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2.1 Übersicht über die Kreislaufregulation der Vögel

2.1.1 Das Herz als zentrales Organ der Kreislaufregulation

2.1.1.1 Anatomie des Vogelherzens

Das vom Perikard umschlossene Herz liegt im kranialen Abschnitt der einheitlichen Leibeshöhle. In der Herzbeutelhöhle befinden sich einige Tropfen einer serösen Flüssigkeit.

Die Herzbasis, die der Lunge zugewandten Vorkammerabschnitte, befindet sich auf Höhe der zweiten Rippe. Die Herzspitze zeigt in Richtung des Brustbeins und liegt in einer durch die fünfte und sechste Rippe gezogenen Querebene. Die kraniale Herzfläche ist dem Sternum, die

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kaudodorsale der Leber zugewandt, so dass die Herzspitze von den Leberlappen umschlossen wird. Der rechte Herzrand ist konkav geformt, während der linke Herzrand gerade oder konvex ist. Die Längsachse des Herzens verläuft von kraniodorsal nach kaudoventral und weist eine leichte Neigung nach rechts auf (NICKEL et al., 1992).

Die relative Masse des kegelförmigen Herzens (bezogen auf die Körpermasse (KM);

1,1−1,5% der KM bei Tauben) ist größer als die der Säugetiere. Die rechte Vorkammer, Atrium dextrum, besitzt eine dünnere Wand als die linke. Netzartig verzweigte Muskelbalken ragen in die Vorkammern hinein. Das Septum interatriale trennt die beiden Atrien. In diesem Bereich befindet sich im embryonalen Stadium eine Perforation, welche dem Foramen ovale der Säuger entspricht. Mit Eintritt der Lungenatmung schließt sich diese Perforation. Die hintere und die rechte vordere Hohlvene münden in den artspezifisch unterschiedlich ausgebildeten Sinus venosus, der gegen die Vorkammer durch eine Valva sinuatrialis abgesetzt ist. Die linke vordere Hohlvene mündet direkt in den Hohlraum des rechten Atriums. Typisch für das Vogelherz ist ein tubulärer Recessus der rechten Vorkammer, der sich nach links über die Mitte bis zum Bulbus aortae erstreckt. Das rechte Herzohr zieht rechts um die Aorta und den Truncus pulmonalis und bildet bei der Taube mit dem linken Herzohr eine Brücke über den kranialen Abschnitt dieser Gefäße. Die rechte Vorkammer ist über das Ostium atrioventrikulare dextrum mit der rechten Kammer verbunden (Hummel, 2000).

In die kleinere linke Vorkammer, Atrium sinister, münden die beiden Lungenvenen, welche sich mit dem Eintritt in die linke Vorkammer zu einem Gefäß, Camera pulmonalis verbinden, das sich zur linken Atrioventrikularöffnung hin vorstülpt. Das linke Herzohr zieht links um den Truncus pulmonalis. Um den Ursprung von Aorta und Arteria (A.) pulmonalis, befinden sich knorpelige Faserringe, die das Herzskelett bilden (NICKEL et al., 1992).

Die rechte Herzkammer, Ventriculus dexter, reicht nicht bis zur Herzspitze und ist der linken Kammer aufgelagert, so dass sie sich im Querschnitt sichel- oder halbmondförmig darstellt.

Ihr trichterförmiger kranialer Abschnitt führt zum Ostium pulmonale. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Säuger- und Vogelherz besteht in der Ausbildung der rechten Atrioventrikularklappe (AV-Klappe). Diese besteht aus einer dreieckigen Muskelplatte, die sich von der Seitenwand des rechten Ventrikels abspaltet. Ihr freier Rand beginnt am Ostium pulmonale und zieht der Kontur der Kammer folgend nach apikal. Ein kleinerer

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Muskelbalken verbindet den freien Rand mit dem Septum. Die Öffnung des Ostium pulmonale wird durch die Valvulae semilunares verschlossen. Das Septum interventrikulare trennt die rechte von der linken Kammer (SALOMON, 1993).

Die linke Herzkammer, Ventriculus sinister, hat eine wesentlich dickere Wand, z.B bei Wellensittichen, Melopsittacus undulatus, und bei Königssittichen, Alisterus s. scapularis, etwa das Dreifache der Wand des rechten Ventrikels im mittleren Wandareal (STRAUB et al., 2002), und ist im Querschnitt fast kreisförmig. An der Herzspitze ist die Muskelwand jedoch verhältnismäßig dünn. Längsverlaufende Muskelleisten ragen von ihr ausgehend in das Kammerlumen. An der Kammerbasis verschmelzen diese zu drei Musculi papillares, von denen Chordae tendinae zu den Segeln der AV-Klappe ziehen. Diese ist bei ähnlichem Aufbau im Gegensatz zum Säuger aber nicht zwei sondern dreizipflig. Während das kraniale und das kaudale Segel klein ausgebildet sind, ist das septumständige Segel auffallend groß.

