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Untersuchungen zur Konzentration von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP) im Blutplasma bei Tauben (Columba livia f. dom.) mit experimentell gesteigerter Nachlast und linksventrikulärer Dilatation des Herzens

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Academic year: 2022

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Untersuchungen zur Konzentration von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP) im Blutplasma bei Tauben (Columba livia f. dom.) mit experimentell gesteigerter Nachlast

und linksventrikulärer Dilatation des Herzens

INAUGURAL–DISSERTATION zur Erlangung des Grades eines

DOKTORS DER VETERINÄRMEDIZIN - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Marko Legler

Nordhausen

Hannover 2009

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Wissenschaftliche Betreuung: Univ. Prof. Dr. M. Fehr

Klinik für Heimtiere, Reptilien, Zier- und Wildvögel

1. Gutachterin(nen)/Gutachter: Univ. Prof. Dr. M. Fehr

2. Gutachterin(nen)/Gutachter: Univ. Prof. Dr. S. Rautenschlein, PhD

Tag der mündlichen Prüfung: 17. 11. 2009

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Meinen Eltern, Schwestern und Großeltern

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1 Einleitung ... 1

2 Literaturübersicht... 3

2.1 Übersicht über die Kreislaufregulation der Vögel ... 3

2.1.1 Das Herz als zentrales Organ der Kreislaufregulation ... 3

2.1.1.1 Anatomie des Vogelherzens... 3

2.1.1.2 Die Beteiligung des Herzens an der Kreislaufregulation ... 6

2.1.2 Weitere Mechanismen der aviären Kreislaufregulation... 7

2.2 Physiologie der natriuretischen Peptide der Vögel ... 10

2.2.1 Geschichtlicher Überblick... 10

2.2.2 Vorkommen der natriuretischen Peptide bei Wirbeltieren... 12

2.2.3 Vorkommen der natriuretischen Peptide bei Vögeln ... 13

2.2.4 Synthese, Speicherung und Freisetzung von ANP im Herz... 14

2.2.5 Biologische Funktion der natriuretischen Peptide innerhalb der aviären Kreislaufregulation... 16

2.2.6 Rezeptoren der natriuretischen Peptide und ihr second Messenger... 20

2.3 Natriuretische Peptide und cGMP in der kardialen Diagnostik ... 24

2.3.1 Natriuretische Peptide in der kardialen Diagnostik... 25

2.3.2 cGMP in der kardialen Diagnostik... 27

2.4 Übersicht der kardialen Erkrankungen beim Ziervogel ... 29

2.4.1 Kongenitale Herzerkrankungen... 30

2.4.2 Perikardiale Herzerkrankungen... 30

2.4.3 Myokardiale Herzerkrankungen und Insuffizienzen... 31

2.4.4 Endokardiale Herzerkrankungen... 32

2.4.5 Arteriosklerotische Veränderungen... 32

2.5 Diagnostik kardialer Erkrankungen beim Ziervogel... 33

3 Zielsetzung ... 39

4 Material und Methodik... 41

4.1 Probanden... 41

4.2 Haltung der Versuchstiere... 42

4.3 Vorversuche ... 44

4.3.1 cGMP-Blutplasmakonzentrationen verschiedener Vogelarten ... 44

(6)

4.3.2 Nachweis von natriuretischen Peptiden im Blutplasma... 44

4.3.3 Einfluss eines synthetischen natriuretischen Peptides (chANP) auf die cGMP- Blutplasmakonzentration bei verschiedenen Vogelarten (Hühner, Brieftauben, Kongo- GP) ………...44

4.4 Hauptversuche... 47

4.4.1 Hauptversuch I: Einfluss von definierten Nachlasterhöhungen des linken Ventrikels auf den cGMP-Blutplasmaspiegel ... 47

4.4.1.1 Operationstechnik zum Subligieren herznaher Arterien zur definierten Nachlasterhöhung des linken Ventrikels... 48

4.4.2 Hauptversuch II: Einfluss von kardiologischen Erkrankungen auf die cGMP- Bluplasmakonzentration bei Kongo-Graupapageien ... 50

4.5 Diagnostische Methodik und Probengewinnung... 52

4.5.1 Blutentnahme und Probenaufbereitung... 52

4.5.2 Elektrokardiographische Untersuchung ... 52

4.5.3 Phonokardiographische Untersuchung... 53

4.5.4 Röntgenologische Untersuchung... 53

4.5.5 Echokardiographische Untersuchung... 53

4.6 Labordiagnostische Untersuchungsverfahren ... 54

4.6.1 Blutchemische Untersuchung... 54

4.6.2 cGMP-Bestimmung... 56

4.6.2 Bestimmung von ANP und BNP... 57

4.7 Pathomorphologische und pathohistologische Untersuchungen... 57

4.8 Statistische Methoden ... 57

4.9 Genehmigung der Tierversuche ... 58

5 Ergebnisse ... 59

5.1 Voruntersuchungen ... 59

5.1.1 Die cGMP-Blutplasmakonzentration verschiedener Vogelarten ... 59

5.1.2 Nachweis von natriuretischen Peptiden im Blut von Brieftauben und Kongo- GP ………...61

5.1.3 Einfluss eines i.v. verabreichten synthetischen natriuretischen Peptides (chANP) auf die Blutplasmakonzentration von cGMP verschiedener Vogelarten... 61

5.1.3.1 Klinik der Tiere während der Durchführung des Versuches... 61

(7)

5.1.3.2 Einfluss auf die Konzentration von cGMP im Blutplasma. ... 62

5.1.4 Einfluss eines i.v. verabreichten synthetischen natriuretischen Peptids (chANP) auf ausgewählte blutchemische Parameter der Versuchstiere... 66

5.1.4.1 Hämatokrit... 66

5.1.4.2 Na+- Blutplasmakonzentration ... 68

5.1.4.3 K+-Blutplasmakonzentration... 70

5.1.4.4 P-Blutplasmakonzentration ... 72

5.2 Hauptversuche... 74

5.2.1 Hauptversuch I: Einfluss von definierten Nachlasterhöhungen des linken Ventrikels auf den cGMP-Blutplasmaspiegel ... 74

5.2.1.1 Klinik der Tiere vor der Nachlasterhöhung, während der Operation und mit einer Nachlasterhöhung des Herzens. ... 74

5.2.1.2 Einfluss einer gesteigerten Nachlast des linken Herzens durch das Subligieren herznaher Arterien auf die Konzentration von cGMP im Blutplasma... 76

5.2.1.3 Einfluß der Subligaturen der herznahen Gefäße auf ausgewählte blutchemische Parameter bei Brieftauben... 79

5.2.1.3.1 Hämatokrit... 79

5.2.1.3.2 Na+ -Konzentration ... 80

5.2.1.3.3 K+-Konzentration ... 81

5.2.1.3.4 P-Konzentration ... 83

5.2.1.3.5 Harnsäure-Konzentration ... 85

5.2.1.3.6 CK-Konzentration ... 88

5.2.1.3.7 AST-Konzentration ... 91

5.2.1.3.8 LDH-Konzentration ... 94

5.2.1.4 Einfluss einer Nachlasterhöhung des Herzens durch das Subligieren herznaher Arterien auf das EKG ... 97

5.2.1.4.1 Herzfrequenz ... 97

5.2.1.4.2 Herzrhythmus ... 99

5.2.1.4.3 P-Zacke... 99

5.2.1.4.4 S-Zacke... 100

5.2.1.4.5 T-Welle... 103

5.2.1.4.6 Q-T Intervall... 104

(8)

5.2.1.4.7 Herzachse ... 105

5.2.1.5 Einfluss von Subligaturen an herznahen Arterien auf das Phonokardiogramm ... 109

5.2.1.6 Einfluss definierter Nachlasterhöhungen des Herzens auf die morphologisch ermittelte Verkürzungsfraktion (FS) des linken Ventrikels ... 111

5.2.1.7 Röntgenologische Untersuchung... 117

5.2.1.8 Pathomorphologische und pathohistologische Untersuchungen... 117

5.2.2 Hauptversuch II: Einfluss von kardiologischen Erkrankungen auf die cGMP- Bluplasmakonzentration bei Kongo-Graupapageien ... 119

6 Diskussion ... 120

6.1 Probanden... 120

6.2 Auswirkungen der Subligaturen an herznahen Arterien auf die Klinik und die blutchemischen Parameter der Probanden ... 121

6.3 Sonographie... 124

6.4 EKG... 126

6.5 Phonokardiographie ... 127

6.6 cGMP in der aviären Herzdiagnostik ... 128

6.6.1 Die cGMP−Blutplasmakonzentration verschiedener Vogelarten ... 130

6.6.2 Einfluß eines synthetischen natriuretischen Peptids (chANP) auf die Blutplasmakonzentration von cGMP bei verschiedenen Vogelarten... 131

6.6.3 Einfluß einer gesteigerten Nachlast des linken Herzens auf die Konzentration von cGMP im Blutplasma ... 132

6.7 Ausblick ... 135

7 Zusammenfassung... 137

8 Summary ... 139

9 Literaturverzeichnis... 141

10 Anhang ... 173

11 Tabellenverzeichnis... 192

12 Abbildungsverzeichnis ... 195

(9)
(10)

Verzeichnis häufig verwandter Abkürzungen

A Arterie

A.a. Arterien

ADH antidiuretisches-Hormon

ANP atriales natriuretisches Peptid

AS Aminosäuren

AST Aspartat-Amino-Transferase

AV-Klappe Atrioventrikularklappe BNP brain natriuretisches Peptid

bzw. beziehungsweise

cGMP zyclisches Guanosinmonophosphat

CK Creatinkinase

C-terminal Carboxyl-Terminus

CNP C-Typ natriuretisches Peptid CW-Doppler Continuous Wave Doppler

DNP dendroaspisches natriuretisches Peptid ERPF effektiver renaler Plasmafluss

GFR glomeruläre Filtrationsrate

RER rauhes endoplasmatisches Reticulum RNP renales natriuretisches Peptid

chRNP chicken renales natriuretisches Peptid ANP atriales natriuretisches Peptid

chANP chicken atriales natriuretisches Peptid EDTA Ethylendiamintetraessigsäure

EKG Elektrokardiogramm

ex. let. tab. exitus letalis ad tabulum f. dom. forma domestica

FS Fractional Shortening (Verkürzungsfraktion)

GP Graupapagei

GTP Guanosintriphosphat

h Stunde

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hANP humanes atriales natriuretisches Peptid hBNP humanes brain natriuretisches Peptid

Htk Hämatokrit

i.v. intra venös

K Kalium

KM Körpermasse

LDH Lactatdehydrogenase

LVDs systolischer linksventrikulärer Diameter LVDd diastolischer linksventrikulärer Diameter

min Minute

MNP micrurus natriuretisches Peptid

N Nervus

Na Natrium

N-terminal Amino-Terminus

NP natriuretische Peptid

NPR atriuretischer Peptid Rezeptor

P Phosphor

PKG Phonokardiogramm

PW Pulsed Wave Doppler

Tr. brachio. Truncus brachiocephalicus

Uric Harnsäure

V Vena

VNP Ventrikel natriuretisches Peptid

z.B. zum Beispiel

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1 Einleitung

Das Herz-Kreislaufsystem der Vögel ist vortrefflich an die vielfältigen natürlichen physiologischen Anforderungen dieser Organismen angepasst und erlaubt es den über 9000 Vertretern der zweitartenreichsten Klasse innerhalb der Wirbeltiere nahezu sämtliche Lebensräume auf der Erde zu besiedeln.

