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Nachdenken über Kirche: Ansätze einer Ekklesiologie

Buch I fungiert als theologische Grundlegung und stellt die universale göttliche Pädagogik dar; Clemens argumentiert hier in Auseinandersetzung mit

Leitung 80 und parallel dazu weltliche Herrschaft. Ihnen gegenüber steht das

III. Nachdenken über Kirche: Ansätze einer Ekklesiologie

der Kirche zu gelangen, bedarf es mindestens noch eines weiteren

Interpretationsschrittes, der bei Clemens verborgen bleibt

180

. Wenn er eine solch verkürzte Deutung bietet, ist anzunehmen, dass er hier auf schriftliche und vielleicht auch mündliche Traditionen zurückgreift, die sich im überkommenen Schrifttum nur partiell nachweisen lassen. Ob er sein ekklesiologisches Wissen hier insbesondere Pantainos verdankt, oder ob er es selbst an anderer Stelle entwickelt hat, lässt sich nicht ermitteln.

Im Paidagogos ist die Kirche eine heilsrelevante Größe (Paid I 27,2). Dieser Gedanke steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kernthematik des Werkes, nämlich der Taufe als dem heilsstiftenden, gemeinschaftsbildenden und lebensprägenden Ereignis des Menschen auf dem Weg zu Gott. „Glauben und wiedergeboren zu werden (ist) Vollendung im Leben“, sagt Clemens in Paid I 27,2 im Anschluss an Joh 5,24 und erklärt dazu:

„… Gott ist nie ohnmächtig. Denn wie sein Wille Werk ist und wie dieses ‚Welt’

heißt, so ist auch sein Plan das Heil der Menschen, und dieses heißt

‚Kirche’“

181

.

Indem er die Taufe als Wiedergeburt darstellt, kann er die Kirche als

„jungfräuliche Mutter“ sehen, „die die Kinder freundlich an sich zieht“ (Paid I 21,2)

182

; sie ist „Gehilfin zu unserem Heil“ (Paid I 22,2)

183

. Dabei ist es

Clemens nicht daran gelegen, hier ein den menschlichen Erfahrungen

180W. Völker, Wahrer Gnostiker, 153-160, stellt das Kirchenverständnis des Clemens dar. Die Epitheta der Kirche sind ihm derart vertraut, dass er nicht wahrnimmt, dass Clemens ein ganz früher Zeuge für diese Zuschreibungen ist. – Es bedürfte einer gründlichen motiv- und

rezeptionsgeschichtlichen Studie, um auf mögliche Traditionslinien zu stoßen, die an dieser Stelle nicht unternommen werden kann.

181 Vgl. BKV II 7, 228; GCS I 106,7-11: OÛtw tÕ pisteàsai mÒnon kaˆ ¢nagennhqÁnai tele…ws…j ™stin ™n zwÍ· oÙ g£r pote ¢sqene‹ Ð qeÒj. `Wj g¦r tÕ qšlhma aÙtoà œrgon

™stˆ kaˆ toàto kÒsmoj Ñnom£zetai, oÛtwj kaˆ tÕ boÚlhma aÙtoà ¢nqrèpwn ™stˆ swthr…a kaˆ toàto ™kklhs…a kšklhtai.

182 Vgl. BKV II 7, 222; GCS I 102,12f : `H m»thr pros£getai t¦ paid…a kaˆ ¹me‹j zhtoàmen t¾n mhtšra, t¾n ™kklhs…an.

183 BKV II 7,223; GCS I 103,12f: kaˆ ¢gallièmenoj sÝn tÍ nÚmfV tÍ e„j swthr…an ¹mîn bohqù, ...

entsprechendes Bild zu zeichnen, sondern dieses vielmehr zu durchbrechen bzw.

mit einem anderen Bild zu überblenden, um auf diese Weise das Heilsgeschehen zu beschreiben. In Paid I 42,1-43,1 verbindet Clemens das Motiv der Mutter Kirche mit dem der jungfräulichen Geburt und des Leidens des Herrn und dem des Leibes Christi zu einer kühnen Komposition, die allein aus der Christo- bzw.

