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Motiv VI: Ve rlo renes Selbst

Im Dokument Kino im Kopf - "Kopf" im Kino (Seite 43-50)

B: Hauptprogramm: Triple Feature

1.2. Kino der Identität, geordnet nach Motiven

1.2.6. Motiv VI: Ve rlo renes Selbst

1.2.6.0. Beschreibung

Der Protagonist…

a)…verliert sein „Gedächtnis“ (retrograde Amnesie; im Unterhaltungsfilm gewöhnlich: alle Erinnerungen, welche sich auf die persönliche Biographie beziehen) durch Unfall, Schocktrauma, Gehirnwäsche o.ä.

Oder b)…hat eine Gedächtnislücke bezüglich eines Ereignisses, welches für das (Selbst-)Verständnis seines Charakters wesentlich ist.

1.2.6.1. Filmbeispiel (1): Die Bourne-Identität

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99zum closest continuer vgl. Nozick S. 29 - S. 70.

100 Speziell: Joey (O.: Joey). D 1985. R.: Roland Emmerich; und: Ghost - Nachricht von Sam (O.: Ghost). USA 1990. R.: Jerry Zuck er.

101 Etwa in der Szene, in der Angelo von Jobe im Cyberspace virtuell ans Kreuz geschlagen wird. Zur Stilisierung computergenerierter virtueller Räume zu quasi-religiösen Heilsräumen vgl. Wertheim S.279 - S. 311.

102 Originaltitel: The Bourne Identity (USA 2002. Regie: Doug Liman)

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Inhalt: vor der norditalienischen Küste zieht die Besatzung eines Fischerbootes einen bewußtlosen Taucher aus dem Meer. Bei der ärztlichen Untersuchung stellt sich heraus, dass der Unbekannte (Matt Damon) angeschossen wurde und eine Mikrokapsel mit der Nummer eines Bankschließfachs in Zürich in seiner Hüfte implantiert trägt. Als der Mann aus seiner Ohnmacht erwacht, kann er sich an sein Vorleben nicht erinnern, obwohl er fließend mehrere Sprachen beherrscht. Einziger Anhaltspunkt für die Suche nach seiner Vergangenheit ist das Bankschließfach. In der Schweiz angekommen stellt der Unbekannte zu seinem Erschrecken fest, dass er ein trainierter Kämpfer ist, als er fast ohne bewußtes Zutun zwei Polizisten niederschlägt, die ihn aufgegriffen haben. Das Schließfach birgt weitere Überraschungen:

einen Paß auf den Namen „Jason Bourne“ mit seinem Konterfei, weitere Reisedokumente ausgestellt auf verschiedene Aliasnamen, eine Pistole, eine große Bargeldsumme und eine Adresse in Paris, offensichtlich seine frühere Wohnung.

Was Bourne erst kurz vor Ende des Films erfährt, der Zuschauer durch Zwischenszenen aber längst weiß: „Jason Bourne“ ist ein Killer auf der Gehaltsliste der CIA, der bei dem Versuch, einen mißliebigen afrikanischen Staatschef zu ermorden, gescheitert ist. Seine Vorgesetzten haben ihn deshalb als Sicherheitsrisiko eingestuft und eine Reihe von Schläferagenten aktiviert, um ihn zu töten.

Mittlerweile wird Bourne auch von der Polizei gesucht, kann aber die Vagabundin Marie Creutz (Franka Potente) überreden, ihn außer Landes und nach Paris zu bringen. In der Wohnung lauert schon ein Meuchelmörder, der Bournes Fähigkeiten aber nicht gewachsen ist.

Der Versuch, bei Maries Familie unterzutauchen, endet beinahe tragisch , da die Killer ihm auch dorthin folgen. Allerdings hat Bourne jetzt genügend Informationen über sein Vorleben beisammen, um mit seinem ehemaligen Chef Conklin (Chris Cooper) in Kontakt zu treten.

Der Versuch, Bourne beim Treffen in Paris eine Falle zu stellen, misslingt gründlich, und Bourne droht Conklin, er würde „den Krieg in sein Wohnzimmer tragen“, wenn man ihn nicht in Ruhe ließe. Dies erweist sich aber als unnötig, da Conklin seinerseits den CIA - Machenschaften zum Opfer fällt und das Attentäterprogramm von höherer Stelle vertuscht wird.