Das Herz sowie das Blutkreislaufsystem der Vögel zeigen gegenüber den Säugetieren einige Besonderheiten, die sich in einem gesteigerten Verhältnis der Herzmasse zum Körpergewicht, einer höheren Herzschlagfrequenz, einem gesteigerten Herzminutenvolumen sowie einem erhöhten Blutdruck zeigen. All dies sind nötige anatomische und physiologische Anpassungen, um den erhöhten energetischen Grundumsatz des Vogelkörpers zu gewährleisten und damit die maximale Leistungsfähigkeit des Organismus zu erzielen. Diese physiologischen Besonderheiten erlauben es den Vertretern dieser Wirbeltierklasse letztendlich aktiv zu fliegen, eine körperliche Leistung, die in der Klasse der Säugetiere nur die Ordnung der Fledermäuse zu erbringen vermag. Wie leistungsfähig der Bauplan des Vogelkörpers ist, wird bei der Betrachtung einiger extremer, fast unvorstellbarer Leistungen ersichtlich. Der Kaiserpinguin (Aptenodytes forsteri) ist in der Lage, bis zu 500 Metern tief zu tauchen, der Sperbergeier (Gyps ruepellii) steigt bis zu 11000 Metern Höhe auf und die Küstenseeschwalbe (Sterna paradiseaea) legt auf ihren jährlichen Wanderungen etwa 40000 Kilometer zurück.

Auch den in Gefangenschaft gehaltenen Wildvögeln, als so genannte Stuben- oder Ziervögel, ist mit der Leistungsfähigkeit ihrer Organe ein Leben in freier Wildbahn möglich. Die Käfighaltung bringt jedoch einige Probleme mit sich, die sich auch im Bereich des Herz- Kreislaufsystems bemerkbar machen. Die Käfigbewohner sind häufig zur physischen Untätigkeit gezwungen, die Ernährung der Tiere ist in vielen Fällen nicht artgerecht und die Haltungsbedingungen nicht den klimatischen Gegebenheiten des Verbreitungsgebietes der jeweiligen Art angepasst. So ist es nicht verwunderlich, dass Klinik und Pathologie zeigen, dass Herzerkrankungen beim Ziervogelpatienten keine Seltenheit sind und nach Untersuchungen von BRAUN et al. (2002) über 36% der untersuchten Papageien makroskopische Herzveränderungen aufweisen. Die Diagnostik solcher Erkrankungen bereitet in der Praxis auf Grund der Herzanatomie und vor allem bedingt durch die

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physiologischen Anpassungen des Vogelherzens erhebliche Schwierigkeiten. Eine aufwendige Technik ist erforderlich, um zumindest eine Verdachtsdiagnose stellen und eine gezielte Therapie einleiten zu können. Zum Einsatz kommen derzeit Röntgen, Blutplasmachemie, EKG, PKG und Sonographie, seltene Verwendung finden die Angiokardiographie und die Computertomographie (DE WIT und SCHOEMAKER, 2005).

Bedingt durch die starken individuellen physiologischen Schwankungen der Herz- und Kreislaufparameter können häufig nur hochgradige pathologische Veränderungen diagnostiziert werden.

Eine weitere Möglichkeit in der aviären Kardiologie könnte die Verwendung natriuretischer Peptide und ihres second Messengers zur Diagnostik von Herzerkrankungen sein (PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Die kardialen natriuretischen Peptide, eine stammesgeschichtlich alte Hormonfamilie, werden aus Kardiozyten nach Dehnung der Vorhöfe und Ventrikel als Folge einer gesteigerten Volumenbelastung des Herzens (DE BOLD, 1985; GRAY, 1993) freigesetzt und übernehmen wichtige Aufgaben in der Kreislaufregulation zur Entlastung des Herzens (GREGG und WIDEMAN, 1986). Zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) stellt den klassischen second Messenger für natriuretische Peptide im Säugergewebe dar und konnte auch für Vögel als Überträgersubstanz identifiziert werden (BRENNER und GERSTENBERGER, 1999).

In der Humanmedizin können mit Hilfe der natriuretischen Peptide eine Herzinsuffizienz diagnostiziert und der Schweregrad sowie die Prognose der Erkrankung abgeschätzt werden.

Mittels der cGMP-Bestimmung im Blutplasma ist das gesamte natriuretische System des Herzens und des vaskulären Systems beurteilbar. Bei manifester, symptomatischer Herzinsuffizienz beträgt so die diagnostische Sensitivität dieses Blutparameters 90%, bei einer diagnostischen Spezifität von 90% (PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Mit diesem Hintergrund sollen in dieser Arbeit die physiologische cGMP- Blutplasmakonzentration bei Tauben (Columba livia f. dom.) sowie anderer Vogelarten ermittelt und das Verhalten der cGMP-Plasmakonzentration bei pathologischen Herz- Kreislaufsituationen bestimmt werden. Es ist zu klären, ob sich die cGMP- Blutplasmakonzentration als ein geeigneter Parameter zur Diagnostik von Herzinsuffizienzen in der Ziervogelmedizin einsetzen lässt.

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Literaturübersicht

2 Literaturübersicht

2.1 Übersicht über die Kreislaufregulation der Vögel

Unter Kreislaufregulation versteht man alle Kontrollvorgänge, die den normalen Ablauf der Kreislauffunktion unter Ruhebedingungen sowie unter wechselnden Anforderungen, wie körperliche und thermische Belastungen, gewährleisten. Hierzu gehören die Aufrechterhaltung eines adäquaten Perfusionsdruckes (arterieller Blutdruck), die Einstellung der jeweils erforderlichen Gesamtstromstärke (Herzzeitvolumen), einschließlich ihrer regionalen Verteilung auf die Organstromgebiete, sowie die Kontrolle des Blutvolumens. Zur Steuerung dieser Vorgänge, die das Prinzip einer biologischen Regelung mit negativer Rückkopplung erfüllen, bedient sich der Vogelorganismus ähnlich dem Säugetier der nerval- humoralen Beeinflussung des Herzens und der glatten Gefäßmuskulatur sowie lokal- metabolischer, endothelialer und myogener Mechanismen. Diese Vorgänge stehen wiederum unter den übergeordneten Strukturen im Hypothalamus, dem Kleinhirn und der Hirnrinde (POWELL und MITCHEL; 1999).

Eine ausführliche Darstellung der aviären Kreislaufregulation findet sich bei POWELL und MITCHELL (1999). Im folgenden Kapitel soll ausschließlich die Darstellung einiger wichtiger Aspekte der Regulationsmechanismen zum besseren Verständnis der Arbeit erfolgen.

2.1.1 Das Herz als zentrales Organ der Kreislaufregulation

2.1.1.1 Anatomie des Vogelherzens

Das vom Perikard umschlossene Herz liegt im kranialen Abschnitt der einheitlichen Leibeshöhle. In der Herzbeutelhöhle befinden sich einige Tropfen einer serösen Flüssigkeit.

Die Herzbasis, die der Lunge zugewandten Vorkammerabschnitte, befindet sich auf Höhe der zweiten Rippe. Die Herzspitze zeigt in Richtung des Brustbeins und liegt in einer durch die fünfte und sechste Rippe gezogenen Querebene. Die kraniale Herzfläche ist dem Sternum, die

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Literaturübersicht

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kaudodorsale der Leber zugewandt, so dass die Herzspitze von den Leberlappen umschlossen wird. Der rechte Herzrand ist konkav geformt, während der linke Herzrand gerade oder konvex ist. Die Längsachse des Herzens verläuft von kraniodorsal nach kaudoventral und weist eine leichte Neigung nach rechts auf (NICKEL et al., 1992).

Die relative Masse des kegelförmigen Herzens (bezogen auf die Körpermasse (KM);

1,1−1,5% der KM bei Tauben) ist größer als die der Säugetiere. Die rechte Vorkammer, Atrium dextrum, besitzt eine dünnere Wand als die linke. Netzartig verzweigte Muskelbalken ragen in die Vorkammern hinein. Das Septum interatriale trennt die beiden Atrien. In diesem Bereich befindet sich im embryonalen Stadium eine Perforation, welche dem Foramen ovale der Säuger entspricht. Mit Eintritt der Lungenatmung schließt sich diese Perforation. Die hintere und die rechte vordere Hohlvene münden in den artspezifisch unterschiedlich ausgebildeten Sinus venosus, der gegen die Vorkammer durch eine Valva sinuatrialis abgesetzt ist. Die linke vordere Hohlvene mündet direkt in den Hohlraum des rechten Atriums. Typisch für das Vogelherz ist ein tubulärer Recessus der rechten Vorkammer, der sich nach links über die Mitte bis zum Bulbus aortae erstreckt. Das rechte Herzohr zieht rechts um die Aorta und den Truncus pulmonalis und bildet bei der Taube mit dem linken Herzohr eine Brücke über den kranialen Abschnitt dieser Gefäße. Die rechte Vorkammer ist über das Ostium atrioventrikulare dextrum mit der rechten Kammer verbunden (Hummel, 2000).