Logozentrik Schlüssigkeit und Sinn erhält: Der Gott-Logos und Kyrios ist alles;

Vater und Mutter, Gebärer und Pfleger und Nahrung der Gläubigen

184

. Zugleich ist aber die jungfräuliche Mutter Kirche Teil des Geschehens, Symbol desselben und seine Vermittlerin. Da sich also dieses Geschehen nur mit ihr, in ihr und durch sie erschließt, ist sie „Gehilfin zu unserem Heil“ (Paid I 22,2). Hier wird noch einmal der Text aus Paid I 42,1-43,1 zitiert, weil er ein Kernstück

clementischer Ekklesiologie ist:

42,1 „O geheimnisvolles Wunder!

Einer ist der Vater des Ganzen, einer auch des Ganzen Logos,

und der Heilige Geist ein und derselbe allüberall.

Eine allein wird jungfräuliche Mutter:

Kirche will ich sie nennen.

Keine Milch hat allein diese Mutter denn nur sie ist nicht Weib geworden,

sondern Jungfrau zugleich und Mutter ist sie, unberührt als Jungfrau,

liebevoll als Mutter

und ruft ihre Kinder zu sich, mit heiliger Milch sie zu nähren, dem kindgemäßen Logos.

(2) Deswegen hatte die keine Milch, - denn Milch war dieses Kind

ganz eigen und schön -

die den Leib Christi, das junge Völkchen, ernährte mit Logos, das der Herr selbst in fleischlichen Wehen gebar,

das der Herr selbst wickelte in sein kostbares Blut.

(3) O heilige Geburt!

O heilige Windeln!

184 Die hier anklingenden Motive und Bilder benützt Clemens auch an anderer Stelle in seinem Werk: Es handelt sich also um eine sehr bewusst gesetzte Komposition. (Vgl. Paid I 49,3: Der Logos als der Gebärende; - I 43,1: als stillende Brust; - I 46,1; 49,3: als Milch: - I 36; 39,1: als feste Speise; - I 21,2: als Vater).

Der Logos wird alles dem Neugeborenen, Vater und Mutter

Erzieher und Nährer.

‚Esset mein Fleisch’, sprach er, ‚und trinket mein Blut!’

Diese uns verwandte Nahrung spendet der Herr, und er reicht sein Fleisch dar

und vergießt sein Blut;

und nichts fehlt den Kindern zum Wachstum.

43,1 O unbegreifliches Geheimnis!

185

Mit der Ausweitung der eŒj-Akklamationen über die Trinität hinaus auf die Kirche wird eine Perspektive eröffnet, in der die Kirche in den Bereich des Göttlichen gerückt ist. Mit dem anschließenden Motiv der jungfräulichen Mutterschaft wird diese transzendente Kirche quasi heilsgeschichtlich geerdet:

die Geburt des Erlösers aus Maria, d.h. die Geburt des Logos, seine Inkarnation, macht aus der jüngfräulichen jenseitigen Kirche die Mutter Kirche hier, die sich um ihre Kinder kümmert, die ruft – durch Missionspredigt; die mit Milch nährt – durch Unterricht; die als Nahrung den Logos gewährt, der seinerseits selbst ihr und ihrer Kinder Gebärer ist (vgl. Paid I 49,3)

186

. In ihr gibt sich der Logos aber nicht nur als die Milch des Unterrichts, sondern in den Gaben der Eucharistie.

Dieser Gedankengang zeigt, dass Clemens das durch die neutestamentlichen Texte Vorgegebene in eine groß angelegte Konzeption einarbeitet, die derart ausgeführt ist, dass man sich schwer vorstellen kann, er hätte sie gleichsam aus dem Stand entwickelt. Dass seine Ekklesiologie eine Vorgeschichte hat, lässt ein Blick in andere Texte des 2. Jahrhunderts erkennen.

