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Molekülstruktur des Dibenzo[f,h]chinoxalin-verbrückten Komplexes

N- Heterocyclen

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3.3 Vierkernige Komplexe mit Pyrazin und 4,4‘-Bipyridin als Brückenliganden und Zirconocen-Eckeinheiten

3.6.3 Molekülstruktur des Dibenzo[f,h]chinoxalin-verbrückten Komplexes

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107 Bezogen auf die hier vorgestellten Komplexe 55, 56 und 57 sind die Titanoceneinheiten gegenüber der Ligandenebene abgewinkelt und liegen ober- bzw. unterhalb des Brückenliganden. In Verbindung 55 sind diese um β1 = 21.6° und β2 = 19.7°, in Verbindung 56 um β1 =14.4° und β2 = 18.2° und in Verbindung 57 um β1 = 11.3° und β2 = 12.9°

abgewinkelt. Der Winkel der Verdrehung abweichend vom 90°-Winkel sind bei allen drei Komplexen eher gering. Für Komplex 55 ergeben sich Werte von γ1 = 0.5° und γ2 = 1.5°, für Komplex 56 von γ1 = 0.7° und γ2 = 4.9° und für Komplex 57 von γ1 = 3.9° und γ2 = 1.7°.

Die Substitution mit elektronenschiebenen Methoxygruppen hat somit scheinbar nur wenig Einfluss auf die Molekülstruktur.

Um die hier gezeigten Parameter besser einordnen zu können, erfolgt am Ende dieses Kapitels ein Vergleich mit den von PIGLOSIEWICZ dargestellten Komplexen.

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Abbildung 3-59. Molekülstruktur von 58 im Kristall (50% Wahrscheinlichkeit, ohne H-Atome). Ausgewählte Bindungslängen [Å]: Ti1–N1 2.0907(9), Ti2–N2 1.9694(9), Ti2–N3 1.9946(9), Ti3–N4 2.0842(9), Ti2–C65 2.1372(11), N1–C51 1.3835(15), N1–C54 1.3915(14), C53–C54 1.3913(14), C51–C52 1.3464(15), N2–C53 1.4158(14), N2–C52 1.3977(14), N3–C70 1.4303(14), N3–C67 1.4225(13), C67–C68 1.3407(15), C69–C70 1.3915(15), N4–C68 1.3936(14), N4–C69 1.3877(14).

An die Stickstoffatome der beiden Chinoxalinmoleküle sind jeweils eine Cp*2Ti-Einheit koordiniert (Ti1 und Ti3) und verbrückend eine Cp*Ti-Einheit. Die Abspaltung des

Cp*-Liganden der verbrückenden Titanoceneinheit wird ausgeglichen durch eine C–H-Aktivierung an dem Kohlenstoffatom C65 eines Chinoxalinmoleküls, sodass

vermutlich Cp*H als Abgangsgruppe gebildet wurde. Die vier Ti–N-Bindungen sind alle in einem Bereich zwischen 2.0 und 2.1 Å, welcher typisch ist für Ti–N-Bindungen zu dianionischen N-Heterocyclen und bereits für die zweikernigen Chinoxalin-verbrückten Titankomplexe 55-57 beschrieben wurde (siehe Kapitel 3.6.2). Neben der C–H-Aktivierung am Kohlenstoffatom C65 mit einer Ti2–C65-Einfachbindung von 2.14 Å, zeigen die anderen Titanatome Ti1 und Ti3 ebenfalls sehr kurze Abstände zu Kohlenstoffatomen des Liganden.

Dabei handelt es sich in beiden Fällen um die C–H-Einheiten am Diazinring und somit um die Kohlenstoffatomen mit relativ aziden Wasserstoffatomen, die bevorzugt deprotoniert werden können.[235] Die Abstände zwischen Ti1···C51 mit 2.60 Å und Ti3···C68 mit 2.51 Å sind kürzer als für sperrige Titanamide gefunden wurden.[236] Aufgrund von Paramagnetismus, können diese β-C–H agostischen Wechselwirkungen nicht näher untersucht werden.

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109 Die Dibenzochinoxalinmoleküle in Komplex 58 zeigen keine grundlegende Änderung gegenüber dem freien Liganden und der Dibenzochinoxalinligand zwischen Ti1 und Ti2 mit C–H-Aktivierung ist wie zuvor planar. Der Dibenzochinoxalinligand zwischen Ti2 und Ti3 liegt nicht planar vor und zeigt im Diazinring eine Boot-Konformation mit etwas niedriger liegenden Stickstoffatomen (Ausschnitt in Abbildung 3-60).

Abbildung 3-60. Ausschnitt der Molekülstruktur von 58. Bootkonformation des Diazinringes.

