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2.3 Natriuretische Peptide und cGMP in der kardialen Diagnostik

Seit der Entdeckung der NP durch DE BOLDT und Mitarbeiter 1981 und dem damit hergestellten Zusammenhang zwischen der Freisetzung eines Hormones aus dem Myokard und der Kreislaufregulation, haben sich auf der ganzen Welt Arbeitsgruppen mit der Physiologie, der diagnostischen, prognostischen sowie therapeutischen Bedeutung dieser Hormone in der Humanmedizin (BROCKHOFF et al., 2000) oder auch in der Kleintiermedizin (KOIE et al., 2001) beschäftigt. Hier soll deshalb nur ein Überblick der diagnostischen und prognostischen Bedeutung der NP vor allem für die Beurteilung von Herzinsuffizienzen gegeben werden.

Als Herzinsuffizienz wird die eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Herzens, die Blutversorgung dem jeweiligen Bedarf anzupassen, bezeichnet. Charakterisiert ist die Insuffizienz hierbei durch ein herabgesetztes Herzminutenvolumen und ein erhöhtes enddiastolisches Füllungsvolumen. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein und beinhalten unter anderem Kardiomyopathien, Erkrankungen des Klappenapparates, angeborene Herzfehler sowie Erkrankungen der Koronargefäße oder Bluthochdruck. Die Folgen sind Stauungserscheinungen im großen (Rechtsherzinsuffizienz) oder kleinen Kreislauf (Linksherzinsuffizienz).

Als ein Beispiel der pathophysiologischen Vorgänge einer Herzinsuffizienz kann die gesteigerte Synthese und Sekretion von ANP sowie BNP im menschlichen Myokard angeführt werden. Unter physiologischen Bedingungen gelten der linke und rechte Vorhof als Hauptsekretionsort für ANP. Im Rahmen schwerer Ischämien und bei chronisch herzinsuffizienten Patienten findet die Hauptsekretion im linken Ventrikel statt, damit ist die Freisetzungsrate gesteigert (BROCKHOFF et al., 2000). Aus diesen pathophysiologischen Veränderungen ergeben sich die eigentlichen diagnostischen Möglichkeiten. Ähnliche Vorgänge zeigen sich bei der Kardiomyopathie der Hamster (FRANCH et al., 1986; DING et al., 1987; CANTIN et al., 1988; EDWARDS et al., 1988; THIBAULT et al., 1989), des Hundes (TAKEMURA et al., 1991, KOIE et al., 2001) sowie bei der Herzinsuffizienz der Ratte (TSUNODA et al., 1986; MENDEZ et al., 1987; MORII et al., 1986; CHIEN et al., 1988; HODSMAN et al., 1988; DREXLER et al., 1989) und des Rindes (TAKEMURA et al., 1990b).

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2.3.1 Natriuretische Peptide in der kardialen Diagnostik

Zahlreiche Untersuchungen aus der Humanmedizin ergaben bei chronisch herzinsuffizienten Menschen infolge der Volumenbelastung und der erhöhten myokardialen Wandspannung eine Erhöhung des Plasmaspiegels der kardialen NP (HARTTER et al., 1985; NAKAOKA et al., 1985; RIEGGER et al., 1985; SHENKER at al., 1985; TIKKANEN et al., 1985; BURNETT et al., 1986; CODY et al., 1986, OGAWA et al., 1986; RAINE et al., 1986; YOSHIMI et al., 1987; FYHRQUIST und TIKKANEN, 1988; MARUMO et al., 1988; MALATINO et al., 1989; ANDO et al., 1990, FISCHER et al., 1991; BROCKHOFF et al., 2000; CLERICO et al., 2000; HAMMER-LERCHER et al., 2001; PAPER, 2002). Als Ursachen für die chronischen Herzinsuffizienzen können dilatative Kardiomyopathien, Erkrankungen des Klappenapparates oder Herzinfarkte diagnostiziert werden.

Von den NP gelten BNP und sein N-terminales Prohormonfragment als die besten Marker zur Diagnostik von Herzinsuffizienzen des Menschen (HAMMER-LERCHER et al., 2001; DE LEMOS et al., 2001; PFISTER et al., 2002; FRAQUELLI und CONTE, 2002; MAISEL et al., 2002). Für diesen hohen diagnostischen Stellenwert ist vor allem der Hauptsyntheseort, der linke Ventrikel, verantwortlich. So besteht eine direkte Korrelation von erhöhten Plasmakonzentrationswerten von BNP und NT-pro-BNP und einer linksventrikulären Dysfunktion (PFISTER et al., 2002). Ähnliche Ergebnisse lassen sich für ANP und das NT-pro-ANP (TAKEMURA et al., 1991, HAMMERER- LERCHER et al., 2001) aufzeigen.