185 Zum griechischen Text vgl. oben 180f.

186 Vgl. BKV 7,248: „Denn wenn wir in Christus wiedergeboren werden, so ernährt uns der Wiedergebärende mit seiner eigenen Milch, dem Wort; denn es ist angemessen, dass, was geboren hat, dem Geborenen sofort Nahrung bietet“. – GCS I 119,18-20: E„ g¦r

¢negenn»qhmen e„j CristÒn, Ð ¢nagenn»saj ¹m©j ™ktršfei tù „d…J g£lakti, tù lÒgJ·

p©n g¦r tÕ gennÁsan œoiken eÙqÝj paršcein tù gennwmšnJ trof»n.

Eine dieser Quellen dürfte Ignatius von Antiochien sein. Mit ihm teilt er nicht nur die Vorstellung von der ontologisch begründeten Einheit der Kirche

187

und das Bild von der Kirche als Tempel Gottes

188

. Bei Ignatius findet sich auch die Vorstellung von der Präexistenz der Kirche

189

und damit verbunden die von ihrer Katholizität und Universalität

190

.

Mit Irenäus hat Clemens Berührungen in der Betonung der Wahrheit und Rechtgläubigkeit der Kirche

191

gegenüber heterodoxen Wahrheitsansprüchen;

187 Vgl. Paid I 10,2: E„ g¦r ¢mfo‹n [d.h. für Mann und Frau] Ð qeÕj eŒj, eŒj d

kaˆ Ð paidagwgÕj ¢mfo‹n. M…a ™kklhs…a, m…a swfrosÚnh, a„dëj m…a,… (GCS I 96,2f) mit Ignatius, Magn 7,2: P£ntej æj e„j ›na naÕn suntršcete qeoà, æj ™pˆ ›n

qusiast»rion, ™pˆ ›na 'Ihsoàn CristÒn, tÕn ¢f' ˜nÕj patrÕj proelqÒnta kaˆ e„j ›na Ônta kaˆ cwr»santa. (ed. J. Fischer, Darmstadt 1976, 166f). – Die Einheit der Glaubenden hat bei beiden ihren Ursprung in dem einen Gott. – Vgl. auch Strom VII 107,2-5 mit starker Betonung der Einheit, Einzigkeit und Allgemeinheit der Kirche: … m…an enai t¾n ¢lhqÁ

™kklhs…an t¾n tù Ônti ¢rca…an, e„j ¿n oƒ kat¦ prÒqesin d…kaioi ™gkatalšgontai.

˜nÕj g¦r Ôntoj toà qeoà kaˆ ˜nÕj toà kur…ou, di¦ toàto kaˆ tÕ ¥krwj t…mion kat¦ t¾n mÒnwsin ™paine‹tai, m…mhma ×n ¢rcÁj tÁj mi©j. tÍ goàn toà ˜nÕj fÚsei sugklhroàtai

™kklhs…a ¹ m…a, ¿n e„j poll¦j katatšmnein bi£zontai aƒršseij. kat£ te oân ØpÒstasin kat£ te ™p…noian kat£ te ¢rc¾n kat£ te ™xoc¾n mÒnhn ena… famen t¾n

¢rca…an kaˆ kaqolik¾n ™kklhs…an, … (GCS III 76,5-12). Hier fällt die Betonung der Einheit auf, die gegen die Spaltungstendenzen der Heterodoxie zielt. Sowohl Ignatius als auch Clemens streichen aus diesem Grund die Einheit und Allgemeinheit der Kirche heraus.

188Vgl. Ignatius, Eph 9,1: „Ihr seid ja Bausteine am Tempel des Vaters, zubereitet für den Bau Gottes, des Vaters“ (ed. J. Fischer, 148f); hier ist das Motiv aus dem neutestamentlichen Eph 2,21 aufgenommen.