Selbstverständnis und visuelle Darstellung personaler Identität in The Bourne Identity

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Die Bourne-Identität kann, abgesehen von einem Detail, als typischer Exponent der zahllosen Kino- und Fernsehfilme dienen, welche das Thema Gedächtnisverlust aufgreifen. Mit stereotyper Regelmäßigkeit erstreckt sich die Amnesie der Kinohelden lediglich auf ihre eigene Biographie, ohne jedoch Sprachvermögen oder Spezialkenntnisse der Protagonisten anzugreifen. Ob Bourne tatsächlich an dissoziativer Amnesie bei gleichzeitiger Erhaltung des kinesthetischen Gedächtnisses leidet und sein Erinnerungsschwund Ausdruck dafür ist, dass er sich von seinem Vorleben als Killer loszusagen wünscht103, sei den einschlägigen Fachvertretern zur Beurteilung anheim gestellt; plausibel scheint allerdings, dass die Details des Gedächtnisverlusts bei Kinohelden mehr den Erzählkonventionen als möglichen klinischen Vorbildern schulden.

Den Wert als philosophischen Puzzle Case schmälert dies jedoch nicht. Wer ist also der Unbekannte (nennen wir ihn „Jason Bourne“, mit Anführungszeichen) nach seiner Amnesie? Der Film legt implizit nahe, daß er immer noch identisch mit Jason Bourne (ohne Anführungszeichen) ist, sans Erinnerung an sein Vorleben. Zum einen hat der Agent nicht nur seine angedrillten Selbstverteidigungsfähigkeiten behalten, sondern auch seine kognitiven nachrichtendienstlichen Fertigkeiten („Ich kann Ihnen die Nummernschilder der fünf Autos vor dem Restaurant aufsagen, ich kann Ihnen sagen, dass unsere Kellnerin Linkshänderin ist und dass der Kerl hinter der Bar neunzig Kilo wiegt und sich zu verteidigen weiß.“). Auch hat der Verlust der Erinnerung Bournes Persönlichkeitsstruktur keinesfalls zerrüttet oder auch nur ernsthaft ins Schleudern gebracht;

auch wenn die Suche nach seinem Vorleben zweifellos seine Hauptmotivation darstellt, verhält er sich dabei stets logisch und gedanklich gut aufgeräumt. Was der Zuschauer in seiner extrinsischen Perspektive aus den Rückblenden über Jason Bourne (wiederum ohne Anführungszeichen) erfährt, läßt darauf schließen, dass „Jason Bourne“ auch das moralische Wertesystem über die Amnesie hinaus bewahrt hat. Ein tatsächlicher biographischer Bruch ist bei diesem Film nicht festzustellen. Was auch immer „Die Bourne-Identität“ ausmachen mag, die Erinnerung ist es jedenfalls nicht. Selbstverständlich gibt der Film als

103 So zumindest die Diagnose eines namentlich ungenannten Psychiaters für das Bonusfilmmaterial zur DVD-Veröffentlichung von Die Bourne-Identität (Universal Pictures 2002). In der realen klinischen Psychologie kann als besterforschter Fall von Amnesie Henry Gustav Molaison, auch bekannt als „Patient H.M.“, gelten. Vgl.

hierzu u.a. Heike Schmolck, Elizabeth A. Kensinger, Suzanne Cork in, and Larry R. Squire: Semantic Knowledge in Patient H.M. and other Patients with Bilateral Medial and Lateral Temporal Lobe Lesions. In: Hippocampus 12, 2002, S. 520 – S. 533; Suzanne Cork in: What’s new with the amnesic patient H.M.? In: Nature Reviews 3, 2002, S. 153 – S. 160.

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handelsüblicher Thriller keine Hinweise, ob die Kontinuität von Bournes Charakter und Persönlichkeit in einer Substanzseele begründet liegt oder allein in der Konstitution bzw.

Funktion seines Gehirns - obwohl eine materialistische Sichtweise dem technisierten, zynischen Thrillermilieu „gemäß“ wäre, wenn man so sprechen will.

