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3 MATERIAL UND METHODEN

3.2.7 Druckverteilung unter den Klauen

Zur Messung der Druckverteilung unter den Klauen wurde der Pedographie-Analyser Emed-SF der Firma ZEBRIS Medizintechnik GmbH (Isny) verwendet. Die Messungen der Druckverteilung erfolgten bei den Tieren der Gruppen I-IV a (s. Tabelle 8) an der rechten Vordergliedmaße und ab dem fünften Messtag auch an der linken Hintergliedmaße eines jeden Tieres, Tiere der Gruppe IV c wurden auch in den ersten 5 Lebensmonaten an der linken Hintergliedmaße gemessen. Es wurden pro Messtag jeweils mindestens drei Messungen je Gliedmaße durchgeführt.

Technische Daten zur Messanlage

Die hier verwendete Messanlage bestand aus zwei Grundeinheiten, zum einen aus der zentralen Steuerung und zum anderen aus der Messplattform. Die zentrale Steuerung setzte sich aus einer Rechnereinheit und den dazugehörenden Peripheriegeräten, wie Farbmonitor, Tastatur, Diskettenlaufwerk und wahlweise einem Drucker zusammen (Abbildung 12).

Die Messplattform beinhaltete eine sensible Messfläche, eine Signalverarbeitung und eine Matrixsteuerung. Die Messfläche war in einen gefensterten Stahlkasten mit den Abmessungen 350 mm x 600 mm x 10 mm eingelassen. Die Wandstärke der 9,2 kg schweren Platte betrug 1,5 mm. Die Messfläche war durch eine Gummiauflage gegen Verschmutzung und Beschädigung geschützt. Abbildung 13 zeigt die Messplattform.

Die einzelnen Messfühler der 23 cm x 40 cm großen Messfläche arbeiteten nach dem kapazitiven Messprinzip. Das bedeutet, dass zwischen zwei Kondensatorplatten ein elastisches Dielektrikum eingeklebt war, welches durch vertikalen Druck auf eine der Platten komprimiert wurde. Bei Belastung der Messplattform nahm der Abstand der Platten zueinander ab, die Kapazität vergrößerte sich und dies wurde über Spannungsleiter als elektrisches Signal erfasst und verstärkt. Als Dielektrikum wurde ein geschlossenporiger Schaumstoff mit einer Stärke von 1 mm verwendet. Die Kondensatorplatten bestanden aus sich kreuzenden, silberbeschichteten und mit Kupferfolie verstärkten Leiterbahnen. Auf diese Weise musste nicht jeder Kondensator einzeln beschaltet werden. Die Leiterbahnen hatten eine Breite von 5 mm. Pro cm² waren vier Messfühler matrixförmig angeordnet.

Abbildung 12: Anordnung der zentralen Steuerung

Abbildung 13: Messplattform

Insgesamt enthielt die Messfläche 2736 unabhängig voneinander ansprechbare Messfühler.

Mit der Matrixsteuerung wurden innerhalb von 0,05 Sekunden nacheinander alle Messfühler nach ihrer Amplitude abgefragt. Die Signale wurden in der Signalverarbeitung verstärkt und gefiltert, bevor sie an den Rechner weitergeleitet wurden. Dort wurden sie im Arbeitsspeicher abgelegt und über den Monitor oder den Drucker als Druckverteilungsbild ausgegeben.

Während einer Messung wurde die Druckverteilung 104 mal mit einer Geschwindigkeit von 50 Bildern pro Sekunde gemessen und abgespeichert.

Die Messplattform wurde für den Messvorgang in eine entsprechende Aussparung einer 120 cm x 300 cm großen bzw. im Messstand 160 x 220 cm großen und 10 mm starken Schichtholzplatte eingelegt, damit die Standfläche für das zu messende Tier eben war.

Darüber wurde noch eine rutschfeste Gummimatte gelegt, um den Untergrund für das Tier unauffällig zu gestalten und die Reinigung zu erleichtern (Abbildung 14).

Abbildung 14: Vorbereitung zu einer Messung der Druckverteilung unter der rechten Vordergliedmaße (linkes Bild) bzw. der linken Hintergliedmaße (rechtes Bild) an einem durch eine Hilfsperson fixierten acht Monate alten Rind (Tiernummer 415, DH, LuFG)

Praktische Durchführung der Messungen

Die Messanlage wurde in einem ruhigen, geschlossenen Raum bei Stalltemperatur aufgestellt.

