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N- Heterocyclen

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3.9.1 Cyclovoltammetrische Untersuchung

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135 Sauerstoffatom eines Perchlorat-Ions (Abbildung 3-96) mit einem kürzesten Abstand zwischen Anion und Ligand von 2.93 Å.[243]

Abbildung 3-96. Links: Stapelförmige Packung von [HAT(CN)6]2[Br]3, Rechts: Ausschnitt der Festkörperstruktur von [(HAT)2Cu][ClO4]2.

Die hier gefundenen Abstände der Fluoratome zur Ebene des Liganden (2.70 - 3.31 Å) liegen in einem Bereich, der sowohl bei dem Komplex (Cp2Ti)33-HATNMe6) (34)[139]

(2.87-3.13 Å) als auch in anderen Ligand Systemen mit fluorierten Anionen ermittelt wurde.[239]

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136 hingegen in cyclovoltammetrischen Untersuchungen lediglich fünf Oxidationen und drei Reduktionen.[172]

Das Redoxverhalten von Verbindung 62 wurde mit Hilfe der Cyclovoltammetrie und differentiellen Pulsvoltammetrie untersucht.[13] Die differentielle Pulsvoltammetrie dient zur genauen Bestimmung der Halbstufenpotentiale. Aufgrund der besseren Löslichkeit konnte in diesem Fall die Neutralverbindung 62 als Probe genutzt werden (bei Komplex 34 wurde [(Cp2Ti)33-HATNMe6)][PF6]2 eingesetzt). So konnten Konzentrationen von 0.3 mM hergestellt werden, die das beste Verhältnis von FARADAY‘schen Strömen und Doppelschicht-Ladungsströmen zeigten. Wichtig war hier die elektrochemische Zelle in einer Glovebox unter Stickstoff-Atmosphäre aufzubauen und hier die Messungen durchzuführen, um ungewollte Oxidationen mit der Luft zu vermeiden. Die Halbstufenpotentiale E1/2 wurden aus den Peakpotentialen Ep abgeleitet.[244] Die erhaltenen Voltammogramme von Komplex 62 sind in Abbildung 3-97 gezeigt.

Abbildung 3-97. Cyclo- und differentielle Pulsvoltammogramme von 62 (0.3 mM) an einer Gold-Scheibenelektrode bei Raumtemperatur. Aufnahme mit einer Scanrate von 0.5 V/s in 0.2 M Lösungen an [Bu4N][PF6] in THF. Schwarz: CV, grün und rot: DPV.

Das CV der Verbindung 62 zeigt drei reversible Reduktionen und sechs reversible Oxidationen. Die dazugehörigen Halbstufenpotentiale E1/2 sind in Tabelle 3-16 zusammengefasst und den Potentialen des bekannten Komplexes 34 gegenübergestellt.

Die drei Reduktionswellen liegen isoliert vor und zeigen Ein-Elektron-Reduktionen im Bereich zwischen -1.61 und -2.66 V. Die Reduktionen führen zu den Verbindungen 621-, 622- und 623-. Verglichen mit Komplex 34 zeigt die Verbindung 62 eine Reduktion mehr und die Redoxpotentiale liegen für Komplex 62 generell etwas höher (für [0/-1] um 0.13 V und für [-1/-2] um 0.02 V, siehe Tabelle 3-16). Diese gefundene dritte Reduktion ist jedoch nicht

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137 unüblich im Gebiet der HAT- bzw. HATN-Liganden. Beispiele hierfür sind der HAT(CN)6 -Ligand[146], der dazugehörige Titankomplex 37[172] und die dreikernigen Ruthenium Komplexe mit HAT[160]- oder HATN-Liganden[245], wobei jeweils eine ligandenzentrierte Reduktion diskutiert wird.

Tabelle 3-16. Redoxpotentiale der Verbindungen HATNPh6 (36e), (Cp2Ti)33-HATNPh6) (62) und (Cp2Ti)33-HATNMe6) (34); Halbstufenpotentiale E1/2 [V] normiert auf das Redoxpaar [Fc+/Fc] bei Raumtemperatur; 36e 0.1 mM in THF/MeCN 1:1, 62 0.3 mM in THF, 34 0.1 mM in Acetonitril.