189 Vgl. Ignatius, Eph Praescr.: 'Ign£tioj, Ð kaˆ QeofÒroj, tÍ eÙloghmšnV ™n megšqei qeoà patrÕj plhrèmati, tÍ prowrismšnV prÕ a„ènwn enai di¦ pantÕj e„j dÒxan par£monon, ¥trepton ¹nwmšnhn kaˆ ™klelegmšnhn ™n p£qei ¢lhqinù, ™n qel»mati toà patrÕj kaˆ 'Ihsoà Cristoà, toà qeoà ¹mîn, tÍ ™kklhs…v ... (ed. J. Fischer, 142f).

190 Vgl. Smyr 8,2: “Opou ¨n fanÍ Ð ™p…skopoj, ™ke‹ tÕ plÁqoj œstw, ésper Ópou ¨n Ï CristÕj 'Ihsoàj, ™ke‹ ¹ kaqolik¾ ™kklhs…a. (ed. J. Fischer, 210f). – Bei Clemens kommt das transzendente Wesen der Kirche z.B. in Paid I 84,3 zum Ausdruck, wo er in einem kleinen Gebet sagt: na…, paidagwgš, po…manon ¹m©j e„j tÕ ¤giÒn sou Ôroj, prÕj t¾n

™kklhs…an, t¾n Øywmšnhn, t¾n ØpernefÁ, t¾n ¡ptomšnhn oÙranîn. (GCS I 139,20-22), die Kirche also als erhöht, über den Wolken und den Himmel berührend bezeichnet. - Noch deutlicher ist Strom IV 66,1: p£nta kaˆ ™n p©si CristÒj.« e„kën d tÁj oÙran…ou

™kklhs…aj ¹ ™p…geioj, Óper eÙcÒmeqa kaˆ ™pˆ gÁj genšsqai tÕ qšlhma toà qeoà æj ™n oÙranù· - Vgl. auch Strom VII 68,5: Die geistliche Kirche als Aufenthaltsort der geistlich gewordenen Seele.

191Vgl. Irenäus, z.B.: Adv. Haer V 20,1: „Die Predigt der Kirche ist wahr und sicher; bei ihr findet sich ein und derselbe Heilsweg in der ganzen Welt“ (ed. N. Brox, FCh 8/5, 156f).

sie werden mit der Apostolizität der Lehre und ihrer Tradenten begründet

192

. Bei beiden spielt der Kanon

193

der Kirche als „die ‚Summe’ der Wahrheit“

194

und als Kriterium für die Rechtgläubigkeit eine wesentliche Rolle

195

.

Diese Thematik begegnet nur in den Stromateis, nicht im übrigen Werk des Clemens, und gehört, wie bei Irenäus in den Kontext der innerchristlichen Auseinandersetzung. Der Kanon ist Kriterium dafür, wer zur Kirche gehört und wer nicht. Häretiker, die eine Sonderform der Liturgie praktizieren, welche nicht

192Vgl. Irenäus, z.B. Adv. Haer. III 24,1: „Die Predigt der Kirche ist überall unveränderlich und gleichbleibend. Sie ist durch die Propheten und Apostel und alle Jünger… bezeugt, durch Anfang, Mitte und Ende und durch die gesamte Heilsordnung Gottes und sein ganzes Wirken zur Rettung des Menschen, die zu unserem Glauben gehört. Wir haben ihn von der Kirche empfangen und bewahren ihn.“ (ed. N. Brox, FChr 8/3, 296f).