Bourne erhält am Ende des Films nur die Erinnerung an das gescheiterte Attentat zurück, sein übriges Vorleben bleibt im Dunkeln (durchaus mit dem Blick auf mögliche Fortsetzungen). Es ist aber durchaus möglich, daß es für Bourne nichts nennenswertes zu finden gibt, daß auch er ein hohler Mensch ist, dessen Individualität sich zwischen Konditionierungsprogrammen und zahllosen Alias-Leben verloren hat. Bournes ehemalige Kollegen etwa, die gegen ihn eingesetzt werden, agieren mehr wie Roboter, scheinen emotionslos und schmerzunempfindlich oder begehen nach Scheitern ihrer Mission - eigentlich unmotiviert - Selbstmord. Visuell wird diese Leere besonders gut in zwei Szenen übersetzt:

Zum einen, wenn der Zuschauer Bourne in seiner Wohnung sieht: kalte, weiße Räume ohne jegliche persönliche Note, mit leerem Bilderrahmen über dem Kamin. Bourne selbst ist sprichwörtlich ein unbewohntes Haus.

Zum anderen, als Bourne in der Schweizer Bank eine Handvoll Pässe mit verschiedenen Namen und Gesichtern findet und diese Dokumente verwirrt durchblättert.

Hier erscheint es fraglich, ob es zwischen diesen vielen verschiedenen Existenzen überhaupt

„ein“ authentisches Leben, „einen“ Jason Bourne geben kann und ob die Rede von personaler Identität in irgend einem klassischen Sinn noch sinnvoll ist.

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1.2.6.2. Filmbeispiel (2): Black Box

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"Texas n´existe pas!"

Inhalt: Durch einen schweren Autounfall fällt Arthur Seligman (José Garcia) für mehrere Tage ins Koma. Man teilt ihm mit, daß er während der Aufwachphase ständig kryptische Äußerungen von sich gegeben habe, wie: "Texas gibt es nicht!", "RP 50, RP 50", "Sylvain Ganem will sich rächen." Seligman versucht, in sein normales Alltagsleben zurückzukehren, doch die Botschaften, die er als Ausdruck seines Unterbewußtseins interpretiert, suchen ihn immer obsessiver heim. Hypnose und Drogentrancen führen zu keinem greifbaren Ergebnis, auch den mysteriösen Unbekannten "Sylvain Ganem" kann niemand für ihn identifizieren.

Schließlich erkennt er, daß Sylvain Ganem ein Anagramm auf Yvan Seligman, seinen Bruder, sein muß. Jener ist allerdings seit Arthurs Unfall spurlos verschwunden. Es kommt noch schlimmer: Seligman gerät unter Mordverdacht, als eine Krankenschwester (Marion Cotillard) und sein Psychiater umgebracht werden.

Gerade als sich die Schlinge um Arthur Seligman zuzuziehen droht, gibt es einen abrupten Schnitt, und der Film beginnt gewissermaßen ein zweites Mal:

Seligman erwacht aus dem Koma, diesmal offenbar wirklich (?), alle Ereignisse bisher waren nur Traumbilder seines Unterbewußtseins. Die Personen, welche bisher vorgestellt wurden, existierten gar nicht oder spielen nun mit vertauschten Rollen: die ermordete Krankenschwester lebt und freut sich bester Gesundheit, auch ist sie eigentlich Stewardess

104 Originaltitel: La Boite Noire (F 2007. Regie: Richard Berry). Weitere exemplarische Beispiele mit diesem sehr häufig aufgegriffenem Filmmotiv: Amnesia (O.: Amnesia. The James Brighton Enigma). KAN 2005. R.:

Denis Langlois: die Kriminologin Sylvie (Karyne Lemieux) forscht nach der Vergangenheit eines Mannes, der sich nur an den Namen James Brighton erinnern kann ; The i inside - im Auge des Todes (O.: The I inside). USA 2003. R.: Ronals Suso Richter: Simon Cable (Ryan Phillipe) erwacht ohne Erinnerun gsvermögen in einer Klinik und „springt“ fortan mental zwischen zwei Zeitebenen; Jackie Chan ist Nobody (O.: Ngo Shut Sui). HK 1998.

