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2.2 Physiologie der natriuretischen Peptide der Vögel

2.2.5 Biologische Funktion der natriuretischen Peptide innerhalb der aviären

Die Hauptaufgabe der NP ist eine Antagonisierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems und der damit verbundenen wichtigen Beteiligung an der Regulation des Flüssigkeits- sowie des Natrium-Kaliumhaushaltes (BROCKHOFF et al., 2000).

Die Freisetzung von ANP aus der Herzmuskulatur ins Blut wird ähnlich wie beim Säugetier (DIETZ, 1984; LEDSOME et al., 1985; METZEL et al., 1986) vor allem durch eine Dehnung der Vorhof- und Ventrikelwände des Herzens induziert und ist somit stark abhängig vom zirkulierenden Blutvolumen im Blutkreislaufs sowie den Druckverhältnissen in Vorhöfen und Ventrikeln. Eine Dehnung der Herzmuskulatur kann experimentell beispielsweise über eine massive i.v. Flüssigkeitsverabreichung induziert werden. Eine solche Volumenexpansion von 14,4% und 21,3% führt in „Rhode Island red hens“ (Gallus gallus f. dom.) zu einer expansionsabhängigen Steigerung der physiologischen ANP-Plasmakonzentration (33,4 – 136,0 pg/ml) um 190% bzw. 257% (GRAY, 1993). Ähnliche Ergebnisse zeigen sich bei Pekingenten (Anas platyrhynchos f. dom.). Eine Hypervolämie führt dort zu einer Erhöhung und eine Hypovolämie zu einer Verminderung der ANP-Plasmakonzentration (GRAY et al., 1991).

Die Erfolgsorgane von ANP zur Regulation des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes sind vor allem die Nieren, das Blutgefäßsystem und die Nebennieren.

Die Hauptwirkung von ANP an der Niere besteht aus einer Diurese in Zusammenhang mit einer moderaten Natri- und Kaliurese (GREGG und WIDEMAN, 1986; SPRINGATE et al., 1987, SCHÜTZ et al., 1992, GRAY, 1993). Die Verabreichung eines synthetischen chANP führte in „Rhode Island red hens“ und Pekingenten zu einer dosis-abhängigen Steigerung des Urinflusses und einer vermehrten Natrium- sowie Kaliumausscheidung (SCHÜTZ et al., 1992; GRAY, 1993). Die Verabreichung eines polyklonalen Antikörpers gegen chANP führte in der Pekingente zu einer 90%igen Reduzierung des physiologischen ANP-Plasmaspiegels und einer damit einhergehenden 30%igen Verminderung des Harnflusses und einer Natriumausscheidung über 30 Minutem. (GRAY, 2003b; GRAY, 1994). Die diuretische sowie natriuretische Wirkung scheint für die aviären NP im Gegensatz zu NP der Säugetiere

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geringer ausgebildet zu sein (GREGG und WIDEMAN, 1986). Bindungsstellen für ANP in der Vogelniere befinden sich sowohl im Bereich der Nierenglomeruli als auch im Bereich der Sammelröhren (SCHÜTZ et al., 1992). Die Nierenfunktion bei Pekingenten wird vor allem durch eine gesteigerte glomeruläre Filtrationsrate (GFR), den effektiven renalen Plasmafluß (ERPF) sowie der fraktionalen Wasserexkretion (Schütz et al., 1992) modifiziert.

Vergleichbare Studien an Hühnern mit Säuger-ANP zeigten jedoch unterschiedliche Ergebnisse in der Änderung der GFR und dem ERPF im Vergleich zu Pekingenten (GREGG und WIDEMANN, 1986). Die Verteilung der Bindungsstellen für ANP in der Pekingente deuten darauf hin, dass die Wirkungen der NP an der Niere über die gleichen Mechanismen, wie die bei den Säugetieren bereits beschriebenen (BRENNER et al., 1990), ablaufen. Die Steigerung der GFR bei Ratten und Hunden wird im Rahmen der ANP-Wirkung durch einen gesteigerten Filtrationsdruck hervorgerufen. Der gesteigerte Filtrationsdruck beruht auf einer Dilatation der afferenten Arteriolen und einer Konstriktion der efferenten Gefäße der Glomeruli (MAACK et al., 1984 und 1986; OHISHI et al., 1988).