Die zu messenden Klauen wurden mit Wasser und einer Bürste gereinigt. Das Tier wurde von einer Hilfsperson am Halfter auf die Messplattform im Messraum geführt und so platziert, dass es mit der zu messenden Gliedmaße auf Höhe der Messfläche bei gleichmäßiger Gliedmaßenbelastung ruhig zum Stehen kam. Jetzt mußte die zu messende Gliedmaße erneut aufgehoben werden, die Schutzmatte über der eigentlichen Messfläche entfernt und eine Nullmessung des Gerätes durchgeführt werden, bevor die Klaue vorsichtig auf der Messplattform abgesetzt werden konnte. Dabei war besonders darauf zu achten, dass die Tiere nicht zu stark mit der Klauenspitze zuerst fußten und die Klaue möglichst wenig beim Aufsetzen rotierte, um die mechanische Belastung der Messplattform gering zu halten.

Bei ruhigem Stand des Tieres konnte die Messung gestartet werden. Selbst kleine Bewegungen des Kopfes oder Schwanzes beeinflussten die Messung. Nach knapp drei Sekunden waren 104 Einzelbilder der Belastungsverteilung unter der Klaue aufgenommen.

Die Gliedmaße wurde vorsichtig von der Messplattform entfernt und die Schutzmatte aufgelegt.

Die im Arbeitsspeicher vorhandenen Daten der Druckverteilungsmessung wurden in der zentralen Recheneinheit bearbeitet. Die von den einzelnen Druckfühlern gemessenen Werte wurden zu acht Druckklassen zusammengefasst und als Falschfarbendarstellung in einem Koordinatensystem visualisiert.

Des Weiteren wurden die Auftrittsfläche in cm², der Maximaldruck in Newton/cm², die Gesamtkraft in Newton und die Koordinaten des Maximaldrucks als Verlaufskurve über alle 104 Einzelbilder angegeben. Zusätzlich zu Aufnahmedatum und –zeit, konnten eine Versuchskennzeichnung und Kommentare eingegeben werden. Die gemessenen Daten wurden als ASCII-Datei zur Archivierung und weiteren Bearbeitung auf einer Diskette abgespeichert. Abbildung 15 gibt die beschriebene Bildschirmanzeige wieder. Die Entwicklung der Fußungsflächen der rechten Vordergliedmaße eines Einzeltieres wird anhand von Druckverteilungsbildern in den Abbildungen 16 und 17 dokumentiert.

Abbildung 15: Ausdruck der Bildschirmanzeige einer Messung der Druckverteilung unter der rechten Vordergliedmaße eines 14 Monate alten Jungrindes der Rasse Deutsche Holsteins (Tiernummer 413, DH, ITZ)

Die drei den Verlauf der Messung darstellenden Kurven sollten möglichst wenig Schwankungen aufweisen und konnten als Kriterium zur Einschätzung der Qualität der Messung interpretiert werden. Die Gesamtbelastung in Newton bot weiterhin durch den Vergleich mit dem Körpergewicht der Tiere eine weitere Kontrollmöglichkeit der gleichmäßigen Belastung der Gliedmaßen.

Abbildung 16: Entwicklung der Fußungsflächen der rechten Vordergliedmaße eines Einzeltieres anhand von Druckverteilungsbildern (Tiernummer 413, DH, ITZ)

10 Monate 12 Monate

6 Monate 8 Monate

2 Monate 4 Monate

Abbildung 17: Entwicklung der Fußungsflächen der rechten Vordergliedmaße eines Einzeltieres anhand von Druckverteilungsbildern (Tiernummer 413, DH, ITZ)

22 Monate 24 Monate

18 Monate 20 Monate

14 Monate 16 Monate

Auswertung des Materials

Vor der statistischen Auswertung der Daten erfolgte zunächst eine Bildanalyse mit einem von DISTL und MAIR (1993) in der Programmiersprache Quick-Basic entwickelten und am Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover neu angepassten Programm. Für die Einleseroutine wurde von der Firma ZEBRIS, Isny, ein neues Programm entwickelt, das dem Datenformat der neuen Plattform entsprach.

Für die Auswertung wurden nur die Messungen verwendet, bei denen die Tiere ein ruhiges Standverhalten gezeigt und subjektiv betrachtet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig belastet hatten.

Die Bildanalysesoftware ermittelte zunächst auf Basis aller 104 Einzeldruckbilder einer Messung ein mittleres Gewicht. Nur solche Einzeldruckbilder, die innerhalb einer Toleranz von ±10 % dieses mittleren Gewichts lagen, wurden in Folge zur Erstellung des Mittelwertbildes herangezogen. Auf diese Weise wurden stark abweichende Einzeldruckbilder, die z. B. durch eine Bewegung des Tieres während der Messung hervorgerufen werden konnten, eliminiert.