In die kleinere linke Vorkammer, Atrium sinister, münden die beiden Lungenvenen, welche sich mit dem Eintritt in die linke Vorkammer zu einem Gefäß, Camera pulmonalis verbinden, das sich zur linken Atrioventrikularöffnung hin vorstülpt. Das linke Herzohr zieht links um den Truncus pulmonalis. Um den Ursprung von Aorta und Arteria (A.) pulmonalis, befinden sich knorpelige Faserringe, die das Herzskelett bilden (NICKEL et al., 1992).

Die rechte Herzkammer, Ventriculus dexter, reicht nicht bis zur Herzspitze und ist der linken Kammer aufgelagert, so dass sie sich im Querschnitt sichel- oder halbmondförmig darstellt.

Ihr trichterförmiger kranialer Abschnitt führt zum Ostium pulmonale. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Säuger- und Vogelherz besteht in der Ausbildung der rechten Atrioventrikularklappe (AV-Klappe). Diese besteht aus einer dreieckigen Muskelplatte, die sich von der Seitenwand des rechten Ventrikels abspaltet. Ihr freier Rand beginnt am Ostium pulmonale und zieht der Kontur der Kammer folgend nach apikal. Ein kleinerer

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Literaturübersicht

Muskelbalken verbindet den freien Rand mit dem Septum. Die Öffnung des Ostium pulmonale wird durch die Valvulae semilunares verschlossen. Das Septum interventrikulare trennt die rechte von der linken Kammer (SALOMON, 1993).

Die linke Herzkammer, Ventriculus sinister, hat eine wesentlich dickere Wand, z.B bei Wellensittichen, Melopsittacus undulatus, und bei Königssittichen, Alisterus s. scapularis, etwa das Dreifache der Wand des rechten Ventrikels im mittleren Wandareal (STRAUB et al., 2002), und ist im Querschnitt fast kreisförmig. An der Herzspitze ist die Muskelwand jedoch verhältnismäßig dünn. Längsverlaufende Muskelleisten ragen von ihr ausgehend in das Kammerlumen. An der Kammerbasis verschmelzen diese zu drei Musculi papillares, von denen Chordae tendinae zu den Segeln der AV-Klappe ziehen. Diese ist bei ähnlichem Aufbau im Gegensatz zum Säuger aber nicht zwei sondern dreizipflig. Während das kraniale und das kaudale Segel klein ausgebildet sind, ist das septumständige Segel auffallend groß.

Jedes Segel erhält Sehnenfäden von den zwei angrenzenden Papillarmuskeln. Als Vestibulum aortae bezeichnet man den kranialen, zum Ostium aortae führenden Abschnitt der linken Kammer. Im Ostium aortae befindet sich die Valva aortae, die aus drei Valvulae semilunares besteht.

Schon kurz nach dem Ursprung der Aorta gehen der rechte und linke Truncus brachiocephalicus von der Aorta ascendens ab. Der Truncus brachiocephalicus (Tr. brachio.) sinister bzw. dexter dient der Versorgung von Kopf, Hals, Flügeln und insbesondere der starken Flugmuskulatur. Die beiden symmetrischen Arterienstämme divergieren nach ihrem Ursprung zur Medialseite der ersten Rippe. Dort umlaufen sie als A. subclavis kranial den Processus craniolateralis sterni und teilen sich in die schwache A. axillaris und den viel stärkeren Truncus pectoralis. Noch innerhalb der Leibeshöhle, zischen den Ventrikeln des Klavikularluftsacks, entspringt als erster Ast des Tr. brachio. beidseits die beim Vogel nur kurze A. carotis communis (SCHWARZE und SCHRÖDER 1985; NICKEL et al., 1992;

SALOMON, 1993; HUMMEL, 2000).

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Literaturübersicht

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2.1.1.2 Die Beteiligung des Herzens an der Kreislaufregulation

Eines der großen Stellglieder der Kreislaufregulation ist die Herzleistung. Trotz der auch beim Vogel bestehenden Autonomie der Herzaktionen ist eine Anpassung der Herztätigkeit an die wechselnden Bedürfnisse des Organismus enorm wichtig.

Im Rahmen der Kreislaufregulation können die Häufigkeit der Impulsbildung des Schrittmachers (Sinusknoten) und damit die Schlagfrequenz des Herzens, die Geschwindigkeit der Erregungsleitung sowie die Kraft der Herzmuskelkontraktionen bei gegebener Vordehnung der Muskulatur (Kontraktilität des Herzens) modifiziert werden.

Über die aus der Nebenniere stammenden Katecholamine im Blutplasma (Adrenalin und Noradrenalin) ist der Organismus in der Lage, die Frequenz der Depolarisationen der Schrittmacherzellen (BOLTON und BOWMAN, 1969; DE SANTIS, 1975) und damit die Herzfrequenz sowie die Kontraktionskraft der Herzmuskelzellen (DE SANTIS, 1975) zu steigern. Die Wirkung der Katecholamine erfolgt vermutlich über β-Rezeptoren am Erfolgsorgan (BOLTON, 1967). Des Weiteren besteht eine starke Innervation des Herzens mit sympathischen und parasympathischen (Nervus vagus) Nervenfasern.

Der Sympathikus bildet ein intracordiales Nervengeflecht in allen vier Abteilungen des Herzens. Der kardiale Teil der Venae cavae wird von diesem Nervenplexus ebenfalls innerviert (BENNETT und MALMFORS, 1970). Die Region der äußeren Wand des rechten Atriums ist hierbei am stärksten versorgt. Auf Grund dieser Beobachtungen wird der vermutliche Sitz des Sinusknotens in diesem Myokardareal vermutet (BENNETT und MALMFORS, 1970). Der sympathische Haupttransmitter im Herzen ist Noradrenalin. Eine Aktivierung des Sympathikus führt zu einer Steigerung der Herzkraft, der Erregungsleitungsgeschwindigkeit (BOLTON und RAPER, 1966) und der Herzfrequenz (MAC DONALD und COHEN, 1970).

Der Parasympathikus besteht im Herzen aus Zellkörpern, die mit dem N. vagus verbunden sind und den Transmitter Acetylcholin zur Überleitung verwenden. Alle vier Herzkammern sind parasympathisch innerviert, wobei auch hier eine Steigerung der Versorgung im Bereich der rechten Vorkammer auftritt (HIRSCH, 1963; YOSUF, 1965). Der Parasympathikus setzt die Kontraktilität der Myozyten von Atrien und Ventrikeln herab (FOLKOW und YONCE, 1967). Die Übertragung der Erregungsleitung am atrioventrikulären Übergang wird

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Literaturübersicht

verlangsamt (GOLDBERG et al., 1983) und die Herzfrequenz, über eine Verminderung der Aktivität der Pacemaker–Zellen des Sinusknotens, wird ebenfalls gesenkt (JOHANSON und REITE, 1964).

Die Anpassung des Schlagvolumens an veränderte Füllungen des Herzens und Aortendrücke erfolgt autonom durch die Änderung der Vordehnung der Herzmuskulatur (Frank-Starling- Mechanismus). Bei einer vermehrten Füllung des Herzens (erhöhte Vorlast) erfolgt regulatorisch eine Steigerung des Schlagvolumens, wohingegen eine Erhöhung des Aortendruckes (erhöhte Nachlast) zu einer Verminderung des Schlagvolumens führt (JONES et al., 1983; SMITH und JONES, 1992). Eine wichtige Aufgabe des Frank-Starling- Mechanismus ist es auch, die beiden Schlagvolumina der Herzkammern exakt auszugleichen, so dass keine Stauung und kein Volumenmangel in Lungen- sowie Körperkreislauf entstehen können.

2.1.2 Weitere Mechanismen der aviären Kreislaufregulation

Vögel verfolgen im Rahmen der Kreislaufregulation die Sicherstellung der Mindestdurchblutung aller Organe. Dies erfordert die Optimierung von Herzaktion und Blutdruck sowie die Verteilung des Blutstromes nach den aktuellen Bedürfnissen des Gesamtorganismus. Um dieses zu erreichen, gibt es neben der Anpassung der Herzleistung, wie bereits erläutert, die Kontrolle des Blutflusses sowie die Regulation des Flüssigkeitshaushaltes.

Die periphere Kontrolle des Blutflusses erfolgt über eine Änderung des Tonus der glatten Gefäßmuskulatur, wobei die Arterien und Arteriolen mit großen Wanddicken die größten Wirkungen erzielen. Im Bereich der Gefäße gibt es verschiedene Mechanismen die zu einer Erweiterung oder Verengung des Gefäßlumens führen.

So besitzen einige Organe, wie beispielsweise die Nieren, eine Autoregulation der Gefäßweite. Hierbei kommt es nach einer blutdruckinduzierten Gefäßerweiterung kompensatorisch durch myogene Mechanismen zu einer Vasokonstriktion, um den Druck im nachfolgenden Versorgungsgebiet (Filtrationsdruck) konstant zu halten (POWELL und MITCHELL, 1999).

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Literaturübersicht

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Humorale Faktoren, wie O2- oder CO2-Druck, Laktat, Elektrolyte oder der pH im Blut, beeinflussen ebenfalls die Gefäßweite. So führen eine hohe Kalium-Ionen Konzentration und ein niedriger O2-Druck zu einer Vasodilatation (GOODEN, 1980). Zu den humoralen Faktoren zählen ebenfalls gefäßaktive parakrine Substanzen. So wird bei gesteigerter Schubspannung am Endothel die Bildung von NO aus L-Arginin induziert, welches zu einer Vasodilatation in diesem Bereich führt (HASEGAWA et al., 1993).

Alle Gefäße bis auf die Kapillaren sind vom autonomen Nervensystem innerviert, wobei die Venen die stärkste Versorgung aufweisen. Die Innervation der Vena cava nimmt zum Herzen stark zu (BENNETT, 1974) und so kommt es durch die nervale Versorgung zu einem regelrechten Pumpen des Blutes zum Herzen, zur Gewährleistung eines kontinuierlichen Blutflusses (DJOJOSUGITO et al., 1969).

