• Keine Ergebnisse gefunden

Bemerkungen zum Titel – Beobachtungen zum literarischen Genus

Buch I fungiert als theologische Grundlegung und stellt die universale göttliche Pädagogik dar; Clemens argumentiert hier in Auseinandersetzung mit

II. Stromateis

1. Bemerkungen zum Titel – Beobachtungen zum literarischen Genus

Der Titel der Schrift KLHMENTOS TWN KATA THN ALHQH

FILOSOFIAN GNWSTIKWN UPOMNHMATWN STRWMATEWN geht auf Clemens zurück. Er findet sich mehrfach im Gesamtwerk erwähnt

228

und ist bei Euseb HE VI 13,1 überliefert.

Wie bei Protreptikos und Paidagogos ist damit zu rechnen, dass Clemens den Titel seiner Schrift bewusst gesetzt hat und damit mehr sagen will, als dass er sich gängigen literarischen Konventionen anschließt.

a) Strwmateij – Teppiche

Von den Stromateis spricht Clemens auch außerhalb der Titelnennungen.

Dreimal verwendet er das Wort im lebensweltlichen Kontext und versteht darunter ‚Bettdecken’

229

. In der Hauptsache ist es für ihn aber die Bezeichnung seines literarischen Vorhabens. Was versteht er darunter?

Strwma bedeutet ‚etwas Ausgebreitetes’, ‚Decke’, und ‚Teppich’. Der Begriff strwmateij kündigt also keine Kurzprosa an, sondern eine breit angelegte

Literatur. Bei dem sieben Bücher umfassenden Werk, das unabgeschlossen bzw.

226O. Stählin, Die altchristliche griechische Literatur. München 1924, 1306-1317; 1311.

227A. Knauber, Handbuch, 332, Anm. 46.

228So am Ende von Strom III (110,3); am Ende von Strom V (141,4) und zu Beginn von Buch VI (1,1).

229Vgl. Paid II 77,2 und 81,1 sowie Strom V 27,8.

nicht vollständig überliefert ist

230

, und das an verschiedenen Stellen auf Themen hinweist, die später verhandelt werden sollen

231

, ist mit Recht von etwas

‚Ausgebreitetem’ zu sprechen. Ob dieses die Gestalt von ‚Decken’ oder

‚Teppichen’ hat, mag dahingestellt sein

232

. In beiden Fällen handelt es sich um Textilien. Clemens lebt und arbeitet in einer Stadt, die neben vielen anderen hervorragenden Produkten wegen ihrer Textilien berühmt war

233

. Insbesondere die Buntwirkerei aus Alexandrien war wegen ihrer Qualität und Kostbarkeit begehrt. Kunstvolle Muster und kostbare Materialien bis hin zu Goldfäden zeichneten diese Textilien aus

234

.

Bei der Weltoffenheit des Clemens, die in seinen konkreten Lebensratschlägen im Paidagogos sichtbar wird, ist zu erwarten, dass Clemens solche Produkte seiner Heimatstadt vor Augen hatte, als er seinem Werk den Titel ‚Stromateis’

gab. In Paid II 107 spricht er durchaus kritisch von solchen Kunstwerken und zeigt, dass er eine genaue Vorstellung davon hat

235

. In Strom VI 91,1 verwendet er das Bild von der Herstellung von Tuch, um das Verhältnis von

230Es fehlt eine Seite am Anfang der Stromateis; vgl. Stählins Anmerkung hierzu in BKV 17,11; vgl. Strom VII 111,4 mit Ankündigung eines weiteren Buches der Stromateis, das allerdings nicht überliefert ist. Was in der Stählin’schen Ausgabe als Strom VIII erscheint, ist eine Materialsammlung, evtl. Vorarbeiten zur Fortführung des Werkes; vgl. D. Wyrwa, Art.

Clemens, 153.

231Vgl. z.B. Strom VII 41,3; VII 108, 1.

232O. Stählins Einleitung, 26 gibt zu bedenken, dass das Wort zu Clemens’ Zeiten vielleicht nur noch als Buchtitel im Umlauf war: ein Behälter oder ein Gefäß für verschiedenartige Stoffe, und beruft sich dabei auf Pollux, Onomasticon VII 79; der Befund bei Clemens selbst spricht dagegen.

