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Nicht-Histon-Proteine: HMG-Proteine

1. EINLEITUNG

1.2 Modifikation der Chromatinstruktur

1.2.2 Nicht-Histon-Proteine: HMG-Proteine

Eine weitere Möglichkeit, die Chromatinstruktur zu beeinflussen, ist die Einlagerung von Nicht-Histon-Proteinen in das Chromatin. Unter den Nicht-Histon-Proteinen kommen die HMG (high mobility group)-Proteine am häufigsten in den Zellkernen aller höheren Eukaryoten vor. Sie werden in drei Familien eingeteilt, nämlich HMGB (alter Name:

HMG-1/-2), HMGN (alter Name: HMG-14/-17) und HMGA (alter Name: HMG-I/Y/C). Sie haben Molekulargewichte zwischen 10 kDa und 20 kDa, einen hohen Anteil an geladenen Aminosäuren und eine assymetrische Ladungsverteilung (Bianchi, 1995;

Bustin et al., 1990; Bustin and Reeves, 1996), wodurch sie sowohl an negativ geladene DNA als auch an positiv geladene Proteine binden können.

Jede Familie von HMG-Proteinen hat ein charakteristisches funktionelles Sequenz-Motiv. Diese Sequenz-Motive sind die Hauptinteraktionsstellen zwischen Proteinen und DNA oder Chromatin. Das funktionelle Motiv von HMGB ist die HMG-Box, HMGN besitzt ein Nukleosomen-Bindemotiv, und ein sogenannter AT-Hook ist das funktionelle Motiv der HMGA-Familie. Alle funktionellen Motive können an spezifische DNA-Strukturen binden, weisen aber nur eine geringe Spezifität für DNA-Sequenzen auf. Alle HMG-Proteine agieren als Architektur-Elemente, die die Struktur von DNA und Chromatin modifizieren können. Die Menge von HMGB-Proteinen in einer Zelle ist ungefähr 10 fach weniger als die von einem Histon, HMGN ist wieder 10 fach weniger als HMGB, und die Menge von HMGA ist 10 fach weniger als die von HMGN (Johns, 1982).

Neben den klassischen HMG-Proteinen wurden die HMG-Motive auch in anderen Kern-Proteinen identifiziert, die mit DNA und Chromatin interagieren (Aravind and Landsman, 1998; Baxevanis and Landsman, 1995; Landsman and Bustin, 1993). Diese Proteine sind Zelltyp-spezifisch, binden die DNA sequenz-spezifisch und besitzen oft neben dem HMG-Motiv noch andere funktionelle Motive.

1. Einleitung

1.2.2.1 HMGB-Proteine

HMGB-Proteine haben zwei verschiedene Domänen: die beiden HMG-Boxen (HMG-1-Domänen) und eine saure C-terminale Domäne. Die beiden für die DNA-Bindung verantwortlichen HMG-Boxen sind homolog gefaltete Domänen von ca. 80 Aminosäuren. Die Struktur der HMG-Box ist mehr konserviert als ihre Aminosäuresequenz (Baxevanis et al., 1995) und wird durch drei α-Helices, die L-förmig gefaltet sind, charakterisiert (Read et al., 1993; Weir et al., 1993). Die HMG-Box bindet an die kleine Rinne der B-Form DNA durch Interkalation, wodurch die kleine Rinne vergrößert und die große Rinne zusammengedrückt wird (Allain et al., 1999;

Cerdan et al., 2001; Thomas, 2001). Dies führt zur Biegung der DNA. Weiterhin binden die HMGB-Proteine bevorzugt an gebogene, verdrehte, supergecoilte und kruziforme DNA in vitro (Teo et al., 1995; Thomas, 2001; Webb and Thomas, 1999). In vivo könnten sie als Architektur-Transkriptionsfaktoren funktionieren. Sie können von sequenz-spezifischen Transkriptionsfaktoren durch Protein-Protein-Interaktion an spezifische Stellen rekrutiert werden, aber ihre präzise Rolle ist noch nicht erschöpfend erklärt. Es könnte sein, dass durch die DNA-Biegung der Kontakt zwischen den Transkriptionsfaktoren und zwischen Transkriptionsfaktor und DNA verbessert wird (Thomas, 2001).

