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2. LITERATURÜBERSICHT

2.4 NAD(P)H-Oxidase

Das Enzymsystem Nicotinamidadenindinukleotidphosphat-Oxidase existiert in phagozytären als auch in nichtphagozytären Zellen (BABIOR, 1999, JONES et al., 2000, GRIENDLING et al., 2000, BAYRAKTUTAN et al., 1998). In neutrophilen Granulozyten besteht die NAD(P)H-Oxidase aus einem membranassoziierten Zytochrom b558, welches sich aus den Untereinheiten p22phox und gp91phox zusammensetzt, sowie aus den zytosolischen Untereinheiten p47phox, p40phox, p67phox und den GTP-bindenden Proteinen Rac1 oder Rac2

(BABIOR, 1999). Die katalytische Untereinheit des Zytochroms gp91phox besitzt 3 Koenzyme, dabei handelt es sich um zwei Hämmoleküle und eine FAD-Gruppe.

Normalerweise ist die neutrophile NAD(P)H-Oxidase, die zum unspezifischen Abwehrsystem gehört, nicht aktiv, erst nach adäquater Stimulation reagiert sie mit der Produktion von Superoxidanionradikalen im Millimolarbereich, dazu wird NADPH oder NADH als Substrat benötigt (LI et al., 2002 b, GRIENDLING et al., 2000). Zur Verwandlung in ein aktives Enzymsystem sind zwei wichtige Schritte notwendig: GDP muß zu GTP am Rac Molekül ausgetauscht und die Untereinheit p47phox durch die Proteinkinase C phosphoryliert werden.

Es findet eine Konformationsänderung der phosphorylierten p47phox-Untereinheit statt, welche daraufhin Kontakt mit dem membrangebundenen Zytochrom aufnimmt. Die Aktivierung des GTP-bindenden Proteins Rac bewirkt die Bindung von p67phox an p47phox und an das Zytochrom.

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p22

p47 p67 Rac

gp91

phox

Rac p47 p67

Abbildung 1: Die NAD(P)H-Oxidase und ihre wichtigsten Untereinheiten. Ein aktives Enzymsystem entsteht, indem sich die zytosolischen Untereinheiten an das membrangebundene Zytochrom b558 anlagern.

Abbildung 2: Elektronentransport vom NADPH Molekül über die gp91phox-Untereinheit der NAD(P)H-Oxidase zu Sauerstoffmolekülen im extrazellulären Bereich (nach B. Lassègue, 2003)

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Nach der Mobilisierung der NAD(P)H-Oxidase bindet NADPH oder NADH auf der Zytosolseite an gp91phox und setzt 2 Elektronen frei, welche über das FAD sowie über die 2 Hämmoleküle aus der Zelle transportiert werden und dann zwei Sauerstoffmoleküle zu Superoxidanionradikalen reduzieren. Der Ausgleich der negativen Elektronenladung erfolgt durch Protonen, die durch einen Kanal, der entweder einen Teil der NAD(P)H-Oxidase bildet oder eng mit der Funktion des Enzyms gekoppelt ist, in den Extrazellulärraum gelangen.

Treten Mutationen in den Untereinheiten p22phox, gp91phox, p47phox und p67phox der humanen phagozytären NAD(P)H-Oxidase auf, entsteht eine chronische granulomatöse Erkrankung (septische Granulomatose), bei der es sich um eine Störung des Immunsystems aufgrund verminderter Phagozytenfunktion handelt (LASSEGUE u. CLEMPUS, 2003, HORDIJK, 2006).

Phagozytenähnlich aufgebaute NAD(P)H-Oxidasen finden sich u.a. in kardiovaskulären Zellen, wie z.B. in adventitialen Fibroblasten, in glatten vaskulären Muskelzellen, in Endothelzellen und in Kardiomyozyten (PAGANO et al., 1997, GRIENDLING et al., 2000, JONES et al., 1996, HEYMES et al., 2003). Im Gegensatz zur neutrophilen NAD(P)H-Oxidase ist die phagozytenähnliche kardiovaskuläre NAD(P)H-NAD(P)H-Oxidase kontinuierlich aktiv, in unstimulierten Zellen werden geringe Mengen an Superoxidanionradikalen gebildet.