R.: Jackie Chan, Benny Chan: der Held (Jackie Chan) wird nach einem Unfall mit Gedächtnisverlust von Killern gejagt, es stellt sich heraus, dass er ein Geheimagent ist; Amnesia [Alternativtitel: Der Mann, der zweimal starb]

(O.: Amnesia). USA 1997. R.: Kurt Voss: Nicholas Walker (Paul Keller) erleidet eine Amnesie und gerät in die Fänge einer psychisch gestörten Frau; Eine umfangreiche Auflistung von Filmen und Fernsehserienfolgen mit dem Motiv "Amnesie" wurde zusammengestellt von Katja Kirste und ist einzusehen unter: http://www.uni-kiel.de/medien/beramnesie.html

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und Seligmans Lebensgefährtin. Auch das besorgte Elternpaar hat nichts mit dem proletenhaften Säufer und der an Alzheimer erkrankten Greisin gemein, welche in der ersten Hälfte des Films als Arthurs Vater und Mutter vorgeführt wurden. Bruder Yvan gar kam schon als Kind bei einem Unfall ums Leben, an dem Arthur sich zeitlebens die Schuld gab.

Die lange Traumphase lieferte Seligman jedoch Hinweise auf einige Ereignisse, welche er bis zu dem Unfall verdrängt hatte: etwa eine ehebrecherische Liaison seines Vaters mit dessen Sekretärin, welche seine Eltern um des Familienfriedens willen verheimlicht hatten ("Texas" gibt es deswegen nicht, weil Seligmans Vater Lügenbriefe von einer Geschäftsreise in die Staaten nach Hause geschickt hatte). "RP 50" stellt sich als Fragment eines Nummernschilds heraus: offensichtlich war nicht Arthur schuld an Yvans Tod, sondern ein fahrerflüchtiger Geländewagenbesitzer. In einer Art Überlebensschuldkomplex hatte Arthur dieses Wissen aus seinem Bewußtsein verbannt. Zu Seligmans größtem Erstaunen erweist sich sein eigener Psychiater als der Unfallfahrer; dieser richtet sich selbst, indem er sich am damaligen Unfallort von den Klippen stürzt105.

Selbstverständnis und visuelle Darstellung von Identität in Black Box

Bei einem psychologischen Spielfilm mit dem Titel Black Box mag man als erstes an die behavioristische Verhaltenslehre denken - der Mensch als undurchdringliche "Black Box", auf deren Inhalt man nur durch äußerlicher Aktionen und Reaktionen schließen kann. Dies entspricht allerdings keinesfalls dem Selbstverständnis von La Boite Noire: in der Tat erhält der Zuschauer ständig direkten Einblick in die Innenwelt Arthur Seligmans. Die Black Box in diesem Film ist, wie die Protagonisten mehrfach explizit betonen: "Das Unterbewußte".

Entsprechend böte sich für die Interpretation das Freud´sche Identitätskonzept an - Schuldkomplex und Verdrängung motivieren die Handlung dieses Films. Autor und Regisseur Berry legt der Krankenschwester Isabelle folgende Erklärung in den Mund: "In jedem von uns leben drei Personen: der Mensch, der wir sein möchten, der, der wir zu sein glauben und der, der wir wirklich sind. Die beiden ersten sind uns sehr vertraut, doch die dritte ist uns völlig unbekannt - und die ist in ihrer Black Box verborgen." - eine deutliche Anspielung auf Freuds Dreiteilung der Psyche in Ich,

105 Nicht nur zu Seligmans größtem Erstaunen: für diesen extrem unwahrscheinlichen, aufgesetzt wirkenden Schluß hat Regisseur Richard Berry viel Schelte von Kritik und Filmfans bezogen (vgl. hierzu etwa www.ofdb.de, Eintrag: La Boite Noire, Stand: 30.08.08) Ein ganz anderes Licht wirft das auf der DVD-Fassung (Splendid Film 2007) enthaltene "Alternative Ende" auf den Film: Seligman liegt immer noch im Koma und halluziniert, dazu verdammt, sein Leben in einer Endlosschleife immer neuer Konstellationen durchzusp ielen.