Allerdings ist hierbei die labordiagnostische Praktikabilität zu berücksichtigen. Für die Bestimmung der NP und ihrer Pro-Hormone eignet sich EDTA-Blutplasma. Daraus erfolgt ein Nachweis mithilfe von Radio- und Enzymimmunoassays (kompetitiv, Sandwich-Prinzip) mit und ohne vorherige Extraktion, über C18− bzw. C8–Säulen (PUSCHENDORF und MAIR, 2005). Die größeren Peptide in Form von NT-pro-BNP und NT-pro-ANP werden äquimolar in die Zirkulation freigesetzt, besitzen jedoch mit 1-2 h eine deutlich längere Halbwertzeit und erreichen eine um 50-fach höhere Plasmakonzentration. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass sie im Gegensatz zu den NP im EDTA-Plasma auch über mehrere Tage im Postversand ohne Kühlung stabil sind (PUSCHENDORF und MAIR). Somit gelten neben den NP auch die Peptide NT-pro-ANP und NT-pro-BNP als adäquate Laborparameter, die in

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Diagnostik, Verlaufs- und Therapiekontrolle bei Herzinsuffizienzen routinemäßig eingesetzt werden (PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Gegenüber ANP (Halbwertzeit von 3 Minuten) besitzt BNP im Blut eine deutlich längere Halbwertzeit von etwa 20 Minuten. Darüber hinaus ist es im EDTA-Plasma bei Raumtemperatur sechs Stunden haltbar und lässt sich deshalb auch bei Routineuntersuchungen verwenden (HAMMERER-LERCHER et al., 2001;

PUSCHENDORF und MAIR, 2005). BNP zeigt deshalb im Vergleich zu ANP eine bessere labordiagnostische Praktikabilität. Die Indikation zur Bestimmung von BNP stellt sich beim Menschen zur Diagnostik von Herzinsuffizienzen, aber auch zur Therapie- und Verlaufskontrolle sowie zur Prognoseabschätzung. Besonderen Stellenwert in der Diagnostik hat BNP bei ventrikulären Dysfunktionen nach einem Myokardinfarkt, vor allem zur Prognoseabschätzungen, jedoch auch bei der hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie, der linksventrikulären Hypertrophie sowie der dilatativen Kardiomyopathie. Es besteht eine direkte Korrelation zwischen der Ausprägung der Schwere der Insuffizienz des linken Ventrikels und der BNP sowie der NT-pro-BNP Konzentration im Blutplasma (DE LEMOS et al., 2001; FRAQUELLI und CONTE, 2002; MAISEL et al., 2002; PFISTER et al., 2002;

WIECZOREK et al., 2002).

Wichtig ist auch der Einsatz von NP in Rahmen der Therapie. Die Wirkung der NP scheint bei schweren Herzinsuffizienzen erheblich abgeschwächt zu sein. Dies ist möglicherweise mit einem stark aktivierten Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und einer Downregulation der NPR zu erklären. Weiterhin hängt insbesondere die diuretische Wirkung der NP direkt von der Nierendurchblutung ab (MUNZEL et al., 1991). Je schlechter die glomeruläre Filtrationsrate, umso stärker ist die „NP-Resistenz“ bei herzinsuffizienten Patienten. So führen Infusionen von ANP und BNP bei Patienten mit einer leichten bis mittelschweren Herzinsuffizienz zu einer Reduktion der links- und rechts-atrialen Füllungsdrücke und zu einem Abfall der Renin- und Aldosteron-Spiegel im Plasma, während das Herzminutenvolumen sowie die Natrium- und Wasserausscheidung gesteigert werden.

Ähnlich positive Effekte wurden bei Patienten mit arterieller Hypertonie beobachtet (MUNZEL et al., 1991; YOSHIMURA et al., 1991). Probleme bereitet allerdings die Art der Anwendung der NP. Orale Therapien mit ANP-Analoga sowie nasale Inhalationen waren

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bisher wenig erfolgreich. Somit steht derzeit nur die intravenöse Verabreichung zur Verfügung. Tierexperimentelle Untersuchungen zu einer Therapie mit dem ANP-Gen sind derzeit noch in der Entwicklungsphase (BROCKHOFF et al., 2000).