233Vgl. Ch. Haas, Alexandria in Late Antiquity. Topography and Social Conflict. Baltimore, London, 1997, 35.

234Vgl. W. Krenkel, Art. Weben. In Lexikon der Alten Welt III 1965/1994, 3260f.

235Paid II 107,2: „Wenn man aber etwas Nachsicht üben muss [mit den Frauen], so soll man ihnen erlauben, ein wenig weichere Gewebe (für ihre Kleidung) zu verwenden, wenn man nur die törichten Feinheiten und die übertriebenen Künsteleien beim Weben der Stoffe aus dem Wege räumt und nichts mit Goldgespinst und indischen Stoffen und der mit so übertriebener Kunst hergestellten Seide zu tun haben will“. BKV II 8, 113. Es folgt danach eine ganz kurze, aber präzise Beschreibung der Seidenproduktion. – Vgl. auch Paid II 114,4 mit ähnlich kritischen Aussagen zu feinen Purpurgeweben.

Wissenschaften zur Philosophie zu beschreiben. Da überträgt er also die Erfahrungen aus der Textilproduktion

236

auf die Ebene der Bildung:

„Die Wissenschaften sind also Mitarbeiterinnen der Philosophie, und die

Philosophie selbst hilft mit bei der Erfassung der Wahrheit. So war das Gewand zuerst Schurwolle, dann wurde die Wolle gekrempelt und wurde zum Faden für den Einschlag und die Kette und wurde dann zum Tuch gewebt. In ähnlicher Weise muss also die Seele vorbereitet und auf mannigfaltige Weise bearbeitet werden, wenn sie zur Vollkommenheit geführt werden soll; denn ein Teil der Wahrheit besteht im Erkennen, ein anderer im Tun; ihre Quelle aber ist die Versenkung in das Schauen; es braucht aber Schulung und viel Übung und Erfahrung dazu“

237

.

Es ist hier nicht der Ort, im einzelnen zu untersuchen, wie Clemens solche Begriffe mit lebensweltlichen Konnotationen verwendet und mit ihren

verschiedenen Bedeutungen spielt, aber eine Beobachtung ist doch festzuhalten, weil sie mitten ins Zentrum von Clemens’ antihäretischer Argumentation führt:

Für ihn ist ein entscheidendes Kriterium für die Wahrheit christlicher Lehre, dass sie dem kanwn der Kirche entspricht; ihn bringt er immer wieder den

236Textilproduktion war klassische Frauenarbeit. Homer erzählt schon von der Webarbeit der Penelope (Od 2,93ff; 19,137ff); Platon nennt Weben, Backen und Kochen als typische

Frauenarbeit (vgl. z.B. Politeia V 455c); auch Musonius (1. Jht. n. Chr.) referiert in Diatribe 8 als Einwand gegen das Philosophieren von Frauen: Sie ließen dann den Haushalt im Stich, bewegten sich unter Männern, übten, Reden zu halten… „während sie zu Hause sitzen und spinnen sollten!“ (ed. W. Capelle, 1948). Wenn sich Clemens in Paid III 27,2 darüber beklagt, dass die Frauen sich in ihren Sänften in der Stadt herumtragen lassen, statt zu Hause zu spinnen und zu weben, mag das ein traditioneller Vorwurf sein, aber ohne jeglichen Anhalt in der städtischen Realität würde er, der doch zu einem guten und sittlichen Leben raten will, wenig überzeugen. So wie er die Verhältnisse in Alexandrien darstellt, verbringen jedenfalls wohlhabende Frauen ihre Zeit mit anderen Beschäftigungen. Zumindest für das 4. Jht. n. Chr.

ist durch Vegetius, De re militari 1,7 die Existenz einer kaiserlichen Zeugmanufaktur belegt, wo Frauen mit Spinnen und Weben beschäftigt waren. Die Stoffherstellung als Handwerk ist außerdem durch Wandmalereien am Haus des Verecundus in Pompei für das 1. Jht. v. Chr.

bezeugt. Zur Ausdifferenzierung der textilen Handwerksberufe im römischen Reich vgl. P.

Herz, Erwerbsmöglichkeiten. In: NTAK 2, 2005, 190-198, bes.195f.