Wirken jedoch mechanische Kräfte und Substanzen wie Angiotensin II, Zytokine, Endothelin 1, α-adrenerge Agonisten auf die Zellen ein, kommt es zur Superoxidanionradikalproduktionssteigerung (LI u. SHAH, 2003, MURDOCH et al., 2006).

Ein weiterer Unterschied zwischen der phagozytenähnlichen kardiovaskulären und der neutrophilen NAD(P)H-Oxidase besteht in der intra- und extrazellulären Superoxidanionradikalerzeugung (GRIENDLING et al., 2000). Für die einzelnen Untereinheiten der phagozytenähnlichen NAD(P)H-Oxidase sind in den vergangenen Jahren verschiedene Isoformen entdeckt worden. Zum Teil unterscheiden sich auch die Aktivierungswege der phagozytenähnlichen von der neutrophilen NAD(P)H-Oxidase in Abhängigkeit der jeweils vorhandenen Untereinheiten. Fünf verschiedene Isoformen, die als NOX bezeichnet werden, existieren für die katalytische Untereinheit gp91phox. NOX1 ist hauptsächlich in glatten vaskulären Muskelzellen anzutreffen, seine Aktivierung erfolgt durch

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Homologe von p47phox und p67phox, die entsprechend NOXO1 und NOXA2 genannt werden.

Die Isoform NOX2, welche sich in Kardiomyozyten, Endothelzellen und Fibroblasten findet, steht als Synonym für gp91phox. Sie benötigt die Untereinheiten p47phox, p67phox sowie Rac zur Stimulation, die, wie oben bei der neutrophilen NAD(P)H-Oxidase beschrieben, abläuft.

NOX3 kommt im vestibulären und cochleären Epithel des Innenohres vor, nicht aber in kardiovaskulären Zellen. Zuerst wurde NOX4 in der Niere entdeckt, später aber auch in Endothelzellen, Kardiomyozyten und Fibroblasten. Der genaue Aktivierungsweg bleibt soweit noch ungelöst, nach bisherigen Befunden scheint NOX4 nur p22phox für seine Aktivität zu brauchen. In Kardiomyozyten ist das Expressionsverhältnis von NOX2- zu NOX4-mRNA eins zu zwei (BYRNE et al., 2003 a). Über NOX5 gibt es noch nicht viele Informationen, seine Präsens ist bisher nur in lymphoiden Zellen, im Hoden und in Krebszellen der Prostata bekannt (HORDIJK, 2006, MURDOCH et al., 2006).

2.4.2 NAD(P)H-Oxidase und kardiale Hypertrophie

Eine Anzahl von Tiermodellen beschreibt die Einflußnahme der NAD(P)H-Oxidase mit ihrer Superoxidanionradikalproduktion auf die kardiale Hypertrophie. In Meerschweinchen wurde durch Einengung der Aorta eine drucküberlastete linksventrikuläre Hypertrophie induziert.

Dabei konnte sowohl eine Steigerung der Expression der Untereinheiten der NAD(P)H-Oxidase in Kardiomyozyten und Endothelzellen als auch eine Aktivitätserhöhung des Enzymsystems nachgewiesen werden (LI et al., 2002 a).

In Wildtyp-Mäusen und NOX2-defizienten Mäusen wurde mit Hilfe einer Angiotensin-II-Infusion eine kardiale Hypertrophie über einen Zeitraum von 7 bis zu 14 Tagen erzeugt. Der Vergleich zu Wildtyp-Mäusen zeigte eine nahezu vollständige Unterdrückung der Herzhypertrophie in NOX2-defizienten Mäusen (BENDALL et al., 2002). Aufgrund dessen läßt sich vermuten, daß die NOX2-Untereinheit der NAD(P)H-Oxidase nach Angiotensin-II-Stimulation eine Rolle für die Entwicklung der linksventrikulären Hypertrophie spielt.