Redoxpaar E1/2 [V]

62 36e 34[139]

[3-/2-] -2.66

[2-/1-] -2.19 -1.66 -2.21 [1-/0] -1.61 -1.495 -1.74 [0/1+] -1.08 -1.27 [1+/2+] -0.49 -0.54 [2+/3+] -0.12 -0.30

[3+/4+] 0.06 0.11

[4+/5+] 0.24 0.18

[5+/6+] 0.49 0.40

Für den Liganden HATNPh6 (36e) konnten jedoch nur zwei Reduktionen ermittelt werden.

Daher ist an dieser Stelle nicht eindeutig, ob die dritte Reduktion am Liganden stattfindet.

Verglichen mit den gefundenen Halbstufenpotentialen von 36e sind die Potentiale für Verbindung 62 zu kleineren Potentialen verschoben. Die sechs Oxidationen von Komplex 62 führen zu den kationischen Spezies 62n+ (n = 1-6), sind ebenfalls reversibel und separierte Ein-Elektronen-Prozesse. Lediglich die Redoxpaare [+4/+5] und [+5/+6]

überlappen leicht. Eine bessere Auflösung zur Bestimmung der Potentiale gelingt hier mit der differentiellen Pulsvoltammetrie. Wie schon bei den Reduktionen gesehen, liegen auch die Potentiale der meisten Oxidationsstufen höher als für den methylsubstituierte Komplex 34 (beispielsweise für [+1/+2] um 0.05 V, [+2/+3] um 0.18 V). Die chemischen Oxidationen mit Ferroceniumsalzen gelangen nur bis 623+. Aufgrund des im Vergleich zum Halbstufenpotential des Redoxpaares [Fc+/Fc] positiveren Halbstufenpotentials von [3+/4+]

(0.06 V gegen [Fc+/Fc]) ist klar, dass unter diesen Bedingungen eine Oxidation mit diesem Oxidationsmittel kaum möglich ist. Die Menge von insgesamt neun Redoxstufen innerhalb eines Titankomplexes ist unseres Wissens nach bisher unbekannt.

Die Oxidationen und Reduktionen von Verbindung 62 führen sowohl zu homo- als auch zu gemischtvalenten Systemen. Zusätzlich zu dem bereits angesprochenen gemischtvalenten System des Neutralkomplexes 62 (TiII2TiIIIL·-) liegen formal betrachtet auch die

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138 Verbindungen 621-(TiII/TiIII), 621+(TiII/TiIII), 622+(TiII/TiIII), 624+(TiIII/TiIV) und 625+(TiIII/TiIV) in gemischtvalenten Zuständen vor. In Kapitel 2.6 wurde bereits erläutert, dass zur Beurteilung von Metall-Metall-Wechselwirkungen die Komproportionalitätskonstanten Kc

unter der Verwendung der Halbstufenpotentiale berechnet werden können, die einen ersten Hinweis auf Wechselwirkungen und Einordnung in die ROBIN-DAY-Klassen geben.[115] Die nachfolgende Tabelle 3-17 zeigt die nach Gleichung (2) bestimmten Kc-Werte der gemischtvalenten Zustände von Komplex 62 im Vergleich zu den bekannten Werten für Komplex (Cp2Ti)33-HATNMe6) (34).

Tabelle 3-17. Komproportionalitätskonstanten Kc der gemischtvalenten Zustände von 62 und 34.

