Erkrankungen verschiedenster Ursachen auf, die zum vorzeitigen Abgang aus dem Bestand führten. Unterschiede in der Häufigkeit des Auftretens von Labmagenverlagerungen wurden nicht beschrieben. Die Kühe der großen Linie schienen jedoch eine größere Prädisposition für Infektionen aufzuweisen.

Die Kühe der kleinen Linie blieben durchschnittlich 87,7 Tage (15,4 %) länger im Bestand als die Tiere der großen Linie, so dass HANSEN et al. (1999) eine weitere kontinuierliche Selektion auf Körpergröße auch aus ökonomischen Gründen in Frage stellten.

Bereits in früheren Untersuchungen hatten MAHONEY et al. (1986) bei einem Vergleich dieser beiden Linien einen deutlichen Mehraufwand an Kosten für die Behandlung von Erkrankungen bei den Tieren der großen Linie festgestellt. Vor allem Erkrankungen des Verdauungstraktes, wie z.B. Labmagenverlagerungen, traten häufiger auf.

Holsteinrinder, die für eine Studie von YEREX et al. (1988) entweder auf Hochleistung und große Körpergröße oder auf Hochleistung und geringere Körpergröße selektiert wurden, zeigten schon nach drei Generationen Unterschiede in Gewicht (50,2 kg), Widerristhöhe (5,6 cm), Länge (6,4 cm), Körpertiefe (2,1 cm) und Brustumfang (5,9 cm), wobei die meisten Unterschiede, anders als in der Studie von Hansen et al. (1999) auf einer Verringerung der Körpermaße bei der kleineren Linie und nicht auf einer Vergrößerung bei der großen Linie beruhten.

Auf Basis der Gesamtlaktationsleistung zeigten die kleineren Kühe eine um 2,8 % effizientere Futterausnutzung. So dass von YEREX et al. (1988) empfohlen wurde, als Selektionskriterium im Gegensatz zur Körpergröße nur die Leistung zu verwenden und die Selektion auf größere Tiere auszusetzen oder sogar ins Gegenteil umzukehren.

Diese Erkenntnis wurde auch von anderen Autoren bestätigt. Nach GRAVERT (1994) führt eine Selektion auf größere Tiere primär zu einer Erhöhung des Erhaltungsbedarfs, da der Erhaltungsbedarf eng mit der Körpergröße korreliert ist, und nur sekundär zu einer größeren Milchleistung.

2.2. Bisherige Untersuchungen und Methoden zur Messung der Druckverteilung