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Iwanows Uebersetzung „Zar als Zar, Gott als Gott“ ist falsch

Im Dokument 1907. Годъ 15. (Seite 105-108)

Denn „zarjom“, „bogom“ ist hier nicht Singular wie im Neurussischen, sondern Dativ Pluralis (altslavisch).

2) Offenbar hat Reutski (S. 40. 65) diese Aussagen missverstan­

den, wenn er behauptet, Osipow habe sich „Zar der Zaren, Gott der Götter“ genannt, vergl. oben S. 64. 65.

3) Netschajew teilt (S. 179) aus einer ändern Akte folgende Worte Osipows mit, die er beim Sichdrehen sprach: „Rentre phente rente phintriphunt nodar lisentrant nochontrophint“.

fühlte er während des Sichdrehens und Zitterns. Dieses Gefühl äusserte sich darin, dass das Herz erbebte, wie eine Taube*). In diesen Augenblicken erriet Osipow die Gedanken und Gefühle anderer, erriet zuvor Glück, Unglück, Verluste, sagte, dass seinen Glaubensgenossen Leid begegnen würde, sie würden unter Be­

wachung genommen, gefoltert werden. Wenn er zu den Glau­

bensgenossen trat, nannte er die Bekannten mit Namen, aber die Unbekannten mit dem W ort „W elm uschka“ 2). . . Darauf gingen er und alle Teilnehmer an den Versammlungen im Kreise herum, was Osipow „Schiff“ nannte, wobei er lehrte: „Die erste Taufe ward euch durch Wasser, jetzt aber ist die zweite Taufe durch den Heiligen Geist, und wer mit dieser zweiten Taufe nicht ge­

tauft worden ist, der wird nicht ins Himmelreich eingehend Nach Beendigung des Gehens im Kreise nahmen die einen Glaubens­

genossen Beile, die ändern aber in Lappen gewickelte Kanonen­

kugeln, und schlugen sich über den Rücken, indem sie dabei sprachen: „W erde vernichtet, mein F leisch!“

Der Rivale Osipows W a s i l i S t e p a n o w wurde im Jahre 1745 auf Veranlassung W anjka Kains im Hause Jakow Phro- löws zusammen, mit den Phi'olows verhaftet3). Ueber seine P er­

sönlichkeit und Tätigkeit besitzen wir zwei Schilderungen, die eine von Reutski (S. 4548), die andere von Netschajew (S. 169179), die mehrfach einander widersprechen, obgleich beide aufgrund der Akten entworfen sind.

Nach Reutski wird Wasilipi Stepanow »in den Dokumenten ein Müssiggänger polnischer Abstammung genannt". E r sei von den Kosaken gefangen und als Sklave verkauft worden. Nach Netschajew war er ein Finne aus Karelien aus dem Dorfe Kosto- järwi. In seiner Jugend kam er als Kriegsgefangener nach Russ­

land. Im Sinodal-Ukase vom 13. August 1750 wird er als Neugetaufter bezeichnet, folglich ist er nicht von Hause aus recht­

1) Hier fügt der Auszug Netschajews noch hinzu (S. 141): „Die zu ihm herabgekommene Gnade Gottes brachte ihm Glück im Handel“.

2) „Was es bedeutet und wie nach ihrem Glauben dieses Wort gedeutet werde, wisse er nicht“ ; nach Netschajews Auszug (S. 143):

„Die Anrede „Welmuschka, Welmuschka“ übernahm er von seinem Lehrer Alekse Trophimow; die Bedeutung dieses Wortes wisse er nicht“. •— Mir hat keiner der Russen, die ich fragte, auch nur vermu­

tungsweise sagen können, was das Wort bedeutet. Auch die grössten Lexika der russischen Volkssprache und des Altslavischen versagten hier.

3) Netschajew S. 9 7; vergl. oben S. 40— 41.

gläubig gewesen (früher entweder Katholik oder Lutheraner), Darin aber stimmen beide überein, dass er des Lesens und Schreibens *) kundig war (nach Netsch. nicht nur der russischen, sondern auch der lateinischen Schrift). In den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts wurde er yon Nastasja zur Sekte der Gottes­

leute bekehrt, nennt aber auch Alekse Trophimow als seinen Lehrer (vergl. oben S. 112). Er nahm auch an Versammlungen bei Lupkin teil *) und trat noch vor dem Tode Lupkins als Leh­

rer auf.