237 Vgl. BKV II 19, 299; GCS II 477,20-27: Sunerg¦ to…nun filosof…aj t¦ maq»mata kaˆ aÙt¾ ¹ filosof…a e„j tÕ perˆ ¢lhqe…aj dialabe‹n. aÙt…ka ¹ clamÝj pÒkoj Ãn tÕ prîton, eta ™x£nqh krÒkh te ™gšneto kaˆ st»mwn, kaˆ tÒte Øf£nqh.

proparaskeuasqÁnai to…nun t¾n yuc¾n kaˆ poik…lwj ™rgasqÁnai cr», e„ mšlloi

¢r…sth kataskeu£zesqai, ™peˆ tÁj ¢lhqe…aj tÕ mšn ™sti gnwstikÒn, tÕ d poihtikÒn,

™rrÚhken d ¢pÕ toà qewrhtikoà, de‹tai d ¢sk»sewj kaˆ suggumnas…aj pollÁj kaˆ

™mpeir…aj.

Heterodoxen gegenüber vor, so z.B. in Strom VI 125,2-3 nach der Kritik einer heterodoxen, missbräuchlichen Exegese:

„Indessen ist, wie die Schrift sagt, ‚alles richtig vor den Verständigen’ [Spr 8,9], das heißt vor denen, die die von ihm [dem Apostel] klar vorgetragene Auslegung der Heiligen Schrift entsprechend dem Kanon der Kirche aufnehmen und bewahren. Der Kanon der Kirche besteht aber in dem Zusammenklang und der Übereinstimmung des Gesetzes und der Propheten mit dem in der

Gegenwart des Herrn gewährten Neuen Bund“

238

.

Der Begriff kanwn ist auch in der Textilproduktion, d.h. in der Weberei ein Fachbegriff. Er bezeichnet jenen Stab, auf den die Kettfäden aufgefädelt sind und ausgefächert werden. Der Kanon ist also für die Struktur des Gewebes wesentlich, er hält die Kettfäden, welche Grundbestandteil des Gewebes sind, in ihrer Ordnung und sorgt so dafür, dass das Textil überhaupt eines wird.

Nach dem angeführten Zitat ist der kanwn für Clemens die Vereinigung und das Zusammenlaufen des Alten und Neuen Testamentes. Wo dieser richtig

gehandhabt wird, entsteht ein gutes Gewebe, ein guter Text, ein richtiges Verständnis.

Nun hat der Begriff strwmateij aber vor allem auch eine übertragende Bedeutung und kennzeichnet einen bestimmten Literaturtyp, die

Poikilographie

239

oder Buntstickerei; es handelt sich dabei um Schriften der in

238 Vgl. BKV II 19, 323; GCS II 495,2-8: pl¾n «¤panta Ñrq¦ ™nèpion tîn sunišntwn«, fhsˆn ¹ graf», toutšsti tîn Ósoi Øp' aÙtoà safhnisqe‹san <t¾n> tîn grafîn

™x»ghsin kat¦ tÕn ™kklhsiastikÕn kanÒna ™kdecÒmenoi diasózousi· kanën d

™kklhsiastikÕj ¹ sunJd…a kaˆ ¹ sumfwn…a nÒmou te kaˆ profhtîn tÍ kat¦ t¾n toà kur…ou parous…an paradidomšnV diaq»kV. Zum Begriff Kanon als Kriterium der

Rechtgläubigkeit s.u. 194ff.

239 Vgl. A. Dihle, Die griechische und lateinische Literatur der Kaiserzeit. München 1989, 339: Poikilographie ist eine literarische Gattung, „in der Materialien, Reflexionen, kurze Abhandlungen zu verschiedenen Themen ohne systematische Anordnung veröffentlicht wurden“. O. Bardenhewer, 33: „,Teppiche’, ,Stickereien’ (kestoi) u. dgl. mehr sind in der späteren griechisch-römischen Literatur beliebte Titel für Schriftwerke, welche in mehr oder weniger zwanglosem Vortrage verschiedenartige Gegenstände behandeln“. – Vgl. L. Roberts, The literary form of the Stromateis. In: Second Century 1 (1981) 211-222, der die

absichtsvolle Planlosigkeit des Werkes mittels der antiken Literaturtheorie durchleuchtet:

„The literary structure becomes the product of conscious systematic design on Clement’s part

der Antike weit verbreiteten Miszellenliteratur, deren Eigenart u.a. in der unsystematischen Präsentation der Stoffe besteht. Im Umlauf waren Schriften dieses Typs unter diesem Titel oder unter anderen, die Aulus Gellius in seinen Noctes atticae Praef. 6-8 zusammengestellt hat

240

.