Des Weiteren wurde noch vor der Erstellung des Mittelwertbildes eine Druckschwelle eingeführt, die nur Messfühler mit Druckwerten von mindestens 5 N/cm² berücksichtigte. Auf diese Weise wurde ein sicherer Abstand zum Niveau des Grundrauschens der Messplatte gewahrt, das sich in zufällig über die gesamte Platte verteilten Druckwerten äußern kann und Druckwerten bis etwa 3 N/cm² entspricht. Auch gelegentlich auftretende Fehlerpixel wurden auf diese Weise eliminiert. Mit dieser Schwelle wurde somit verhindert, dass nicht belastete Messfühler in die Auswertung aufgenommen wurden. Die dabei entstehende Abweichung beeinflusste die Auswertung der Druckverteilungen dagegen nur unwesentlich.

Die erstellten Mittelwertbilder waren nicht direkt vergleichbar, da Position und Orientierung der Klaue bei jeder Messung unterschiedlich sein können. Zur Ermittlung orientierungsunabhängiger Kenngrößen wurde der Klauenabdruck mit einem Referenzabdruck verglichen.

Dieser Vergleich geschah anhand des Hüllkreisverfahrens, bei dem der Mittelpunkt und der Hüllkreisradius bestimmt wurden und einer von MAIR (1989) eingeführten Zirkularprofilkorrelation. Mit dieser wurde der Drehwinkel des Druckbildes zum Referenzabdruck bestimmt, dessen Abweichung maximal fünf Grad von der als Optimum angesehenen Kreuzkorrelation betrug. Die Einzelfühler wurden für die anschließende Translation und Rotation in 100 Pixel (Bildpunkte) aufgeteilt und dann verschoben. Nach MAIR (1989) kann sich der Gesamtfehler dieser Bildtransformation im ungünstigsten Fall auf maximal 9,75 % summieren.

Die auf diese Weise transformierten Mittelwertbilder besaßen nun ein einheitliches Koordinatensystem, dessen Ursprung im Mittelpunkt des Hüllkreises lag. Die Y-Achse verlief als Parallele zum Zwischenklauenspalt in Richtung Klauenspitze und die X-Achse unterteilte die Klauen in kraniale und kaudale Hälften.

Aus technischen Gründen war eine Sektorierung des Druckbildes entsprechend der Anatomie der Fußungsfläche schwer zu realisieren, da z. B. der Tragrandbereich entlang der Linea alba der Breite von maximal ein bis zwei Messfühlern entspricht. Der Fehler für solch schmale Sektoren kann relativ groß werden, wenn z. B. nur ein halber Fühler belastet wird.

Deshalb wurde das Modell vereinfacht. Grob betrachtet kann die Fußungsfläche beider Klauen als Kreis aufgefasst werden (Abbildung 18). Die axiale Hohlkehlung entspricht etwa einer Herzform und der Interdigitalspalt wird durch zwei schmale Axialsektoren symmetrisch zur Ordinate repräsentiert. Somit können vier Sektoren (je 25 % der Kreisfläche), zwei kraniale (je 8 % der Kreisfläche), zwei kaudale (je 4 % der Kreisfläche) Zentralzonen sowie die zwei Axialsektoren mit unterschiedlichen Öffnungswinkeln unterschieden werden.

Mit dem Bildanalyseprogramm wurden nun jeweils Gewicht, relatives Gewicht, Fußungsfläche, relative Fußungsfläche, mittlerer Druck und die fünf höchsten Druckwerte sowie die Häufigkeit der einzelnen Druckstufen für die gesamte Fußungsfläche, für die mediale und laterale Klaue, für die vier Sektoren und die vier Zentralzonen bestimmt.

Ausgenommen für die Zonen wurden für die Teilflächen jeweils noch Flächen- und Druckschwerpunkt sowie die Öffnungswinkel der Axialsektoren errechnet.

Abbildung 18: Referenzabdruck der Klaue mit Sektoren- und Zonenaufteilung nach MAIR

(1989)

Insgesamt ergaben sich für jede Messung 204 Kennwerte der Druckverteilung, die weiter bearbeitet und statistisch ausgewertet werden konnten. Von mehreren Messungen eines Tieres an einem Messtag wurde dafür aus den erstellten Kennwertdateien jeweils eine Datei mit Mittelwerten für die Positionen Vorder- und Hintergliedmaße pro Tier und Messtag gebildet.

