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2.4 Übersicht der kardialen Erkrankungen beim Ziervogel

Für die Haltung von Ziervögeln gibt es nach wie vor keinen einheitlichen Standard, deshalb werden die Tiere in den verschiedensten Haltungssystemen untergebracht. Überwiegend erlauben viele Haltungen eine artgerechte und adäquate Bewegung der Vögel nicht.

Insbesondere gilt dies für die private Käfighaltung von großen Papageien, wie Graupapageien, Amazonen, Aras sowie Kakadus. Zudem ist für die meisten exotischen Ziervögel die genaue Zusammensetzung der natürlichen Nahrungskomponenten weitgehend unbekannt und die Ersatznahrungen folglich häufig nicht adäquat. Die Unterbringung in unseren geographischen Breitengraden entspricht für einen Großteil der exotischen Ziervögel nicht den klimatischen Ansprüchen der jeweiligen Art (z.B. tropische Papageien). Aus diesen Umständen resultieren vielfach verschiedene haltungsbedingte Organschädigungen, u. a. auch kardiovaskuläre Erkrankungen. Ein weiterer prädisponierender Faktor ist neben der inadäquaten Haltung der hohe physiologische Blutdruck dieser Tiere (PEES et al., 2006).

Einige postmortem durchgeführte Studien bestätigen den hohen Prozentsatz von Herzerkrankungen bei Ziervögeln. OGLESBEE und OGLESBEE (1998) konnten bei 26 von 296 untersuchten Papageien makroskopische und mikroskopische Herzveränderungen feststellen. In einer Studie von BRAUN et al. (2002) wurden bei der Untersuchung von 107 Papageien, im Rahmen der Routinediagnostik, bei 36,4% der Tiere makroskopische Veränderungen des Herzens und der großen Gefäße nachgewiesen. Hierbei konnte bei 14,9%

eine Perikarditis, bei 14,9% eine Hypertrophie oder Dilatation des Myokardiums, bei 0,9%

eine Endokarditis valvularis und bei 10,3% in der Aorta bzw. den Aa. pulmonalis arteriosklerotische Veränderungen diagnostiziert werden.

Histologisch wiesen sogar 99% der untersuchten Proben pathologische Veränderungen auf, die vor allem als lympho-histozytäre Entzündungen, bakterielle Infiltrationen sowie Einlagerungen von Fettzellen ins Myokard charakterisiert werden konnten (BRAUN et al., 2002; STRAUB et al., 2000).

Als Ursachen für Herzerkrankungen beim Vogel werden kongenitale, infektiöse, toxische oder idiopathische Ätiologien angeführt. Eine Vielzahl von Herzerkrankungen entsteht sekundär durch Erkrankungen und das Versagen anderer Organe, wie beispielsweise der Lunge oder der Leber. Aber auch Neoplasien sowie systemische Infektionen können zu

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Herzerkrankungen führen (JUNGHANNS et al., 2001a; KRAUTWALD-JUNGHANNS und STRAUB, 2001b; KRAUTWALD-KRAUTWALD-JUNGHANNS et al., 2004;

SHIVAPRASAD, 1995)

2.4.1 Kongenitale Herzerkrankungen

Kongenitale Herzerkrankungen kommen vermutlich auf Grund der hohen physiologischen Leistung, die das Herz beim Vogel erbringen muss, äußerst selten vor. Da diese Erkrankungen häufig schon in der Embryonalentwicklung oder im Nestlingsalter zum Tod der Tiere führen, werden sie erst post mortem im Rahmen einer Sektion festgestellt oder bleiben unentdeckt. In der Literatur finden sich dazu einige Fallberichte, wie beispielsweise ein Ventrikelseptumdefekt bei Kakadus (SCHMIDT et al. 2003), einen Defekt der rechten Atrioventrikularklappe mit einer Dilatation des rechten Ventrikels bei einer Amazone (PEES, 2001) und eine Ectopia cordis bei einer Brieftaube sowie einer Gimpeltaube (KUMMERFELD et al., 1990; LEGLER et al., 2009).

2.4.2 Perikardiale Herzerkrankungen

Herzbeutelentzündungen (Pericarditis) als Organmanifestationen entstehen im Verlauf von Infektionskrankheiten sowie degenerativen Erkrankungen. Als Beispiel kann hier eine generalisierte Trichomonadeninfektion bei Tauben, die unter anderem auch zu einer Pericarditis granulomatosa führen kann (KRAUTWALD-JUNGHANNS und KUMMERFELD, 2007), angesprochen werden. Die Entstehung einer Pericarditis granulomatosa kann weiterhin die Folge einer generalisierten Lungen-Luftsackmykose sein.

Bakteriell bedingte Perikarditiden führen dagegen zu einer Pericarditis exsudativa.

Eine Pericarditis urica tritt als degenerative Erkrankung im Rahmen einer Visceralgicht auf (KRAUTWALD-JUNGHANNS und KUMMERFELD, 2007).