Zu dieser Literaturgattung rechnet Clemens seine Stromateis ausdrücklich; dabei nennt er einen Teil der bei Gellius erwähnten Bezeichnungen in Strom VI 2,1-2:

„Es blühen auf der Wiese Blumen bunt durcheinander und in einem Garten sind die Obstbäume nicht nach Sorten aufgereiht und voneinander geschieden. So haben auch manche [Autoren] ‚Wiesen’ und ‚Helikonberge’ und ‚Honigwaben’

und ‚Prachtgewänder’ verfasst, indem sie Sammlungen von Wissenswertem mit Lesefrüchten ausschmückten. Mit dem, was ins Gedächtnis kam, und weder in der Ordnung noch im Wortlaut bereinigt worden ist, sondern absichtlich durcheinander verstreut worden ist, wurde von uns der Entwurf der Teppiche nach Art einer Wiese bunt gestaltet. Und so beschaffen können die Teppiche für mich anregende Bemerkungen sein, dem aber, der zur Erkenntnis fähig ist, wird, wenn er sie etwa liest, die mit Mühe verbundene Forschung zum Vorteil und Nutzen werden“

241

.

Clemens betrachtet also sein eigenes Werk als eine Anthologie, ein Florilegium, und steht damit in der literarischen Tradition seines ägyptischen Lehrers

242

. Er weiß, dass solche Literatur unter verschiedenen Namen im Umlauf ist, und dass diese Namen den Aspekt der Vielgestaltigkeit und Buntheit der Stoffe zum Ausdruck bringen, die hier in einem literarischen Werk zusammengetragen

and demands intentional analysis. From this perspective the text cannot exhibit a union of form and content which marked traditional divisions into genres. The text is a veil before a mystery which Clement invites his reader to lift aside” (220).

240Vgl. O. Stählin, Einleitung, 27; A. Méhat, Étude, 99, der die Titelliste des Gellius bietet.

241 Vgl. BKV 19, 234; GCS II 422,24-423,8: 'En mn oân tù leimîni t¦ ¥nqh poik…lwj

¢nqoànta k¢n tù parade…sJ ¹ tîn ¢krodrÚwn fute…a oÙ kat¦ edoj ›kaston kecèristai tîn ¢llogenîn (Î kaˆ Leimîn£j tinej kaˆ `Elikînaj kaˆ Khr…a kaˆ Pšplouj sunagwg¦j filomaqe‹j poik…lwj ™xanqis£menoi sunegr£yanto)· to‹j d' æj œtucen ™pˆ mn»mhn ™lqoàsi kaˆ m»te tÍ t£xei m»te tÍ fr£sei diakekaqarmšnoij, diesparmšnoij d ™p…thdej ¢nam…x, ¹ tîn Strwmatšwn ¹m‹n ØpotÚpwsij leimînoj d…khn pepo…kiltai. kaˆ d¾ ïde œcontej ™mo… te Øpomn»mata een ¨n zèpura, tù te e„j gnîsin ™pithde…J, e‡ pwj peritÚcoi to‹sde, prÕj tÕ sumfšron kaˆ çfšlimon met¦

ƒdrîtoj ¹ z»thsij gen»setai·

242Vgl. oben 70ff.

sind

243

. Dabei betont er den unsystematischen und wenig artifiziellen Charakter seiner Schrift, der durchaus beabsichtigt ist

244

: Auf diese Weise ist der

eigentliche Inhalt seines Werkes nicht leicht zugänglich, eröffnet sich nur

denjenigen, die zur Erkenntnis, zur Gnosis fähig sind, und sich einem mühsamen Suchen unterziehen. An der vorliegenden Stelle, wie an anderen auch

245

, wird deutlich, dass Clemens mit Lesern rechnet, und zwar nicht nur mit solchen aus seinem eigenen Schülerkreis, sondern auch mit solchen, denen das Werk eher zufällig in die Hände gerät und die darauf nicht vorbereitet sind, oder auch mit Missbrauch seiner Schrift