193Zum Kanon und seiner Bedeutung in die christlichen Frühzeit vgl. J. Assmann, Fünf Stufen auf dem Wege zum Kanon. Tradition und Schriftkultur im frühen Judentum und seiner

Umwelt. Münster 1999, 11-35, der den Kanonisierungsprozess in der Geschichte Israels und des Frühjudentums unter religionswissenschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet und fünf Schritte dieses Verlaufes ausmacht, wobei er weder Vollständigkeit noch Kausalität postuliert. Ausgangspunkt sind Traditionsbrüche; ein erster Schritt ist vom inkarnierten Gesetz, dem nomoj emysucoj, zum schriftlichen kodifizierten Gesetz auf dem Hintergrund einer anerkannten Vergangenheit zu erkennen; der zweite Schritt erfolgt von der gelebten zur erlernten Tradition, der dritte vom Text zur Auslegung, der vierte von der Auslegung zur Auslegungskompetenz: es entsteht eine autoritative bzw. normative Auslegung; der fünfte Schritt führt zur ikonoklastischen Engführung. – Der Kanonbegriff als Kriterium für Orthodoxie, wie Clemens ihn in der Debatte mit Heterodoxen verwendet, entspricht m.E.

dem, was sich im 4. Schritt ereignet: Es geht um die normative Auslegung der Heiligen Schriften, insbesondere des AT; bei dieser Kontroverse wird um Auslegungshoheit gestritten;

vgl. dazu M. Janssen, Kanon und Gnosis: Überlegungen zur ‚Bibel der Häretiker’. In: ZNT 6/12 (2003) 39-49: Häretiker haben keinen anderen Schriftkanon, sondern eine spezielle Auslegung, die sie in ihren Mythenkontext einverleiben. Vgl. dazu auch die Beobachtungen von B. Aland, Rezeption, 11-17; zu den identitätstiftenden und handlungsnormierenden Aspekten von Kanonisierungsprozessen vgl. die Beiträge in A. Holzem (Hg.), Normieren, Tradieren, Inszenieren. Das Christentum als Buchreligion. Darmstadt 2004.

194N. Brox, Einführung in Adversus Haereses, FCh 8/1, 107, der auf die inhaltliche wie formale Bedeutung des Kanonbegriffs hinweist.

195 Vgl. Irenäus, z.B. Adv. Haer. II 28,1: „Wir haben also als Richtschnur die Wahrheit selbst und das in aller Klarheit vorliegende Zeugnis von Gott…“ (ed. N. Brox, FCh 8/2, 224f); dass Irenäus hier von regula /kanwn als dem in Schrift und Tradition bezeugten Glaubensbestand spricht, geht aus dem Kontext hervor: in II 27,2 wird die Unzweideutigkeit der in der Hl.

Schrift vermittelten Glaubenswahrheiten betont. Vgl. dazu Adv. Haer. I 9,4, wo deutlich wird, dass der „Kanon der Wahrheit“ Kriterium für den rechtgläubigen Gebrauch der Hl. Schrift ist: OÛtw d kaˆ Ð tÕn kanÒna tÁj ¢lhqe…aj ¢klinÁ ™n ˜autù katšcwn, Ön di¦ toà bapt…smatoj e‡lhfe, t¦ mn ™k tîn grafîn ÑnÒmata, kaˆ t¦j lšxeij, kaˆ t¦j

parabol¦j ™pignèsetai, t¾n d bl£sfhmon ØpÒqesin taÚthn [aÙtîn] oÙk pignèsetai.

dem Kanon der Kirche entspricht, erweisen sich als nicht zugehörig

196

. Eine Exegese, die sich nicht am Kanon der Kirche orientiert

197

, kann nicht zur

Wahrheit gelangen. Ob einer ein wahrer Gnostiker ist oder ein Pseudognostiker, entscheidet sich daran, ob er sich an den Kanon der Kirche hält oder nicht

198

.

Die Kirche ist also für Clemens der Ort der Wahrheit. Als reine Jungfrau und Braut Christi, begeht sie keinen Ehebruch an der Wahrheit, sondern bleibt bei der Wahrheit, die Grund und Garant ihrer Einheit im Glauben ist

199

. In Strom III 80,2 bemerkt Clemens dazu in Ausdeutung von Röm 7,2.4

:

Einem anderen, dem Auferweckten, gehört „ihr als Braut und Kirche. Diese soll sich rein erhalten, sowohl in ihrem Inneren von den der Wahrheit

entgegengesetzten Gedanken als auch nach außen hin von den Verführern, das

196Vgl. Strom I 96,1.