An den peripheren Gefäßen greifen ebenfalls frei im Blut zirkulierende Katecholamine aus den adrenalen Zellen der Nebennieren an. Adrenalin und Noradrenalin erzielen ihre Wirkung über α- und β- Rezeptoren (BOLTON und BOWMAN, 1969). Noradrenalin führt z. B. über α-Rezeptoren zu einer Vasokonstriktion und über β-Rezeptoren zu einer Vasodilatation, wobei eine höhere Affinität zu α-Rezeptoren besteht (BUTLER et al, 1986).

Die Nieren als zentrales Organ zur Regulation des Flüssigkeitshaushaltes besitzen ebenfalls vor allem in der langfristigen Kreislaufregulation einen hohen Stellenwert. Ähnlich dem Säuger (WILSON, 1989; HENDERSON und DEACON, 1993) werden auch beim Vogel aus juxtaglomerulären Zellen bei einer systemischen Hypotonie, Hypovolämie sowie verminderter Natrium-Ionen-Konzentration im Blutplasma und im distalen Nieren-Tubulus sowie über eine Stimulation von β-Rezeptoren das Hormon Renin freigesetzt (WILSON, 1989; HENDERSON und DEACON, 1993). Renin führt im Blutplasma zu einer Freisetzung von Angiotensin I durch eine Spaltung des Proteins Angiotensinogen, einem alpha- Plasmaprotein. Ein in der Wand von Blutgefäßen lokalisiertes Angiotensin-Converting- Enzym (HENDERSON und DEACON, 1993) spaltet vom Angiotensin I das biologisch hoch wirksame Angiotensin II ab. Angiotensin II bewirkt unter anderem an hypothalamischen Neuronen die Induktion des Durstgefühls (EVERED und FITZSIMONS, 1981) und über die Freisetzung von Noradrenalin aus der Nebenniere eine Steigerung des Blutdruckes über eine Vasokonstriktion (BUTLER et al., 1986).

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Literaturübersicht

Die Freisetzung von Aldosteron ebenfalls aus Zellen der Nebennierenrinde (ROSENBERG et al., 1988), die durch Angiotensin II postiv beeinflusst wird, führt zu einer gesteigerten Na- Ionen-Retention aus dem Dünndarm und zu einer Verminderung der Na-Ionen-Ausscheidung in den Nieren. Weiterhin kommt es bei hypovolaemischen Kreislaufverhältnissen zu einer Freisetzung von aviärem antidiuretischen Hormon (ADH) aus dem Hypophysenhinterlappen, welches zu einer Gefäßverengung der afferenten glomerulären Arteriolen führt (BRAUN, 1982)

Wichtigster Gegenspieler dieser hormonellen Mechanismen sind in physiologischen sowie pathologischen Kreislaufsituationen die natriuretischen Hormone des Herzens, die bei Hypertonie im Blutkreislauf vermehrt synthetisiert und freigesetzt werden. Ihre Physiologie soll im nachfolgenden ausführlich erläutert werden.

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Literaturübersicht

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2.2 Physiologie der natriuretischen Peptide der Vögel 2.2.1 Geschichtlicher Überblick

Die Familie der natriuretischen Peptide (NP) umfasst eine Gruppe von homologen Peptidhormonen, deren Struktur durch einen molekülinternen Peptidring aus 17 Aminosäureresten, der durch eine Disulfidbindung zwischen zwei Cysteinresten entsteht, charakterisiert ist (TAKEI, 2000).

Abbildung 1: Struktur der humanen natriuretischen Peptidfamilie. Die bei allen Peptiden identischen Aminosäuren sind gekennzeichnet (Brockhoff et al., 2000).

Die Hormone dieser Familie übernehmen wichtige Aufgaben in der Regulation des Herz- Kreislaufsystems, des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes sowie im Zellwachstum über systemische und parakrine Wirkmechanismen (BRENNER et al., 1990; ESPINER et al., 1995; LORETZ und POLLINA, 2000; TAKEI, 2000; TOOP und DONALD, 2004).

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Die endokrine Funktion der Herzmuskulatur durch die Produktion eines „atrialen natriuretischen Faktors“ und die Beteiligung an der Flüssigkeits- und Kreislaufregulation sowie an pathophysiologischen Vorgängen der Herzinsuffizienz wurde schon sehr früh postuliert. Bereits 1956 beschrieb der Morphologe KISCH das Vorkommen elektronendichter Granula in den Vorhöfen von Meerschweinchenherzen und PALADE wies 1961 auf die Ähnlichkeit der membranbegrenzten Granula mit den Sekretgranula endokriner Gewebe hin.

Umfassende elektronenmikroskopische Untersuchungen zeigten, dass diese spezifischen Granula in den Vorhof-Kardiomyozyten aller untersuchten Säugetiere (Feldmaus (Microtus arvalis); Hamster (Misocricetus auratis); Meerschweinchen (Cavia porcellus), Ratte (Rattus norvegicus); Kaninchen (Oryctolagus cuniculus f. dom.); Hund (Canis lupus familiaris), Schwein (Sus scrofa f. dom.) und Mensch (JAMIESON und PALADE, 1964) sowie in den Kammer-Kardiomyozyten von Amphibien, Reptilien und Vögeln (BENCOSME und BERGER, 1971) vorkommen. In den siebziger Jahren wurden der Proteincharakter der Granula (HUET und CANTIN, 1974; DE BOLD und BENCOSME, 1975) und ein Zusammenhang mit dem Wasser- und Elektrolythaushalt vermutet (MAIRIE et al., 1976; De BOLD, 1979). So ließ ein völliger Wasser- und Natriumentzug bei Ratten die Zahl der Granula beträchtlich ansteigen, während Natrium- und Desoxykortikosterongaben zu einer Abnahme der Granula führten. DE BOLD et al. konnten 1981 die endokrine Funktion des Herzmuskels nachweisen. Die intravenöse Gabe von Rattenvorhofextrakt rief bei einer anderen Ratte eine prompte, massive und kurz dauernde Diurese und Natriurese sowie einen Blutdruckabfall hervor. Nach seinem Vorkommen und seiner natriuretischen Wirkung wurde das neu entdeckte Hormon als atrialer natriuretischer Faktor (ANF) bezeichnet. Weiter gebräuchliche Bezeichnungen für dieses Hormon sind atriales natriuretisches Peptid (ANP) oder Atriopeptin, dem ersten entdeckten Vertreter der Familie der natriuretischen Peptide (DE BOLD, 1985). Schon kurze Zeit später wurden die Aminosäuresequenz und die funktionelle Struktur von ANP sowie die Bildung in den Herzmuskelzellen und die Freisetzung erstmals erkannt (FLYNN und DAVIES, 1985; KANGAWA und MATSUO, 1984). Später wurden sie für eine Reihe von Tierarten, wie die Ratte (KANGAWA et al., 1984; MAKI et al., 1984;

SEIDMAN et al., 1984; ZIVIN et al., 1984; FLYNN et al., 1985b; LEWICKI et al., 1986;

ALLEN und GELLAI, 1987), den Mensch (NAKAYAMA et al., 1984; OIKAWA et al., 1984, SEIDMAN et al., 1984; ZIVIN et al., 1984; LEWICKI et al., 1986), den Hund und das

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Kaninchen (OIKAWA et al., 1985), die Maus (SEIDMAN et al. 1984) sowie das Rind (VLASUK et al., 1986) ermittelt. Eine Reihe weiterer strukturell verwandter Peptide dieser Familie konnten seit dem bei verschiedenen Tierarten festgestellt werden. Ein „brain natriuretisches Peptid“ (BNP) wurde von SUDOH et al. (1988) erstmals im Gehirn von Schweinen entdeckt. Die Hauptexpression dieses Peptides erfolgt jedoch im Herzen (PAPER, 2002; PFISTER et al., 2002). Aus diesem Grund spricht man auch vom B-Typ natriuretischen Peptid. Weiterhin konnte ein C-Typ natriuretisches Peptid (CNP) im Gehirn vom Schwein, dem Ochsenfrosch (Lithobates catesbeianus) und Knochenfischen 1990 entdeckt werden (SUDOH et al., 1990, PRICE et al., 1990 und Takei et al., 1990). Ein vierter Hauptvertreter der Familie der NP konnte im Ventrikel des Aal- und Forellenherzens (TAKEI et al., 1991;

TAKEI und HIROSE, 2002) identifiziert werden und wurde als „Ventrikel-NP“ (VNP) bezeichnet. Weitere Vertreter dieser Familie befinden sich im Gift von Schlangen als ein dendroaspisches NP (DNP) bei Dentroaspis angusticeps und als micrurus NP (MNP) bei Micrurus corallinus (SCHWEITZ et al., 1992; HO et al., 1997). SCHULZ-KNAPPE et al.

(1988) konnten aus menschlichem Urin ein weiters Peptid isolieren, welches die gleiche Aminosäuresequenz wie ANP aufweist, am N-terminalen Ende jedoch um einige Aminosäurereste länger ist, das Urodilatin. Da es bislang im Blut nicht nachgewiesen werden konnte, scheint es ausschließlich in der Niere gebildet und in das Lumen der Nierentubuli sezerniert zu werden (SCHERMULY et al., 2001).

2.2.2 Vorkommen der natriuretischen Peptide bei Wirbeltieren

Das Hormonsystem der NP hat sich im Laufe der Evolution in allen Klassen der Vertebraten bis hin zu strukturellen Einzelheiten der Peptidmoleküle und somit der entsprechenden funktionellen Rezeptoren erhalten. Die Evolution vom Knorpelfisch zum Säugetier führte jedoch zu einer Differenzierung der NP unter den Klassen der Vertebraten. Diese Differenzierung spiegelt die Anpassung an die vielfältigen unterschiedlichen osmotischen Lebensräumen der einzelnen Klassen und Arten der Wirbeltiere wieder (VENTURA et al., 2006).

