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A. Notizen zur Biographie des Clemens

II. Aussagen von Zeitgenossen

Vor Euseb sind die Notizen zu Clemens äußerst spärlich. Es lassen sich lediglich zwei Zeugnisse ausmachen, die außerhalb des Überlieferungszusammenhangs des Euseb stehen: Eine Bemerkung bei Julius Africanus und eine bei Origenes, und zwar in den Selecta in Ezechielem.

1. Julius Africanus

Julius Africanus ist der früheste Zeuge für die Existenz des Clemens

29

. In seiner Chronik findet sich eine ganz kurze Bemerkung über Clemens: epi Kommodou

Klhmhj o Stromateuj en Alexandreia egnwrizeto. Hier bringt er Clemens

mit der Regierungszeit des Commodus in Verbindung und bezeugt mit dem Beinamen Strwmateuj, dass er Clemens als Verfasser der Teppiche, der Stromateis, kennt. Ebenso wird durch diese kurze Bemerkung deutlich, dass Alexandrien als der Wirkungsort des Clemens bekannt ist. Ob Julius Africanus

Ñl…gaj spor£dhn ¢panqizÒmenoi fwn£j, oÙ tÕ shmainÒmenon ¢p' aÙtîn skopoàntej,

¢ll' aÙtÍ yilÍ ¢pocrèmenoi tÍ lšxei. … ¹ ¢l»qeia d oÙk ™n tù metatiqšnai t¦

shmainÒmena eØr…sketai..., ¢ll' ™n tù diaskšyasqai t… tù kur…J kaˆ tù

pantokr£tori qeù telšwj o„ke‹Òn te kaˆ pršpon, k¢n tù bebaioàn ›kaston tîn

¢podeiknumšnwn kat¦ t¦j graf¦j ™x aÙtîn p£lin tîn Ðmo…wn grafîn). BKV II 20, 99f; GCS III 68,7-21. Was also die hermeneutischen Prinzipien betrifft, lässt sich Clemens als Vorläufer des Origenes ausmachen.

29Julius Africanus (nach 160 – nach 240 n. Chr.) ist ein etwas jüngerer Zeitgenosse des Clemens. Nach eigenem Zeugnis aus Jerusalem stammend, war er zwischen 197 und 216 am Königshof von Osrhoene als Prinzenerzieher tätig. Danach hält er sich mehrere Jahre in Alexandrien auf. In dieser Zeit schließt er sein Werk Chronographiai ab, das nur

fragmentarisch in der Kirchengeschichte des Euseb überliefert ist. Aus diesen Überresten geht hervor, dass Julius Africanus Christ ist, auch wenn sein zweites Werk (Kestoi), den Eindruck macht, von einem Nichtchristen verfasst zu sein. (Zu den kestoi und anderen geläufigen Namen für Miszellenliteratur vgl. A. Méhat, Étude sur les ‚Stromates’ de Clement

d’Alexandrie, Paris 1966, 100ff). Schon frühe Zeugen (Euseb und Photius) schreiben beide Werke ein und demselben Verfasser zu, was heute allgemein akzeptiert ist. „Laut Sokrates (h.e. 2,35,10) gehörte I.A. neben Klemens u. Origenes zu den bedeutenden Christen seiner Zeit… I.A. war ein gebildeter, in höchsten Schichten angesehener Christ, der sich

gleicherweise in der christlichen wie in der antiken Kulturwelt beheimatet fühlte, weitgehend von missionarischen Bestrebungen frei war u. eine tolerante Haltung einnahm“; F.

Winkelmann, Art. Iulius Africanus. In: RAC 19 (2001) 508-518; hier 512.

eine tiefergehende Kenntnis von Clemens hatte, ob er sein Werk kannte, lässt sich nicht ausmachen. Man kann aber geistige Verwandtschaft zwischen beiden feststellen: Sie sind beide Vertreter jener gebildeten Christen, die ihrer

„geistigen Existenz keine engen Grenzen setze[n], sondern im zeitgenössischen Bildungsgut lebte[n]“

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, und beide zeigen sie eine Vorliebe für enzyklopädische Literaturformen

31

, der eine mit der Abfassung seiner Kestoi, einer Enzyklopädie verschiedenster Themen, der andere mit der Komposition seiner Stromateis, in welcher auch kein Thema von Interesse übergangen wird

32

.