Ein Hydropericard ist häufig die Folge einer exudativen Pericarditis, beispielsweise im Rahmen einer Polyomavirusinfektion der Psittazide (LUMEIJ und RITCHIE, 1994). Als eine weitere Ursache der Pericarditis kann eine stauungsbedingte Genese im Rahmen einer Herzinsuffizienz angeführt werden (PEES et al., 2001). Dagegen tritt ein Hämopericard vor

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allem nach stumpfen Traumen sowie nach Gewebs- oder Gefäßrupturen in folge von sklerotischen oder infarktbedingten Veränderungen auf (PEES et al., 2001; KRAUTWALD-JUNGHANNS und KUMMERFELD, 2007).

2.4.3 Myokardiale Herzerkrankungen und Insuffizienzen

Störungen der myokardialen Kontraktilität können primär, idopathisch, als dilatative Kardiomyopathie (CZARNECKI, 1984; WILSON et al., 1987) oder sekundär infolge einer systemischen Infektion (Myokarditis, z.B. Reovirusinfektion der Psittaciden), einer toxischen Einwirkung (z.B. Furazolidonvergiftungen, WILSON et al., 1987; Bleivergiftungen), metabolischer Störungen (Vitamin E- und Selenmangel, Eisenspeichererkrankung;

DORRESTEIN, 1988) sowie eines tumorösen Geschehens sein (GRATZEL und KOEHLER, 1968; WILSON et al., 1987; PEES et al., 2006).

Verminderte Pumpleistungen des Herzens, die beim Vogel meist als Rechts- oder Globalinsuffizienzen auftreten, können die Folge einer pulmonalen Hypertonie, von valvulären Vitien, myokardialen Erkrankungen, Arrhythmien oder Intoxikationen sein (KRAUTWALD-JUNGHANNS und KUMMERFELD, 2007). Zeigen die Mechanismen der Kreislaufregulation keine Wirkung tritt eine Dekompensation ein. Eine myokardiale Hypertrophie soll als Kompensation die eingeschränkte Atrium- und Ventrikeltätigkeit ausgleichen. Führt dies zu keinem Effekt kommt es schließlich zu einer Insuffizienz des Myokards. Die Folgen sind eine herabgesetzte Blutversorgung der Organe mit Stauungen in Leber, Lunge oder peripherem Kreislauf.

Eine Rechtsherzinsuffizienz tritt beispielsweise in Folge einer pulmonalen Kongestion oder Hypertension und sekundärer Belastung des rechten Ventrikels auf (z.B. bei Lungenmykosen der größeren Psittaziden). Die rechtsventrikulären Myokardveränderungen beziehen die rechte AV-Klappe in den meisten Fällen mit ein, in deren Folge durch eine hypertrophische Wulstbildung eine Insuffizienz der Klappe entsteht (KRAUTWALD-JUNGHANNS und KUMMERFELD, 2007). Eine Linksherzinsuffizienz wird unter anderem in Zusammenhang mit der Hämochromatose der Beos beobachtet und geht sehr häufig mit einer Leberfibrose und einer begleitenden Aszitis einher (DORRESTEIN und VAN DER HAGE, 1988).

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32 2.4.4 Endokardiale Herzerkrankungen

Die Veränderungen des Endokardiums, speziell der AV-Klappen, sind häufig idiopathischen Ursprungs (PEES et al., 2006). Diese Veränderungen treten jedoch gehäuft in Zusammenhang mit einer systemischen Infektion (Streptokokken, Staphylokokken, Pastorella multocida sowie E. coli und in seltenen Fällen Erysipelotrix rhusiopathiae) auf (BEEHLER et al., 1980;

RANDOLPH et al., 1984; LUMEIJ und RITCHI, 1994; KRAUTWALD-JUNGHANNS et al., 2004; KRAUTWALD-JUNGHANNS und KUMMERFELD, 2007).

Unabhängig von der Ursache können sich aus diesen Klappenveränderungen schwere Klappeninsuffizienzen mit der Folge einer Herzinsuffizienz entwickeln, die bei einem Linksherzversagen zu einem Rückstau in den Lungenkreislauf (Lungenödem) und bei einem Rechtsherzversagen zu einem Rückstau in den Körperkreislauf (Leberstauung) führen (KRAUTWALD-JUNGHANNS und KUMMERFELD, 2007).

2.4.5 Arteriosklerotische Veränderungen

Arteriosklerotische Veränderungen sind die häufigsten pathologischen Veränderungen der Gefäße bei Psittaziden (BRAUN et al., 2002; FRICKE et al., 2003). Als Ursachn werden verschiedene Faktoren, wie eine Hyperlipidemie, endotheliale Entzündungen, Toxine, Immunkomplexe sowie eine Hypertonie und Stressfaktoren diskutiert (PEES et al., 2006). Die tatsächliche Ätiologie blieb bisher jedoch unklar.

Die Folgen einer Arteriosklerose bestehen vor allem in einer Nachlasterhöhung des Herzens und in Durchblutungsstörungen peripherer Organe (PEES et al., 2006). Klinisch sichtbar kann dies z. B. an unilateralen Federbildungsstörungen oder Ekzemen im Bereich der Flügel werden.

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