Ladung Δ E1/2 [V] Kca Kc (34)[139]

1- 0.58 9.5 × 109 1.2 × 108

0 0.53 1.3 × 109 1.3 × 108

1+ 0.59 1.4 × 1010 3.7 × 1012

2+ 0.37 2.3 × 106 1.5 × 104

4+ 0.17 8.4 × 102 17.3

5+ 0.24 1.3 × 104 4.5 × 103

aberechnet nach lnKc = -zFΔE1/2/RT

Die Komproportionalitätskonstanten Kc von Komplex 62 liegen in einem Bereich von 8.4 × 102 bis 1.41 × 1010. Für die Redoxzustände 1-, 0 und 1+ liegen die Werte in einem Bereich von 109 bis 1010, welcher für eine hohe Delokalisation der Elektronendichte zwischen den Metallzentren in diesen Verbindungen spricht (ROBIN-DAY-Klasse III). Für die Oxidationsstufen 2+, 4+ und 5+ wird der Grad der Delokalisation etwas kleiner (Kc-Werte zwischen 106 und 102), welches für eine ROBIN-DAY-Klasse II sprechen würde. Verglichen mit den Kc-Werten von Verbindung 34 liegen lediglich für die Oxidationsstufe +1 höhere Kc-Werte vor. Die Werte der anderen Stufen liegen unter denen von Komplex 62. Für die Verbindung 344+ wird sogar ein so niedriger Kc-Wert erhalten (17.31), der für keine Interaktionen der Metallzentren spricht. Vergleicht man die erhaltenen Werte mit dem bekannten Beispiel des CREUTZ-TAUBE-Ions[115] (Kc = 3 × 106, siehe Kapitel 2.6.2), so liegen die Kc-Werte für -1 bis +1 deutlich darüber. Für eine endgültige Klassifizierung reichen diese Werte jedoch nicht. Es müssen noch weitere Parameter zur Klassifizierung herangezogen und bewertet werden. Außerdem ist an dieser Stelle auch noch nicht klar, welche elektronische Struktur die einzelnen Redoxstufen von Verbindung 62 besitzen.

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139 3.9.2 NIR-Spektroskopie

Bei gemischtvalenten Verbindungen können bei Wechselwirkungen zwischen den Metallzentren Elektronen vom Metall der niedrigeren Oxidationsstufe zum Metall der höheren Oxidationsstufe übertragen werden. Diese Elektronenübertragungen werden als IVCT-Banden bzw. IT-Banden im niederenergetischen NIR-Bereich sichtbar (vgl. Kapitel 2.6.2).[115] Da die elektrochemischen Untersuchungen bereits bestätigten, dass Wechselwirkungen vorhanden sind, sollten eben diese Banden im NIR Bereich sichtbar sein. Untersucht wurden im Folgenden die Neutralverbindung 62 und die drei Oxidationsprodukte 67, 68 und 69.[13] Die UV-Vis-Spektren der Verbindungen bestätigen zunächst die Farbbeobachtungen während den Reaktionen. Es sind keine signifikanten Farbunterschiede zu erkennen und die entsprechenden Banden im UV-Vis-Bereich sind nur leicht zu kürzeren Wellenlängen verschoben (62, 540 nm; 67, 500 nm; 68, 480 nm; 69, 440 nm). Die NIR-Spektren der Verbindungen 62, 67-69 sind in Abbildung 3-98 dargestellt.

Abbildung 3-98. NIR-Spektren (gestapelte Darstellung) des Komplexes (Cp2Ti)33-HATNPh6) 62 (rot) und dessen Oxidationsprodukten 62ox (blau), 67 (1+, gelb), 68 (2+, grün) und 69 (3+, violett) mit einer Konzentration von 0.1 mM in THF.

Es sind für die Neutralverbindung 62 im Bereich von 1000 nm Banden zu erkennen, die wie ein Duplett geformt sind. Diese Art von Banden sind sowohl für den methylsubstituierten Komplex 34[32] als auch für das Radikalanion des HAT(CN)6-Liganden[146, 246] (Abbildung 3-99) bekannt.

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140

Abbildung 3-99. UV-Vis-Spektren der Verbindungen HAT(CN)6 (35a) (schwarz), dem entsprechenden Radikalanion (blau) und dem Dianion HAT(CN)62- (grün). Abbildung übernommen aus Literatur.[246]

Es handelt sich bei Verbindung 62 auch um SOMO-LUMO (π-π*) Übergänge, die verglichen mit dem Radikalanion des HAT(CN)6 zu höheren Wellenlängen verschoben sind (971 und 1110 nm). Dies ist der endgültige Beweis, dass ein Elektron von einem TiII -Zentrum auf den HATNPh6 Liganden übertragen wurde, wie bei Komplex 34[32], und ein gemischtvalentes System vorliegt. Eine typische IVCT-Bande kann bei 2100 nm ermittelt werden. Kleinere Banden dazwischen bei 1400 nm und 1700 nm sind metal-to-ligand charge transfer (MLCT)-Banden. Liegt die IVCT-Bande gaussförmig vor, so kann man von moderaten Wechselwirkungen zwischen den Metallzentren ausgehen (siehe Kapitel 2.6.2).