246

. Am Ende von Strom VII vergleicht er seine Arbeit mit „vielfältigen Ködern“, die man braucht „wegen der Verschiedenheit der

243 Clemens greift selbst auf solche Miszellenliteratur zurück, z.B. in Strom I 61,1 auf die Erfindungen Stratons (Str£twn d ™n tù perˆ eØrhm£twn...); in Strom I 77,1 auf

gleichnamige Werke auch anderer Autoren, wobei nicht ganz klar ist, ob er durch Straton von ihnen Kenntnis hat oder durch direkten Einblick.

244 Der absichtliche (™p…thdej) Verzicht auf Systematik und Überarbeitung ist nochmals sehr deutlich ausgesprochen in Strom VII 111,3: „Weder auf eine bestimmte Ordnung noch eine bestimmte Ausdrucksweise nehmen die Stromateis Rücksicht, da sie im Stil absichtlich nicht griechisch sein wollen; sie streuen die Lehren unmerklich und nicht in wahrer Deutlichkeit ein; denn sie achten darauf, dass potentielle Leser die Mühe nicht scheuen und im Finden kundig sind“. Vgl. BKV 20,113; GCS III 79,3-8: oÜt' oân tÁj t£xewj oÜte tÁj fr£sewj stoc£zontai oƒ Strwmate‹j, Ópou ge ™p…thdej kaˆ t¾n lšxin oÙc “Ellhnej enai

boÚlontai kaˆ t¾n tîn dogm£twn ™gkataspor¦n lelhqÒtwj kaˆ oÙ kat¦ t¾n ¢l»qeian pepo…hntai, filopÒnouj kaˆ eØretikoÝj enai toÝj <¢nagignèskontas> e‡ tinej

tÚcoien paraskeu£zontej. – Im übrigen entspricht dieser Hinweis einer literarischen Konvention; vgl. A. Méhat, Étude, 331.

245 Vgl. Strom IV 4,1: Clemens rechnet mit Leuten, „die in lässiger und unerfahrener Weise die Bemerkungen lesen, deshalb sollen sie bunt ausgebreitet (diestrwmona) sein, wie der Name es sagt, von einem zum anderen bruchlos übergehend, etwas anderes kundgebend im Sinne des Wortlautes, auf etwas anderes aber hinweisend“; vgl. BKV II 19,13; GCS II 249,19-23: ”Estw d ¹m‹n t¦ Øpomn»mata, æj poll£kij e‡pomen, di¦ toÝj ¢nšdhn

¢pe…rwj ™ntugc£nontaj poik…lwj, æj aÙtÒ pou toÜnom£ fhsi, diestrwmšna, ¢p' ¥llou e„j ¥llo sunecj metiÒnta, kaˆ ›teron mšn ti kat¦ tÕn eƒrmÕn tîn lÒgwn mhnÚonta,

™ndeiknÚmena d ¥llo ti. - Vgl. Strom VII 110,4: „Vereinzelt, wie wir es zugesagt haben, und lose verteilt, haben wir die Anregungen der Lehren von der wahren Erkenntnis

eingestreut, so dass es dem nicht leicht sein wird, der zufällig dazukommt aus den Reihen der Nichteingeweihen, die heiligen Überlieferungen aufzufinden“ (… spor£dhn, æj

Øpesc»meqa, kaˆ dierrimmšnwj t¦ zèpura tîn tÁj ¢lhqoàj gnèsewj gkataspe…rantej dogm£twn, æj m¾ ·vd…an enai tù peritucÒnti tîn ¢mu»twn t¾n tîn ¡g…wn

paradÒsewn eÛresin ...) Vgl. BKV II 20,113; GCS III 78,20-23; und nochmals Strom VII 111,3.

246Vgl. Strom VII 111,1: Die Stromateis werden mit einer Schonung verglichen, auf der sich die verschiedensten Bäume befinden, fruchttragende neben nicht fruchttragenden. Das Sortenallerlei soll verhindern, dass jemand die reifen Früchte entwendet und stiehlt.

