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2. LITERATURÜBERSICHT

2.8 Methoden zur Volumenbestimmung von Extremitäten

In der Humanmedizin werden Volumenmessungen der Extremitäten vor allem zur Diagnostik von Gliedmaßenödemen, zur Überwachung der Ödemtherapie und zur verbesserten Kompressionsstrumpfanpassung vorgenommen. Eine Messung ist hierbei notwendig, da eine visuelle Einschätzung selbst von erfahrenen Personen nicht ausreichend ist (POST et al., 2003). Die gängigsten Methoden zur Volumenbe-stimmung sind die Wasserverdrängungsmethode, die Maßbandmethode sowie die

optoelektronische Messmethode mittels Perometer (s. Kap. 3.2). Sie wurden in mehreren Studien am Menschen miteinander verglichen. Eine entsprechende Unter-suchung an den Schultergliedmaßen des Pferdes nahm erstmals HAASE (2006) vor.

Die verschiedenen Methoden sowie ihre Vergleichbarkeit sollen im Folgenden erläu-tert werden:

Die Maßbandmethode stellt ein weit verbreitetes, einfaches, kostengünstiges und bei präziser Anwendung auch geeignetes Messverfahren dar (STANTON et al., 2000). Es kann praktisch überall angewendet werden und ist auch beim Pferd ohne großen Personal- und Zeitaufwand möglich (HAASE, 2006).

Bei dieser Methode wird an mehreren Stellen der Gliedmaße der Umfang mit dem Maßband gemessen. Anschließend können mit Hilfe verschiedener Formeln die Querschnittsflächen und daraus das Volumen der Gliedmaße berechnet werden.

Fehlerquellen dieser Methode sind die bei den Berechnungen angenommene kreis-förmige Querschnittsfläche sowie der bei der Messung eingesetzte Zug auf das Maßband. Durch die kreisförmige Querschnittsfläche fallen die berechneten Volumi-na tendenziell größer aus als die realen VolumiVolumi-na, und dies umso mehr, je stärker die Form der Gliedmaße von der bei der Berechnung vorausgesetzten Form ab-weicht (STANTON et al., 2000). Durch einen zu hohen Zug auf das Maßband kann es zu einer Kompression des Weichteilgewebes kommen, v.a. bei ödematisiertem Gewebe, und somit zu einem zu kleinen Messwert für den Umfang (STANTON, 2000; STANTON et al., 2000). Zu beachten sind ebenfalls eine genaue Position des ersten Messpunktes sowie das Anlegen des Maßbandes senkrecht zur Achse der Gliedmaße (STANTON et al., 2000).

Beim Pferd betrug die durchschnittliche Differenz zwischen den Ergebnissen der Maßband- und der Wasserverdrängungsmethode 68 ml (HAASE, 2006).

Die Wasserverdrängungsmethode wird in der Humanmedizin häufig als Goldstan-dard angesehen, da sie relativ genaue Ergebnisse liefert. STANTON et al. (2000) geben hierzu eine relative Standardabweichung von 1,5 bis 3,9% an. Bei diesem Verfahren wird das Volumen der Gliedmaße durch das von ihr verdrängte

Wasservo-lumen berechnet. Es hat die Nachteile, dass es sehr zeitaufwändig und ungeeignet bei Hautproblemen ist. Eine Übertragung von Infektionen ist möglich (STANTON, 2000). Außerdem ist es schlecht anwendbar, wenn die Gelenkmobilität einge-schränkt ist (STANTON et al., 2000).

Auch beim Pferd liefert die Wasserverdrängungsmethode nach HAASE (2006) ge-naue Ergebnisse. Allerdings ist sie aufgrund der Größe der Gliedmaßen praktisch nur unterhalb des Karpalgelenkes einsetzbar. Eine Nutzung an der Hinterhand ist aufgrund der Winkelung in den Gelenken nicht möglich. Eine Messung ist sehr zeit-aufwändig, und es sind bis zu vier Personen notwendig. Die Pferde zeigten bei HAASE (2006) trotz der vorgenommenen Vorauswahl eine sehr schlechte Akzeptanz der Messvorrichtung. Außerdem erwies sich das gesundheitliche Risiko für die Messenden und das Pferd bei dieser Methode als sehr groß.

Das Perometer als optoelektronisches Messsystem ist eine einfache, schnelle und genaue Messmethode zur Messung der Gliedmaßenvolumina, die in der Humanme-dizin bereits seit über 10 Jahren eingesetzt wird (TIERNEY, 1996; STANTON et al., 1997; STANTON, 2000). STANTON (2000) schätzt es nach seiner Studie als neuen Goldstandard ein. Die relative Reproduzierbarkeit von Volumenmessungen mit dem Perometer liegt nach Angabe des Herstellers unabhängig von der Lage des Objekts im Messrahmen bei 0,97% (2-fache Standardabweichung von 10 Messwerten, geteilt durch Mittelwert). Auch in verschiedenen Studien wurden Genauigkeit und Reprodu-zierbarkeit des Perometers als sehr gut bewertet und relative ReproduReprodu-zierbarkeiten unter 1% angegeben (PANNIER u. RABE, 2004).

TIERNEY (1996) verglich beispielsweise das Perometer mit der Wasserverdrän-gungs- sowie der Maßbandmethode (zwei Berechnungsformeln: Kegelstumpf- und Scheibenmodell). Er stellte dabei eine weitgehende Übereinstimmung der durch die Wasserverdrängung und das Perometer bestimmten Volumina fest (im Mittel 3%

Differenz zwischen den Messergebnissen beider Methoden). Die Maßbandmethode lieferte hingegen signifikant höhere Volumina als das Perometer. Das Perometer liefert somit genauere Ergebnisse als die traditionelle Maßbandmethode.

STANTON et al. (1997) schreiben die hohe Genauigkeit des Perometers u.a. der Tatsache zu, dass es keinen Druck auf die Gliedmaße ausübt. Im Gegensatz dazu üben Wasser und Maßband Druck auf die Gliedmaße aus, was v.a. bei weichem, hoch ödematösem Gewebe die Ergebnisse beeinflusst.

Als Nachteile des Perometers werden seine Größe und sein Preis genannt (STANTON, 2000).

Auch beim Pferd erwies sich das Perometer als schnelles und genaues Messsystem mit sehr guter Reproduzierbarkeit (Intraklassenkorrelationskoeffizient ICC = 0,90) (HAASE, 2006). Der mittlere Absolutwert der Differenz zwischen den Messergebnis-sen des Perometers und denen des Goldstandards Wasserverdrängungsmethode betrug 5 ml, zwischen den Messergebnissen des Perometers und denen der Maß-bandmethode 72 ml. Die Akzeptanz durch die Pferde war relativ hoch. Als nachteilig erwies sich ein relativ hoher Personalaufwand (mind. drei Personen). Außerdem werden durch das Gerät keine konkaven Bereiche erfasst. Das Risiko für Messper-son und Perometer ist relativ hoch. Ebenfalls ein Nachteil sind die vorhandenen Daten- und Stromkabel, die das Pferd verunsichern können und die Handhabung des Gerätes erschweren.

Die Ergebnisse von HAASE (2006) konnte BÖTTCHER (2006) bestätigen, die im Rahmen ihrer Dissertation keine signifikanten Unterschiede zwischen den an jeder Gliedmaße vorgenommenen drei Wiederholungsmessungen feststellen konnte. Der ICC lag in dieser Arbeit bei einem Wert von 0,998.