Um zu verhindern, dass die Gewichtsverteilung zwischen der medialen und lateralen Klaue durch zu starke oder zu schwache Belastung fälschlicherweise beeinflusst wurde, wurden vor der statistischen Auswertung diejenigen Messungen eliminiert, bei denen die gemessene Gewichtslast auf der Gliedmaße mehr als 20 % von der erwarteten Gewichtslast (ca. 27,3 % an der Vorder- und ca. 22,7 % an der Hintergliedmaße) abwich.

Zusätzlich wurden von dem Analyseprogramm noch acht Bewertungsfaktoren des von DISTL

und MAIR (1993) vorgeschlagenen Bewertungssystems berechnet. Dieses Bewertungssystem geht dabei von folgenden Hypothesen für eine optimale Druckverteilung aus:

- eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Gewichtskraft auf die gesamte Fußungsfläche - möglichst keine Gewichtsanteile in den Zentralzonen

- lokal eng begrenzte hohe Drücke sollten auf dem Tragrand der Klaue und keinesfalls im axialen Bereich liegen

- keine großen Druckunterschiede mit steilen Übergängen innerhalb der Sohlenfläche, also keine Zerklüftung

Die Bewertungsfaktoren gliederten sich in vier Verteilungs- und drei Formfaktoren und den Druckverteilungskoeffizienten als Mittel aller sieben Faktoren.

Verteilungsfaktoren: - Flächenfaktor (FF) - Gewichtsfaktor (GWF) - Schwerpunktfaktor (SF) - Zonengewichtsfaktor (ZGF) Formfaktoren: - Maximaldruckfaktor (MDF)

- Kontrastfaktor (KF) - Gradientenfaktor (GF) Druckverteilungskoeffizient (DVK)

Alle Bewertungsfaktoren sind auf Werte zwischen 0 und 1 normiert. Der Wert 1 wird für den idealen Fall angenommen.

Die Definitionen zur Berechnung der Faktoren lauten nach DISTL und MAIR (1993) wie folgt:

1. Der Flächenfaktor ergibt sich als 1 minus dem Betrag des Quotienten vom Verhältnis der Differenz der lateralen und medialen Sektorflächen zur Gesamtfläche. Demnach wäre eine Gleichverteilung zwischen medialer und lateraler Klaue ideal.

2. Der Gewichtsfaktor wird analog berechnet. Bei stark einseitiger Verteilung gehen beide Faktoren gegen null.

3. Der Schwerpunktfaktor gibt das Verhältnis des Abstands von Flächen und

Druckschwerpunkt bezogen auf den Radius des Hüllkreises wieder. Wenn Flächen- und Druckschwerpunkt zusammenfallen, ist der Wert 1.

4. Der Zonengewichtsfaktor wird durch das Verhältnis des Gewichtsanteils bezogen auf das Gesamtgewicht bestimmt. Er nimmt den Wert 1 an, wenn auf die Zentralzonen kein Gewicht entfällt.

5. Der Maximaldruckfaktor ist in einem Kreis um den Mittelpunkt, der innerhalb der Zentralzonen liegt, null. In einem äußeren Ring, der nach innen durch einen Kreis mit dem Radius der Diagonalen durch die kranialen Zentralzonen begrenzt wird, nimmt er den Wert 1 an. Dazwischen steigt sein Wert linear mit Zunahme des Abstands vom Mittelpunkt. Hohe Drücke sollen demnach möglichst entlang der Linea alba und nicht in den Zentralzonen auftreten.

6. Der Kontrastfaktor ist ein Maß für Druckschwankungen (Zerklüftung). Er ist das Verhältnis von mittlerem Druck der gesamten Gliedmaße zur Summe von mittlerem Druck und mittlerer quadratischer Abweichung vom mittleren Druck. Bei gleichmäßiger Gewichtsverteilung ist er gleich 1.

7. Der Gradientenfaktor charakterisiert die Stärke der Übergänge in einer Druckverteilung und wird durch das Verhältnis des mittleren Gradientenbetrages des Referenzabdrucks zum mittleren Gradientenbetrag der Druckverteilung ausgedrückt.

8. Der Druckverteilungskoeffizient wird durch das arithmetische Mittel der sieben Faktoren bestimmt.

Von mehreren Messungen eines Tieres an einem Messtag wurde für die Bewertungsfaktoren ebenfalls jeweils eine Mittelwertdatei für die Positionen Vorder- und Hintergliedmaße gebildet.