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Methodischer Zugang: Kompetenzanforderungen in der AoG

4 Mehrperspektivische Interviewstudie

4.1 Methodischer Zugang: Kompetenzanforderungen in der AoG

Für die empirische Erhebung pädagogischer Handlungskompetenz von Lehrenden in der AoG wurde ein mehrperspektivisches Forschungsdesign entwickelt, welches durch die Erhebung und Analyse von vier verschiedenen Perspektiven auf den For-schungsgegenstand sowie durch die Verschränkung und Kontrastierung dieser Per-spektiven hinsichtlich der Forschungsfrage eingelöst wird. In den Blick kommen dabei die Perspektiven der Lehrenden in der AoG selbst, die des Bildungsmanage-ments, der betrieblichen Stakeholder sowie der Teilnehmenden an AoG-Maßnah-men.

Die Perspektive der Lehrenden wurde über ein leitfadengestütztes Gruppenintview und vier Expert*inneninterGruppenintviews mit Trainer*innen von AoG-Maßnahmen er-fasst. Mit der Perspektive der Lehrenden sind all jene Akteure gemeint, die im Rah-men des ABAG2-Projektes AoG-Maßnahmen in Betrieben planen und durchführen.

Mit beiden Erhebungsmethoden war es möglich, subjektive Erfahrungen der Trai-ner*innen von AoG-Maßnahmen, auch in Kontrast zu Lehrtätigkeiten in anderen Kontexten, zu erfassen. Die Fallauswahl erfolgte über das Gatekeeper-Prinzip, d. h.

Akteure des Bildungsmanagements stellten den Kontakt zu Trainer*innen in AoG-Maßnahmen in Betrieben im Rahmen des ABAG2-Projektes her.

Als weitere Perspektive wird die des Bildungsmanagements erfasst, also Akteure, welche Trainer*innen für AoG-Maßnahmen rekrutieren, auswählen und betreuen.

An dieser Perspektive ist von besonderem Interesse, welche Erwartungen und Erfah-rungen die Akteure an die Kompetenzen von Lehrenden in der AoG haben, nach welchen Kriterien Lehrende ausgewählt werden und inwieweit Besonderheiten der Lehrtätigkeiten in der AoG herausgestellt werden. Zur Erfassung dieser Perspektive sind ebenfalls drei leitfadengestützte Experteninterviews mit drei Akteuren durchge-führt worden.

Mit der Perspektive der betrieblichen Stakeholder werden Akteure in den Blick genommen, welche im Rahmen des ABAG2-Projektes für AoG-Maßnahmen in Be-trieben verantwortlich sind. Forschungsmethodisch wird hier auf Interviews zurück-gegriffen, welche im Rahmen eines weiteren Teilprojektes (vgl. Koller und Schem-mann in diesem Band und Koller 2018) durchgeführt wurden. Entsprechend liegen 13 leitfadengestützte Experteninterviews vor, in denen die betrieblichen Akteure Aus-sagen zu ihren Erfahrungen und Erwartungen an die Kompetenzen von Trainer*in-nen gemacht haben, die AoG-Maßnahmen in ihren Betrieben durchführen.

Die vierte Perspektive fokussiert die Teilnehmenden der AoG-Maßnahmen im Rahmen des ABAG2-Projektes. Auch hier wird methodisch auf Datenmaterial zu-rückgegriffen, welches in Rahmen eines weiteren Teilprojektes (vgl. Klinkhammer in

diesem Band) erhoben wurde. Mit einem quantitativen Forschungsdesign wurden zu drei Messzeitpunkten Fragebogenerhebungen durchgeführt. Zu Kursende (zwei-ter Messzeitpunkt) haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, bei zwei offenen Ant-wortformaten im Fragebogen, Rückmeldungen zu ihren Erfahrungen zur konkreten Lehr-Lernsituation sowie zu den Maßnahmen insgesamt zu geben. Insgesamt flie-ßen 242 Fragebögen in die Auswertung mit der qualitativen Inhaltsanalyse ein. Im Sinne der Angemessenheit der Erhebungsmethoden für die jeweiligen Perspektiven verfolgt das Projekt eine Methodentriangulation, die sich einzelner qualitativer und quantitativer Forschungsmethoden bedient. Demgemäß wurden die Methoden der leitfadengestützten Expert*innen- und Gruppeninterviews sowie die offenen Ant-worten der Teilnehmer*innen aus der Fragebogenerhebung im Längsschnittverfah-ren angewendet.

Als für alle vier Perspektiven gemeinsame Methode der Datenauswertung wurde die qualitative, strukturierende Inhaltsanalyse nach Mayring (2002, 2014) ge-wählt, da diese die Möglichkeit einer regelgeleiteten und strukturierten Auswertung des Materials hinsichtlich des Erkenntnisinteresses ermöglicht. Diese ermöglicht nach festgelegten Ordnungskriterien, bestimmte Aspekte aus dem Material heraus-zufiltern oder das Material aufgrund bestimmter Kriterien einzuschätzen (ebd., S. 115). In einem vornehmlich deduktiven Vorgehen und anhand eines theoretisch fundierten Kodierleitfadens erfolgte die Strukturierung des vorliegenden Datenmate-rials.

