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Jakow Phrolow bekannte die von Stepanow aufgeschriebenen

Im Dokument 1907. Годъ 15. (Seite 108-113)

„Liedchen“ zu kennen und gesungen zu haben, Netsch. S. 109.

5) Nach Netschajew (S. 178) kommt dieser Vers auch in einem bekannten russischen Volksliede vor. Nur ist hier Subjekt nicht David, sondern der Königssohn Joasaph.

6) Reutski S. 46. Diese Sammlung wurde bei Wasili bei seiner Verhaftung gefunden; er behauptete, sie von seinem im ersten Prozess nach Sibirien verschickten Glaubensgenossen Andre Tschuloschnikow zu haben, Netsch. S. 172. Netschajew schreibt nach einem Sinodal- Ukase folgende in diesen Liedern vorkommende Worte aus. Im 1. „Vom

Während alle seine Gesinnungsgenossen vom Schiffe in Ko- den himmlischen Wohnungen befindlich, zum Gottessohne, dass er uns zu besuchen geruhe?“ 6. „Auf dem Mittaggottesdienst zu Mariä Verkündigung verkündigte der Gottessohn“ ; 7. „Unser Herrscher, unser Gütiger, unser angestammtes Väterchen, der bei uns Gast war“ (vergl. oben S. 10, Anm. 1); „bei ihm war eine stille und fried­

liche Unterhaltung“ ; „auf dieser Unterhaltung waren Fürsten und Bojaren und alle Patriarchen-Mächte“ ; es wird das „Heiligenbuch“

(tschetnaja kniga Mineja) und das „Erklärte Evangelium“ (tolkowoje Jewangelije) erwähnt; 8. „Der Falke und die Taube flogen herab und brachten einen schrecklichen zarischen Ukas herab, auf diesem Ukase war ein zarisches rotes Siegel“ ; 15. „Die Nachtigall (solowe) . . . Nachtigall“, den „weissen Schwan“ auf die Gottesmutter, „Herrscher, Väterchen, angestammtes Väterchen, teurer Gast“ auf den Christus der Gottesleute, „Mütterchen“ auf ihre Gottesmutter, „Fürsten, Bojaren und alle Patriarchen-Mächte“ auf die himmlischen Gewalten, die mit dem h. Geiste auf die Unterhaltung kommen, die „goldene Posaune“ Herrscher, herrlicher als alle Menschen, der Klarblickende, Erquicker unserer Herzensaugen und Führer aller von der Unbildung zur Ver­

nunft, der grosse Hirte und Lehrer seiner Herde der Schafe des Worts, 9

d e n 1), vermochte sich W asili Stepanow zu verbergen. Aber bald sammelte er in dem Beidorfe von Kolomenskoje Bratilowo von neuem Anhänger und hielt Versammlungen ab. Als seine Gehülfin erscheint wiederum eine (andere?) Marfa Wasiljewa, besonders beim Singen der Lieder aus jenem Hefte. Der R u f dieser V er­

sammlungen zog auch Moskauer Chlüsten hierher, während andrer­

seits Wasili Stepanow oft in Moskau war und auf den Versamm­

lungen bei Iwan dem Weissen (vergl. oben S. 43) die dortigen Ohlüsten lehrte.

Auch die Tätigkeit des Superiors der Bogoslowskaja-Einsie- delei D m i t r i 2) G u s e w greift über Moskau hinaus: insofern als die Einsiedelei 60 Werst von Moskau entfernt ligt. Als er noch Mönch im Andrejewski-Kloster bei Moskau war, wurde er von Aleksandr Golubzow (vergl. oben S. 122) zur Sekte bekehrt.

E r hatte schon vor 1733 an Versammlungen teilgenommen. So hatte ihn Golubzow einmal auf eine Versammlung von 10 Per­

sonen auf der ändern Seite der Ja-usa (wohl bei Lupkin) geführt.

E r gab beim Verhör an, dass das allgemeine Sichdrehen „Gehen im Schiff" genannt werde, weil man in der Radenije sich drehe

„wie ein Schiff in ruhiger Fahrt“ . Der Blöde Andrejan hatte ihn zu vielen Herren geführt, durch deren Protektion er auch die Stellung eines Superiors erhielt. 1743 hatte er auf einer V er­

sammlung bei Andrejan Petrow den Kapitän Smurügin und andere unter Vereidigung mit dem Kreuze in die Sekte aufgenommen, indem er passende Stellen aus dem Neuen Testament verlas.

