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Anderer Name für die Chlüsten, siehe das Nähere unten

Im Dokument 1907. Годъ 15. (Seite 138-143)

wurde zu einer A rt Kloster. Lange Zeit liess die Geistlichkeit sie gewähren und der Priester hielt nach wie vor Andachten vor dem Bilde der Mutter Gottes in ihrem Hause ab. W enn er ihr Vorstellungen wegen ihres sonderbaren Aufzuges machte, beru­

higte sie ihn mit den W orten: Die Apostel, Vater, waren nicht solche (gewöhnliche) Leute wie wir, und gingen dennoch barfuss;

und so ist es für uns durchaus Sünde, uns zu schmücken.

Aber schliesslich wurde man durch das Gerede im V olk doch misstrauisch und das Bild wurde in die Kirche übergeführt.

Marjana verlangte jetzt, dass man ihr die Einnahmen an Licht und Oel ersetze, die sie gehabt, solange das Bild bei ihr war.

Seitdem fanden Wallfahrten zur Kirche in Sburjewka statt. Da aber die Wundertätigkeit des Bildes nicht genügend bewiesen war, wurde es in die Risniza (Sakristei) gebracht und dort verwahrt.

Schliesslich wurde das Bild auf Befehl des Blagotschmnü (Prop­

stes) nach Cherson gebracht. Aber die Gottesdienste bei Marjana horten deswegen nicht auf. Infolgedessen wurde sie, der Sub­

diakon J i l к a und die bei ihr lebenden Greisinnen und Mädchen verhaftet. Bei der Untersuchung ergab es sich, dass Marjana als Gottesmutter und Jilka als Gott galt. Marjana trug Ketten auf blossem Leibe, kreuzförmig über beide Schultern, und einen Kettengurt mit einem Schloss, dessen Schlüssel sie ins Meer ge­

worfen hatte. In Sburjewka habe sie drei Jahre lang bei grösster Hitze und Kälte nur die allernotdürftigste Kleidung getragen, sei immer barfuss gegangen, habe oft die Nacht unter freiem Himmel zugebracht, ohne je krank zu werden. W ie sie aber so unempfindlich gegen die Witterung geworden, könne sie nicht erklären. Die Ehe hatte sie verboten, Kindergebären erklärte sie für Sünde, eine Mutter sei anzusehen „wie eine trächtige Sau, welche Ferkel leitet.“ Die Verheirateten sollen wie Bruder und Schwester leben, die Unverheirateten nicht heiraten. Man solle wenigstens viermal im Jahre fasten und zum Abendmahl der rechtgläubigen Kirche gehen. Fleisch solle man überhaupt nicht essen. Als Getränk hatte sie ein dem Met ähnliches Ge­

bräu eingeführt, das sie „N ektar“ nannte. Alles das habe sie nicht selbst erdacht, sondern auf Anordnung Gottes befohlen.

Sie berief sich für ihre asketischen Forderungen auf Stellen bei Angustin, seine „Rede über Matth. 13, 12“ , „Luk. 7, 32“ nach der 6. Ausgabe der W erke Augustins in russischer Uebersetzung, vom Kijewer Höhlenkloster herausgegeben (1853).

Wenn Marjana in dem, der sich bei ihr zum Beitritt zur

Sekte meldete, die imgeheuclielte Absicht erblickte, die Errettung zu. suchen, Nüchternheit, Liebe zum Fasten, geschlechtliche Ent­

haltsamkeit, dann führte sie ihn „in die Enthüllung und E r­

kenntnis dieses Geheimnisses" ein und nahm ihn in die „G e­

meinschaft des apostolischen Lebens“ auf.

Bei der Aufnahme sprach Marjana dem Eintretenden folgen­

den Schwur v o r :

„Ich übergebe mich dem Herrn und verspreche vor der heiligen lebenschaffenden und unteilbaren Dreifaltigkeit, Vater und Sohn und heiligem Geist. Ich übergebe mich dem Herrn und verspreche der Allerheiligsten Walterin, der Gottesmutter und Immerjungfrau Maria, Seiner Mutter. Ich übergehe mich dem Herrn vor allen Engeln, Cherubimen und Seraphimen und vor allen himmlischen Mächten. Ich übergebe mich dem Herrn und verspreche vor dem h. Johann dem Vorläufer und Täufer des Herrn. Ich übergebe mich dem Herrn und verspreche vor dem h. Evangelisten und geliebten Nachfolger Johann dem Gottes­

gelehrten. Ich übergebe mich dem Herrn und verspreche vor den h. Evangelisten Lukas, Markus und Matthäus. Ich übergebe mich dem Herrn und verspreche vor dem h. Profeten Zacharias und der h. Gerechten Elisabeth. Ich übergebe mich dem Herrn und verspreche vor den Hierarchen Nikolai und Mitrophan. Ich übergebe mich dem Herrn und verspreche vor der Grossmärtyrerin W arwara und vor allen Heiligen. Ich übergebe mich dem Herrn und verspreche vor dem Meere, den Flüssen, Seen und W asser­