Lässt man eine Probe von Komplex 62 einige Stunden an Luft stehen und nimmt dann ein NIR-Spektrum auf, so gleicht das Spektrum der Verbindung 62ox dem für das erste Oxidationsprodukt 67 (siehe Abbildung 3-98). Beide Spektren zeigen ein neues Dublett um 1300 nm und die typische Bande für organische Radikale ist verschwunden. Bei der ersten Bande bei 1200 nm wird es sich um MLCT-Banden handeln, die zweite bei 1400 nm ist eine IVCT-Bande. An Luft wird Komplex 62 ohne Zersetzung zur kationischen Spezies oxidiert.

Dies zeigt abermals die Stabilität dieser Komplexe. Das zweite Oxidationsprodukt 68 zeigt keine Banden im Bereich zwischen 900 und 1400 nm. Anschließend ist eine sehr breite Bande (1500-2400 nm) zu erkennen, bei der es sich um die IVCT-Bande handelt. Wie bereits erwartet, zeigt die homovalente Verbindung 69 keine Banden im NIR-Bereich, da es sich um drei TiIII-Zentren handelt.

Eine genauere Betrachtung der IVCT-Bande erfolgt nur anhand des Spektrums von Verbindung 62, da die Spektren der anderen Verbindungen eine zu schlechte Auflösung zeigten. Je höher der Grad der Elektronendelokalisation ist, desto schärfer wird die IVCT-Bande mit erhöhter Intensität.[193, 197] Zur Beschreibung der Wechselwirkungen zwischen den Metallzentren dient die Kopplungskonstante Hab (Kapitel 2.6.2). Zur mathematischen Beschreibung der IVCT-Bande wurde eine gaussförmige Kurvenanpassung durchgeführt.

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141 Die Berechnung der Kopplungskonstante HTi(II)-Ti(III) erfolgte unter Verwendung der Bandencharakteristika bei λ = 2096 nm (4771 cm-1) und des mittleren Ti···Ti-Abstands dTi-Ti

aus der Molekülstruktur des Komplexes 62.

Tabelle 3-18. Bandencharakteristika der IVCT-Bande im NIR-Spektrum von 62.

νmax [cm-1] ν1/2 [cm-1] εmax [dm3mol-1cm-1] dTi-Ti [Å] HTi(II)-Ti(III) [cm-1]

4771 1151 3111 7.248 261

Es kann ein Wert von HTi(II)-Ti(III) = 261 cm-1 erhalten werden, der zwar für eine deutliche Wechselwirkung zwischen den Metallzentren spricht, jedoch nicht für eine vollständige Elektronendelokalisation. Die Bedingung 0 > 2·HTi(II)-Ti(III) > νmax ist erfüllt (Kapitel 2.6.2) und spricht für eine Einordnung in die ROBIN-DAY-Klasse II. Der schon bekannte methylsubstituierte Komplex 34 zeigte Werte für HTi(II)-Ti(III) in einem ähnlichen Bereich von 236 und 384 cm-1.[32]

Die erhaltenen Werte für die Komproportionierungskonstante Kc und der Kopplungskonstante Hab für 62 sind zusammen mit verschiedenen gemischtvalenten Literaturverbindungen in Tabelle 3-19 zusammengefasst.

Tabelle 3-19. Kc und spektroskopische Daten von Verbindung 62 und den Literaturverbindungen (Cp2Ti)33 HATNMe6) (34), [Ru(NH3)5]2(pyrazin)5+ (12), [Ru(NH3)5]2(4,4‘-bipy)5+, (Ru(bpy)2)33-HAT)7+.