Im Vergleich zu den Chinoxalinliganden in den Verbindungen 55-57 ist auch hier die äußere C–C-Bindung zwischen den Stickstoffatomen mit 1.35 Å (C51–C52) und 1.34 Å (C67–C68) stark verkürzt und in einem ähnlichen Bereich (55-57: 1.33-1.35 Å). Daher kann an dieser Stelle vermutet werden, dass auch hier beide Chinoxalinmoleküle dianionisch vorliegen.

Dies würde auch zu dem gefundenen Magnetismus der Verbindung passen. Die restlichen C–C- und C–N-Bindungen des Chinoxalinliganden stimmen mit denen der zweikernigen Komplexen überein und unterstützen die Annahme eines dianionischen Liganden.

Eine solche C–H-Aktivierung von N-Heterocyclen ist in der Titanocenchemie bereits für Pyridin bekannt, wobei das Wasserstoffatom anschließend zwischen den Titanzentren stabilisiert wird (Kapitel 2.4.1).[110] Die C–H-Aktivierung hängt hier mit der Nähe des Wasserstoffatoms zum Metallzentrum zusammen, da bisher solch eine Nähe aufgrund der räumlichen Struktur der bisher eingesetzten Chinoxalinderivate[32] nicht vorhanden ist.

Die hier gefundenen β-agostischen Wechselwirkungen können außerdem gut mit dem postulierten Reaktionsmechanismus der Trimerisierung der Chinoxalinderivate zu HATN-Komplexen in Einklang gebracht werden. Es muss an dieser Stelle jedoch beachtet werden, dass diese Trimerisierung nur für das Cp2-Titanocen stattfindet und nicht für das sterisch anspruchsvollere Analogon Cp*2Ti, das hier eingesetzt wurde.

Der Mechanismus der Trimerisierung von Chinoxalinderivaten konnte durch den Fund von Bichinoxalinkomplexen bei massenspektrometrische Untersuchungen postuliert werden.[32]

Die Bildung eines Bichinoxalinkomplexes stellt dabei den Anfang dar (Abbildung 3-61).

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Abbildung 3-61. C–H-Aktivierung von Chinoxalin nach PIGLOSIEWICZ.

Im ersten Schritt erfolgt eine C–H-Aktivierung in der 2-Position des Chinoxalins durch das Titanocenfragment und die Bildung eines TiIV-Hydridkomplexes. Die anschließende Addition eines weiteren Chinoxalinmoleküls durch dessen C–H-Aktivierung unter Abspaltung von Wasserstoff und anschließende Umlagerung führt dann zu dem in Massenspektren nachgewiesenen 2,2‘-Bichinoxalinkomplex.

Abbildung 3-62. Addition eines weiteren Chinoxalinmoleküls, weitere C–H-Aktivierung und Umlagerung zum 2,2‘-Bichinoxalinkomplex.

Die gefundenen β-C–H agostischen Wechselwirkungen bei Komplex 58 liegen an denselben Positionen (Abbildung 3-63) und können daher als Vorstufe zu einer endgültigen C–H-Aktivierung gesehen werden.

Abbildung 3-63. Übersicht β-agostische Wechselwirkungen in Komplex 58.

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111 3.6.4 Vergleichende Strukturdiskussion der zweikernigen

Chinoxalin-Komplexe

Wie bereits erwähnt, werden die Chinoxalinmoleküle bei Koordination von zwei Titanocenfragmenten zum Dianion reduziert. Die zusätzliche Ladung konzentriert sich meist auf die Stickstoffatome, kann aber auch auf die benachbarten C-Atome verteilt sein.

Beide Möglichkeiten konnten bereits gezeigt und charakterisiert werden.[32] Sie sind abhängig von der sterischen Umgebung der Titanoceneinheit. Wird für die Verbrückung von 6,7-Dimethylchinoxalin ein CpCp*-Titanocen verwendet, so liegt eine Delokalisierung der Ladung vor und somit eine μ2-(η33) Koordination (Abbildung 3-64, links). Charakteristisch hierfür ist eine sehr lange C–C-Bindung (1.47 Å), die die negativ geladenen Bereiche miteinander verbindet und eine starke Abwinklung der Titanoceneinheiten gegenüber der N/N-Ebene (β = 43.7°).[32]

Abbildung 3-64. Grenzformeln der dianionischen Brückenliganden in den Koordinationsmodi μ2-(η33) und μ2-(η11).

Durch den Einsatz eines Cp*2-Titanocens liegt im Komplex mit 6,7-Dimethylchinoxalin die negative Ladung an den Stickstoffatomen. Diese elektronische Eigenschaft wird charakterisiert durch eine permanente Doppelbindung an der Pyrazineinheit und eine bestehen bleibende Aromatizität des anellierten Benzolringes. Es handelt sich um eine μ2-(η11)-Koordination (Abbildung 3-64, rechts).