Fische“

247

. Clemens rechnet also mit einer vielfältigen Leserschaft, die er mit seiner Literatur ködern will, d.h. ansprechen, überzeugen und bekehren will

248

. Die Schrift ist also nach seiner Vorstellung keine esoterische, sondern eine, die auf dem freien Markt zirkuliert und dementsprechend gestaltet er sie aus.

Dass es sich bei dieser Schrift um ein geplantes literarisches Projekt

249

und nicht um ein Zufallsprodukt handelt, belegen auch die verschiedenen Rückverweise auf bereits vorliegende Teile des Gesamtwerkes, Ankündigungen weiterer Bücher und die Inhaltsangaben über die im weiteren zu behandelnden Stoffe

250

. Ja, Clemens verweist in Strom VI 1,3 auf den in drei Büchern vorliegenden Paidagogos und seine katechetisch-praktische Ausrichtung, sowie in Strom VII 22,3 auf den Protreptikos, und zeigt damit das bibliopole Bewusstsein eines publizierenden Schriftstellers.

247 Strom VII 111,3; GCS III 79,7f: poll¦ g¦r t¦ delšata kaˆ poik…la di¦ t¦j tîn

„cqÚwn diafor£j.

248 Vgl. z.B. Strom I 16,2: “Wie also diejenigen, die zum Volke reden wollen, dies häufig durch einen Herold tun, damit das Gesagte besser vernehmbar wird, so auch wir hier, (an viele nämlich ergeht unser Wort, das vor der Überlieferung selbst gesprochen wird): man muss ihnen die vertrauten Meinungen und Stimmen vortragen und ihnen bei jeder

Gelegenheit zurufen, wodurch die Hörer besser zur Umkehr gebracht werden können“. Vgl.

BKV II 17, 23f; GCS II 12,4-9: kaq£per d oƒ boulÒmenoi d»mJ prosomilÁsai di¦

k»rukoj toàto poll£kij poioàsin æj m©llon ™x£kousta genšsqai t¦ legÒmena, oÛtw k¢ntaàqa (prÕj polloÝj g¦r ¹m‹n Ð lÒgoj Ð prÕ aÙtÁj tÁj paradÒsewj legÒmenos) t¦j sun»qeij [diÕ d¾] paraqetšon dÒxaj te kaˆ fwn¦j t¦j ™mboèsaj par' ›kasta aÙto‹j di' ïn m©llon oƒ ¢koÚontej ™pistraf»sontai.

249Für die Planung sprechen werktechnische Begriffe wie prooimion (Einleitung) vgl. Strom IV 1,3; VI 4,1; kefalaion (Hauptsache, Thema, Kopf des Buches, Kopfüberschriften) vgl.

Strom II 147,5; VI 110,4; epigrafh (Überschrift) vgl. Strom IV 6,1; und Hinweise auf Beendigung und Neueröffnung von Themen vgl. Strom IV 1,1; 109,1; 110,4; VI 1,1; 4,1;

Verweise auf nächstes Buch vgl. Strom IV 172; 171,2; außerdem rechnet Clemens mit der Veröffentlichung seines Werkes, wie aus Strom I 14,4 hervorgeht und wie seine

Bemerkungen über seine potentiellen Leser deutlich machen; vgl. Strom I 9,2; I 14,3; IV 4,1;

VII 111,3.

250Vgl. Strom IV 1,3: Rückverweis auf die bisherigen Teppiche; Strom V 10,1: Rückverweis auf den ersten Teppich; Strom V 95,2: Rückverweis auf den zweiten Teppich; Strom VI 45,5:

Rückverweis auf zweiten Teppich; Strom VII 89,1: Ankündigung des folgenden Teppichs;

Strom I 101,1; VII 108,1: Ankündigung späterer Ausführungen; Strom II 1-2: Inhaltsangabe;

Strom IV 1-3: Inhaltsangabe; Strom VI 1,1: Inhaltsangabe; Strom V 88,1: Ankündigung einer Abhandlung „Über die Prophetie“ und einer „Über die Seele“.

b) Upomnhmata - Bemerkungen

Während die Abhandlung (pragmateia) in Form der Stromateis, der Teppiche, erfolgt, und sich damit als zur Miszellenliteratur gehörig ausweist

251

, ist der zweite Begriff, mit dem Clemens seinen Text als upomnhmata bestimmt, weniger leicht zu fassen. Begriffe des Wortfeldes upomnhma, upomimnhskw, haben einen mimetischen Aspekt, drücken das Erinnern und Vergegenwärtigen aus