Verbindung Kc Hab [cm-1] νmax (IVCT) [cm-1] ε [M-1cm-1] (Cp2Ti)33-HATNPh6) (62) 1.3 × 109 261 4771 3111 (Cp2Ti)33-HATNMe6) (34)[32] 1.3 × 108 236

384

4943 6219

4249 2049 [Ru(NH3)5]2(pyrazin)5+[115] (12) 3 × 106 3300 6369 5000 [Ru(NH3)5]2(4,4‘-bipy)5+ [115] 20 390 9709 920 (Ru(bpy)2)33-HAT)7+[165] 6.3 × 103 - 4640

5821

4180 3265

Ein Vergleich der Kc-Werte zeigt, dass die HATN-Titankomplexe 34 und 62 mit 108-109 etwas höher liegen als für das CREUTZ-TAUBE-Ion 12 (106) gefunden wurde. Der HAT-Rutheniumkomplex zeigt hingegen einen niedrigeren Wert von um die 103. Ein Vergleich der Kopplungskonstanten Hab zeigt, dass das CREUTZ-TAUBE-Ion mit Hab = 3300 cm-1 bei νmax = 6369 cm-1 deutlich stärkere Kopplungen im Bereich einer Klasse III Verbindung zeigt als alle HAT- bzw. HATN-Komplexe. Mit einem Hab-Wert von 261 cm-1 bei νmax = 4771 cm-1 für 62 ist die Kopplung zwischen den Metallzentren hier deutlich höher als im CREUTZ -TAUBE-Derivat mit 4,4‘-Bipyridin als Liganden mit Hab = 390 cm-1 bei νmax = 9709 cm-1.

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142 3.9.3 Magnetische Messungen

Die bisherigen Untersuchungen konnten bisher nicht zweifelsfrei zeigen, welche elektronischen Strukturen in den Oxidationsprodukten 67-69 vorliegen. Untersuchungen des magnetischen Verhaltens der entsprechenden Verbindungen soll nun im Folgenden Klarheit schaffen. Die Ergebnisse der magnetischen Messungen für (Cp2Ti)33-HATNPh6) (62) sind in Abbildung 3-100 dargestellt.[13]

Abbildung 3-100. Gemessene µeff-T-,χ-T- und χ-1-T-Diagramme von (Cp2Ti)33-HATNPh6) (62).

Für Komplex 62 steigt das effektive magnetische Moment mit steigender Temperatur und erreicht bei 300 K einen Wert von μeff = 3.02 μB. Insgesamt zeigt sich ein eindeutig paramagnetisches Verhalten mit abfallendem magnetischem Moment mit sinkender Temperatur. Ein Plateau bei sehr tiefen Temperaturen weist außerdem auf antiferromagnetische Kopplungen zwischen dem Radikalanion HATNPh6 und einem TiIII -Zentrum hin. Der ermittelte Wert für μeff (3.02 μB) passt zu einem System mit zwei freien Elektronen nach spin-only-Näherung von μcalc = 2.83 μB. Das magnetische Moment von Komplex 62 liegt dabei etwas höher als für die methylsubstituierte Verbindung 34 eff = 2.68 μB) ermittelt wurde.[32] Ein weiterer Hinweis für antiferromagnetische Kopplungen können im Diagramm mit der Auftragung χ-1 gegen die Temperatur erhalten werden, da die WEISS-Konstante im negativen Bereich bei θP = -49.3(1) K liegt. Das Fehlen einer antiferromagnetischen Ordnung bei tiefen Temperaturen weist auf eine niederdimensionale Wechselwirkung hin, wie sie hier im Falle molekularer Spezies auch zu erwarten ist.Dieses magnetische Verhalten mit antiferromagnetischen Wechselwirkungen wurde auch bereits bei anderen Titankomplexen beobachtet. Beispiele hierfür sind die Komplexe Cp2Ti(Bipy)[129, 130] (20) und (Cp*Ti(μ-Cl)(2,2’-bipyridin))2[247]P = -1.5 K).