Genetische Untersuchungen lassen vermuten, dass die Familie der NP sich auf ein ursprüngliches NP-Gen zurückführen lassen (INOUE et al., 2003), aus dem sich in einem

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ersten Schritt durch Chromosomenduplikation vier CNP-Gene (CNP-1, 2, 3, 4) noch vor der Entwicklung der Knochenfische entwickelt haben. Durch weitere Gen- und Chromosomenduplikationen sind die NP: ANP, BNP und VNP entstanden (INOUE et al., 2003). So findet man bei einer evolutionären frühen Art wie Eptatretus burgeri das so genannte hagfish-NP (hfNP), welches auf einem CNP-Gen beruht, jedoch die Struktur eines ANP aufweist (KAWAKOSHI et al., 2006). Die Anzahl und Typen der NP variieren innerhalb der Klassen der Vertebraten, was vor allem in den unterschiedlichen Fischklassen deutlich wird und die verschiedenen osmoregulatorischen Strategien widerspiegelt. So findet man beispielsweise beim Kugelfisch (Takifuge rubripes) ANP, BNP, CNP 1-4.

Knochenfische besitzen neben einer artspezifischen Anzahl und Typen der CNP´s weiterhin ANP und BNP (TOOP und DONALD, 2004). Zusätzlich konnte das NP VNP im Aal (Anguilla anguilla; TAKEI et al., 1991), in der Forelle (Salmo trutta fario; TAKEI et al., 1994), im Stör (Acipenser oxyrinchus oxyrinchus; KAWAKOSHI et al., 2004) und Flösselhecht (Polypterus endlicheri; VENTURA et al., 2006) nachgewiesen werden. In der Evolution sind den Tetrapoden die CNP-2- sowie die VNP-Gene verlorengegangen, Amphibien besitzen neben ANP und BNP die Gene für CNP-3 und CNP-4 (YOSHIHARA et al., 1990). Dagegen finden sich beim Vogel die NP BNP (MIYATA et al., 1988; AKIZUKI et al., 1991), CNP-3 (HOUWELING et al., 2005) und nach neueren Genomanalysen auch CNP-1 (TRAJANOVSKA et al., 2007). Säugetiere weisen ANP, BNP und CNP-4 auf (TAKEI, 2000; INOUE et al., 2003).

2.2.3 Vorkommen der natriuretischen Peptide bei Vögeln

Als Hauptvertreter der NP konnte bei Vögeln in Analogie zum Säugetier (DE BOLD et al., 1981; BRENNER et al., 1990) ein Hormon im Herzen mit einer systemischen Wirkung auf die Flüssigkeits- und Herzkreislaufregulation identifiziert werden (MIYATA et al., 1988;

BARBATO und WIDEMAN, 1990; TOSHIMORI et al., 1990). Ebenfalls in Analogie zum Säugetier wurde das neu entdeckte Peptidhormon als ANP bezeichnet (MIYATA et al., 1988;

GREGG und WIDEMAN, 1986). Strukturelle Analysen dieses Hormons ergaben für Hühner (Gallus domesticus) ein Peptidhormon mit 29 Aminosäuren, mit der für die Familie charakteristischen 17 Aminosäuren Ringstruktur und einem C- und N-terminalen Ende mit

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jeweils sechs Aminosäureresten (MIYATA et al., 1988). Die Aminosäuresequenz des

„Chicken ANP“ (chANP) ergab im Vergleich mit anderen bisher bekannten NP die größte Übereinstimmung mit der Sequenz des Porcinen BNP (MIYATA et al., 1988). Auch Genanalysen weisen darauf hin, dass es sich beim ANP der Vögel um ein NP vom B-Typ handelt (TRAJANOVSKA et al., 2007).

Immunhistochemische Untersuchungen an Herzen von Hühnern (Gallus gallus f. dom.) und Wachteln (Coturnix coturnix japonica) zeigen ein Vorkommen von ANP in den meisten Vorhof- und Kammerherzmuskelzellen (TOSHIMORI et al., 1990; MIFUNE et al., 1996).

Neben dem Hauptsyntheseort dieses Hormones im Herzen können weitere Organe, wie das Gehirn (GARDNER et al., 1987), das Rückenmark und autonome Ganglien (MORII et al., 1987), die Niere (McKENZIE et al., 1991), der Gastrointestinaltrakt (VOLLMAR et al., 1988;

GERBES et al., 1991), die Pulmonal- und Hohlvenen (TOSHIMORI et al., 1988; SOLA et al., 1990) sowie die Aorta und Arteria carotis (WANG et al., 1991) als Syntheseort vermutet werden.

Drei weitere noch weitgehend unerforschte Vertreter der NP konnten bei Vögeln isoliert werden. Zum einen konnte im Gehirn des Huhnes eine hohe Konzentration von CNP in Analogie zum Gehirn des Schweins (SUDOH et al., 1990) festgestellt werden (ARIMURA et al., 1991). CNP-1 konnte ausschließlich im Gehirn nachgewiesen werden, wohingegen CNP-3 in Gehirn, Herz und Niere synthetisiert wird (TRAJANOVSKA et al., 2007). In der Niere findet sich ein weiteres NP, dass nach seinem Syntheseort als „Renales NP“ (RNP) bezeichnet wurde. Die Aminosäuresequenz dieses Hormons weist wenig Homologie mit bereits bekannten NP auf und ist noch weitgehend unerforscht (TRAJANOVSKA et al., 2007).

2.2.4 Synthese, Speicherung und Freisetzung von ANP im Herz

Die Translation der ANP-Messenger-RNA (mRNA), die mit den höchsten Konzentrationen in den Zellen des Ventrikelmyokards nachgewiesen wird, führt zur Bildung eines Pre- Prohormones, das beim Huhn (Gallus gallus f. dom.) aus 140 Aminosäuren besteht. Am N- terminalen Ende dieses Peptides befindet sich eine Signalsequenz aus 24 Aminosäuren, die eine entscheidende Rolle für den Transport im rauhen endoplasmatischen Retikulum (RER) spielt. Nach der Bindung der Signalsequenz an die Membran des RER und der damit

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verbundenen Abspaltung erfolgt die Ausschleusung des Prohormones oder γ-ANP aus dem RER. Beim Huhn besteht das γ-ANP aus 116 Aminosäuren. Dieses Prohormon wird als Granula im Zytoplasma der Herzmuskelzellen gespeichert. Erst bei der Freisetzung der Granula in die Zirkulation entsteht die biologisch aktive Form und ANP wird vom C- terminalen Ende abgespalten (Abbildung 2; AKIZUKI et al., 1991). Die eigentliche Aktivierung ist beim Vogel nicht erforscht. Laut WILDEY et al. (1988) findet die Aktivierung von ANP beim Säugetier nicht in der Muskelzelle statt. Auf Grund von immunelektronenmikroskopischen Untersuchungen vermutet man eine exozytotische Ausschleusung aus den Muskelzellen von γ-ANP mit anschließender rezeptorvermittelter Aufnahme in die Endothelzellen der Gefäße sowie des Endo- und Epikards. In den Endothelzellen erfolgt die enzymatische Spaltung des Prohormones mit der anschließenden exozytotischen Freisetzung von ANP ins Blut (CANTIN et al., 1990; GILLOTEAUX et al., 1991).

Abbildung 2: Synthese von α-ANP beim Huhn (Bereiche enzymatischer Spaltungen und die dazugehörigen Aminosäuren (↑); AKIZUKI et al., 1991).

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2.2.5 Biologische Funktion der natriuretischen Peptide innerhalb der aviären Kreislaufregulation

Die Hauptaufgabe der NP ist eine Antagonisierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron Systems und der damit verbundenen wichtigen Beteiligung an der Regulation des Flüssigkeits- sowie des Natrium-Kaliumhaushaltes (BROCKHOFF et al., 2000).

Die Freisetzung von ANP aus der Herzmuskulatur ins Blut wird ähnlich wie beim Säugetier (DIETZ, 1984; LEDSOME et al., 1985; METZEL et al., 1986) vor allem durch eine Dehnung der Vorhof- und Ventrikelwände des Herzens induziert und ist somit stark abhängig vom zirkulierenden Blutvolumen im Blutkreislaufs sowie den Druckverhältnissen in Vorhöfen und Ventrikeln. Eine Dehnung der Herzmuskulatur kann experimentell beispielsweise über eine massive i.v. Flüssigkeitsverabreichung induziert werden. Eine solche Volumenexpansion von 14,4% und 21,3% führt in „Rhode Island red hens“ (Gallus gallus f. dom.) zu einer expansionsabhängigen Steigerung der physiologischen ANP-Plasmakonzentration (33,4 – 136,0 pg/ml) um 190% bzw. 257% (GRAY, 1993). Ähnliche Ergebnisse zeigen sich bei Pekingenten (Anas platyrhynchos f. dom.). Eine Hypervolämie führt dort zu einer Erhöhung und eine Hypovolämie zu einer Verminderung der ANP-Plasmakonzentration (GRAY et al., 1991).

Die Erfolgsorgane von ANP zur Regulation des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes sind vor allem die Nieren, das Blutgefäßsystem und die Nebennieren.

Die Hauptwirkung von ANP an der Niere besteht aus einer Diurese in Zusammenhang mit einer moderaten Natri- und Kaliurese (GREGG und WIDEMAN, 1986; SPRINGATE et al., 1987, SCHÜTZ et al., 1992, GRAY, 1993). Die Verabreichung eines synthetischen chANP führte in „Rhode Island red hens“ und Pekingenten zu einer dosis-abhängigen Steigerung des Urinflusses und einer vermehrten Natrium- sowie Kaliumausscheidung (SCHÜTZ et al., 1992; GRAY, 1993). Die Verabreichung eines polyklonalen Antikörpers gegen chANP führte in der Pekingente zu einer 90%igen Reduzierung des physiologischen ANP-Plasmaspiegels und einer damit einhergehenden 30%igen Verminderung des Harnflusses und einer Natriumausscheidung über 30 Minutem. (GRAY, 2003b; GRAY, 1994). Die diuretische sowie natriuretische Wirkung scheint für die aviären NP im Gegensatz zu NP der Säugetiere

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geringer ausgebildet zu sein (GREGG und WIDEMAN, 1986). Bindungsstellen für ANP in der Vogelniere befinden sich sowohl im Bereich der Nierenglomeruli als auch im Bereich der Sammelröhren (SCHÜTZ et al., 1992). Die Nierenfunktion bei Pekingenten wird vor allem durch eine gesteigerte glomeruläre Filtrationsrate (GFR), den effektiven renalen Plasmafluß (ERPF) sowie der fraktionalen Wasserexkretion (Schütz et al., 1992) modifiziert.