Hier wie auch auf ändern Versammlungen hatte er den Vorsitz,

das hochberühmte Vorbild“ (vergl. oben S. 57); „er erhob sich von der Erde zum Himmel zu seinem himmlischen Vater und zum Tröster, dem heiligen Geist“ ; „er hinterliess den Jaroslawschen Seelen Verzei­

hung (duschäm proschtschenie) und Erlass der Sünden (grechäm otpu- schtschenije)“. — In der ebenfalls bei Wasili gefundenen Antwort der Jaroslawschen Chlüsten nach Moskau kommen die Ausdrücke vor:

„die durch ihren hierarchischen Rang Ehrwürdigen“ ; „Schiff“ ; die Moskowischen und Jaroslawschen Versammlungen werden solche „mön­

chischen Wesens“ genannt; der Brief ist insonderheit an den „schönen Joasaph“ gerichtet.

1) Alles noch Folgende über Wasili nach Reutski.

2) Nach Reutski (S. f 41) war Dmitri sein Mönchsname, sein weltlicher Name aber Danila Jephimow Gusew. Alles Uebrige nach den Auszügen aus Akten bei Netschajew S. 121— 128 und bei S. S o - l o w j o w , Geschichte Russlands seit den ältesten Zeiten, 5. Buch2, S. 262—264.

wobei nachher allgemeine Mahlzeiten stattfanden, auf denen nur Fastenspeisen gegessen wurden. Auch in der Bogoslowskaja- Einsiedelei hielt Dmitri in einer unbewohnten Zelle im Garten Versammlungen ab. Eine von ihnen wird folgendermassen ge­

schildert :

Alle sassen auf Bänken, die Männer auf der einen Seite, die W eiber auf der ändern, und sangen den Vers: „Komm zu uns, Herr, komm zu uns, Jesus Christ, komm zu uns, Gottessohn, erbarme dich unser! Allerheiligste Gottesmutter, bitte für uns deinen Sohn und unsern Gott, ja um deinetwillen möge er unsere vielsündigen Seelen auf Erden erretten !ft Während des Gesanges sprang der (frühere) Kaufmann Superior Iwan Dmitrijew l) von der Bank auf, schüttelte sich und drehte sich im Kreise herum über eine Stunde lang und sprach zu den Anwesenden: „Glaubt mir, dass in mir der H. Geist wirkt und was ich spreche, nicht aus eigenem Verstande (spreche), sondern durch den H. G eist“ ; und er ging heran und nannte wen er kannte, bei Nam en: „Gott helfe dir, Brüderchen oder Schwesterchen; wie lebst du ? bete zu Gott des Nachts, und verübe keine Unzucht; auf Hochzeiten und Taufen gebe nicht, Wein und Bier trink nicht, und wo man Lieder singt, da hör nicht zu; wo Prügeleien vor sich gehen, dortstehe nicht“ . W en er bei Namen nicht zu nennen vermochte, den nannte er: „Welmuschka, W elm uschka!2) bete für m ich!“ Dann ging er von ihnen weg und sprach: „Vergib, mein Freund, habe ich dich nicht durch irgend etwas erzürnt ?u Darauf nahm der­

selbe Iwan Dmitriew ein Schnitt Brot, zerschnitt es in Stücke, legte es auf einen Teller zusammen mit Salz, goss W asser in ein Glas und verteilte es unter die Anwesenden und befahl, es aus der Hand zu essen, mit dem Wasser hinunterzuspülen und das Glas unter Bekreuzen zu küssen. Darauf nahmen alle Anwesen­

den sich an die Hände und drehten sich aufspringend im Kreise herum : sie drehten sich nach der Sonne, wobei sie das frühere Gebet sangen und sich mit Beilrücken und Kugeln schlugen.

Der Superior gab auch an, dass man sich auf den Versammlungen nicht nur mit Kugeln schlug, sondern mit Messern schnitt, die in Stäbe geheftet waren. Als einmal die Fürstin Chowanskaja

1) So nennt ihn Solowjow, bei dem sich diese Schilderung findet.

Bei Netschajew heisst er immer Dmitri.

2) Vergl. Anm. 2 auf S. 126.

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(vergl. S. 43) zugegen war und sah, wie die Anwesenden sich mit Kugeln und Beilen schlugen, fiel sie in Ohnmacht, und ging nachher mit ihren Leuten in die Wohnzelle des Superiors, um sich mit „Mungalischem W asser“ einzureiben !).

Aus unserer Schilderung des Moskauer Ohlüstentums nach den Akten des Prozesses der vierziger und fünfziger Jahre des 18. Jahrhunderts ergibt sich mit aller Deutlichkeit die Tatsache, dass nach Lupldns Tode es mehrere Christusse in Moskau gab.