quellen. Ich übergebe mich dem Herrn und verspreche vor dem teuern und lebenschaffenden Kreuz und vor dem h. Evan­

gelium und vor den Bildern der Gottesknechte, dass ich auf Hochzeiten, Taufen, weltliche Unterhaltungen nicht gehen, Bier, W ein und Siker nicht trinken, mit Schwarzgercde und sinnlosem Gerede nicht um mich werfen werde. Ich übergebe mich dem Herrn und verspreche, dass ich für dich, meinen Herrn Jesus Christus Knutenmisshandlung, Aderaufwinden, Getriebenwerden in Zuchthäuser, in Verbannung, in die Ferne für dich meinen Herrn erleiden w ill; und dass ich dieses Geheimnis nicht sagen noch kundtun werde — weder Vater, noch Mutter, nicht Fürsten, nicht einmal dem Zaren. Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem H. Geist. A m en !“

Unter ihren Anhängern hatte Marjana dreissig Auserwählte, die nie Fleisch und Wein genossen, stets Milde und Demut zeigten, alle weltlichen Vergnügungen strengstens mieden.

Ueber das Muttergottesbild sagte sie aus, sie habe es oft im Traume gesehen, in der Luft schwebend; und wenn sie aufgewacht und die Augen geöffnet, habe sie in der Hütte Licht wie das des Mondes gesehen, fünf Minuten lang.

Marjana und die ändern Angeklagten waren beim Verhör sehr einsilbig, antworteten zunächst entweder : „Ich weiss n ich t";

oder mit dem l31ick auf das Bild des Erlösers: „Herr du hast für mich gelitten, würdige mich dessen, dass ich auch für dich leide." Der Prozess schloss damit, dass der Protoiere von Cherson Perepelizün Marjana unter seine Aufsicht nahm und sie auf seinem Meierhof leben liess. Aber Marjana setzte von hier aus ihre Tätigkeit und Propaganda fort, sodass man bald den Meier­

hof „das Perepelizünsche Klösterlein“ nannte. Als sie sich aber einmal tot anstellte, sodass der Protoiere beinahe eine Panichide an ihrem Lager abgehalten hätte, entzog er ihr seinen Schutz.

Sie entfloh nach Odessa, wurde aber bald wieder verhaftet. Aber ihre Anhänger bewirkten auf Bürgschaft hin ihre Freilassung;

sie lebte wiederum in Sburjewka und beschloss ihre Tage in Nikoläjew.

R u d j a.

Im Gouvernement Worönesch verbreitete in den vierziger Jahren die Chlüstowschtschina der Bauer A l e k s a n d r R u d j a , der in der Sloboda Kräsnaja lebte. E r sei, sagte er vor Gericht, durch ein Buch bekehrt worden, das ihm ein Mönch gegeben und aus dem er „viel Verlockendes über die Chlüstensekte erfahren“ . Ein wenig später wrirkte mit Erfolg sein Schüler und Nachfolger

„ M i k i t k a der Selige“ in der Sloboda Alpherowka. Besonders beeinflusste er die „Tschermtschki“ (Laienschwestern), die ihm ihre Zellen zur Verfügung stellten. 1857 wurde er verhaftet und ins Gefängnis gesetzt 1j.

W a s i l i N i k i f o r o w S c h t s c h e g l o w . D i e G o t t e s m u t t e r K .

Im Jahre 1835 w urden2) Chlüsten im Samarasehen Gouver­

nement entdeckt, und zwar im Dorfe Duböwü Umjot im

Sa-1) K. Kutepow, S. 95.

2) Nach Kutepow, S. 94— 95.

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maraschen Kreise. Sie hiessen hier Montanen, welchen Namen ihnen der Samarasche Bischof Jewsewi (Eusebius) gegeben hatte.

Bei der gerichtlichen Untersuchung erwies es sich, dass Verbrei­

ter der Sekte in diesem und in den benachbarten Dörfern der Bauer W a s i l i B e l o p o r t k o w aus dem Kreise Alatür des Gouvernements Simbirsk war. Seine Tätigkeit erstreckte sich bis in den Kreis Nikoläjewsk. Sein Gehülfe und Nachfolger war ein anderer Bauer aus dem Gouvernement Simbirsk W a s i l i N i ­ k i f o r о w ( N i k i f o r ü t s c h ) S c h t s c h e g l o w , der auch unter dem Namen N i k i f o r ü g a bekannt war und sich „Christus“ nannte.