2. Origenes

Origenes, der etwa eine Generation jüngere alexandrinische Theologe, verhält sich seinen geistigen Vätern und seinen theologischen Mitstreitern gegenüber genauso dezent, wie man das bei seinem Vorgänger Clemens feststellen kann.

Clemens wird in dem auf uns gekommenen Werk des Origenes lediglich einmal namentlich genannt, und zwar in den Selecta in Ezechielem

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. Da wird innerhalb der Auslegung von Ez 8 ein Zitat des Clemens angeführt; das Zitat lässt sich allerdings im erhaltenen Werke des Clemens nicht nachweisen. Die

30Winkelmann, 516.

31Vgl. ebd.; vgl. dazu E. Méhat, Étude, 101ff.

32Zu den Kestoi vgl. Winkelmann, 515; zur literarischen Eigenart der Stromateis s.u. 105-119.

33 Selecta in Ez; PG 13,796,13: Kaˆ ¢nšlabš me tÁj korufÁj mou. PleiÒnwn oÙsîn kaˆ tîn ™swtšrwn pulîn, kaˆ tÁj mn blepoÚshj prÕj nÒton, tÁj d prÕj ¢natol¦j, kaˆ

¥llhj prÕj dusm¦j, ¥getai ™pˆ t¾n blšpousan prÕj bo¸·©n, †n' ™ke‹qen ¢nablšyaj

‡dV t¦ ™piferÒmena kat¦ tîn ™n tù boreiotikù toÚtJ kÒsmJ ¡martanÒntwn. E„sˆ g¦r kaˆ ¥lloi kÒsmoi ™n tÍ gÍ, æj de…knusi mn kaˆ t¦ maq»mata, fhsˆ d kaˆ Ð Kl»mhj.

'WkeanÕj ¢pšratoj ¢nqrèpoij, kaˆ oƒ met' aÙtÕn kÒsmoi tosaÚtaij diataga‹j toà DespÒtou dioikoàntai. – Da werden die verschiedenen inneren Tore des Tempels als Hinweis verstanden auf verschiedene Weltordnungen, die auf Erden existieren: Das Nordtor steht für die sündige Weltordnung. Zu den Selecta vgl. W.A. Baehrens, GCS 33, OW 8:

Homilien zu Samuel, zum Hohelied und zu den Propheten. Kommentar zu Hohelied. Leipzig 1925, Einleitung (XLI); M. Borret, Origène. Homélies sur Ézéchiel, SC 352, Paris 1989, Einleitung 23. Bei den Selecta in Ez handelt es sich um Katenenfragmente, deren

Identifizierung häufig offenbleiben muss. Zum Ganzen vgl. auch O. Bardenhewer, Geschichte der altkirchlichen Literatur II (1914); Darmstadt 1962, 123f.

Namensnennung erfolgt ohne erklärende Beifügung; ganz offensichtlich wird vorausgesetzt, dass die Leser wissen, wer Ð Kl»mhj ist

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. Der Mangel an Hinweisen auf Clemens muss nicht bedeuten, dass Origenes seinen

theologischen Vorläufer, der vielleicht auch sein Lehrer war, geringgeschätzt oder ignoriert hätte. Vor allem, wenn seinen Zeitgenossen die Beziehung zwischen beiden bekannt war, hätte der häufige Verweis auf den geistigen Ziehvater eher lächerlich und einem gebildeten Publikum gegenüber

unangemessen gewirkt

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. Abgesehen davon lassen sich deutliche Anleihen im Werk des Origenes ausmachen, die aus Clemens stammen

36

.

34Der Kontext des Zitats, die Exegese von Ez 8, legt es nahe, Ð Kl»mhj mit Clemens von Alexandrien zu identifizieren, da dieser auch exegetisch gearbeitet hat und in der

alexandrinischen Schultradition steht. Aber sicher ist diese Identifikation nicht, da das Zitat nicht eindeutig auf einen christlichen Urheber hinweist. Im 2. Jht. n. Chr. sind zwei weitere Literaten mit dem gleichen Namen bekannt: Ein Freund des Apuleius, der ein Alexanderepos verfasst hat (flor 7,24) und ein Tragödiendichter aus Byzanz (vgl. Philostratos, vit. soph.