Vergleichbare Studien an Hühnern mit Säuger-ANP zeigten jedoch unterschiedliche Ergebnisse in der Änderung der GFR und dem ERPF im Vergleich zu Pekingenten (GREGG und WIDEMANN, 1986). Die Verteilung der Bindungsstellen für ANP in der Pekingente deuten darauf hin, dass die Wirkungen der NP an der Niere über die gleichen Mechanismen, wie die bei den Säugetieren bereits beschriebenen (BRENNER et al., 1990), ablaufen. Die Steigerung der GFR bei Ratten und Hunden wird im Rahmen der ANP-Wirkung durch einen gesteigerten Filtrationsdruck hervorgerufen. Der gesteigerte Filtrationsdruck beruht auf einer Dilatation der afferenten Arteriolen und einer Konstriktion der efferenten Gefäße der Glomeruli (MAACK et al., 1984 und 1986; OHISHI et al., 1988).

Die kardiovaskulären Wirkungen der NP, die sich im Wesentlichen an einer Blutdrucksenkung und einem Anstieg des Hämatokrits erkennen lassen, sind die Summe der Einzelwirkungen (GENEST et al., 1988; BRENNER et al., 1990). Die NP führen über eine Relaxation der glatten Muskelzellen vorkontrahierter Gefäße zu einer Vasodilatation und einer damit verbundenen Abnahme des peripheren Gefäßwiderstandes (WINQUIST et al., 1984; PARKES et al., 1988). Die Wirkung der NP auf die glatten Muskelzellen der Vögel ist schon sehr früh erkannt wurden. CURRIE et al. (1983) testeten an isolierten Hühnerdärmen die relaxierende Wirkung der NP aus Vorhofextrakten des Menschen, der Ratte sowie des Schweines. MIYATA et al. (1988) konnten ebenfalls die relaxierende Wirkung von Vorhofextrakt des Huhnes (chANP) auf die glatte Muskulatur des Hühnerdarmes nachweisen.

Die Vasodilatation konnte zudem an vorkontrahierten Aortenbögen für chRNP und chANP gezeigt werden (TRAJANOVSKA et al., 2007).

Neben dem Einfluss von ANP auf die Gefäßlumina ist dieses Hormon in der Lage, die Permeabilität der Gefäßendothelien zu erhöhen und somit das intravasale Flüssigkeitsvolumen zu verringern. Aus dieser Volumenreduktion resultiert ein klinisch erkennbarer Anstieg des Hämatokrits (HUXLEY et al., 1987; WILLIAMSON et al., 1989).

Der Hämatokrit der Vögel ist ein klinisch relevanter Parameter, der Änderungen des

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Blutvolumens widerspiegelt (STALLONE und BRAUN, 1986). GRAY et al. (1991) konnten jedoch bei ihren Untersuchungen an Pekingenten nach einer Infusion von chANP in einer Dosierung von 100 ng/ kg pro min über zehn Minuten keinen Anstieg des Hämatokrits feststellen. Eine arterielle blutdrucksenkende Wirkung von chANP und Herzextrakt des Huhnes konnte von GREGG und WIDEMAN (1986) mittels in vivo Versuchen mit Hühnern dargestellt werden. Sowohl die Reduzierung des peripheren Gefäßwiderstandes als auch die Abnahme des intravasalen Flüssigkeitsvolumens senken die Vorlast des Herzens. Aus dieser Vorlastsenkung resultiert eine Abnahme des Herzminutenvolumens, die wesentlich an der Blutdrucksenkung beteiligt ist (ACKERMANN et al., 1984; BREUHAUS et al., 1985;

LAPPE et al., 1985; ALLEN und GELLAI, 1987). Die Regulation des Blutdruckes sowie des Blutvolumens scheint auch beim Vogel in Analogie zum Säugetier (FLÜCKIGER et al., 1986; LARAGH und ATLAS, 1988) eine der Hauptaufgaben von ANP zu sein.

Neben einer direkten kardiovaskulären und renalen Wirkung hat ANP weitere endokrine Funktionen zur Beeinflussung des Salz- und Flüssigkeitshaushaltes (LARAGH und ATLAS, 1988). So sind hier vor allem die NP als Antagonisten des Renin-Angiotensin-Aldosteron- Systems anzusprechen. Das Mineralokortikoid Aldosteron spielt eine entscheidende Rolle in der Natriumrückresorption in der Niere. Eine Senkung des Aldosteronplasmaspiegels durch ANP ist mit verantwortlich für die natriuretische und diuretische Wirkung der NP (LARAGH, 1985; CLINKINGBEARD et al., 1990; JOHNSTONE et al., 1990). ANP beeinflusst die Aldosteronfreisetzung auf verschiedenen Ebenen. In den Glomerulosazellen der Nebenniere werden die Aldosteronbiosynthese und weiterhin die basale sowie die durch Angiotensin II, Kalium oder ACTH stimulierte Aldosteronfreisetzung gehemmt (CHARTIER et al., 1984; DE LEAN et al., 1984; GOODFRIEND et al., 1984). Durch eine zusätzliche Hemmung der Reninfreisetzung aus den juxtaglomerulären Zellen der Niere (BURNETT et al., 1984;

MAACK et al., 1984) wird folglich weniger Angiotensin II gebildet und somit die Aldosteronfreisetzung zusätzlich gehemmt.

In Experimenten mit Pekingenten und α-ch-ANP konnten GRAY et al. (1991) die antagonistische Wirkung von ANP auf das Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems zeigen.

Die beste Wirkung von ANP wird erzielt bei belasteten dehydrierten Tieren, bei denen die Freisetzung der relevanten Hormone stimuliert ist. In diesen Fällen kann eine deutliche Reduktion der Aldosteron- sowie der Angiotensin-II-Konzentration im Plasma erzielt werden.

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In normal hydrierten Vögeln ist nur ein Abfall des Aldosteronplasmaspiegels zu verzeichnen.

Dies deckt sich mit den Untersuchungen an Säugetieren (CHARTIER und SCHIFFRIN, 1987; SHENKER, 1988). Der Nachweis von ANP-Rezeptoren an Glomerulosazellen der Nebennieren der Pekingente legt in Analogie zum Säugetier die Vermutung nahe, dass die Aldosteronsynthese und somit die Angiotensin-II-Wirkung durch postrezeptor-vermittelte- Mechanismen des ANP gehemmt werden (ROSENBERG et al., 1988). Die Verabreichung von polyklonalen Antikörpern gegen aviäres ANP (chANP) führte bei in vivo Versuchen an Pekingenten zu einer deutlichen Steigerung der Angiotensin-II-Plasmakonzentration und verdeutlicht somit die Interaktion der beiden Hormone und hier vor allem die hemmende Wirkung von ANP auf die Angiotensin-II-Plasmakonzentration. Eine Beeinflussung der Plasmakonzentration des Adrenokortikotropen Hormons (ACTH) und des Adiuretin (ADH) durch α-ch-ANP erfolgte bei bisherigen Versuchen an Vögeln nicht (GRAY et al., 1991).

Auch ein in vivo Einsatz von polyklonalen Antikörpern gegen aviäres ANP zeigte keine Beeinflussung dieser Hormone (GRAY, 1994). Die Ergebnisse der Untersuchungen an Vögeln decken sich somit mit denen der Säugetiere (LEE et al., 1987; METZEL et al., 1989).

Die Synthese der NP in extrakardialen Geweben führt zu der Annahme, dass diese Peptide weitere wichtige physiologische Aufgaben in Regelkreisläufen auch mit lokaler Wirkung erfüllen. Die Isolierung bespielsweise von CNP aus dem Gehirn von Hühnern in einer relativ hohen Konzentration von 3 pmol/g Gehirn und einer fast identischen Struktur mit dem porcinen CNP führt zu der Vermutung, es könnte sich um ein Neuropeptid im Zentralen Nervensystem handeln (ARIMURA et al., 1991). Die Aufgaben dieses Peptides sind bei weitem noch nicht vollständig geklärt und bedürfen einer weiteren Erforschung. Einen Zusammenhang zwischen ANP der Säugetiere und der Funktion als Neurotransmitter oder Neuromodulator (PAPKA et al., 1985; DEBINSKI et al., 1986 und 1987; QUIRION et al., 1986; MORII et al., 1987) mit einer eventuellen Beteiligung an der Beeinflussung kardiovaskulärer Zentren und einer damit einhergehenden Beteiligung an der zentralen Kontrolle des Blutdrucks (KAWATA et al., 1985; JACOBOWITZ et al., 1985; SAPER et al., 1985; SKOFITSCH et al., 1985) konnte gezeigt werden.

Ein Vorkommen der NP in verschiedenen Organen, in denen ein aktiver Elektrolyt- und Wassertransport stattfindet (Magen-Darm-Trakt, Pankreas, Speichel- und Schweißdrüsen,

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sowie der Salzdrüse der Enten), lässt vermuten, dass auch hier eine Beteiligung an der Regulation des Wasser- und Elektrolythaushaltes erfolgt (CHABOT et al., 1987; TAINIO et al., 1987; VUOLTEENAHO et al., 1988; VOLLMAR et al., 1988; EHRENREICH et al., 1989; GERBES et al., 1991; GRAY et al., 1997). Das Vorkommen und die Wirkungen der NP in diesen Organen sind jedoch für den Vogel noch weitgehend unerforscht.

In der Niere des Huhnes konnte ein eigenständiges NP festgestellt werden (RNP) mit einem deutlichen Aminosäuresequenzunterschied zu anderen natriuretischen Hormonen. Die Expression erfolgt ausschließlich im Nierengewebe und ein Vorkommen im Blut konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Dieses Hormon bewirkt ebenfalls eine Vasodilatation und besitzt nachgewiesene Rezeptoren an den Nierenzellen, so dass von einer lokalen Wirkung auf die Funktion der Nieren ausgegangen werden kann (TRAJANOVSKA et al., 2007).