Zudem bieten die Vorüberlegungen zu den Konzepten Professionalisierung und pädagogischer Handlungskompetenz, die dem Interviewleitfaden zugrunde lie-gen, Anknüpfungspunkte für die Kategorienbildung und Analyse. Die deduktive Ka-tegorienanwendung zeichnet sich durch im Voraus festgelegte, theoretisch begründ-bare Auswertungsaspekte aus, die im Prozess der Datenauswertung an das Material herangetragen werden. Um explizit auch dem explorativen Charakter des For-schungsprojektes Rechnung zu tragen, wurden durch eine offene Herangehens-weise zudem neue, unerwartete und die eigenen Annahmen widerlegende Aussagen aus den Interviews aufgenommen und induktiv aus dem Material heraus Kategorien gebildet.

Einer intersubjektiven und transparenten Kodierung wird Rechnung getragen durch die Kodierung der Interviews anhand des Kodierleitfadens im Sechs-Augen-prinzip. Es konnte eine Inter-Rater-Reliabilität bei einem zufriedenstellenden Cohens-Kappa-Wert von 0,68 erreicht werden (vgl. u. a. Brennen & Prediger 1983;

Krippendorff 2004). Als Ergebnis des Auswertungsprozesses liegt ein Kategoriensys-tem mit sechs Hauptkategorien und 37 Subkategorien vor.

4.2 Ergebnisse

Das Datenmaterial wurde unter anderem auf Facetten pädagogischer Handlungs-kompetenz analysiert.2 So zeigen sich in den 23 Kategorien für pädagogische

Hand-2 Neben der Analyse von Kompetenzfacetten wurden Aspekte der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Adressaten (Bildungsmanagement und betriebliche Stakeholder), Rekrutierungswege und Berufsorientierung fokussiert.

lungskompetenz Facetten wie Fachdidaktik, Fachwissen, didaktisches Wissen und Kön-nen und methodische Kompetenzen, Selbstorganisation bis hin zu Kundenakquise. Ziel des Projektes ist es nicht, diese in eine modellhafte Systematisierung pädagogischer Handlungskompetenz für Lehrende in der AoG zu bringen. Es geht vielmehr da-rum, über die Differenzierung und Sondierung der Facetten eine Aussage über die Spezifik oder Generik der Kompetenzen und Anforderungen von Lehrenden in der AoG im Feld der EB zu machen.

Die folgende Abbildung3 zeigt die Kompetenzfacetten, die durch die Inhaltsana-lyse systematisiert werden konnten:

Wordcloud Kompetenzfacetten (eigene Darstellung)

Die Übersicht zeigt zunächst die Breite und Vielfalt der Aspekte und Anforderun-gen, die durch die Interviewparter*innen thematisiert wurden. Dabei spiegeln di-verse Facetten die im Forschungsstand und dem Literatur Review erarbeiteten As-pekte. Dies liegt zum einen an den zu einem Teil deduktiv gewonnenen Kategorien in der Analyse, zum anderen aber auch an der in sich hohen Übertragbarkeit der Anforderungen für Lehrende in der AoG aus allgemeinpädagogischen und erwach-senenpädagogischen Feldern. In diesem Beitrag werden nun ausgewählte Facetten illustriert und diskutiert. Dabei geht es weniger darum ein zusammenhängendes Modell und die Interaktion der Kompetenzfacetten untereinander zu diskutierten, sondern deren Spezifik für das Feld der AoG herauszuarbeiten. Die Interviews wur-den darauf angelegt, die besonderen Anforderungen des Feldes herauszustellen, in-sofern lassen sich die Kompetenzen zunächst als für die jeweiligen Interviewpart-ner*innen besonders kennzeichnen. In einem nächsten Schritt ist es sodann jedoch

Abbildung 2:

3 In dieser Wordcloud hängt die relationale Größe der Kompetenzfacetten mit der Menge der Codings zusammen. So hat beispielsweise die Facette Teilnehmerorientierung 60 Codings, im Vergleich zur Kundenaquise mit 16 Codings. Aus darstellerischen Gründen werden einige Kompetenzfacetten abgekürzt, so heißt es bspw. „Fähigkeit zur Kundenak-quise“ und „Fähigkeit zur Herstellung von Motivation“.

notwendig, diese in Kontrast zu setzen zu den durch den Forschungsstand und das ausführliche systematische Literature Review erarbeiteten Konzepten und Modellen.

In diesem Zusammenhang wird der Fokus auf die Kompetenzfacette der sozio-emo-tionalen Sensibilität, der Fachdidaktik und der Flexibilität gelegt. In der Analyse des Literatur Reviews wurde herausgearbeitet, dass die Differenzierung von pädagogi-scher Handlungskompetenz in Wissen und Können mit einer besonderen Bedeu-tung der Flexibilität als AnpassungsleisBedeu-tung bedeutsam ist. Außerdem zeigte sich eine intensive Diskussion um die Fragen der Sozialkompetenz und Fachkompetenz.

Es wurde gezeigt, dass in der Literatur insbesondere Facetten bearbeitet werden, die weitestgehend sozialer und kommunikativer Kompetenz zuzuordnen sind. Diese Aspekte werden nun anhand der empirischen Ergebnisse aus dem Feld der AoG illustriert.