Die Ausprägungen von Abwinklung und Verdrehung der Titanoceneinheiten sowie die Bindungslängen innerhalb des Brückenliganden dienen also der Einordnung, welcher Koordinationsmodi vorliegt. Für die Komplexe 55, 56 und 57, sowie zum Vergleich für drei Komplexe mit Cp*2Ti-Einheiten von PIGLOSIEWICZ sind die wichtigsten Parameter in Tabelle 3-13 zusammengefasst.

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Tabelle 3-13. Charakteristische Winkel β und γ [°] und C–C-Bindungslängen zwischen den Stickstoffatomen der zweikernigen Titanocenkomplexe 55-57. Die weiteren Komplexe sind bereits bekannt und dienen als Vergleich.

Komplex C–C zwischen den

Stickstoffatomen [Å]

β1 [°] β2 [°] γ1 [°] γ2 [°]

55 1.35 21.6 19.7 0.5 1.5

56 1.35 14.4 18.2 0.7 4.9

57 1.33 11.3 12.9 3.9 1.7

(Cp*2Ti)2(Chinoxalin)[171] 1.33 15.2 13.8 1.9 2.0 (Cp*2Ti)2(6,7-Dimethylchinoxalin)[32] 1.35 12.7 14.8 1.7 1.5 (Cp*2Ti)2(Phenanzin)[171] 1.38 15.0 13.3 0.2 3.5

Vergleicht man diese sechs Komplexe miteinander, so zeigen alle sehr ähnliche Eigenschaften. Sowohl die Abwinklung als auch die Verdrehung sind nicht besonders stark und die Werte für β und γ somit eher niedrig. Aufgrund der permethylierten Cyclopentadienylliganden ist eine starke Abwinklung oder Verdrehung für eine bessere Überlappung der Orbitale sterisch gehindert. Das Bestreben zu dieser Überlappung ist jedoch deutlich zu erkennen. Die Molekülstrukturen der hier diskutierten Komplexe zeigen außerdem eine lokalisierte C–C-Doppelbindung am äußeren Rand des Diazins und eine Aromatizität des annelierten Benzolringes. Die negative Ladung des dianionischen Brückenliganden liegt konzentriert an den beiden Stickstoffatomen und es handelt sich also auch bei den Komplexen 55 bis 57 um eine μ2-(η11)-Koordination (Abbildung 3-65).

Abbildung 3-65. Grenzformel der Komplexe 55-57.

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113 3.7 Synthese neuartiger HATN-Komplexe des Titans

Für die Synthese neuer HATN-artiger Komplexe sind bisher zwei Wege bekannt, welche im Rahmen der Dissertation von PIGLOSIEWICZ vorgestellt wurden.[12, 32] Der Komplex (Cp2Ti)33-HATNMe6) (34) konnte dabei sowohl bei der Umsetzung von

6,7-Dimethylchinoxalin und der Titanocenquelle Cp2Ti(η2-BTMSA) (2) mit einer dreifachen C–C-Bindungsknüpfung (Methode A) als auch durch die direkte Umsetzung der HATNMe6

-Ligandenvorstufe und der Titanocenquelle 2 (Methode B) erhalten werden.[12, 32] In gleicher Weise soll im Rahmen dieser Arbeit versucht werden, neue HATN-Titankomplexe darzustellen (siehe Abbildung 3-66). Im Fokus steht dabei unter anderem die Verbesserung der Löslichkeit der dreikernigen Komplexe für weiterführende Untersuchungen, da der methylsubstituierte Komplex 34 nur mäßig löslich ist.

Abbildung 3-66. Synthese der HATN-Komplexe 59-62 durch zwei unterschiedliche Synthesewege. Methode A: Umsetzung von Cp2Ti(η2-C2(SiMe3)2) (2) mit Chinoxalinderivate; Methode B: Direkte Umsetzung von Cp2Ti(η2-C2(SiMe3)2) (2) mit den HATN Liganden 36b-e.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden insgesamt vier verschiedene Substituenten untersucht.

Die 6,7-substituierten Chinoxaline mit R = Cl, OMe, pTol und Ph sind durch Kondensations-reaktionen der jeweiligen Diamine präparativ einfach zugänglich. Die Synthesen und Charakterisierungen der eingesetzten HATN-Liganden (Kapitel 3.5) und Chinoxalinderivate (Kapitel 3.6) wurden bereits erläutert. Der Komplex (Cp2Ti)33-HAT(CN)6) (37) weist aufgrund der elektronenziehenden Nitrilgruppen deutlich andere Eigenschaften als Komplex 34 auf (Kapitel 2.5.1). Die nachfolgenden Untersuchungen von elektronenschiebenden Substituenten wie Chlorid- und Methoxygruppen sind daher von

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114 großem Interesse. Die Phenyl- und p-Tolylgruppen wurden in der Hoffnung eingesetzt, besser lösliche Titankomplexe zu erhalten.