197 Vgl. Strom 94,3-5: „…die heilige Schrift hat für die Gnostiker neues Leben zur Welt gebracht; die Irrlehrer aber, die sie nicht richtig verstanden haben, verstoßen sie, als ob sie kein neues Leben geboren hätte… sie liefern sich selbst der Lust aus und tun der Schrift nach eigenem Begehren Gewalt an; … es ist unvermeidlich, dass in die größten Irrtümer die verfallen, die die größten Aufgaben in Angriff nehmen, wenn sie nicht die Richtschnur der Wahrheit von der Wahrheit selbst erhalten haben und besitzen“. (Vgl. BKV II 20, 98; GCS III 66,26-67,6: … to‹j gnwstiko‹j keku»kasin aƒ grafa…, aƒ d aƒršseij oÙk

™kmaqoàsai æj m¾ kekuhku…aj parapšmpontai. … oƒ d ¹dona‹j sf©j aÙtoÝj

™kdedwkÒtej bi£zontai prÕj t¦j ™piqum…aj t¾n graf»n. …sf£llesqai g¦r ¢n£gkh mšgista toÝj meg…stoij ™gceiroàntaj pr£gmasin, Àn m¾ tÕn kanÒna tÁj ¢lhqe…aj par' aÙtÁj labÒntej œcwsi tÁj ¢lhqe…aj.) Vgl. auch Strom VI 124,5: Die Verkündigung auf den Dächern (vgl. Mt 10,27) geschieht, „wenn man die Heilige Schrift mit hochsinnigem Verständnis auffasst und mit erhabenen Worten weiter überliefert und entsprechend der Richtschnur der Wahrheit ausdeutet“. (Vgl. BKV 19, 323; GCS II 494, 27ff: … «™pˆ tîn dwm£twn«, fhs…, «khrÚxate«, megalofrÒnwj te ™kdex£menoi kaˆ ØyhgÒrwj

paradidÒntej kaˆ kat¦ tÕn tÁj ¢lhqe…aj kanÒna diasafoàntej t¦j graf£j·)

198 Strom VII 41,3: Clemens will zeigen, „dass allein wahrhaft und fromm derjenige Gnostiker ist, der dies wirklich entsprechend der kirchlichen Richtschnur ist…“ (BKV II 20,47; GCS III 31,10ff: … deiknÚntwn ¹mîn mÒnon Ôntwj Ósion kaˆ qeosebÁ tÕn tù Ônti kat¦ tÕn ™kklhsiastikÕn kanÒna gnwstikÒn, …).

199Vgl. Strom VII 107,2: „Wir behaupten also, dass die alte und allgemeine Kirche… eine einzige ist. Sie sammelt ‚zu der Einheit eines einzigen Glaubens’ [Eph 4,13], welcher auf den ihr entsprechenden Testamenten oder vielmehr von dem einen zu verschiedenen Zeiten gegebenen Testament beruht, nach dem Willen des einen Gottes durch den einen Herrn diejenigen, die dem Glauben zugeordnet sind, die Gott im voraus dazu bestimmt hat…“ (BKV II 20,110).

heißt von denen, die sich den Häresien anschließen und dazu verleiten wollen, dem einen Manne untreu zu werden, nämlich dem allmächtigen Gott…“

200

. Es wird bei all diesen Beobachtungen sichtbar, dass Clemens ein ausgeprägtes Interesse an der Kirche hat, in welchem sich keineswegs Distanz ausspricht, sondern persönliche Verbundenheit. Sie erhält nicht nur in seinem

ekklesiologischen Konzept ihre konkrete Gestalt, sondern findet auch in der

emotionalen und poetischen Sprache ihren ganz persönlichen Ausdruck.