Die kardiovaskulären Wirkungen der NP, die sich im Wesentlichen an einer Blutdrucksenkung und einem Anstieg des Hämatokrits erkennen lassen, sind die Summe der Einzelwirkungen (GENEST et al., 1988; BRENNER et al., 1990). Die NP führen über eine Relaxation der glatten Muskelzellen vorkontrahierter Gefäße zu einer Vasodilatation und einer damit verbundenen Abnahme des peripheren Gefäßwiderstandes (WINQUIST et al., 1984; PARKES et al., 1988). Die Wirkung der NP auf die glatten Muskelzellen der Vögel ist schon sehr früh erkannt wurden. CURRIE et al. (1983) testeten an isolierten Hühnerdärmen die relaxierende Wirkung der NP aus Vorhofextrakten des Menschen, der Ratte sowie des Schweines. MIYATA et al. (1988) konnten ebenfalls die relaxierende Wirkung von Vorhofextrakt des Huhnes (chANP) auf die glatte Muskulatur des Hühnerdarmes nachweisen.

Die Vasodilatation konnte zudem an vorkontrahierten Aortenbögen für chRNP und chANP gezeigt werden (TRAJANOVSKA et al., 2007).

Neben dem Einfluss von ANP auf die Gefäßlumina ist dieses Hormon in der Lage, die Permeabilität der Gefäßendothelien zu erhöhen und somit das intravasale Flüssigkeitsvolumen zu verringern. Aus dieser Volumenreduktion resultiert ein klinisch erkennbarer Anstieg des Hämatokrits (HUXLEY et al., 1987; WILLIAMSON et al., 1989).

Der Hämatokrit der Vögel ist ein klinisch relevanter Parameter, der Änderungen des

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Blutvolumens widerspiegelt (STALLONE und BRAUN, 1986). GRAY et al. (1991) konnten jedoch bei ihren Untersuchungen an Pekingenten nach einer Infusion von chANP in einer Dosierung von 100 ng/ kg pro min über zehn Minuten keinen Anstieg des Hämatokrits feststellen. Eine arterielle blutdrucksenkende Wirkung von chANP und Herzextrakt des Huhnes konnte von GREGG und WIDEMAN (1986) mittels in vivo Versuchen mit Hühnern dargestellt werden. Sowohl die Reduzierung des peripheren Gefäßwiderstandes als auch die Abnahme des intravasalen Flüssigkeitsvolumens senken die Vorlast des Herzens. Aus dieser Vorlastsenkung resultiert eine Abnahme des Herzminutenvolumens, die wesentlich an der Blutdrucksenkung beteiligt ist (ACKERMANN et al., 1984; BREUHAUS et al., 1985;

LAPPE et al., 1985; ALLEN und GELLAI, 1987). Die Regulation des Blutdruckes sowie des Blutvolumens scheint auch beim Vogel in Analogie zum Säugetier (FLÜCKIGER et al., 1986; LARAGH und ATLAS, 1988) eine der Hauptaufgaben von ANP zu sein.

Neben einer direkten kardiovaskulären und renalen Wirkung hat ANP weitere endokrine Funktionen zur Beeinflussung des Salz- und Flüssigkeitshaushaltes (LARAGH und ATLAS, 1988). So sind hier vor allem die NP als Antagonisten des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems anzusprechen. Das Mineralokortikoid Aldosteron spielt eine entscheidende Rolle in der Natriumrückresorption in der Niere. Eine Senkung des Aldosteronplasmaspiegels durch ANP ist mit verantwortlich für die natriuretische und diuretische Wirkung der NP (LARAGH, 1985; CLINKINGBEARD et al., 1990; JOHNSTONE et al., 1990). ANP beeinflusst die Aldosteronfreisetzung auf verschiedenen Ebenen. In den Glomerulosazellen der Nebenniere werden die Aldosteronbiosynthese und weiterhin die basale sowie die durch Angiotensin II, Kalium oder ACTH stimulierte Aldosteronfreisetzung gehemmt (CHARTIER et al., 1984; DE LEAN et al., 1984; GOODFRIEND et al., 1984). Durch eine zusätzliche Hemmung der Reninfreisetzung aus den juxtaglomerulären Zellen der Niere (BURNETT et al., 1984;

MAACK et al., 1984) wird folglich weniger Angiotensin II gebildet und somit die Aldosteronfreisetzung zusätzlich gehemmt.

In Experimenten mit Pekingenten und α-ch-ANP konnten GRAY et al. (1991) die antagonistische Wirkung von ANP auf das Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems zeigen.