2.3.2 cGMP in der kardialen Diagnostik

In der Humanmedizin geht man davon aus, dass die im Plasma messbare Freisetzung von cGMP im Wesentlichen auf die Wirkung der NP (ANP, BNP, CNP) und ihre biologisch wirksamen Spaltprodukte zurückzuführen ist. Mittels einer cGMP-Bestimmung können somit das gesamte natriuretische System des Herzens (ANP und BNP) sowie des vaskulären Systems (CNP) über den second Messenger dieser Hormone gemessen werden (PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Obwohl cGMP vermutlich in allen Zellen nachweisbar ist, hängt sein extrazelluläres Auftreten im Blut vor allem von der Bindung der NP an ihre Rezeptoren und der Aktivierung der membranständigen Guanylylzyklase ab (GERZER et al., 1985; SEYMOUR et al., 1985;

ARDAILLOU et al., 1986; PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Bei manifester symptomatischer Herzinsuffizienz beträgt die diagnostische Sensitivität 90%

bei einer diagnostischen Spezifität ebenfalls von 90% (VORDERWINKLER et al., 1991).

Wegen seiner guten Stabilisierbarkeit durch EDTA, eines spezifischen Phosphodiesterase-Inhibitors und des Vorhandenseins hochspezifischer monoklonaler Antikörper ist cGMP für die labordiagnostische Routineuntersuchung von Herzerkrankungen in der Humanmedizin geeignet (HIRATA et al., 1987; PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Indikationen zur Bestimmung von cGMP ergeben sich vor allem in der Diagnostik der Herzinsuffizienz sowie in der Verlaufs- und Therapiekontrolle dieser Erkrankung. Eine weitere Indikation liegt bei chronischen Dialysepatienten und der damit verbundenen notwendigen Beurteilung des Trockengewichtes des Blutes sowie der Einstellung der Überwässerung vor.

Die Bestimmung von cGMP im Plasma erfolgt mit Hilfe von Radioimmunoassays oder Enzymimmunoassays mit oder ohne Äthanol-Extration (PUSCHENDORF und MAIR, 2005) Als Untersuchungsmaterial wird hierbei EDTA Plasma verwendet. In diesem Medium ist cGMP bei -20°C über sechs Monate, bei -80°C ein Jahr und bei Raumtemperatur fünf Tage

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haltbar und wird wenig vom präanalytischen und analytischen Umgang mit der Probe beeinflusst (VORDERWINKLER et al., 1991).

In der Beurteilung der Herzinsuffizienz, entsprechend seiner Bedeutung als second Messenger der NP des Herzens, besteht eine gute Übereinstimmung zwischen der cGMP Freisetzung und dem Ausmaß der Herzinsuffizienz (HIRATA et al., 1987; HAUPTLORENZ et al., 1989;

VORDERWINKLER et al., 1991). Somit erlaubt die Messung des cGMP-Spiegels im Blut eine Beurteilung der einzelnen Herzinsuffizienzstadien (NYHA-Stadien). Hierbei wird jedoch die linksventrikuläre Dysfunktion asymptomatischer Patienten durch die cGMP-Bestimmung erst nach einer Belastung besser erfasst als in Ruhe. Nach der Belastung (Steigerung bis zur Erschöpfung oder anderer Abbruchkriterien) haben asymptomatische Patienten mit einer linksventrikulären Dysfunktion signifikant höhere Werte als vergleichbare gesunde Menschen (JACOB et al., 1994; FRIEDL et al., 1996; PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Außer in der Herzinsuffizienzdiagnostik sind NP und ihr second Messenger bei chronischen hämodialysierten Patienten drastisch erhöht. Während der Hämodialyse nehmen die ANP-, BNP- und cGMP-Konzentrationen im Plasma deutlich ab. Die cGMP- Plasmakonzentration nach einer Hämodialyse spiegelt gut den Hydratationszustand eines Dialysepatienten wieder.

Bei gleichzeitiger Herzinsuffizienz bleiben die cGMP-Werte auch bei ausreichender Flüssigkeitsreduktion, in Abhänigkeit vom Schweregrad der Herzerkrankung, erhöht (FRIEDL et al., 1996; PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Erkrankungen anderer Organe können ebenfalls den Plasmaspiegel von cGMP beinflussen.

So konnten beispielsweise variable Werte bei Vorliegen maligner Tumoren festgestellt werden, so dass progressiv wachsende Tumore die Herzspezifität des extrazellulären cGMP einschränken (PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

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