Jedes Segel erhält Sehnenfäden von den zwei angrenzenden Papillarmuskeln. Als Vestibulum aortae bezeichnet man den kranialen, zum Ostium aortae führenden Abschnitt der linken Kammer. Im Ostium aortae befindet sich die Valva aortae, die aus drei Valvulae semilunares besteht.

Schon kurz nach dem Ursprung der Aorta gehen der rechte und linke Truncus brachiocephalicus von der Aorta ascendens ab. Der Truncus brachiocephalicus (Tr. brachio.) sinister bzw. dexter dient der Versorgung von Kopf, Hals, Flügeln und insbesondere der starken Flugmuskulatur. Die beiden symmetrischen Arterienstämme divergieren nach ihrem Ursprung zur Medialseite der ersten Rippe. Dort umlaufen sie als A. subclavis kranial den Processus craniolateralis sterni und teilen sich in die schwache A. axillaris und den viel stärkeren Truncus pectoralis. Noch innerhalb der Leibeshöhle, zischen den Ventrikeln des Klavikularluftsacks, entspringt als erster Ast des Tr. brachio. beidseits die beim Vogel nur kurze A. carotis communis (SCHWARZE und SCHRÖDER 1985; NICKEL et al., 1992;

SALOMON, 1993; HUMMEL, 2000).

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2.1.1.2 Die Beteiligung des Herzens an der Kreislaufregulation

Eines der großen Stellglieder der Kreislaufregulation ist die Herzleistung. Trotz der auch beim Vogel bestehenden Autonomie der Herzaktionen ist eine Anpassung der Herztätigkeit an die wechselnden Bedürfnisse des Organismus enorm wichtig.

Im Rahmen der Kreislaufregulation können die Häufigkeit der Impulsbildung des Schrittmachers (Sinusknoten) und damit die Schlagfrequenz des Herzens, die Geschwindigkeit der Erregungsleitung sowie die Kraft der Herzmuskelkontraktionen bei gegebener Vordehnung der Muskulatur (Kontraktilität des Herzens) modifiziert werden.

Über die aus der Nebenniere stammenden Katecholamine im Blutplasma (Adrenalin und Noradrenalin) ist der Organismus in der Lage, die Frequenz der Depolarisationen der Schrittmacherzellen (BOLTON und BOWMAN, 1969; DE SANTIS, 1975) und damit die Herzfrequenz sowie die Kontraktionskraft der Herzmuskelzellen (DE SANTIS, 1975) zu steigern. Die Wirkung der Katecholamine erfolgt vermutlich über β-Rezeptoren am Erfolgsorgan (BOLTON, 1967). Des Weiteren besteht eine starke Innervation des Herzens mit sympathischen und parasympathischen (Nervus vagus) Nervenfasern.

Der Sympathikus bildet ein intracordiales Nervengeflecht in allen vier Abteilungen des Herzens. Der kardiale Teil der Venae cavae wird von diesem Nervenplexus ebenfalls innerviert (BENNETT und MALMFORS, 1970). Die Region der äußeren Wand des rechten Atriums ist hierbei am stärksten versorgt. Auf Grund dieser Beobachtungen wird der vermutliche Sitz des Sinusknotens in diesem Myokardareal vermutet (BENNETT und MALMFORS, 1970). Der sympathische Haupttransmitter im Herzen ist Noradrenalin. Eine Aktivierung des Sympathikus führt zu einer Steigerung der Herzkraft, der Erregungsleitungsgeschwindigkeit (BOLTON und RAPER, 1966) und der Herzfrequenz (MAC DONALD und COHEN, 1970).

Der Parasympathikus besteht im Herzen aus Zellkörpern, die mit dem N. vagus verbunden sind und den Transmitter Acetylcholin zur Überleitung verwenden. Alle vier Herzkammern sind parasympathisch innerviert, wobei auch hier eine Steigerung der Versorgung im Bereich der rechten Vorkammer auftritt (HIRSCH, 1963; YOSUF, 1965). Der Parasympathikus setzt die Kontraktilität der Myozyten von Atrien und Ventrikeln herab (FOLKOW und YONCE, 1967). Die Übertragung der Erregungsleitung am atrioventrikulären Übergang wird

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verlangsamt (GOLDBERG et al., 1983) und die Herzfrequenz, über eine Verminderung der Aktivität der Pacemaker–Zellen des Sinusknotens, wird ebenfalls gesenkt (JOHANSON und REITE, 1964).

Die Anpassung des Schlagvolumens an veränderte Füllungen des Herzens und Aortendrücke erfolgt autonom durch die Änderung der Vordehnung der Herzmuskulatur (Frank-Starling-Mechanismus). Bei einer vermehrten Füllung des Herzens (erhöhte Vorlast) erfolgt regulatorisch eine Steigerung des Schlagvolumens, wohingegen eine Erhöhung des Aortendruckes (erhöhte Nachlast) zu einer Verminderung des Schlagvolumens führt (JONES et al., 1983; SMITH und JONES, 1992). Eine wichtige Aufgabe des Frank-Starling-Mechanismus ist es auch, die beiden Schlagvolumina der Herzkammern exakt auszugleichen, so dass keine Stauung und kein Volumenmangel in Lungen- sowie Körperkreislauf entstehen können.