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143 Nach der Oxidation zu Verbindung 67 sinkt das effektive magnetische Moment μeff auf einen Wert von 1.66 µB bei 300 K, welcher anders als bei Messungen von 34+[32] (gemessen:

μeff = 2.72 μB) passend ist zu einem System mit einem ungepaarten Elektron (µcalc = 1.73 μB). Antiferromagnetische Kopplungen können auch hier festgestellt werden, jedoch sehr viel geringer als bei Komplex 62 mit θP = -26.8(1) K. Im ersten Schritt der Oxidation wird also das Elektron des radikalanionischen Liganden entfernt, man erhält also in Verbindung 67 ein TiII2TiIII-System mit neutralem Liganden. Die Ergebnisse der magnetischen Messungen von Komplex 67 sind in Abbildung 3-101 dargestellt.

Abbildung 3-101. Gemessene µeff-T-,χ-T- und χ-1-T-Diagramme von [(Cp2Ti)33-HATNPh6)][BF4] (67).

Nach weiterer Oxidation steigt das effektive magnetische Moment für Verbindung 68 wieder an auf µeff = 2.21 µB bei 300 K, was passend ist zu einem TiIITiIII2-System mit zwei ungepaarten Elektronen (µcalc = 2.45 µB). Der Wert für die WEISS-Konstante sinkt weiter auf θP = -19.0(1) K. Die Ergebnisse der magnetischen Messung von Verbindung 68 sind Abbildung 3-102 dargestellt.

Abbildung 3-102. Gemessene µeff-T-,χ-T- und χ-1-T-Diagramme von [(Cp2Ti)33-HATNPh6)][BF4]2 (68).

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144 Für die dreifach oxidierte Spezies 69 steigt das effektive magnetische Moment weiter auf µeff = 2.82 µB (300 K) an und liegt somit im erwarteten Bereich eines reinen TiIII-Systems mit drei ungepaarten Elektronen (µcalc = 3.00 µB).

Die Ergebnisse der magnetischen Messung von Komplex 69 sind in Abbildung 3-103 dargestellt.

Abbildung 3-103. Gemessene µeff-T-,χ-T- und χ-1-T-Diagramme von [(Cp2Ti)33-HATNPh6)][BF4]3 (69).

Zur besseren Übersicht sind die Verläufe des effektiven magnetischen Momentes der Verbindungen 62-69 in Abbildung 3-104 zusammengefasst.

Abbildung 3-104. Temperaturabhängigkeit des effektiven magnetischen Moments μeff der Verbindungen 62 (schwarz), 67 (rot), 68 (blau) und 69 (grün).

Die gefundenen (µeff), durch CURIE-WEISS-Fit erhaltene (μeff,Fit) und berechneten (µcalc) magnetischen Momente und WEISS-Konstanten sind in Tabelle 3-20 für die Verbindungen 62, 67-69 zusammengefasst.

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Tabelle 3-20. Magnetische Eigenschaften der Verbindungen 62, 67-69.

62 67 68 69

µeff B] 3.02 1.66 2.21 2.82 μeff,FitB] 3.30(1) 1.82(1) 2.28(1) 2.79(1)

µcalc B] 2.83 1.73 2.45 3.00

θP [K] -49.3(1) -26.8(1) -19.0(1) -6.1(1)

Bis auf Komplex 62 zeigen die Verbindungen keine starken antiferromagnetischen Kopplungen zwischen den Metallzentren. Die antiferromagnetischen Wechselwirkungen in Verbindung 62 ist darüber hinaus bedingt durch das Vorhandensein eines Radikalanions (Ligand) und einem TiIII-Zentrum und hat nichts mit einem spinfrustrierten System zu tun.

Nachdem nun auch das magnetische Verhalten des Komplexes 62 und seinen Oxidationsstufen 67-69 untersucht wurde, sind die elektronischen Strukturen der jeweiligen Verbindungen ausreichend aufgeklärt und in Abbildung 3-105 dargestellt.

Abbildung 3-105. Schematische Darstellung der elektronischen Strukturen der kationischen Komplexe 62 und 67-69.

Zusammenfassung

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