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2. LITERATURÜBERSICHT

2.2 Herzinsuffizienz

2.2.1 Definition und Ursachen

Bei einer Herzinsuffizienz ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Körper entsprechend seiner Bedürfnisse, ausreichend mit Blut und Sauerstoff zu versorgen. Es liegt eine ungenügende Pumpleistung des Herzens vor (HOPPE et al., 2005).

Je nach maßgebender Beteiligung des rechten oder des linken Ventrikels am Pumpversagen des Herzens wird zwischen einer Rechtsherz-, Linksherz- und einer Globalinsuffizienz unterschieden. Nach dem Zeitverlauf existieren die akute, meist schnell, binnen weniger

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Minuten bis Stunden entstehend, sowie die chronische Herzinsuffizienz, die sich innerhalb von Wochen bis Monaten entwickelt und in kompensierter, aber auch in dekompensierter Form anzutreffen ist. Entsprechend dem Schweregrad erfolgt die Einteilung in eine Ruhe- und Belastungsinsuffizienz, nach der New York Heart Association werden 4 Gruppen von Patienten mit Herzerkrankungen klassifiziert: ohne, leichte, mittlere oder schwere Einschränkungen der körperlichen Aktivität (PSCHYREMBEL, 2002).

Nach der Framingham-Studie gelten als Hauptursachen für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz Bluthochdruck und die koronare Herzkrankheit, welche einen Myokardinfarkt hervorrufen kann (HO et al., 1993).

2.2.2 Pathogenese und bedeutende Kompensationsmechanismen

Infolge von kardiovaskulären Erkrankungen kommt es zu Druck- und Volumenbelastungen sowie zu Gewebeverlusten am Herz, welche initial eine myokardiale Schädigung und Funktionsbeeinträchtigung hervorrufen.

Um die Herzfunktion aufrechtzuerhalten, werden verschiedene pathophysiologische Mechanismen aktiviert, die zunächst eine ausreichende Versorgung aller Organe und Gewebe sicherstellen sollen, später aber zu negativen Effekten bzw. zur Progression der Herzinsuffizienz führen.

Eine wichtige Anpassung an die vermehrte Druck- oder Volumenbelastung des Herzens, sowie an den Verlust von kontraktiler Masse nach Myokardinfarkt, stellen die ventrikuläre Dilatation und die Hypertrophie dar. Dieser adaptive Prozeß verändert die Dimensionen und die Form des Herzens (BAIG et al., 1998). Ein dilatierter Ventrikel ist in der Lage, mit geringerer Faserverkürzung ein unverändertes Schlagvolumen, im Vergleich zu einem normal großen Herz, zu befördern, da bei einem kugelförmigen Objekt kein linearer Zusammenhang zwischen Volumen und Oberfläche besteht (FUCHS u. DREXLER, 2000). Allerdings gelingt es einem erweiterten Ventrikel nur bis zu einem gewissen Radius, ein ausreichendes Schlagvolumen zu erzeugen. Die Myokardhypertrophie bewirkt eine Vermehrung kontraktiler Elemente mit der Folge einer Zunahme der Myokardmasse (COHN et al., 2000). Nach Myokardinfarkt kommt es zum seriellen und parallelen Sarkomerzuwachs (LINZBACH,

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1956). Dadurch wird anfangs ein Anstieg der myokardialen Wandspannung verhindert, die Kontraktionskraft des Myokards und die systolische Herzfunktion werden aufrechterhalten.

Bei anhaltender Myokardhypertrophie tritt aber eine kontraktile Dysfunktion des hypertrophierten Myokards ein (KATZ, 1990). Die Hypertrophie kann z.B. durch Noradrenalin (SCHLAICH et al., 2003, BRIEST et al., 2003), Angiotensin II (SADOSHIMA u. IZUMO, 1993) und Radikale (NAKAGAMI et al., 2003) ausgelöst werden. Diese Stimuli verursachen Veränderungen in der Genexpression und in der Proteinsynthese. Es erfolgt eine überproportionale Zunahme bestimmter Gene bzw. Proteine, sogenannter Hypertrophiemarker. Dazu zählen u.a. ANP, β-Tropomyosin, atriales MLC, β-MHC und skelettales Muskel-α-Aktin (BLACK et al., 1991).

Neben der kardiomyozytären Hypertrophie findet auch eine Zunahme des Kollagenvolumens statt, insbesondere bei chronischer Druckbelastung (SWYNGHEDAUW, 1999). Es ist bekannt, daß u.a. Aldosteron, Angiotensin II und Superoxidanionradikale das Fibroblastenwachstum mit einer vermehrten Bildung von Kollagen anregen (BRILLA et al., 1993, BRILLA u. MAISCH, 1994, YAMAMOTO et al., 2005, SIWIK u. COLUCCI, 2004).

Zu Beginn der Herzhypertrophie verhindert die Einlagerung des zugfesten und wenig dehnbaren Kollagens eine weitere Ventrikeldilatation, aber das Fortschreiten der Kollageneinlagerung bedingt nachfolgend eine Relaxationsstörung und Füllungsstörung der Herzventrikel (KATZ, 1990).

Die Umkehr der anfangs positiven Wirkungen der Hypertrophie wird vor allem durch eine relative Abnahme der Kapillardichte in bezug auf die entstandene kontraktile Masse verursacht. Energieangebot und Energiebedarf stehen dann im Widerspruch zueinander, Myozytennekrosen setzen ein, und die interstitielle Fibrose schreitet voran. Außerdem entwickeln die intramyokardialen Koronararterien eine Mediazunahme sowie eine perivaskuläre Fibrose, die durch die hypertrophiebedingte Druckbelastung erzeugt werden.