252

. In diesem Sinne spricht auch Clemens von upomnhmata

253. Zugleich

251 Vgl. Strom IV 6,1: „Die in dieser Abhandlung enthaltenen Lehren bergen, wie man begreift, reichen, in der Kleinheit fruchtbaren Samen, ‚wie ein vielfältig bepflanztes Feld’, und zurecht trägt diese Schrift den Titel ‚Teppiche von Bemerkungen’ weil sie sich geschickt die Blüten zusammengelesen hat…“; vgl. BKV II 19,14; GCS II 250,13-16: e„kÒtwj oân polÝ tÕ gÒnimon ™n Ñl…gJ spšrma<ti> tîn ™mperiecomšnwn tÍde tÍ pragmate…v dogm£twn, «ésper tÕ pambÒtanon toà ¢groà,« fhsˆn ¹ graf». Î kaˆ t¾n ™pigraf¾n kur…an œcousin oƒ tîn Øpomnhm£twn Strwmate‹j ¢tecnîj ... ¢phnqismšnoi ...

252Vgl. F. Montanari (T. Heinze), Art. Hypomnema. In: DNP 5, 1998, 813-815: Alle Formen von Erinnerung, Notiz und Gedächtnisstütze, auch offizielle Register und Archivalien; im persönlichen Bereich Stichwortzettel, Lektürenotizen, Aufzeichnungen neuer Informationen, Unterrichtsmaterialien, also Formen gestützter Mündlichkeit (vgl. J. Rüpke, Art.

Commentarii. In: DNP 3, 1997, 99f), zu denen auch die Entwürfe und Skizzen literarischer Vorhaben gehören. Als solche sind vor allem die upomnhmata oder „commentarii“ der Historiker bekannt. „Die Konnotation ‚erinnernswerte Dinge’ führt leicht zur Bedeutung

‚Erörterung, Darstellung, Abhandlung’ verschiedener Art,… nunmehr als tatsächlich abgeschlossenes und veröffentlichtes Buch“ (Montanari 813). Upomnhmata heißen gelegentlich auch autobiographische Schriften und Erinnerungen großer Persönlichkeiten, sowie exegetische Kommentare zu literarischen Vorlagen, meistens als exegetische

Anmerkungen in eine vom auszulegenden Text separate Rolle geschrieben (vgl. G. Cavallo, (F. Hild), Art. Buch. In: DNP 2, 1997, 809-816; 812). In dieser Form sind sie ein

charakteristisches Produkt der alexandrinischen Philologie, deutlich unterscheidbar vom sungramma, einer monographischen Abhandlung. Kennzeichen ist häufig eine Vielfalt der behandelten Themen und der beigebrachten Stoffe. – Eine ganz andere Position vertritt M.

Durst, Hegesipps ‚Hypomnemata’ – Titel oder Gattungsbezeichnung? In: RQ 84 (1989) 299-330, der nach Sichtung der antiken Zeugnisse zu dem Ergebnis kommt: „dass ‚Hypomnemata’

eine Gattungsbezeichnung wäre, ist demzufolge positiv auszuschließen“ (315) … „Als für literarische Erzeugnisse verwendetes Wort, bedeutet ‚Hypomnema’ zunächst ‚Aufzeichnung’

oder ‚Schrift’ und wird parallel und gleichbedeutend mit suggramma gebraucht… Zumal die antiken Werke bzw. deren einzelne Bücher einerseits in ihrem Umfang seit der

Alexandrinerzeit die vorgegebenen Maße der Buchrollen gewohnheitsmäßig mehr oder minder berücksichtigten… und andererseits auch mit nicht- oder vorliterarischen Aufzeichnungen, Entwürfen, Akten usw. in der Form des Buches, der Buchrolle

übereinkamen…, wird ‚Hypomnema’ auch parallel und synonym zu biblion im Sinne von

kann jeder als Erinnerungsstütze oder zur Dokumentation gemachte Aufschrieb als upomnhma bezeichnet werden, als Notiz oder Aufzeichnung

254

. Wenn

Clemens den Begriff im Titel seines Werkes verwendet, stützt er sich auf eine literarische Tradition

255

, die schon lange etabliert ist und auch in der jungen christlichen Literatur bereits einen Vorläufer hat

256

.