Als des Lesens und Schreibens Kundiger trat er mit beson­

derem Eifer für eine Neuerung ein, die schon Alekse Trophimow eingeführt h atte3). Während die Chlüstowschtschina anfangs Be­

lehrung aus Büchern für nutzlos, ja schädlich erklärt hatte (zu vergl. die Legende, wie Danila seine Bücher in die Wolga warf), und noch Lupkin und Nastasja ausschliesslich mündliche Belehrung anwandten4), berief sich W asili Stepanow für die Verwerfung der Ehe und das Tanzen auf die Stellen aus dem „Geistlichen Alpha­

bet“ und einem kirchlichen Liede, welche schon Trophimow an­

geführt hatte (vergl. oben S. 111). Aber er benutzte bereits in viel grösserem Masse Bücher. Schon in den zwanziger Jahren sagte er Iwan Tschurkin auf einer Versammlung bei Lupkin, dass er „Bücher lese und viele in der Häresie unterrichte“ 8). Bei Eröffnung einer Versammlung pflegte er Matth. 25, 34 vorzulesen.

Das Sichdrehen motivierte er mit den Worten des Lobgesanges für Pfingsten: * „Gleichwie sich ein stürmisches Atmen erhob", das Sitzen auf B än ken 6) mit einer ändern Stelle aus demselben Lobgesang: „Erfülle das Haus, da man sitzt". Um das Geissein auf den Versammlungen zu begründen, zeigte er die Abbildung einer Geissel in der gedruckten Lebensbeschreibung des hoch­

würdigen Simeon. Für die Herabkunft des h. Geistes berief er sich auf die Stellen der Apostelgeschichte und zeigte dabei ein gedrucktes Blatt, auf welchem sich das Bild der Gottesmutter und der H. Apostel befand und darunter das Porträt irgend eines „sehr

1) Auch durch Aussage Tschurkins bestätigt, Netsch. S. 134.

2) Netsch. S. 170.

3) Vergl. oben. S. 11 1; auch Marfa Pawlowa, vergl. oben S. 112.

4) Dafür beruft sich Netschajew auf „Akte der 1. Komm. № 2, Extrakt 8, № 4 “.

5) Akte der 2. Komm. § 58, Netsch. S. 170.

6) In den rechtgläubigen Kirchen darf man ja nicht sitzen.

alten Mannes“ !) mit passenden Ueberschriften aus der Apostel­

geschichte. Das Verbot von Wein und Bier begründete Wasili mit Eph. 5, 18, die Forderung der Reinheit des Leibes mit Rom. 8, 2, die Sündhaftigkeit der Ehe mit Арок. 14, 4.

Die Benutzung топ Büchern fand in den vierziger Jahren infolge des Einflusses Wasilis so sehr Anklang unter den Moskauer Gottesleutcn, dass sogar der Analphabet Andrejan Petrow sich auf das Leben des h. Niphont berief, „in welchem geschrieben steht, dass er sich selbst am Körper schlug" und „auf die in der Kirche gelesene h. Schrift“ 2).

Im IJebrigeu legte W asili Stepanow grosses Gewicht auf die in den Versammlungen gesungenen Lieder der Gottesleute, da sie den b. Geist auf die Versammelten herabzögen; und „er erkannte den auf ihn herabkommenden H. Geist an, um deswillen zu manchen Zeiten ihm, W asili, das Herz erbebte und er in grosser Freude war. und es hob ihn топ der Bank empor, warf ihn zwei Sašchen (== 14 Fuss) hoch und noch mehr, und er lag ohne Erinnerung da“ 3). Mit M a r f a W a s i l j e w a , die die Lieder ebenfalls sehr liebte und sie meisterhaft sang, eröffnete er Ver­

sammlungen in dem Hause ihres Vaters im Dorfe Kolömenskoje.

Man sang dort nach einem Hefte die Lieder, die bei Lupkin, Trophimow und Nastasja gesungen worden waren. Zu dieser Sammlung dichtete Wasili selbst noch Lieder hinzu4), deren An­

fänge lauteten: „Es beginnt der König David zu weinen, bei der W üste stehenden Fusses stehend (stoja stojutschi), bittere Tränen vergiessend“ (proliw^ajutschi)5); „Unser gnädiger Gott, das gött­

liche Vertrauen“ ; „Licht, Gott! Himmlisches Reich, seliges P a­

radies“ 6).

1) Wohl Danilas.

2) Akte № 96 der 2. Komm.; nach Akte № 3 las Anna Moke- jewna auf den Versammlungen aus dem Psalter vor, Netsch. S. 171.

Im Dokument 1907. Годъ 15. (Seite 105-108)