Aber es existieren auch Befunde, die gegen eine Beteiligung der NOX2-Untereinheit der NAD(P)H-Oxidase an der kardialen Hypertrophie sprechen. Nach Aorteneinengung in Wildtyp-Mäusen und NOX2-defizienten Mäusen fanden sich keine Unterschiede zwischen den zwei Mausgruppen hinsichtlich der linksventrikulären Hypertrophie und der erhöhten

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NAD(P)H-Oxidaseaktivität (BYRNE et al., 2003 a, MAYTIN et al., 2004). Eine durch chronische Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems ausgelöste linksventrikuläre Hypertrophie erwies sich ebenfalls als nicht NOX2 abhängig (TOUYZ et al., 2005).

2.4.3 NAD(P)H-Oxidase und kardiale Fibrose

Experimentell konnte gezeigt werden, daß reaktive Sauerstoffspezies, die durch die NAD(P)H-Oxidase und den sich anschließenden Reaktionen entstehen, die interstitielle kardiale Fibrose zu beeinflussen scheinen. Der Begriff interstitielle Fibrose umfaßt eine gesteigerte Proliferation von Fibroblasten und deren Transformation zu Myofibroblasten, die Matrixproduktion, die Expression von pro-fibrotisch wirkenden Genen sowie die Gleichgewichtsstörung von Matrixmetalloproteinasen und ihren Inhibitoren.

In NOX2-defizienten Mäusen waren nach Angiotensin-II-Infusion und Aldosteron induzierter Fibrose, in bezug auf die Kontrolltiere, fast keine fibrotischen Veränderungen sichtbar (BENDALL et al., 2002, JOHAR et al., 2006). Eine erhöhte Sauerstoffradikalakkumulation und eine gesteigerte Expression von NOX2 konnten, in einer durch Aldosteron verursachten kardialen Fibrose, in Ratten beobachtet werden (SUN et al., 2002). Im gleichen Tiermodell wurde über eine chronische Behandlung mit Apocynin, einem NAD(P)H-Oxidasehemmer, eine kardiale Fibrose unterdrückt (PARK et al., 2004). NOX2-defiziente Mäuse wiesen nach Aorteneinengung, im Vergleich zu Wildtyp-Tieren, eine reduzierte interstitielle Fibrose auf (GRIEVE et al., 2006). Aus diesen Forschungsdaten ist erkennbar, daß die NAD(P)H-Oxidase, und insbesondere ihre Untereinheit NOX2, in bestimmten Tiermodellen an der Ausbildung der kardialen Fibrose beteiligt ist.

2.4.4 NAD(P)H-Oxidase im Zusammenhang mit Herzinsuffizienz und Myokardinfarkt

Die Rolle der NAD(P)H-Oxidase in bezug auf das ventrikuläre Remodeling nach Myokardinfarkt ist noch unklar. Nach einem experimentell induzierten Myokardinfarkt in Ratten wurde eine erhöhte Expression der Untereinheiten NOX2 und p22phox der NAD(P)H-Oxidase auf mRNA-Ebene im infarzierten Bereich des linken Ventrikels festgestellt (FUKUI

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et al., 2001). Es konnte nicht eindeutig geklärt werden, ob hauptsächlich Phagozyten oder kardiale Zellen an dem Anstieg der Untereinheiten beteiligt waren. Erwähnenswert ist auch, daß es im Myokard von Patienten, welche an einem akuten Myokardinfarkt verstarben, zu einer erhöhten Expression von p22phox und NOX2 kam. Hier handelte es sich um Untereinheiten der NAD(P)H-Oxidase aus Kardiomyozyten (KRIJNEN et al., 2003).

Patienten mit hochgradiger Herzinsuffizienz wiesen im Myokard eine stark gesteigerte NAD(P)H-Oxidaseaktivität, im Vergleich zu gesunden Probanden, auf (MAACK et al., 2003, HEYMES et al., 2003).