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Über-Ich und Es.

Dennoch stehen im Selbstverständnis des Films diese drei Teile keinesfalls gleichberechtigt nebeneinander: nicht ihre Gesamtheit macht die Person aus - vielmehr lokalisiert La Boite Noire die personale Identität in jenen unterirdischen Regionen, die dem wachen Bewußtsein verborgen sind: "Es ist alles in der Black Box", wird Seligman erklärt, und:

"Der Verstand läßt uns glauben, was uns am besten paßt, Monsieur Seligman. Das Unbewußte ist unerbittlich in Bezug auf die Wahrheit."

Regisseur Berry äußert sich in einem Interview: "Ich wollte einen Film über die Spitze des Eisbergs der Identität machen. Ein bestimmter Teil der Identität ist vielleicht ausschlaggebend. Denn er befindet sich im Unterbewußtsein."106

Hier nähert sich der Film Positionen an, die man in ihrer klassischen Ausprägung als epiphänomenalistisch, etwa im Sinne Huxleys, bezeichnen kann und die in ähnlicher Form auch z.T. von Neurowissenschaftlern wie Wolf Singer vertreten werden107: das reflexionsfähige Bewußtsein als sekundäre Erscheinung, welche die unbewußten Entscheidungen auf neuronaler Ebene nur noch nachvollzieht, gewissermaßen absegnet. Aus dieser Sichtweise muß zwangsläufig ein Verständnis von personaler Identität folgen, das in diametralem Gegensatz zur kartesischen Lehre von der vollkommenen Transparenz des Bewußtseins steht, bei dem sich das Ich ja gerade durch seine bewußten Denkakte definiert, und das ebenso das Lock´sche Konzept von der Kontinuität der (bewußten) Erinnerung als Kontinuität der Person verabschiedet.

Die grundsätzlich biologistische Position des Films wird weiterhin illustriert durch den Persönlichkeitswandel, den Seligman durchgemacht hat, nachdem er "zum zweiten Mal" aus dem Koma erwacht: er ist weit mutiger, direkter, impulsiver und verletzender als jener, den man aus der ersten Hälfte des Films kennt (selbst wenn diese nur Widerspiegelung des Unterbewußten war). "Ich erkenne dich nicht wieder!" kommentiert seine Lebensgefährtin Alice die Veränderung: eine Veränderung, welche Seligmans Arzt als Folge der Gehirnverletzung beim Unfall erklärt. Persönlichkeit und organische Konstitution stehen in unmittelbarem Zusammenhang.

Das Primat des Unterbewußten über das Bewußtsein deutet schon die Struktur von

106 Quelle: Interview mit Richard Berry. Bonusmaterial zur DVD-Edition von Black Box, Splendid Film 2007.

107 Eine Übersicht dieser Positionen bietet etwa: Wolf Singer: Der Beobachter im Gehirn. Essays zur Hirnforschung. Frankfurt a.M. 2002; ders.: Verschaltungen legen uns fest. Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen. In: Christian Geyer (Hg.): Hirnforschung und Willensfreiheit. Zur Deutung der neuesten Experimente. Frankfurt a.M. 2004.

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Black Box an, welche die Schichtung der Bewußtseinsebenen in die dem Film eignende chronologische Dimension übersetzt: alle Ereignisse, die direkt aus dem Unterbewußtsein Seligmans aufsteigen, werden in der "primären" ersten Hälfte des Films gezeigt, alle daraus folgenden Konsequenzen, die der Protagonist bewußt aufarbeitet, nehmen die "nachfolgende"

zweite Hälfte in Anspruch.

Konsequenterweise wird auch in der ersten Filmhälfte eine unwirkliche, traumartige Stimmung erzeugt: einerseits durch die Situationen selbst, in denen Seligman sich wiederfindet (z.B. als er an einem sonnigen Tag mitten in Paris völlig allein auf einem öffentlichen Platz sitzt), als auch durch den Einsatz von Beleuchtung und Kameraeffekten - z.B. dem häufigen Einsatz der Zeitlupe, welche Seligmans Bewegungen buchstäblich etwas traumwandlerisches gibt.

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