2,27,2). Vgl. R. Keydell, Art. Clemens 3. und 4.; in: Der Kleine Pauly 1, 1979, 1222.

35Vgl. dazu A.v.d. Hoek, Techniques, 229f.

36Wieviel theologisches Erbe Origenes seinem Vorgänger verdankt, ist eine noch

unabgeschlossene Frage: Auch der Versuch, über das Testimonienregister eine erste Antwort zu erhalten, schlägt zunächst fehl. Stählin unterschied in seinem Registerband zum Werk des Clemens bei der Darstellung der literarischen Berührungen zwischen Zitaten (d.h. Einträgen aus Autoren, die Clemens rezipierte) und Testimonien (Entlehnungen aus dem Werk des Clemens, die bei Späteren begegnen); „dabei blieb der wichtige Bereich der annähernden Zeitgenossen unberücksichtigt“ (U. Treu, Einleitung zum Registerband GCS IV, 1980, VII).

Dies galt bei den christlichen Autoren insbesondere für Origenes. Hier hat U. Treu in den Addenda zum Zitatenregister die Lücke geschlossen, indem sie die von Stählin und Früchtel im Gesamtwerk des Clemens vermerkten Berührungen mit Origenes auflistete. Insgesamt werden 44 Anleihen genannt; 11 davon finden sich in den Resten von Contra Celsum, 11 in den Auslegungen zu Matthäus, 8 in den Auslegungen zu Johannes und 14 in 14 anderen Werken des Origenes. – A. Méhat, Étude 105, sieht deutliche Parallelen zwischen den clementinischen Stromateis und den verlorenen Stromateis des Origenes und bezieht sich dabei auf Äußerungen des Hieronymus. – Deutliche Kontinuität von Clemens zu Origenes bzgl. der katechetischen Unterweisung, der exegetischen Arbeit und der philosophischen Debatten konstatiert A. v.d. Hoek, The „catechetical“ school of early christian Alexandria and its philonic heritage. In: Havard Theol. Review 90 (1997) 59-87, 70f: they „were already in existance and … they passed on from Clement’s Alexandria to that of Origen in a continuous line“ (71). - Ein Beispiel dafür, wie Origenes vorliegendes Material aus Clemens und Philo einsetzt, ist dargestellt in H. König, Christus – hniochoj. Zur Verwendung eines

traditionellen Motivs bei Origenes. In: W. Geerlings / H. König, Origenes. Vir ecclesiasticus.

Bonn 1995, 45-58. Zum theologischen Verhältnis zwischen Clemens und Origenes vgl. M.

Rizzi, Art. Clemente Alessandrino. In: Origene-Dizionario. La cultura, il pensiero, le opere.

(Ed. A. Monaci Castagno) Rom 2000, 77-80.

Euseb jedenfalls ist von der Beziehung zwischen Clemens und Origenes

überzeugt: Nach HE VI 6 standen sie in einem Schüler-Lehrer-Verhältnis; in HE VI 8,1, d.h. nur wenige Zeilen später, berichtet er, Origenes habe achtzehnjährig die Leitung des Unterrichts in Alexandrien übernommen, die „bis zu jener Zeit“

dem Clemens oblag (HE VI 6). Origenes selbst betrachtet sich in einem bei

Euseb zitierten Brief (HE VI 19,12-14), in welchem er sich gegen Leute

verteidigt, die ihm seinen wissenschaftlichen Eifer und seine heidnischen

Kenntnisse zum Vorwurf machen, als Nachahmer des Pantainos: Dieser hätte

schon die Lehren der Häretiker und die philosophischen Antworten auf die

Wahrheitsfrage untersucht, und ebenso täte es der jetzt im alexandrinischen

Presbyterium sitzende Heraklas, als dessen Nachahmer er sich gleichermaßen

verstehe

37

. Hier fällt das Schweigen über Clemens auf

38

.