Diese können imgrunde auch nichteinmal als Rivalen um ein und dieselbe Würde angesehen werden. W enn die russischen Forscher, denen wir bisher gefolgt waren, es so darstellen, so tun sie das unter dem Einflüsse der Legende Gewiss gab es unter ihnen allerlei Rivalität. Aber es scheint mir, dass diese sich mehr auf die Gewinnung топ Anhängern bezog, als auf die Christus­

würde selbst. Es scheint nicht die Vorstellung bei den Chlüsten geherrscht zu haben, dass es gleichzeitig nur e i n e n Christus geben könne und e i n e Gottesmutter. Mit Nastasja rivalisierte freilich das Weib Lupkins Anna. Aber Marfa Pawlowa ist gleich­

zeitig ganz unangefochten Gottesmutter des Warsonophjewski- Schiffes. Rivalität um die Würde eines Christus oder einer Gottesmutter scheint erst entstanden zu sein, wenn in d e m s e l ­ b e n Schiffe zwei oder mehrere auftraten, die sich für berechtigt hielten, diese Würde zu beanspruchen und damit dieses Schiff zu leiten. So scheint es zwischen Serge Osipow und W asili Ste­

panow gewesen zu sein. Andrejan Petrow aber, meine ich, riva­

lisierte mit ihnen nicht um die Christuswürde, sondern um die Einflusssphäre (vergl oben S. 43). — In ähnlicher W eise hatte Lupkin früher mit Nastasja rivalisiert (oben S. 66), wobei ja ein Streit um die Würde nicht in Betracht kommen konnte. — Ja auch Vorsteher von Chlüstenschiffen, die nicht die Würde eines Christus beanspruchten, wie Joasaph, Warlaam Fedotow, Warlaam Schischkow, Dmitri Gusew scheinen neben jenen Christussen un­

abhängig dagestanden zu haben. Sehr auffällig ist übrigens gegen­

über dem früheren Vorhandensein von drei Gottesmüttern (Anna, Nastasja, Marfa), dass seit 1733 die Moskauer Gottesleute keine Gottesmutter gehabt zu haben scheinen.

Dass diese Beurteilung der Sachlage richtig ist, wird durch

1) Netschajew S. 122.

die aktenmässige Tatsache unterstützt, dass wo ausserhalb Mos­

kaus sich ein Chlüstenzentrum bildete, dieses durchaus nicht immer einem Moskauer Christus oder Gottesmutter unterstand (wie es in Wenjow gewesen zu sein scheint, vergl. oben S. 72 u. 113), sondern seinen eigenen Christus und seine eigene Gottesmutter hatte. So stand es nach den Akten in Perejasläwl Salesski, Jaroslawl, Alatür und St. Petersburg.

Ja in P e r e j a s l a w l S a l e s s k i , wo sich im Knjas-Andre- jewski-Kloster ein Schiff gebildet hatte, scheinen sich gar zwei Christusse neben einander ganz gut vertragen zu haben. Der eine hiess G r i g o r i A r t a m ö n o w , ein Moskauer Kaufmann, der andere S a w e l i P r o k o p h j e w . Nach den Aussagen Artamo- nows selbst *) hatte er sich in Moskau an Versammlungen bei Warlaam Schischkow, Andrejan Petrow, Jakow Phrolow, Dmitri Gusew beteiligt. Er lebte überhaupt bald in Moskau, bald in Perejaslawl Salesski2). Artamonow und Saweli wurden beide von den Chlüsten des letztem Orts „Christus“ genannt, ersterer aber wurde höher verehrt und „Väterchen“ und sogar „Gott"

genannt3). Gottesmutter war die Schwester Sawelis W a r s о - n ö p h j a , Apostel sein Bruder, der Mönch des Nikitski-Klosters in Perejaslawl, J e p h r e m 4). Artamonow und Saweli pflegten ihren Anhängern zu sagen: „Wenn ihr solche sein werdet, wie wir, so werdet ihr Apostel sein, die volle Zahl der Apostel hat sich noch nicht erfü llt; wenn ihr so rein leben werdet, wie ihr jetzt lebet, so werdet ihr junge Engel sein“ 5). A u f den Versammlungen sass Artamonow in der vorderen Ecke und Saweli neben ih m 6).

Die Gottesmutter Warsonophja stand in regsten Beziehungen zu den chlüstischen Nonnen des Warsonophjewski-Klosters in M oskau7).

Im J a r o s l a w s c h e n trat als Christus der Bauer S t e p ä n W a s i l j e w S ö p l i n auf, als Gottesmutter sein Weib A p h r o - s i n j a I w a n o w a . Reutski berichtet nach den Akten (S. 48), dass sie bereits 1733 verhaftet und mit der Knute bestraft worden

1) Die Akte ist abgedruckt bei Pelikan S. 1-52 ff. ; Uebersetzung S. 175 ff.

2) Akte № 80, Netsch. S. 147.

Im Dokument 1907. Годъ 15. (Seite 108-113)