Weitere Myokardischämien, und damit verbundene Myozytenverluste, können die Folge sein (ERDMANN, 2006, S. 229).

Ein anderer wichtiger Kompensationsmechanismus zur Aufrechterhaltung der Herzfunktion stellt die Stimulation des sympathischen Nervensystems durch Barorezeptoren dar, welches für erhöhte Konzentrationen an Katecholaminen, wie z.B. Noradrenalin, sorgt (FUCHS u.

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DREXLER, 2000). Das Myokard wird durch kardiale sympathische Nervenfasern aktiviert und wirkt selbst als endokrines Organ, indem es zu erhöhten Noradrenalinkonzentrationen im

Plasma beiträgt (KAYE et al., 1995). Noradrenalin steigert, vor allem über vaskuläre α-Rezeptoren, den diastolischen und systolischen Blutdruck, die peripheren Gefäßwiderstände

(LÖSCHER et al., 1999), sowie vorwiegend über β1-Rezeptoren, die Kontraktionskraft und die Frequenz des Herzens (BÖHM, 2002). Dadurch wird für eine gewisse Zeitspanne die Durchblutung der lebenswichtigen Organe, wie z.B. von Herz und Gehirn, aufrechterhalten.

Jedoch führt eine ständige Stimulation mit Katecholaminen zur Desensibilisierung bis hin zum Abbau der β-Adrenozeptoren am Herz, es kommt zu einer Abnahme der β-Rezeptoren (BÖHM, 2002). Der positiv inotrope und positiv chronotrope Effekt von β-Agonisten wird vermindert. Die arterielle Vasokonstriktion erhöht die Nachlast, so daß sich das Schlagvolumen reduziert, und der Energiebedarf des Myokards ansteigt. Die venöse Vasokonstriktion hat eine Vorlasterhöhung mit konsekutiver Ödembildung zur Folge (SCHRIER u. ABRAHAM, 1999). Weitere Auswirkungen der Noradrenalinfreisetzung, die das Fortschreiten der Herzinsuffizienz fördern, sind Kardiomyozytenhypertrophie und Apoptose (CLARK et al., 1993, COMMUNAL et al., 1998).

Eine Abnahme der Herzauswurfleistung aktiviert das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (ERDMANN, 2006, S. 238). Allgemein bewirkt es eine Vasokonstriktion, die anfänglich wiederum die Perfusion der lebenswichtigen Organe sicherstellt und eine Wasserretention, welche die Vorlast erhöht, und damit die Kontraktionskraft des Myokards durch Dehnung der Herzmuskelfasern steigert. Die renale Reninfreisetzung aus den juxtaglomerulären Zellen in der Niere geschieht bei einem Abfall des intrarenalen Perfusionsdruckes, bei einer Reduktion der Natriumkonzentration in den proximalen Anteilen des distalen Tubulus, und durch Stimulation der β1-Rezeptoren der juxtaglomerulären Zellen. Renin wandelt das in der Leber gebildete Angiotensinogen in Angiotensin I um, das mit Hilfe des Angiotensin-Converting-Enzyms in Angiotensin II umgesetzt wird. Die Entstehung von Angiotensin II kann aber auch durch Chymasen erfolgen. Angiotensin II wirkt über AT1- und AT2-Rezeptoren, wobei die meisten Organe AT1-Rezeptoren besitzen, welche Effekte, wie Vasokonstriktion, Katecholaminausschüttung und Wachstum vermitteln. AT2-Rezeptoren verhelfen zu vasodilatatorischen und antiproliferativen Wirkungen (BÖHM, 2002). Angiotensin II aktiviert

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die Aldosteronfreisetzung in der Nebenniere, es bewirkt eine renale und systemische Vasokonstriktion, eine Freisetzung von Noradrenalin aus dem sympathischen Nervensystem (MILLANE et al., 2000) sowie eine Myozytenhypertrophie (SADOSHIMA u. IZUMO, 1993, LIU et al., 1998) und eine Myozytenapoptose (KAJSTURA et al., 1997). Aufgrund der von Angiotensin II vermittelten vasokontriktorischen Wirkung auf die glatte Gefäßmuskulatur und der direkten Katecholaminfreisetzung, die eine Nachlast- und Vorlasterhöhung, als auch eine kardiale Desensibilisierung von β-Rezeptoren verursacht, wird die Herzauswurfleistung letztendlich negativ beeinflußt. Eine Pumpdysfunktion des Herzens entsteht, außerdem schnellt der Energiebedarf des Myokards in die Höhe. Die Vorlasterhöhung, die v.a. aufgrund der Wasser- und Natriumrückresorption durch Aldosteron verursacht wird, trägt im Laufe der Zeit zu Stauungen im Lungenkreislauf bei.

Das insuffiziente Herz kann eine verminderte Dehnbarkeit, ein vergrößertes enddiastolisches Ventrikelvolumen, einen vergrößerten enddiastolischen Ventrikeldruck, eine verringerte Auswurffraktion und eine reduzierte Kontraktilität aufweisen. Es wird die systolische Herzinsuffizienz von der diastolischen Herzinsuffizienz unterschieden, oft existieren beide Formen nebeneinander. Bei der systolischen Herzinsuffizienz liegt eine Ventrikelkontraktionsstörung vor, damit ist kein effektiver Blutausstoß während der Systole vorhanden. Bei der diastolischen Herzinsuffizienz sind die Relaxation des Ventrikels und dadurch die Füllung in der Diastole sowie die Dehnbarkeit des Herzens gestört (BÖHM, 2002).

2.3 Reaktive Sauerstoffspezies