2.2.6 Rezeptoren der natriuretischen Peptide und ihr second Messenger

Für die Vögel vermutet man drei natriuretische Peptidrezeptoren (NPR). Nach ihrer molekularen Struktur handelt es sich bei dem NPR-A und dem NPR-B um eine wandständige (partikuläre) Guanylylzyklase, die aus einer extrazellulären Andockstelle, einer transmembranären Region sowie einem intrazellulären Ende besteht, welches die Umwandlung von Guanosintriphosphat (GTP) in cGMP katalysiert (CHINKERS und GARBERS, 1989; SCHÜTZ et al., 1992; TRAJANOVSKA et al., 2007). NPR-A ist vor allem ein Rezeptor für ANP und BNP, wohingegen CNP vor allem den NPR-B als Bindungsstelle nutzt (SUGA et al., 1992). Der Rezeptor für RNP ist bisher nicht bekannt (TRAJANOVSKA et al., 2007). Die allosterische Bindung eines Liganden an die extrazelluläre Seite des Rezeptors reguliert die spezifische zytoplasmatische katalytische Aktivität (HANKS et al., 1988). Neben diesen Rezeptoren, denen man ein second-Messenger- System zuordnen kann, konnte man einen weiteren Rezeptor (NPR-C) nachweisen, der kein intrazelluläres katalytisches Ende besitzt. Der NPR-C wird derzeit als sogenannter Clearence- Rezeptor angesehen, der in erster Linie die Plasmakonzentration der NP regulieren soll (Abbildung 3; ALMEIDA et al., 1989).

Die Bindung der NP an ihre spezifischen Rezeptoren führt zu einer Umwandlung von GTP in cGMP und somit zu einer intrazellulären Konzentrationserhöhung des second Messengers

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(CHINKERS und GARBERS, 1989; SCHÜTZ et al., 1992, BRENNER und GERSTENBERGER, 1999; TRAJANOVSKA et al., 2007). Wie cGMP die Wirkung auf zellulärer Ebene übermittelt, ist noch weitgehend unerforscht. So bewirkt ANP beispielsweise beim Säugetier eine deutliche Abnahme der intrazellulären Kalziumkonzentration (HASSID, 1986; MEISHERI et al., 1986) und es wäre es denkbar, dass cGMP-abhängige Kinasen Proteine phosphorylieren, die für die Kalziumaufnahme in intrazelluläre Speicher oder den Kalziumtransport aus der Zelle verantwortlich sind (CORNWELL und LINCOLN, 1988, BRENNER et al., 1990). In den glatten Muskelzellen, wie beispielsweise der Blutgefäße, ist cGMP vermutlich für eine Dephosphorylierung der leichten Myosinketten verantwortlich, was wiederum eine Voraussetzung für die Relaxation der Muskelzellen ist (MURAD, 1986;

BRENNER et al., 1990).

Abbildung 3: Schematische Darstellungen der NPR. Von links nach rechts der NPR-A und der NPR-B mit einem ähnlichen Aufbau gefolgt vom NPR-C ohne intrazelluläre katalytische Domäne (TREMBLEY et al. 2002).

Der größte Teil des cGMP verlässt die Zelle und kann deshalb in Plasma und Urin nachgewiesen werden (HAMET et al., 1984). Diese Plasma- und Urinkonzentrationen ermöglichen in der Humanmedizin die Diagnostik erhöhter Werte der NP, wie sie bespielsweise in Folge einer Herzinsuffizienz auftreten (siehe Kap. 2.3.2).

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Mittels autoradiographischer Untersuchungen wurden in zahlreichen Organen Bindungsstellen für NP festgestellt (BIANCHI et al., 1985). Die Verteilung der Rezeptoren in den einzelnen Organen ist beim Vogel noch in weiten Teilen unerforscht. Erste Ergebnisse liegen für die Niere, dem zentralen Organ der Volumen- und Osmoregulation, vor. So weist die Pekingente in autoradiographischen Untersuchungen für CNP eine hohe Rezeptordichte im Bereich der Nephrone vom Reptilientyp als auch vom Säugertyp sowie den Arteriolen der Niere auf. Geringere Rezeptordichten finden sich im Bereich der Henleschen Schleife (BRENNER und GERSTENBERGER, 1999). Ähnliche Untersuchungen für ANP ergeben vor allem für die Nephrone vom Reptilientyp und für die Sammelrohre (SCHÜTZ et al., 1992) hohe Rezeptordichten. Für ein weiteres wichtiges Organ in der Kreislaufregulation, das Herz, ergeben sich Bindungsstellen für ANP nach CERRA et al. (1993) für die Wachtel (Coturnix coturnix japonica) im Bereich der Vena cava caudalis, den Aortenbogen sowie den endomuralen Gefäßen der Ventrikelwand, die allerdings die geringste Dichte an Rezeptoren aufweisen. Bindungsstellen im Bereich der Aorta ergeben sich ebenfalls aus den Untersuchungen von TRAJANOVSKA et al. (2007). Das Vorhandensein von Rezeptoren im Bereich der glatten Muskulatur des Darmes zeigt sich in den Experimenten von CURRIE et al. (1983). Die Untersuchungen von KOCSIS et al. (1995) lassen auch rezeptorvermittelte Aktivitäten in den Nebennieren für Vögel erkennen.

Die NP haben im Blut sehr kurze Halbwertzeiten, die für Säugetiere mit zwei bis vier Minuten angegeben werden (LUFT et al., 1986; YANDLE et al., 1986, TAKEMURA et al., 1990). GRAY (1993b) konnte für die Pekingente eine Halbwertzeit im Plasma von 1,2 Minuten ermitteln und damit auch für die Vertreter der Klasse der Vögel eine extrem kurze Halbwertzeit darstellen. Für die Eliminierung der NP aus dem Plasma sind bisher drei Mechanismen bekannt: die enzymatische Inaktivierung durch eine Endopeptidase, die Bindung an einen Clearance-Rezeptor (MAACK et al., 1987; ABASSI et al., 1992) sowie die Eliminierung über die Niere und somit über den Harn (LUFT et al., 1986; MISSBICHLER et al., 1990).

Clearence-Rezeptoren lassen sich ebenfalls in der Niere der Pekingente nachweisen (BRENNER und GERSTENBERGER, 1999). Nach der Bindung an einen solchen Rezeptor ist keine Wirkung der NP feststellbar (MAACK et al., 1987). Die Peptide werden in die Zelle aufgenommen und enzymatisch abgebaut (ALMEIDA et al., 1989). Durch ihre hohe

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Konzentration in den Gefäßendothelien und ihre hohe Affinität zu allen NP (TRAJANOVSKA et al., 2007) besitzen diese Rezeptoren eine wesentliche Rolle in der Regulation der Plasmakonzentration der NP.

Die Bedeutung und die Wirkung der Endopeptidasen für die Pharmakokinetik der NP der Vögel sind noch weitgehend unbekannt. Die Wirkung der membranständigen Endopeptidase soll jedoch in einer Spaltung der Ringstruktur der NP bestehen (OLINS et al., 1987;

TAMBURINI et al., 1989).

Die Eliminierung von intakten NP über den Urin durch die Niere spielt für den Vogel eine untergeordnete Rolle. GRAY (1995) konnte eine Clearencerate von 0,2 % über den Urin aus dem Blut für ANP in der Pekingente nachweisen. Eine Abhängigkeit der Ausscheidungsrate im Urin von der Plasmakonzentration ergab sich in diesen Untersuchungen nicht (GRAY, 1995).

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2.3 Natriuretische Peptide und cGMP in der kardialen Diagnostik

Seit der Entdeckung der NP durch DE BOLDT und Mitarbeiter 1981 und dem damit hergestellten Zusammenhang zwischen der Freisetzung eines Hormones aus dem Myokard und der Kreislaufregulation, haben sich auf der ganzen Welt Arbeitsgruppen mit der Physiologie, der diagnostischen, prognostischen sowie therapeutischen Bedeutung dieser Hormone in der Humanmedizin (BROCKHOFF et al., 2000) oder auch in der Kleintiermedizin (KOIE et al., 2001) beschäftigt. Hier soll deshalb nur ein Überblick der diagnostischen und prognostischen Bedeutung der NP vor allem für die Beurteilung von Herzinsuffizienzen gegeben werden.

Als Herzinsuffizienz wird die eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Herzens, die Blutversorgung dem jeweiligen Bedarf anzupassen, bezeichnet. Charakterisiert ist die Insuffizienz hierbei durch ein herabgesetztes Herzminutenvolumen und ein erhöhtes enddiastolisches Füllungsvolumen. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein und beinhalten unter anderem Kardiomyopathien, Erkrankungen des Klappenapparates, angeborene Herzfehler sowie Erkrankungen der Koronargefäße oder Bluthochdruck. Die Folgen sind Stauungserscheinungen im großen (Rechtsherzinsuffizienz) oder kleinen Kreislauf (Linksherzinsuffizienz).

Als ein Beispiel der pathophysiologischen Vorgänge einer Herzinsuffizienz kann die gesteigerte Synthese und Sekretion von ANP sowie BNP im menschlichen Myokard angeführt werden. Unter physiologischen Bedingungen gelten der linke und rechte Vorhof als Hauptsekretionsort für ANP. Im Rahmen schwerer Ischämien und bei chronisch herzinsuffizienten Patienten findet die Hauptsekretion im linken Ventrikel statt, damit ist die Freisetzungsrate gesteigert (BROCKHOFF et al., 2000). Aus diesen pathophysiologischen Veränderungen ergeben sich die eigentlichen diagnostischen Möglichkeiten. Ähnliche Vorgänge zeigen sich bei der Kardiomyopathie der Hamster (FRANCH et al., 1986; DING et al., 1987; CANTIN et al., 1988; EDWARDS et al., 1988; THIBAULT et al., 1989), des Hundes (TAKEMURA et al., 1991, KOIE et al., 2001) sowie bei der Herzinsuffizienz der Ratte (TSUNODA et al., 1986; MENDEZ et al., 1987; MORII et al., 1986; CHIEN et al., 1988; HODSMAN et al., 1988; DREXLER et al., 1989) und des Rindes (TAKEMURA et al., 1990b).