1.2.2.2 HMGA-Proteine

Die HMGA-Proteine binden an die DNA über das sogenannte AT-Hook-Motiv. Sie besitzen drei hintereinanderliegende AT-Hooks. Jeder AT-Hook besteht aus 9 Aminosäuren mit dem unveränderten Tetrapeptid ArgGlyArgPro (RGRP), das auf beiden Seiten von positiv geladenen Aminosäureresten flankiert wird. Über die AT-Hooks binden die HMGA-Proteine an die kleine Rinne AT-reicher DNA (Reeves and Nissen, 1990). Wie HMGB-Proteine binden sie eher struktur- als sequenzspezifisch und bevorzugt an verdrehte DNA-Strukturen. Durch Biegung und Loop-Formation von linearer DNA und Einführung von Supercoils in relaxierte DNA, können die HMGA-Proteine die DNA-Struktur verändern (Bagga et al., 2000; Chase et al., 1999; Nissen and Reeves, 1995).

In vivo können sie auch wie HMGB-Proteine die Transkription beeinflussen. Durch Erleichterung oder Verhinderung der Formation vom „Enhanceosom“ auf dem

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Promotor-Bereich eines bestimmten Gens können sie zusammen mit anderen Faktoren die Transkription positiv oder negativ regulieren (Bustin and Reeves, 1996; Reeves, 2000; Thanos and Maniatis, 1995). Das am besten untersuchte Modell ist die Bildung eines Enhanceosoms auf dem Virus-induzierbaren menschlichen ß-Interferon (IFN-ß) Enhancer, bei dem die HMGA-Proteine die allosterische Veränderung in DNA induzieren, wodurch die Transkriptionsfaktoren NF-κB und ATF-2/c-Jun an den Enhancer rekrutiert werden können (Yie et al., 1999).

Die Expression von HMGA erreicht das höchste Niveau während der Embryonalentwicklung und in rasch proliferierenden Zellen. Aber das Expressionsniveau ist niedrig oder sogar nicht detektierbar in voll differenzierten oder nicht teilenden Zellen und Geweben (Bustin and Reeves, 1996). Fast in jeder Krebsart sind die Proteine überexprimiert, daher wird eine Verbindung zwischen HMGA-Überexpression, neoplastischer Transformation und Tumor-Progression postuliert (Reeves and Beckerbauer, 2001).

1.2.2.3 HMGN-Proteine

HMGProteine besitzen drei funktionelle Domänen: die DNA-Bindedmäne am N-Terminus, die Transaktivierungsdomäne am C-Terminus und die zentral liegende Bindedomäne (Bustin and Reeves, 1996). Über die Nukleosomen-Bindedomänen binden je zwei HMGN-Proteine, entweder zwei HMGN1 Moleküle oder zwei HMGN2 Moleküle, kooperativ an die Ein- und Austrittsstelle der nukleosomalen DNA (Postnikov et al., 1995). Die Nukleosomen-Bindedomäne besteht aus ca. 30 positiv geladene Aminosäuren mit einem extrem konservierten N-terminalen Bereich und einem C-terminalen Bereich, der mit Lysin- und Prolinresten hoch angereichert ist (Bustin and Reeves, 1996). Aber die Struktur dieser Domäne ist noch nicht bekannt.

Nachdem die HMGN-Proteine über die Nukleosomen-Bindedomänen an Nukleosomen gebunden sind, können sie über die C-terminale Domäne Chromatin dekompaktieren und damit die Transkription und Replikation aktivieren (Ding et al., 1997; Trieschmann et al., 1995).

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