Die beste Wirkung von ANP wird erzielt bei belasteten dehydrierten Tieren, bei denen die Freisetzung der relevanten Hormone stimuliert ist. In diesen Fällen kann eine deutliche Reduktion der Aldosteron- sowie der Angiotensin-II-Konzentration im Plasma erzielt werden.

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In normal hydrierten Vögeln ist nur ein Abfall des Aldosteronplasmaspiegels zu verzeichnen.

Dies deckt sich mit den Untersuchungen an Säugetieren (CHARTIER und SCHIFFRIN, 1987; SHENKER, 1988). Der Nachweis von ANP-Rezeptoren an Glomerulosazellen der Nebennieren der Pekingente legt in Analogie zum Säugetier die Vermutung nahe, dass die Aldosteronsynthese und somit die Angiotensin-II-Wirkung durch postrezeptor-vermittelte-Mechanismen des ANP gehemmt werden (ROSENBERG et al., 1988). Die Verabreichung von polyklonalen Antikörpern gegen aviäres ANP (chANP) führte bei in vivo Versuchen an Pekingenten zu einer deutlichen Steigerung der Angiotensin-II-Plasmakonzentration und verdeutlicht somit die Interaktion der beiden Hormone und hier vor allem die hemmende Wirkung von ANP auf die Angiotensin-II-Plasmakonzentration. Eine Beeinflussung der Plasmakonzentration des Adrenokortikotropen Hormons (ACTH) und des Adiuretin (ADH) durch α-ch-ANP erfolgte bei bisherigen Versuchen an Vögeln nicht (GRAY et al., 1991).

Auch ein in vivo Einsatz von polyklonalen Antikörpern gegen aviäres ANP zeigte keine Beeinflussung dieser Hormone (GRAY, 1994). Die Ergebnisse der Untersuchungen an Vögeln decken sich somit mit denen der Säugetiere (LEE et al., 1987; METZEL et al., 1989).

Die Synthese der NP in extrakardialen Geweben führt zu der Annahme, dass diese Peptide weitere wichtige physiologische Aufgaben in Regelkreisläufen auch mit lokaler Wirkung erfüllen. Die Isolierung bespielsweise von CNP aus dem Gehirn von Hühnern in einer relativ hohen Konzentration von 3 pmol/g Gehirn und einer fast identischen Struktur mit dem porcinen CNP führt zu der Vermutung, es könnte sich um ein Neuropeptid im Zentralen Nervensystem handeln (ARIMURA et al., 1991). Die Aufgaben dieses Peptides sind bei weitem noch nicht vollständig geklärt und bedürfen einer weiteren Erforschung. Einen Zusammenhang zwischen ANP der Säugetiere und der Funktion als Neurotransmitter oder Neuromodulator (PAPKA et al., 1985; DEBINSKI et al., 1986 und 1987; QUIRION et al., 1986; MORII et al., 1987) mit einer eventuellen Beteiligung an der Beeinflussung kardiovaskulärer Zentren und einer damit einhergehenden Beteiligung an der zentralen Kontrolle des Blutdrucks (KAWATA et al., 1985; JACOBOWITZ et al., 1985; SAPER et al., 1985; SKOFITSCH et al., 1985) konnte gezeigt werden.

Ein Vorkommen der NP in verschiedenen Organen, in denen ein aktiver Elektrolyt- und Wassertransport stattfindet (Magen-Darm-Trakt, Pankreas, Speichel- und Schweißdrüsen,

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sowie der Salzdrüse der Enten), lässt vermuten, dass auch hier eine Beteiligung an der Regulation des Wasser- und Elektrolythaushaltes erfolgt (CHABOT et al., 1987; TAINIO et al., 1987; VUOLTEENAHO et al., 1988; VOLLMAR et al., 1988; EHRENREICH et al., 1989; GERBES et al., 1991; GRAY et al., 1997). Das Vorkommen und die Wirkungen der NP in diesen Organen sind jedoch für den Vogel noch weitgehend unerforscht.

In der Niere des Huhnes konnte ein eigenständiges NP festgestellt werden (RNP) mit einem deutlichen Aminosäuresequenzunterschied zu anderen natriuretischen Hormonen. Die Expression erfolgt ausschließlich im Nierengewebe und ein Vorkommen im Blut konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Dieses Hormon bewirkt ebenfalls eine Vasodilatation und besitzt nachgewiesene Rezeptoren an den Nierenzellen, so dass von einer lokalen Wirkung auf die Funktion der Nieren ausgegangen werden kann (TRAJANOVSKA et al., 2007).