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2.3.1 Natriuretische Peptide in der kardialen Diagnostik

Zahlreiche Untersuchungen aus der Humanmedizin ergaben bei chronisch herzinsuffizienten Menschen infolge der Volumenbelastung und der erhöhten myokardialen Wandspannung eine Erhöhung des Plasmaspiegels der kardialen NP (HARTTER et al., 1985; NAKAOKA et al., 1985; RIEGGER et al., 1985; SHENKER at al., 1985; TIKKANEN et al., 1985; BURNETT et al., 1986; CODY et al., 1986, OGAWA et al., 1986; RAINE et al., 1986; YOSHIMI et al., 1987; FYHRQUIST und TIKKANEN, 1988; MARUMO et al., 1988; MALATINO et al., 1989; ANDO et al., 1990, FISCHER et al., 1991; BROCKHOFF et al., 2000; CLERICO et al., 2000; HAMMER-LERCHER et al., 2001; PAPER, 2002). Als Ursachen für die chronischen Herzinsuffizienzen können dilatative Kardiomyopathien, Erkrankungen des Klappenapparates oder Herzinfarkte diagnostiziert werden.

Von den NP gelten BNP und sein N-terminales Prohormonfragment als die besten Marker zur Diagnostik von Herzinsuffizienzen des Menschen (HAMMER-LERCHER et al., 2001; DE LEMOS et al., 2001; PFISTER et al., 2002; FRAQUELLI und CONTE, 2002; MAISEL et al., 2002). Für diesen hohen diagnostischen Stellenwert ist vor allem der Hauptsyntheseort, der linke Ventrikel, verantwortlich. So besteht eine direkte Korrelation von erhöhten Plasmakonzentrationswerten von BNP und NT-pro-BNP und einer linksventrikulären Dysfunktion (PFISTER et al., 2002). Ähnliche Ergebnisse lassen sich für ANP und das NT- pro-ANP (TAKEMURA et al., 1991, HAMMERER- LERCHER et al., 2001) aufzeigen.

Allerdings ist hierbei die labordiagnostische Praktikabilität zu berücksichtigen. Für die Bestimmung der NP und ihrer Pro-Hormone eignet sich EDTA-Blutplasma. Daraus erfolgt ein Nachweis mithilfe von Radio- und Enzymimmunoassays (kompetitiv, Sandwich-Prinzip) mit und ohne vorherige Extraktion, über C18− bzw. C8–Säulen (PUSCHENDORF und MAIR, 2005). Die größeren Peptide in Form von NT-pro-BNP und NT-pro-ANP werden äquimolar in die Zirkulation freigesetzt, besitzen jedoch mit 1-2 h eine deutlich längere Halbwertzeit und erreichen eine um 50-fach höhere Plasmakonzentration. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass sie im Gegensatz zu den NP im EDTA-Plasma auch über mehrere Tage im Postversand ohne Kühlung stabil sind (PUSCHENDORF und MAIR). Somit gelten neben den NP auch die Peptide NT-pro-ANP und NT-pro-BNP als adäquate Laborparameter, die in

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Diagnostik, Verlaufs- und Therapiekontrolle bei Herzinsuffizienzen routinemäßig eingesetzt werden (PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Gegenüber ANP (Halbwertzeit von 3 Minuten) besitzt BNP im Blut eine deutlich längere Halbwertzeit von etwa 20 Minuten. Darüber hinaus ist es im EDTA-Plasma bei Raumtemperatur sechs Stunden haltbar und lässt sich deshalb auch bei Routineuntersuchungen verwenden (HAMMERER-LERCHER et al., 2001;

PUSCHENDORF und MAIR, 2005). BNP zeigt deshalb im Vergleich zu ANP eine bessere labordiagnostische Praktikabilität. Die Indikation zur Bestimmung von BNP stellt sich beim Menschen zur Diagnostik von Herzinsuffizienzen, aber auch zur Therapie- und Verlaufskontrolle sowie zur Prognoseabschätzung. Besonderen Stellenwert in der Diagnostik hat BNP bei ventrikulären Dysfunktionen nach einem Myokardinfarkt, vor allem zur Prognoseabschätzungen, jedoch auch bei der hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie, der linksventrikulären Hypertrophie sowie der dilatativen Kardiomyopathie. Es besteht eine direkte Korrelation zwischen der Ausprägung der Schwere der Insuffizienz des linken Ventrikels und der BNP sowie der NT-pro-BNP Konzentration im Blutplasma (DE LEMOS et al., 2001; FRAQUELLI und CONTE, 2002; MAISEL et al., 2002; PFISTER et al., 2002;

WIECZOREK et al., 2002).

Wichtig ist auch der Einsatz von NP in Rahmen der Therapie. Die Wirkung der NP scheint bei schweren Herzinsuffizienzen erheblich abgeschwächt zu sein. Dies ist möglicherweise mit einem stark aktivierten Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und einer Downregulation der NPR zu erklären. Weiterhin hängt insbesondere die diuretische Wirkung der NP direkt von der Nierendurchblutung ab (MUNZEL et al., 1991). Je schlechter die glomeruläre Filtrationsrate, umso stärker ist die „NP-Resistenz“ bei herzinsuffizienten Patienten. So führen Infusionen von ANP und BNP bei Patienten mit einer leichten bis mittelschweren Herzinsuffizienz zu einer Reduktion der links- und rechts-atrialen Füllungsdrücke und zu einem Abfall der Renin- und Aldosteron-Spiegel im Plasma, während das Herzminutenvolumen sowie die Natrium- und Wasserausscheidung gesteigert werden.

Ähnlich positive Effekte wurden bei Patienten mit arterieller Hypertonie beobachtet (MUNZEL et al., 1991; YOSHIMURA et al., 1991). Probleme bereitet allerdings die Art der Anwendung der NP. Orale Therapien mit ANP-Analoga sowie nasale Inhalationen waren

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bisher wenig erfolgreich. Somit steht derzeit nur die intravenöse Verabreichung zur Verfügung. Tierexperimentelle Untersuchungen zu einer Therapie mit dem ANP-Gen sind derzeit noch in der Entwicklungsphase (BROCKHOFF et al., 2000).

2.3.2 cGMP in der kardialen Diagnostik

In der Humanmedizin geht man davon aus, dass die im Plasma messbare Freisetzung von cGMP im Wesentlichen auf die Wirkung der NP (ANP, BNP, CNP) und ihre biologisch wirksamen Spaltprodukte zurückzuführen ist. Mittels einer cGMP-Bestimmung können somit das gesamte natriuretische System des Herzens (ANP und BNP) sowie des vaskulären Systems (CNP) über den second Messenger dieser Hormone gemessen werden (PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Obwohl cGMP vermutlich in allen Zellen nachweisbar ist, hängt sein extrazelluläres Auftreten im Blut vor allem von der Bindung der NP an ihre Rezeptoren und der Aktivierung der membranständigen Guanylylzyklase ab (GERZER et al., 1985; SEYMOUR et al., 1985;

ARDAILLOU et al., 1986; PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Bei manifester symptomatischer Herzinsuffizienz beträgt die diagnostische Sensitivität 90%

bei einer diagnostischen Spezifität ebenfalls von 90% (VORDERWINKLER et al., 1991).

Wegen seiner guten Stabilisierbarkeit durch EDTA, eines spezifischen Phosphodiesterase- Inhibitors und des Vorhandenseins hochspezifischer monoklonaler Antikörper ist cGMP für die labordiagnostische Routineuntersuchung von Herzerkrankungen in der Humanmedizin geeignet (HIRATA et al., 1987; PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Indikationen zur Bestimmung von cGMP ergeben sich vor allem in der Diagnostik der Herzinsuffizienz sowie in der Verlaufs- und Therapiekontrolle dieser Erkrankung. Eine weitere Indikation liegt bei chronischen Dialysepatienten und der damit verbundenen notwendigen Beurteilung des Trockengewichtes des Blutes sowie der Einstellung der Überwässerung vor.

Die Bestimmung von cGMP im Plasma erfolgt mit Hilfe von Radioimmunoassays oder Enzymimmunoassays mit oder ohne Äthanol-Extration (PUSCHENDORF und MAIR, 2005) Als Untersuchungsmaterial wird hierbei EDTA Plasma verwendet. In diesem Medium ist cGMP bei -20°C über sechs Monate, bei -80°C ein Jahr und bei Raumtemperatur fünf Tage

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haltbar und wird wenig vom präanalytischen und analytischen Umgang mit der Probe beeinflusst (VORDERWINKLER et al., 1991).

In der Beurteilung der Herzinsuffizienz, entsprechend seiner Bedeutung als second Messenger der NP des Herzens, besteht eine gute Übereinstimmung zwischen der cGMP Freisetzung und dem Ausmaß der Herzinsuffizienz (HIRATA et al., 1987; HAUPTLORENZ et al., 1989;

VORDERWINKLER et al., 1991). Somit erlaubt die Messung des cGMP-Spiegels im Blut eine Beurteilung der einzelnen Herzinsuffizienzstadien (NYHA-Stadien). Hierbei wird jedoch die linksventrikuläre Dysfunktion asymptomatischer Patienten durch die cGMP-Bestimmung erst nach einer Belastung besser erfasst als in Ruhe. Nach der Belastung (Steigerung bis zur Erschöpfung oder anderer Abbruchkriterien) haben asymptomatische Patienten mit einer linksventrikulären Dysfunktion signifikant höhere Werte als vergleichbare gesunde Menschen (JACOB et al., 1994; FRIEDL et al., 1996; PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Außer in der Herzinsuffizienzdiagnostik sind NP und ihr second Messenger bei chronischen hämodialysierten Patienten drastisch erhöht. Während der Hämodialyse nehmen die ANP-, BNP- und cGMP-Konzentrationen im Plasma deutlich ab. Die cGMP- Plasmakonzentration nach einer Hämodialyse spiegelt gut den Hydratationszustand eines Dialysepatienten wieder.

Bei gleichzeitiger Herzinsuffizienz bleiben die cGMP-Werte auch bei ausreichender Flüssigkeitsreduktion, in Abhänigkeit vom Schweregrad der Herzerkrankung, erhöht (FRIEDL et al., 1996; PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

Erkrankungen anderer Organe können ebenfalls den Plasmaspiegel von cGMP beinflussen.

So konnten beispielsweise variable Werte bei Vorliegen maligner Tumoren festgestellt werden, so dass progressiv wachsende Tumore die Herzspezifität des extrazellulären cGMP einschränken (PUSCHENDORF und MAIR, 2005).

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