‚Buch’ verwendet…, bis hin zur höchst konkreten Bezeichnung der Abschrift oder des

‚Exemplars’ eines Buches oder einer Schrift…“(317).

253Vgl. Strom I 11,1: Die Stromateis sind Aufzeichnungen gegen das Vergessen; I 12,1:

Zweck des Werks ist der Erhalt der Überlieferung; I 14: Das Werk soll Vergessen verhindern, erinnern, und es ist für andere geschrieben. Vgl. dazu Mehat, Étude, 96-114.

254 A. v.d. Hoek, Techniques of Quotation, 225 bestimmt die upomnhmata folgendermaßen:

“The most common word for a note is: upomnhma (reminder, memorandum).Plutarch evidently compiled notebooks (upomnhmata) for his own use, and he could quickly put together a treatise on a specific subject from his private reserve. The word upomnhma (usually the plural upomnhmata) also turns up frequently in Clement. In addition to the simple

meaning “notes” or “memoranda”, it indicates a literary genre that has something in common with the loose structure of his Stromateis.

The genre of upomnhmata is well suited, in Clement’s view, to philosophical contemplation”.

255 A. v.d. Hoek, Techniques 225-227 stellt diese Tradition dar: So ist von Plinius d. J. durch seinen Brief an Baebius Macer bekannt, dass sein Onkel für seine große literarische

Produktion Notizbücher verwendete, die er zusammen mit einem Sekretär als Leseexzerpte erstellte, eine Arbeit, die, wann immer sich Gelegenheit bot, aus- und weitergeführt wurde.

Auf diese Weise vererbte Plinius seinem Neffen 160 Buchrollen ausgewählter Passagen, beidseitig eng beschrieben in einer kleinen Handschrift. Interessant ist die Bemerkung, dass von Rollen gelesen wurde, und die Notizen schließlich in Rollen zusammengeschrieben wurden, dass aber die ursprünglich vom Sekretär gemachten Notizen auf Tafeln

zusammengestellt wurden, welche der Text „pugillares“ nennt. (Vgl. dazu: T. Dorandi, Den Autoren über die Schulter geschaut. In: ZPE 87 (1991) 11-33). - Der Papyrus von Toura, 1946 entdeckt, ist auch ein solches Notizbuch. Er beinhaltet Exzerpte aus verschiedenen Werken des Origenes, einige aus Contra Celsum. Der Anlass für diesen „Readers Digest“ ist

unbekannt, aber datiert wird er etwa in die Zeit, als Origenes’ Werk offiziell verworfen wurde (frühes 7. Jht.), vgl.225. Während bei Plinius und dem Papyrus von Toura die ‚Notizen’

eindeutig Exzerpte aus vorliegenden Werken sind, lässt sich das in anderen Fällen nicht so eindeutig klären. Lucian, Quomodo historia conscribenda sit, 47f sagt nur, dass jeder Historiker ‚Notizen’ (upomnhmata) erstellen sollte vor dem Abfassen eines Buches. - Upomnhmata scheinen auch für die Entstehung der Evangelien bedeutsam gewesen zu sein.

Dies deutet jedenfalls ein Referat des Euseb über die Entstehung des Markus-Ev. (HE III 39,15) an. Dass upomnhmata als Entwürfe oder Rohversionen zu publizierender Werke im Umlauf sein konnten, beweist Apollonius von Perge: Er versandte seine Entwürfe an Freunde mit der Bitte um Korrektur und Ergänzung. - Eine weitere Gruppe von upomnhmata dürfte auf mündliche Vorträge zurückgehen, also Vorlesungsmitschriebe sein. In HE VI 36 und 23 macht Euseb entsprechende Bemerkungen zu Origenes, der in vorgerücktem Alter erlaubt habe, dass Schnellschreiber Aufzeichnungen von seinen öffentlichen Vorträgen erstellten (36). Diese Stenogramme vom mündlichen Vortrag werden in HE VI 23 als Teil der Literaturproduktion des Origenes dargestellt; d.h. sie waren ganz offensichtlich für die Publikation bestimmt. Wie der Publikationsprozess aber im Einzelnen aussah, lässt sich