E r war noch in den fünfziger Jahren tätig, wie die Prozesse von I860 und 1868 bewiesen. Damals wurden allein in Dubowü IJmjot 35 Familien als von der Chlüstowschtschina angesteckt nachgewiesen.

Nikoforow *) hatte zur Errettung seiner Seele Wirtschaft und Familie verlassen „als Erfindung der Sünde zum Verderben der Leute", und lehrte in den Dörfern und Kirchdörfern umher­

gehend: das weltliche sündige Leben der Leute bedarf der Bes­

serung, nur nicht nach den Regeln und Ordnungen, welche die Kirchenbeamten für Geld darbieten. Die ganze W elt geht ver­

loren durch die Verführungen und Verlockungen der Macht der Sünde. Damit das nicht geschehe, habe Gottes Finger ihn ge­

zeichnet. In ihm wirkt der heilige Geist, der auf ihn in den Augenblicken der Berufung zur Predigt herabgekommen. Durch seine Kraft wird er in den Zustand der Begeisterung versetzt, sieht die Geheimnisse und die zukünftigen Schicksale der Men­

schen voraus, weiss, welche Orte bereits in der zukünftigen W elt für jeden Menschen bestimmt sind: „Mir ist von oben mehr offen­

bart, als Basilius dem Grossen; ich kenne alle Geheimnisse. . . Mein W ort ist das Wort des Geistes, und was ich auch immer sage, wird unbedingt sich erfüllen. Nicht das ist gut und heil­

bringend, was in den Büchern geschrieben steht, sondern was der Heilige Geist redet“ . Seine Worte dürfe man nicht durch die

1) Alles Weitere nach den anonymen Artikeln: „Die Montanen“, Tulasche Ep.-Nachr. 1865; „Nachrichten über die Montanische Sekte im Dorfe Dubowü Umjot des Samaraschen K reises“, Samaraer Ep.- Nachr. 1870; „Die Lehre der Anhänger Wasili Schtscheglows, der so­

genannten Montanen“, Sam. Ep.-Nachr. 1894. Ferner nach Grekulow,

„Vom neuen Auftreten der sogenannten Montanischen Häresie“, Sam.

Ep.-Nachr. 1883.

Bücher der h. Schrift kontrollieren wollen, denn durch solche Kontrolle werde die W ürde der Gnadenkraft erniedrigt. Erst recht lohne es sich nicht, die kirchlichen Bücher zu lesen, son­

dern man solle nur die Bücher lesen, die топ ihm und gerechten Leuten unter unmittelbarer Leitung des Geistes Gottes geschrie­

ben seien *). Aber auch diese Bücher dürfe nicht jeder lesen.

Nur die auserwählten Mitglieder des Glaubens, seine Sendlinge, welche die verborgenen Geheimnisse des Geistes kennen, die sie in tiefer Verborgenheit aus Furcht vor der Strafe Gottes halten müssen. „Das Glaubenchen muss man mehr als alles (geheim) bewahren, jeder für sich ; dann wird der Geist mit dir sein“.

Jesus von Nazareth habe einem Mädchen, das ihn durch Städte und Dörfer begleitete, alle Geheimnisse des Himmels offenbart, aber zu ihr gesagt: „W enn du jemand die Geheimnisse verrätst, die ich dir an vertraut, so werde ich dir weder in dieser Weltzeit, noch in der zukünftigen vergeben, aber deine Seele werde ich dorthin bringen, wohin nicht einmal der Rabe die Knochen bringt“ .

— Dem Fleische nach soll man in der Kirche beten, um die V er­

folgung der Rechtgläubigen zu vermeiden. Doch solle man zur Beichte und zum Abendmahl gehen, nachdem man zuvor gegessen:

„denn es ist Sünde, die Seele lange zu quälen". Die Weiber dürfen auch während der Menstruation zum Abendmahl gehen.

Dem Staate soll man gehorsam, ihm, Nikiforütsch, aber un­

bedingt gehorsam sein: „Nicht der ist Vater, der zeugte, son­

dern der, welcher lehrte. Einen Vater hast du auf Erden — den Anleiter in gerechtem Tun. Zu ihm allein sollst du mit Lieb­

kosung und Gehorsam gehen, Ehre erweisen. Es gibt ausser ihm niemand, der höher als du bist, auf Erden — G ew alten; es gibt niemand, der niedriger als du bist — Sklaven: alle Menschen sind von Gott gleich erschaffen“ .

Ueber sich selbst sagte Schtscheglow Folgendes: Die Sünde hatte die Gnade Jesu Christi allmählich überwuchert. Da fand die zweite Fleischwerdung in dem „ersten Christen“ a) statt. Als aber die Sünde wieder mächtig wTurde, sandte Gott ihn als den

^zweiten Christen". E r ist der dritte Erlöser; einen weiteren wird es nicht geben.

1) Damit meint Schtscheglow wohl nur seine und anderer pro-

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